Leitsatz (amtlich)
Auch wenn von einem Steuerpflichtigen mit einer herausgehobenen Stellung im Berufs- oder Wirtschaftsleben die Teilnahme seiner Ehefrau an bestimmten mit beruflichen Veranstaltungen in Zusammenhang stehenden gesellschaftlichen Veranstaltungen erwartet wird, sind die dadurch veranlaßten Aufwendungen keine Betriebsausgaben.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1963 die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen, die den Klägern (Steuerpflichtigen) durch verschiedene Veranstaltungen im Jahre 1963 entstanden sind. Die Steuerpflichtigen sind Eheleute; sie wurden für 1963 zusammenveranlagt.
Der Ehemann (Steuerpflichtiger) betreibt zusammen mit seinem Sohn eine freiberufliche Praxis. Seit 1953 ist er Präsident und Vorsitzender zweier Berufsvereinigungen. Der Steuerpflichtige wurde Mitte 1962 zum Präsidenten der Internationalen Organisation (I. O.) gewählt und übernahm dieses Amt Mitte 1963. Von dieser erhielt der Steuerpflichtige keine Aufwandsentschädigung.
In der Steuererklärung für 1963 wies der Steuerpflichtige Aufwandsentschädigungen von insgesamt 36 080 DM aus, die das FA nur zum Teil als Betriebsausgaben behandelte. Mit dem Einspruch begehrten die Steuerpflichtigen auch die Aufwendungen, die durch die Repräsentation der Ehefrau entstanden, mit einem besonderen Pauschbetrag von mindestens 700 DM je Monat anzuerkennen. Durch die Teilnahme der Ehefrau an den verschiedenen Kongressen im In- und Ausland seien Aufwendungen von insgesamt 4 283,80 DM entstanden. In diesem Betrag seien 1 483,80 DM Reisekosten enthalten; der Restbetrag entfalle auf sonstige Ausgaben, die nach Pauschbeträgen (100 DM je Tag bei Reisen in außerdeutsche Länder; 75 DM je Tag bei Reisen im Inland) ermittelt worden seien. Für einen Empfang in einem Weinrestaurant seien 650 DM ausgegeben worden. Es sei internationale Gepflogenheit, daß bei repräsentativen gesellschaftlichen Veranstaltungen auch Ehefrauen zugegen seien.
Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das FG begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt: Wenn auch die Anwesenheit der Ehefrau besonders bei internationalen Veranstaltungen, Empfängen oder Kongressen üblich sei, so würden die Aufwendungen dafür dennoch nicht durch die berufliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen veranlaßt. Das eigene Vorbringen des Steuerpflichtigen lasse erkennen, daß die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Ehefrau weitgehend auf gesellschaftlicher Grundlage beruhten. Wenn sich der Steuerpflichtige auch als Präsident der Organisationen erfahrungsgemäß gewissen Repräsentationspflichten nicht entziehen könne, so hingen die Aufwendungen doch nicht ganz überwiegend mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen und mit dem rein fachlichen Teil der Veranstaltungen zusammen. Sie seien eine gesellschaftliche Folge der beruflichen Stellung des Steuerpflichtigen und deshalb Aufwendungen für die Lebensführung, auch wenn sie dem Beruf des Steuerpflichtigen förderlich gewesen seien (§ 12 Nr. 1 Satz 2 EStG; vgl. Entscheidungen des BFH IV 36/64 U vom 18. Februar 1965, BFH 82, 88, BStBl III 1965, 279 f.; IV 209/63 U vom 18. Februar 1965, BFH 82, 96, BStBl III 1965, 282 f., mit weiteren Nachweisen). Die internationalen Gepflogenheiten beruhten ebenfalls allein auf gesellschaftlichen Erwägungen und der Beachtung hergebrachter Höflichkeitsformen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision der Steuerpflichtigen ist unbegründet.
Den Ausführungen des FG ist in vollem Umfang zuzustimmen. Es kann hier dahingestellt bleiben, inwieweit die Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen selbst durch die Teilnahme an rein gesellschaftlichen, mit Fachveranstaltungen zusammenhängenden Veranstaltungen entstanden, als ganz überwiegend durch die berufliche Stellung veranlaßt angesehen werden können. Sehr viele Steuerpflichtige, die im Berufs- oder Wirtschaftsleben eine hervorragende Stellung einnehmen, können sich bestimmten gesellschaftlichen Pflichten schwer entziehen. Deshalb allein sind die dadurch veranlaßten Aufwendungen noch nicht Betriebsausgaben, wie sich aus dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck des § 12 Nr. 1 EStG ergibt. Nur wenn solche an sich zur Lebensführung gehörende Aufwendungen besonders eng und zwingend mit dem Beruf zusammenhängen und ganz überwiegend durch ihn veranlaßt sind, was sich nur unter Berücksichtigung aller Umstände entscheiden läßt, können sie in angemessenem Umfang (vgl. § 4 Abs. 5 EStG 1967) und bei entsprechendem Nachweis (vgl. § 4 Abs. 6 EStG 1967) Betriebsausgaben sein. Der Senat ist der Auffassung, daß diese Voraussetzungen für die Ehefrau als solche in keinem Fall erfüllt sind. Hier stehen auch dann, wenn vom Steuerpflichtigen die Teilnahme der Ehefrau an einer gesellschaftlichen Veranstaltung erwartet wird, die persönlichen Beziehungen und die Stellung der die Aufwendungen veranlassenden Person als Ehefrau des Steuerpflichtigen soweit im Vordergrund, daß eine ganz überwiegende Veranlassung dieser Aufwendungen durch den Beruf des Ehemannes nicht anerkannt werden kann.
Fundstellen
BStBl II 1968, 713 |
BFHE 1968, 152 |