Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird bei einem zinslosen Darlehen im Sinne des § 7 c EStG ein Wechselakzept an Stelle von Geld gegeben, so ist das Darlehen erst in dem Zeitpunkte "hingegeben", wo dem Darlehnsnehmer durch Diskontierung des Wechsels das Geld zufließt.
Ist der Darlehnsnehmer verpflichtet, denn Nennbetrag des Wechsels als Darlehen zurückzuzahlen, trägt also den Diskont nicht der Darlehnsgeber, so liegt kein zinsloses Darlehen vor.
Normenkette
EStG §§ 7c, 11
Tatbestand
In der Absicht, ein unverzinsliches Darlehen zur Förderung des Wohnungsbaus nach § 7 c des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949 zu gewähren, hat die KG, deren Gewinn im gegenwärtigen Verfahren einheitlich festgestellt wird, einer Baugenossenschaft (Wohnungs- und Siedlungsunternehmen im Sinne des Buchstaben e des § 7 c EStG) im Dezember 1949 drei Wechselakzepte über je 20.000 DM ausgehändigt, die die Empfängerin im Januar 1950 bei der Kreissparkasse diskontiert hat. Die Baugenossenschaft hat das Darlehen ab 1. Januar 1953 in drei Jahresraten von je 20.000 DM zu tilgen, auf deren strikter Innehaltung die KG jedoch nicht bestehen wird. Die KG hat hierdurch Anspruch auf Belegung dreier zu erstellenden Kleinwohnungen erlangt. Strittig ist, ob in der Aushändigung der Wechsel die Hingabe eines unverzinslichen Darlehens im Sinne des § 7 c EStG 1949 zu sehen ist. Das Finanzamt hat einen entsprechenden Antrag unter Berufung auf Abschnitt 71 Abs. 1 Satz 3 der Einkommensteuerrichtlinien (EStR) II/1948 und 1949 abgelehnt.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Es handele sich um einen diskontierungsfähigen Wechsel, bei dem wirtschaftlich das Darlehnsgeschäft mit der Hingabe des Akzeptes abgewickelt sei. Der Zeitpunkt der Diskontierung bei einem Geldinstitut liege außerhalb dessen, was der Darlehnsgeber beeinflussen könne. Daß sich die KG bis zur Einlösung des Wechsels die Mittel für das Baudarlehen durch Kredit verschafft habe, schließe die Steuervergünstigung nicht aus.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Finanzamtsvorstehers ist begründet.
Wie in der Entscheidung I 5/52 S vom 8. Februar 1952, Bundessteuerblatt III S. 69, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen S. 354, ausgesprochen wird, ist die Hingabe eines Darlehens nur dann erfolgt, wenn die entsprechenden Vermögenswerte aus dem Vermögen des Darlehnsgebers ausgeschieden sind. Es müssen somit die Gelder für das Darlehen dem Darlehnsempfänger wirtschaftlich betrachtet zugeflossen sein. Die Hingabe eines Wechsels stellt im allgemeinen eine Leistung erfüllungshalber dar (Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen VII 84/38 vom 4. November 1938, Slg. Bd. 158 S. 317). An Stelle der Darlehnsschuld tritt die Wechselverpflichtung. Der Wechsel hat aber gegenüber der Darlehnsschuld die Eigenschaft, daß er, sofern es sich um einen guten Wechsel handelt, durch Diskontierung verhältnismäßig leicht in Bargeld umgewandelt werden kann. Dies ist im vorliegenden Falle geschehen. Durch die Diskontierung ist die Baugenossenschaft in den Besitz des Bargeldes gelangt. Auf diese Weise ist bei ihr wirtschaftlich betrachtet der Zustand herbeigeführt worden, der bei einer Hingabe im Sinne des Gesetzes gefordert wird. Der KG tritt nunmehr eine dritte Person, die Kreissparkasse, als Berechtigter aus dem Wechsel gegenüber. Es liegt im Ergebnis sachlich der gleiche Zustand wie dort vor, wo die Gelder für das Darlehen im Kreditwege beschafft und an den Darlehnsnehmer weitergegeben worden sind. Das Gesetz verbietet dies nicht, soweit es sich nicht um einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes im Sinne des § 6 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) handelt. Der Steuerpflichtige muß wirtschaftlich betrachtet tatsächlich Gelder einem Bauherrn als zinsloses Darlehen zur Verfügung stellen. Einen Mißbrauch nach § 6 StAnpG hat das Finanzgericht nicht angenommen. Solange jedoch der Bauherr Berechtigter aus dem Wechsel selbst ist, kann eine Hingabe des Darlehens im Sinne des § 7 c EStG 1949 noch nicht als erfolgt angesehen werden. Diese Voraussetzung ist erst dann erfüllt, wenn durch die Diskontierung der Bauherr in den Besitz der Gelder tatsächlich gelangt ist. Auf diese Weise bestimmt zwar in gewissem Umfange den Zeitpunkt der Hingabe des Darlehens der Darlehnsnehmer. Dies kann aber durch entsprechende Vereinbarungen zwischen dem Wechselaussteller und dem Berechtigten eingeschränkt werden.
Dem Finanzgericht ist darin beizupflichten, daß ein guter Wechsel wie Bargeld wirken kann. Siehe Abschnitt 63g EStR 1950. Für die Fälle des § 7 c EStG erscheint es jedoch nicht gerechtfertigt, einen Unterschied zwischen guten und schlechten Wechseln zu machen. Schon um Mißbräuchen entgegenzutreten, müssen hier besonders strenge Anforderungen hinsichtlich des Begriffes "Hingabe" gestellt und muß die Steuervergünstigung von der Diskontierung des Wechsels abhängig gemacht werden. Im übrigen ist noch folgendes zu beachten:
Durch den Wechsel erhält der Darlehnsnehmer lediglich einen Betrag, der um den Diskont vom Nennbetrag des Wechsel abweicht. Ist der Darlehnsnehmer verpflichtet, den Nennbetrag des Wechsels als Darlehen zurückzuzahlen, trägt also den Diskont nicht der Darlehnsgeber, so liegt kein zinsloses Darlehen vor.
Im vorliegenden Falle wurde der Wechsel erst im Jahre 1950 diskontiert. Es kann deshalb für 1949 die Steuervergünstigung nicht gewährt werden. Die Rb. des Finanzamtsvorstehers ist somit begründet.
Die Vorentscheidung wird deshalb aufgehoben.
Fundstellen
Haufe-Index 407448 |
BStBl III 1952, 205 |
BFHE 1953, 527 |
BFHE 56, 527 |