Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Hilfeleistung beim Fest- und Losmachen (Vertäuen) von Schiffen und die Schlepphilfe (Verholen) beim Drehen (Schwojen) von Schiffen sind weder nach § 28 noch nach § 35 Abs. 1 Ziff. 1 UStDB 1951 umsatzsteuerfrei.

 

Normenkette

UStDB 1951 § 28 Abs. 1 Ziff. 2, Abs. 2, § 35 Abs. 1 Ziff. 1

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) betreibt in einem Seehafenplatz als selbständiger Unternehmer mit Hilfe eines Motorbootes das Fest- und Losmachen und das Verholen von Schiffen in der Weise, daß er durch Ausbringen der von den Schiffen übernommenen Trossen beim Festmachen und durch Einholen der Trossen beim Losmachen Seeschiffen bei den Anlege- und Ablegemanövern und bei gelegentlichem Verholen behilflich ist. Kleineren Seeschiffen leistet er auch durch die Zugkraft seines 20-PS-Motorbootes bei erforderlich werdendem Schwojen oder Drehen oder bei der Einfahrt in die Hafenbecken Beistand.

Die Vorinstanzen haben ihn mit den Entgelten hierfür, die für das Verholen einerseits und das Los- und Festmachen andererseits nicht gesondert berechnet und festgehalten uerden, zur Umsatzsteuer nach den §§ 1 Ziff. 1, 7 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) herangezogen, während der Bf. seine Umsätze na h § 28 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) 1951 und, soweit das Verholen in Betracht kommt nach § 35 Abs. 1 Ziff. 1 a. a. O. für steuerfrei hält.

 

Entscheidungsgründe

Die gegen die Heranziehung zur Umsatzsteuer eingelegte Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet. Die Tätigkeit des Los- und Festmachens von Schiffen fällt weder unter § 28 Abs. 1 Ziff. 2 UStDB noch ist sie unter die handelsüblichen Nebenleistungen im Sinne des Abs. 2 einzureihen. Gegenüber der Fassung des in den UStDB 1934 einschlägigen § 19 ist dies in den UStDB 1938 und 1951 dadurch noch deutlicher zum Ausdruck gekommen, daß nun in beiden Ziffern 1 und 2 des § 28 UStDB 1951 (§ 27 UStDB 1938) an die Stelle des Begriffs "Seeschiff" der Begriff "Seegut" getreten ist. Hieraus und aus den im § 28 Abs. 2 UStDB 1951 verwendeten Beispielen für die handelsüblichen Nebenleistungen geht eindeutig hervor, daß nur jene Tätigkeiten befreit sind, die sich unmittelbar auf die Ladung beziehen. Der von der Rb. gezogene Schluß, daß nach dem Willen des Gesetzgebers auch nur mittelbar mit der Tätigkeit des Entladens und Beladens zusammenhängende Tätigkeiten, also ganz allgemein die Tätigkeit der Seehafenbetriebe, befreit sein sollen, hat hiernach im Gesetz keinen Ausdruck gefunden. Denn abgesehen von der Tätigkeit der Schiffsmakler nach § 28 Abs. 1 Ziff. 4 UStDB 1951 beziehen sich alle fünf anderen Ziffern dieser Vorschrift nur auf die Ladung der Schiffe, nicht auf diese selbst. Kann hiernach aber keinesfalls als sicher unterstellt werden, daß die Tätigkeit des Bf., wäre sie vom Gesetzgeber in Betracht gezogen worden -- und dies verneint der vom Finanzgericht gehörte Sachverständige, der bei der Formulierung der §§ 28 bis 35 UStDB als Vertreter seines Verbandes mitgewirkt hat --, gleichfalls entgegen dem Sprachgebrauch in den steuerfreien Umschlagverkehr einbezogen worden, so kann dies auch nicht im Wege einer erweiternden Auslegung geschehen; denn dies setzte voraus, daß der in der Gesetzesformulierung zum Ausdruck gekommene Wille des Gesetzgebers zu einem sinnwidrigen, von ihm nicht gewollten Ergebnis führte (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs V 41/53 S vom 17. September 1953, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1953 III S. 307).

Wenn sich der Bf. auf die ihm in früheren Jahren bewilligte Umsatzsteuerfreiheit beruft, so übersieht er, daß diese ihm aus dem Gesichtspunkt des § 27a Abs. 1 Ziff. 1 UStDB 1934 in der Fassung der Verordnung vom 21. August 1936 (Reichsgesetzblatt -- RGBl. -- I S. 643) bewilligt worden ist, einer Vorschrift, der jetzt der § 35 UStDB 1951 entspricht, also, wie der Bf. auch in seiner Umsatzsteuererklärung 1951 zum Ausdruck bringt, für das "Verholen" der Schiffe, das offenbar als Schleppen im Sinne des § 35 Abs. 1 Ziff. 1 a. a. O. angesehen wurde. Aber auch auf diese Vorschrift kann sich der Bf. nicht berufen. Abgesehen davon, daß es ihm nicht möglich ist, die auf das Verholen oder Bugsieren entfallenden Entgeltteile anzugeben, weil er sie nicht gesondert berechnet hat, ist mit dem Finanzgericht davon auszugehen, daß eine Verhol- und Schlepphilfe bei den Anlege- und den Ablegemanövern nicht als Beförderungsverkehr im Sinne des § 35 UStDB anzusehen ist. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des Finanzgerichts erschöpft sich die Tätigkeit des Bf. insoweit in einer Schlepphilfe bei dem Schwojen oder Drehen und beim Einlaufen oder Auslaufen in die Hafen becken. Hiervon könnte allenfalls das Schleppen in ein Hafenbecken oder von einem Becken in ein anderes unter § 35 Abs. 1 Ziff. 1 UStDB fallen. Der Akteninhalt gibt aber keinen Anhalt, ob und in welchem Umfang eine solche Tätigkeit im Veranlagungszeitraum 1951 überhaupt vorgekommen ist. Die sonstige Tätigkeit ist räumlich derart beschränkt, daß sie nicht als Beförderungsleistung angesprochen werden kann, auch wird üblicherweise unter Schleppen im Sinne des § 35 Abs. 1 Ziff. 1 UStDB nur durch Schlepper bewirkte Beförderung von Schiffen, nicht eine lediglich durch ein Motorboot bewirkte Hilfeleistung beim An- und Ablegen zu verstehen sein, die der Bf. selbst im Geschäftsverkehr entsprechend dem Sprachgebrauch auch nicht als Schleppen, sondern nur als "Verholen" bezeichnet. Nur wenn überhaupt eine in diesem Sinne verstandene Beförderungs leistung vorliegt, käme es -- und hierin ist der Rb. zuzustimmen -- freilich nicht auf die mehr oder weniger große Entfernung an.

Nach alledem konnte die Rb. keinen Erfolg haben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 425854

BStBl III 1954, 247

BFHE 1955, 101

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