Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel bei Durchführung zweier Bauvorhaben, wobei eines die ,,Drei-Objekt-Grenze" nicht überschreitet
Leitsatz (NV)
Eine isolierte Betrachtung zweier nicht weit voneinander entfernt durchgeführter Bauvorhaben mit der Folge, das eine dem gewerblichen, das andere dagegen dem privaten Bereich zuzuordnen, kann nicht in Betracht kommen. Gleichartige Tätigkeiten ein und derselben Person sind, jedenfalls wenn sie zeitgleich und innerhalb einer gewissen räumlichen Nähe zueinander ausgeübt werden, in der Regel ein und demselben ,,Betrieb" zuzuordnen, der nur einheitlich als gewerblich oder nichtgewerblich anzusehen ist.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger ist Kaufmann. Er ist als Mitunternehmer an einer GmbH & Co. KG beteiligt und erzielt hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Daneben macht er seit dem Streitjahr gewerbliche Verluste aus dem Grundstückshandel S-Straße geltend. Auf diesem Grundstück war die Errichtung eines Gebäudekomplexes mit insgesamt 43 Wohnungen und 58 Stellplätzen geplant. Am 2. Januar 1985 (nach Ablauf des Streitjahres) nahm der Kläger den Steuerberater X als atypisch stillen Gesellschafter in das Unternehmen S-Straße auf. Der Komplex wurde Ende 1986 fertiggestellt. Es wurden 16 Wohneinheiten im Jahre 1986 veräußert, die restlichen Wohneinheiten im Jahre 1987 veräußert bzw. vermietet. Die atypisch stille Gesellschaft bilanzierte ab 1985 und wurde vom Finanzamt (FA -) für die Jahre 1985 uund 1986 im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellung steuerlich erfaßt.
Der Kläger und seine Ehefrau sind außerdem Eigentümer mehrerer bebauter Grundstücke, aus denen sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.
Mit Kaufvertrag vom 19. Januar 1983 hatte der Kläger in derselben Gemeinde einen Bauplatz mit Doppelgarage an der B-Straße für 400000 DM erworben. Er errichtete darauf ein Wohnhaus mit vier Eigentumswohnungen und vier Kfz-Stellplätzen. Die Fertigstellung erfolgte im Frühjahr 1984. Mit Kaufverträgen vom 14. November 1983 verkaufte der Kläger zwei Miteigentumsanteile, verbunden mit dem Sondereigentum an zwei noch schlüsselfertig zu errichtenden Eigentumswohnungen. Mit Kaufvertrag vom 12. Juli 1984 verkaufte er eine weitere Eigentumswohnung (inzwischen fertiggestellt) des Objekts. Der Verkauf erfolgte an drei verschiedene Erwerber. Ein Erwerber ist Angestellter der GmbH & Co. KG, an der der Kläger als Mitunternehmer beteiligt ist. Die vierte Eigentumswohnung behielt der Kläger für seinen Eigenbedarf zurück; diese Wohnung wurde ab 1985 vermietet.
Mit Einkommensteuerbescheid 1984 vom 1. April 1987 behandelte das FA den Verkauf der drei streitigen Eigentumswohnungen an der B-Straße als gewerblichen Grundstückshandel. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung insbesondere aus, die Nichtüberschreitung der sog. Drei-Objekt-Grenze (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. März 1989 VIII R 373/83, BFHE 158, 214, BStBl II 1990, 1053, und vom 25. April 1991 IV R 111/90, BFHE 165, 188, BStBl II 1992, 283) habe im vorliegenden Fall keine rechtliche Auswirkung auf die Beurteilung des Objekts B-Straße. Denn der Kläger habe im Streitjahr das weitere Grundstück S-Straße erworben, auf dem in den Folgejahren 43 Wohnungen errichtet und zu einem erheblichen Teil veräußert worden seien.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 39 Abs. 2 Ziff. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) sowie des § 15 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Er macht geltend, daß das FG mit keinem Wort die Art und den Umfang des privaten Grundstückshandels des Klägers, insbesondere die Umstände des Verkaufs der drei streitgegenständlichen Eigentumswohnungen, gewürdigt habe. Das FG habe sich auch nicht mit der Frage befaßt, ob eine klare Abgrenzung zwischen dem gewerblichen und dem privaten Grundstückshandel - die ja tatsächlich möglich sei - vorgenommen werden könne. Mangels Würdigung dieser Gesamtumstände lasse sich die Schlußfolgerung des FG nicht nachvollziehen. Es handelte sich hier um einen klassischen Fall für die Anwendung der Drei-Objekt-Grenze, da sich der Kläger auf der einen Seite im Rahmen der atypisch stillen Gesellschaft mit einem gewerblichen Grundstückshandel, auf der anderen Seite im privaten Bereich mit dem Verkauf von drei Eigentumswohnungen befaßt habe. Hinzu komme, daß das FG unberücksichtigt gelassen habe, daß die streitgegenständlichen Eigentumswohnungen allesamt im privaten Bereich veräußert worden seien, ohne daß sie jemals auf dem Grundstücksmarkt zum Verkauf angeboten wurden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat ohne Rechtsverstoß einen gewerblichen Grundstückshandel des Klägers bejaht.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hat der Kläger neben den in den Jahren 1983 und 1984 verkauften drei Eigentumswohnungen an der B-Straße im Jahre 1984 die Errichtung von 43 Wohnungen und 58 Stellplätzen an der S-Straße geplant. Dieses Grundstück hatte der Kläger im Streitjahr bereits erworben. Ausweislich der eigenen Einkommensteuererklärung des Klägers für 1984 hat er in diesem Jahr an der Verwirklichung des Projekts S-Straße auch schon gearbeitet und den ihm durch diese Tätigkeit entstandenen Verlust, den er immerhin mit . . . bezifferte, folgerichtig als solchen aus Gewerbebetrieb ausgewiesen. Er selbst beschreibt in der Einkommensteuererklärung 1984 unter der Rubrik ,,Art des Gewerbes" seine diesbezügliche Tätigkeit als ,,Grundst.-Handel".
Angesichts dieses Sachverhalts ist es unerheblich, ob der Kläger bei der Verwirklichung des Projektes B-Straße die sog. Drei-Objekt-Grenze überschritten hat. Denn die Tätigkeit des Klägers an der B-Straße unterschied sich der Art nach nicht von dessen Tätigkeit an der S-Straße und ist deshalb mit dieser zusammen als einheitliche gewerbliche Betätigung anzusehen.
Eine isolierte Betrachtung der beiden Bauvorhaben mit der vom Kläger erstrebten Folge, das eine dem gewerblichen, das andere dagegen dem privaten Bereich zuzuordnen, kann nicht in Betracht kommen. Gleichartige Tätigkeiten ein und derselben Person sind, jedenfalls wenn sie zeitgleich und innerhalb einer gewissen räumlichen Nähe zueinander ausgeübt werden, in der Regel ein und demselben ,,Betrieb" zuzuordnen, der nur einheitlich als gewerblich oder nichtgewerblich anzusehen ist.
Dementsprechend waren sowohl das Grundstück S-Straße als auch das Grundstück B-Straße dem Betriebsvermögen des vom Kläger betriebenen Gewerbebetriebs Grundstückshandel zuzurechnen. Zwar ist es möglich, daß auch ein gewerblicher Grundstückshändler Grundstücke im Privatvermögen hält (generell zu branchengleichen Geschäften vgl. BFH-Urteil vom 18. März 1982 IV R 183/78, BFHE 136, 76, BStBl II 1982, 587). Für eine solche Annahme ist allerdings erforderlich, daß die Grundstücke eindeutig dem Privatvermögen zugeordnet werden können. Gelingt dieser Nachweis nicht, so ist es wegen der durch die geschäftstypische Betätigung bedingten Nähe zum Gewerbebetrieb sachlich gerechtfertigt, die Grundstücke im Betriebsvermögen zu erfassen (vgl. u.a. Urteil des BFH vom 27. Februar 1991 XI R 37/89, BFH/NV 1991, 524). Anhaltspunkte dafür, daß das Grundstück B-Straße eindeutig dem Privatvermögen zugeordnet werden kann, hat der Kläger nicht vorgetragen. Sie wurden auch vom FG nicht festgestellt.
Die vom Kläger bezüglich des Grundstücks S-Straße im Streitjahr entfaltete Tätigkeit ist auch dem Kläger selbst und nicht etwa einer Mitunternehmerschaft, bestehend aus dem Kläger und X zuzurechnen. Dabei mag auf sich beruhen, ob der zwischen dem Kläger und X geschlossene Vertrag über eine stille Beteiligung des X zu einer Mitunternehmerschaft führte. Denn jedenfalls bestand eine solche Mitunternehmerschaft im Streitjahr noch nicht, weshalb ihr auch keine irgendwie geartete Tätigkeit zugeordnet werden kann. Daß Gewinne aus dem Projekt S-Straße erst zu einem Zeitpunkt entstanden, als X bereits an diesem Projekt als stiller Gesellschafter beteiligt war, ändert an diesem Ergebnis nichts. Denn die Zuordnung einer auf Gewinnerzielung gerichteten Tätigkeit zu einer Person oder zu einer Personengesellschaft hängt nicht vom Zeitpunkt der Gewinnverwirklichung ab, sondern bestimmt sich nach dem Zeitraum, innerhalb dessen die Tätigkeit verrichtet wurde. Folgerichtig hat der Kläger auch die im Streitjahr entstandenen Verluste aus dem Projekt S-Straße sich selbst und nicht der von ihm nach seiner Behauptung angestrebten Personengesellschaft zugerechnet.
Auch die Behauptung des Klägers, er habe bereits im Streitjahr beabsichtigt, den Grundstückshandel S-Straße zusammen mit weiteren Personen in Gestalt einer Gesellschaft zu betreiben, ist rechtlich unerheblich. Denn eine solche Absicht allein würde, selbst wenn sie bereits im Streitjahr bestanden haben sollte, den Grundstückshandel S-Straße nicht zu einem eigenständigen, von den übrigen Grundstücksaktivitäten des Klägers unabhängigen Gewerbebetrieb machen.
Fundstellen
Haufe-Index 418705 |
BFH/NV 1993, 24 |