Leitsatz (amtlich)
Bei der Prüfung, ob bei einer Zweckverbandsparkasse die Spenden an die Mitglieder des Zweckverbands (Gewährträgerspenden) im üblichen Rahmen der Spenden an fremde Dritte liegen, ist der für Fremdspenden gefundene Durchschnittswert nicht mit der Zahl der Mitglieder des Gewährträgers zu vervielfältigen.
Normenkette
KStG a.F. § 6 Abs. 1 S. 2, § 11 Nr. 5
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine Sparkasse, deren Gewährträger ein Zweckverband ist, dessen Mitglieder der Landkreis A, die Stadt B und die Stadt C sind. Im Jahr 1970 wendete die Klägerin insgesamt 15 500 DM und im Jahr 1971 insgesamt 15 000 DM den Mitgliedern ihres Gewährträgers als Spenden zu.
Bei der erstmaligen vorläufigen Veranlagung für das Streitjahr 1971 erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) die den Mitgliedern des Zweckverbandes gewährten Spenden voll als berücksichtigungsfähig i. S. des § 11 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes a. F. (KStG) an. Bei der aufgrund einer Betriebsprüfung ergangenen endgültigen Körperschaftsteuerveranlagung 1971 sah das FA von den den Mitgliedern gewährten Spenden (15 000 DM) 11 630 DM als verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG) an. Von den diesbezüglichen Spenden des Vorjahres 1970 (15 500 DM), dessen Verlust im Streitjahr 1971 zu berücksichtigen ist, hielt es 7 505 DM für verdeckte Gewinnausschüttungen. Gegen die endgültige Veranlagung 1971 wandte sich die Klägerin mit der Sprungklage. Sie begehrte, den Verlustabzug 1970 um die dort nicht als berücksichtigungsfähig anerkannten Spenden von 7 505 DM zu erhöhen und weiterhin in 1971 den als verdeckte Gewinnausschüttungen hinzugesetzten Betrag von 11 630 DM als abzugsfähige Spenden zu berücksichtigen.
Das FG gab der Klage statt. Es führte aus, für die Beurteilung, ob in Fällen der vorliegenden Art verdeckte Gewinnausschüttungen oder berücksichtigungsfähige Spenden vorlägen, sei maßgeblich, in welchem Verhältnis die dem Gewährträger oder ihm nahestehenden Personen gewährten Spenden zu den fremden gemeinnützigen Einrichtungen geleisteten Spenden stünden. Im Streitfall biete das Spendenverhalten der Klägerin während der Jahre 1968, 1969 und 1970 eine hinreichende Grundlage. In diesen Jahren habe die Klägerin Spenden an fremde Einrichtungen in unterschiedlicher Höhe gegeben (1968 13 255 DM; 1969 7 211 DM und 1970 3 378 DM). Das ergebe einen Jahresdurchschnitt von 8 000 DM. Es laufe der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht zuwider, wenn das durchschnittliche Spendenverhalten jedem der drei Gewährträger zugute komme. Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, sei grundsätzlich nur in bezug auf den oder die einzelnen Gesellschafter (Gewährträger) zu beantworten. Andernfalls wäre die Klägerin gegenüber Sparkassen mit nur einem Gewährträger nicht gleichgestellt. Die Einzelbetrachtung der Gewährträger sei jedenfalls dann nicht unzulässig, wenn ihre Zahl, wie im Streitfall, verhältnismäßig gering sei und obendrein die Summe der Spenden an die Gewährträger noch in einem vertretbaren Verhältnis zum erwirtschafteten Betriebsgewinn stehe. Auch dieser Gesichtspunkt könne bei der Gewinnung eines Prüfungsmaßstabs mit in Betracht gezogen werden. Da die Spenden an die einzelnen Gewährträger den gefundenen Rahmen von je rd. 8 000 DM bei weitem nicht erreichten, seien sie im beantragten Umfang anzuerkennen.
Das FG berücksichtigte bei der Neufestsetzung der Körperschaftsteuer 1971 wie beantragt zusätzliche Spenden des Jahres 1971 von 11 630 DM und erhöhte den Verlustvortrag aus 1970 um 7 505 DM.
Gegen diese Entscheidung wendet sich das FA mit der vom FG zugelassenen Revision. Das FA rügt Verletzung materiellen Rechts. Entgegen der Auffassung des FG sei das Spendenverhalten der Klägerin während der Jahre 1969 bis 1971 und nicht während der Jahre 1968 bis 1970 zu untersuchen gewesen. Die im Jahre 1968 fremden gemeinnützigen Einrichtungen gewährten Spenden lägen außerhalb des üblichen Spendenverhaltens der Klägerin. Es gehe ferner nicht an, die Höhe der berücksichtigungsfähigen Spenden von der zufälligen Anzahl der Mitglieder des Gewährträgers abhängig zu machen. Wenn die Summe der an fremde gemeinnützige Einrichtungen geleisteten Spenden die Grundlage für die Entscheidung bilde, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, so müßten die gesamten Zuwendungen an die drei Gewährträger zum Vergleich herangezogen werden. Die Auffassung des FG führe zu einem absurden Ergebnis insofern, als jede Fremdspende im Hinblick auf die Spende an einen Gewährträger eine vervielfachende Wirkung auslöse. Dem FG sei zwar zuzustimmen, daß die Frage, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, grundsätzlich nur in bezug auf den einzelnen Gesellschafter (Gewährträger) zu beantworten sei; dann müßte jedoch ein anderer Vergleichsmaßstab gefunden werden. Unabhängig davon dürfe auch nicht übersehen werden, daß die Gewährträger nicht einzeln, sondern in ihrer Gesamtheit über einen Zweckverband mit der Sparkasse in Verbindung stünden, im Rahmen dessen auch ihre Rechte ausgeübt würden. Die Klägerin habe bei den Spendenentscheidungen 1969 bis 1972 den Zweckverband im ganzen im Auge gehabt und genau nach Maßgabe der Anteile (je 1/3) die Spenden verteilt. Nach Auffassung des FA sei im Streitfall die durchschnittliche Summe der Fremdspenden der Jahre 1969 bis 1972 in Höhe von 4 700 DM den Zuwendungen an die drei Gewährträger in Höhe von insgesamt 15 000 DM gegenüberzustellen. Da sich bei diesem Vergleich ein krasses Mißverhältnis zwischen den Spenden an fremde gemeinnützige Einrichtungen und an die Gewährträger ergebe, liege im Streitjahr 1971 eine verdeckte Gewinnausschüttung von 10 300 DM vor. In gleicher Weise ergebe sich für das Jahr 1970, für das der gefundene Spendenrahmen ebenfalls Anwendung finde, eine verdeckte Gewinnausschüttung von 10 800 DM, die sich im Streitjahr 1971 durch den Verlustvortrag auf das zu versteuernde Einkommen auswirke.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
In der Entscheidung vom 19. Juni 1974 I R 94/71 (BFHE 112, 494, BStBl II 1974, 586) hat der erkennende Senat anhand der bisherigen Rechtsprechung die Grundsätze zusammengefaßt, unter denen Spenden, die eine Sparkasse ihrem Gewährträger oder einer ihm nahestehenden Person gibt, verdeckte Gewinnausschüttungen darstellen. Auf diese Entscheidung wird verwiesen. Ob berücksichtigungsfähige Spenden (§ 11 Nr. 5 KStG) oder verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 KStG) vorliegen, ist anhand des Spendenverhaltens der Sparkasse -- Spenden an fremde gemeinnützige Einrichtungen; Spenden an den Gewährträger oder an die ihm nahestehenden Personen -- zu prüfen.
Das FG hat, da sich aus dem Spendenverhalten der Klägerin während des Jahres 1971 und wohl auch während des Jahres 1970 nicht genügend Anhaltspunkte für die Höhe der berücksichtigungsfähigen Gewährträgerspenden ergeben, einen längeren Zeitraum in die Beurteilung einbezogen. In der den Beteiligten bekannten nichtveröffentlichten Entscheidung des Senats vom 21. März 1979 I R 134/75 ist ausgeführt, daß sich das Schwergewicht der Nachprüfung naturgemäß auf das Spendenverhalten der Sparkasse in der Vergangenheit zu richten habe. Entgegen der Auffassung des FA ist es nicht zu beanstanden, daß das FG im Streitfall die fremden gemeinnützigen Einrichtungen gewährten Spenden während der dem Streitjahr 1971 vorausgegangenen drei Jahre in die Prüfung einbezogen und sodann einen Durchschnittswert gebildet hat, der als Vergleichsmaßstab für die Höhe der berücksichtigungsfähigen Gewährträgerspenden dienen kann (8 000 DM). Die Summe der Fremdspenden des Jahres 1968 (13 255 DM) fällt entgegen der Auffassung des FA nicht in einer Weise aus dem Rahmen, daß sie für eine Durchschnittsberechnung ungeeignet wäre.
Der erkennende Senat vermag sich jedoch nicht der Auffassung des FG anzuschließen, daß bei Vorhandensein mehrerer hinter der Sparkasse stehender Gewährträger oder eines aus mehreren Mitgliedern bestehenden Zweckverbands als Gewährträger der auf vorstehende Weise gefundene Durchschnittswert als Maßstab für die jedem einzelnen Gewährträgermitglied zugewendeten Spenden dienen müsse. Werden wie im Streitfall die jährlichen Fremdspenden mit 8 000 DM ermittelt und dient dieser Betrag als Anhalt für die Abzugsfähigkeit der Gewährträgerspenden, ist es nicht gerechtfertigt, bei Vorhandensein von drei Mitgliedern des Zweckverbandes den Rahmen für die berücksichtigungsfähigen Gewährträgerspenden im Ergebnis zu verdreifachen. Es ständen dann die Spenden an fremde gemeinnützige Einrichtungen von nur insgesamt 8 000 DM einem möglichen Spendenrahmen für die Gesamtheit der Gewährträgermitglieder von 24 000 DM gegenüber. Das führt zu einem unausgewogenen Verhältnis der Fremdspenden zu den Gewährträgerspenden. Bei Zweckverbandsparkassen sind die Mitglieder des Zweckverbands und nicht der Zweckverband selbst die unmittelbaren Bezieher ausgeschütteter Gewinne. Das ergibt sich aus § 29 Abs. 3 der Bayerischen Sparkassenordnung. Dort ist bestimmt, daß bei Zweckverbandsparkassen vom Bilanzgewinn Teile, soweit sie nicht einer sonstigen Rücklage zugeführt werden, unmittelbar an die Zweckverbandsmitglieder abgeführt oder mit deren Zustimmung gemeinnützigen Zwecken zugewendet werden können. Werden alle oder mehrere Zweckverbandsmitglieder von der Sparkasse mit Gewährträgerspenden bedacht, ist eine Gesamtbetrachtung erforderlich. Das widerspricht nicht dem Begriff der verdeckten Gewinnausschüttung, der darauf abstellt, ob die Körperschaft (Sparkasse) bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Spende einem anderen, der nicht ihr Gesellschafter (Gewährträger oder Mitglied des Gewährträgers) ist, nicht gegeben hätte. Bei den zum Vergleich heranzuziehenden Kapitalgesellschaften, insbesondere bei einer GmbH, hängt es häufig von der Gesamtbetrachtung ab, ob verdeckte Gewinnausschüttungen an einen Gesellschafter vorliegen. Sind zum Beispiel an einer GmbH fünf Gesellschafter zu je 1/5 beteiligt und erhält der eine von ihnen aus dem Bilanzgewinn mit Rücksicht auf seine erfolgreiche Tätigkeit für die Gesellschaft während des abgelaufenen Geschäftsjahrs eine Tantieme, wird in der Regel keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, auch wenn die Zahlung einer Tantieme bisher nicht vereinbart worden war. Bedenken sich in diesem Fall aber alle fünf Gesellschafter mit einer Tantieme in gleicher Höhe, wird gewöhnlich der Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt sein. Diese Gesamtbetrachtung ist notwendig, um feststellen zu können, ob an jeden der Gesellschafter (Mitglieder) Gewinne oder Gewinnanteile in verdeckter Form ausgeschüttet worden sind. Bei Spenden von Sparkassen erfordert es die Gesamtbetrachtung, die Summe der fremden gemeinnützigen Organisationen zugewendeten Beträge der Summe der den Mitgliedern des Gewährträgers zugewendeten Spenden gegenüberzustellen. Nur auf diese Weise läßt sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung beurteilen, ob das Verhältnis der Fremdspenden zu den Gewährträgerspenden einigermaßen ausgewogen ist.
Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die Vorentscheidung ist deshalb aufzuheben. Das FG wird unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats erneut prüfen müssen, in welcher Höhe die Spenden an die Mitglieder des Zweckverbands abzugsfähig sind. Für das Verlustjahr 1970 wird darauf hingewiesen, daß nach der Entscheidung des Senats vom 21. Oktober 1981 I R 149/77 (BFHE 134, 308, BStBl II 1982, 177) abzugsfähige Spenden einen Verlustvortrag nicht mindern.
Fundstellen
Haufe-Index 74511 |
BStBl II 1983, 150 |
BFHE 1982, 171 |