Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweiserleichterungen für Unterhaltszahlungen in Krisengebiete als außergewöhnliche Belastung; Berücksichtigung erhöhter Mitwirkungspflichten im Rahmen der freien Beweiswürdigung und deren revisionsrechtliche Nachprüfbarkeit
Leitsatz (NV)
1. Den Steuerpflichtigen treffen erhöhte Mitwirkungspflichten zur Aufklärung des Sachverhalts und für die Vorsorge sowie Beschaffung von Beweismitteln, wenn er Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Angehörige steuermindernd geltend macht.
2. Die Erfüllung dieser Mitwirkungspflichten muss erforderlich, möglich, zumutbar und verhältnismäßig sein. Danach können hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen aus Krisengebieten Beweiserleichterungen in Betracht kommen.
3. Das FG hat bei der ihm obliegenden Entscheidung nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnen Überzeugung zwar die erforderlichen Beweismittel auszuwählen und zu gewichten, muss aber dabei auch die erhöhten Mitwirkungspflichten mit berücksichtigen.
4. Die Entscheidung, welche Anforderungen an den Nachweis von Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende, unterstützungsdürftige Angehörige zu stellen sind und welche Beweismittel der Steuerpflichtige zu beschaffen hat, gehört zur Rechtsanwendung, die vom BFH überprüft werden kann.
5. Die tatrichterliche Überzeugungsbildung ist revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Sind jedoch die Tatsachen, aufgrund deren das FG seine Überzeugung gebildet hat, widersprüchlich oder ist die Schlussfolgerung aus den festgestellten Tatsachen nicht nachvollziehbar, so liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, den das Revisionsgericht von Amts wegen als Fehler der Rechtsanwendung zu beachten hat.
Normenkette
AO 1977 § 90 Abs. 2; EStG § 33a Abs. 1, 4; FGO § 96 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt und haben zwei Kinder, für die sie im Streitjahr 1997 Kindergeld in Höhe von 2 860 DM bezogen. Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 51 617 DM.
Mit der gemeinsamen Einkommensteuererklärung für 1997 machten die Kläger u.a. Unterhaltszahlungen an die 1948 geborene, im Kosovo lebende, verwitwete Mutter des Klägers --Z-- in Höhe von 4 000 DM, an den 1973 geborenen, ebenfalls dort wohnhaften Bruder des Klägers in Höhe von 3 000 DM sowie an die 1972 geborene, gleichfalls dort wohnhafte Schwester des Klägers in Höhe von 3 000 DM geltend.
Der Einkommensteuererklärung für 1997 lagen folgende Unterlagen in Kopie bei:
- drei --in wesentlichen Teilen unvollständige-- Unterhaltsbescheinigungen der Gemeinde … vom 15. Januar 1998,
- auf den 15. Januar 1998 datierte Empfangsbestätigungen, wonach die Mutter des Klägers am 18. Juli 1997 und am 30. Dezember 1997 je 2 000 DM, der Bruder am 25. März 1997 1 500 DM, am 18. Juli 1997 500 DM und am 30. Dezember 1997 1 000 DM sowie die Schwester am 18. Juli 1997 und am 30. Dezember 1997 jeweils 1 500 DM erhalten haben,
- Kontoauszüge des Klägers über Barabhebungen am 4. Juli 1997 über 5 000 DM, am 28. Juli 1997 über 1 000 DM sowie am 18. Dezember 1997 über 5 000 DM,
- Kopien des Reisepasses des Zeugen X als Überbringer der Geldbeträge mit Visastempeln vom 12. Januar 1997, 19. Januar 1997, vom 17. August 1997 und vom 21. Dezember 1997 sowie
- einen Reisepass der Klägerin mit einem Visumstempel vom 23. August 1997 (angeblich Rückreisedatum).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte die Unterhaltsleistungen im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung für 1997 mit dem Hinweis nicht, dass die Zahlungen und die Bedürftigkeit der unterstützten Personen nicht ausreichend nachgewiesen worden seien.
Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage, mit der die Kläger nur noch die Berücksichtigung von Unterhaltsaufwendungen an die Mutter des Klägers in Höhe von 4 000 DM begehrten, im Anschluss an eine Vernehmung des X als Zeugen und der Klägerin als Beteiligte statt.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen und formellen Rechts (§ 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes --EStG--, § 76 Abs. 1, § 96 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung --AO 1977--).
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II. 1. a) Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer ihm oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 12 000 DM im Kalenderjahr 1997 vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr gültigen Fassung).
Ob ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch besteht, richtet sich nach inländischen Maßstäben, d.h. nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Dies gilt nach § 33a Abs. 1 Satz 5 2. Halbsatz EStG auch für die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden ausländischen Steuerpflichtigen, die Angehörige im Ausland unterstützen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juli 2002 III R 8/01, BFHE 199, 407, BStBl II 2002, 760).
Ist die unterhaltene Person nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, so können die Aufwendungen nur abgezogen werden, soweit sie nach den Verhältnissen des Wohnsitzstaates der unterhaltenen Person notwendig und angemessen sind (§ 33a Abs. 1 Satz 5 EStG).
Die vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Schreiben vom 27. Februar 1996 (BStBl I 1996, 115) für die Bemessung des Höchstbetrages für Unterhaltszahlungen ins Ausland erlassene sog. Ländergruppeneinteilung stellt eine rechtlich nicht zu beanstandende Auslegung des Gesetzes dar (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214).
Für das Streitjahr 1997 galt für Jugoslawien eine Verringerung des Höchstbetrages auf 1/3 = 4 000 DM.
b) Nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG darf die unterhaltene Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzen. Werden die Unterhaltsaufwendungen von mehreren Steuerpflichtigen getragen, so wird bei jedem der Teil des sich hiernach ergebenden Betrages abgezogen, der seinem Anteil am Gesamtbetrag der Leistungen entspricht (§ 33a Abs. 1 Satz 6 EStG).
c) Der Steuerpflichtige hat die Voraussetzungen für den Abzug von Unterhaltszahlungen gemäß § 33a Abs. 1 EStG nachzuweisen, und zwar neben der Bedürftigkeit des Unterstützungsempfängers insbesondere auch die tatsächlichen Zahlungen. Gemäß § 90 Abs. 2 AO 1977 sind bei Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Unterstützungsempfänger die Beteiligten in besonderem Maße verpflichtet, bei der Aufklärung mitzuwirken und die Beweismittel zu beschaffen. Die in der Verwaltungsregelung (BMF-Schreiben vom 15. September 1997, BStBl I 1997, 826 Ziff. 3 und 4) aufgestellten Kriterien konkretisieren den Rechtsbegriff der "erforderlichen Beweismittel" zwar zutreffend, jedoch nicht abschließend (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 39/03, BFHE 206, 529, BStBl II 2005, 24).
Zuzulassen sind regelmäßig nur sichere und leicht nachprüfbare --soweit möglich inländische-- Beweismittel (BFH-Urteil vom 3. Juni 1987 III R 205/81, BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675; BFH-Beschluss vom 15. Juni 1999 III B 10/99, BFH/NV 1999, 1595).
Insbesondere müssen Bedürftigkeitsbescheinigungen erwachsener Unterhaltsempfänger detaillierte Angaben über vor dem Beginn der Unterstützung bezogener Einkünfte enthalten. Im Hinblick auf die nur eingeschränkte Überprüfbarkeit eines im Ausland verwirklichten Sachverhalts sind umfassende Angaben dazu unerlässlich. Grundsätzlich ist es zumutbar, vollständig ausgefüllte Bescheinigungen vorzulegen (BFH-Urteil vom 27. Juli 1990 III R 90/87, BFH/NV 1991, 229, m.w.N.). Die von der Rechtsprechung des BFH anerkannte Beweiserleichterung für bei Auslandsfahrten bar geleistete Unterhaltsleistungen an Personen im Ausland greift nicht in Fällen, in denen beide Eheleute im Inland leben. Sie kann auch nicht auf andere Sachverhalte ausgedehnt werden (BFH-Urteil in BFHE 206, 529, BStBl II 2005, 24).
Welche Beweismittel zum Nachweis eines Sachverhalts erforderlich sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Auch wenn das FG gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheidet und ihm als Tatsacheninstanz die Auswahl und Gewichtung der erforderlichen Beweismittel obliegt, hat es die erhöhte Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen nach § 90 Abs. 2 AO 1977 zu berücksichtigen. Die Entscheidung, welche Anforderungen an den Nachweis von Vorgängen im Ausland zu stellen sind und welche Beweismittel der Steuerpflichtige zu beschaffen hat, gehört zur Rechtsanwendung und kann daher vom BFH überprüft werden (BFH-Urteile in BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675; in BFH/NV 1991, 229; vom 7. November 2001 I R 14/01, BFHE 197, 287, BStBl II 2002, 861).
Die Erfüllung der Pflichten zur Aufklärung des Sachverhalts sowie zur Vorsorge und Beschaffung von Beweismitteln muss allerdings erforderlich, möglich, zumutbar und verhältnismäßig sein (BFH-Urteile in BFHE 150, 151, BStBl II 1987, 675; vom 19. Juni 1985 I R 109/82, BFH/NV 1986, 249; vom 12. Juli 1974 III R 116/72, BFHE 113, 150, BStBl II 1975, 25; ausführlich Söhn in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 90 AO 1977 Rz. 180, 166, 156 und 72 ff., m.w.N.; Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 90 AO 1977 Tz. 26 und 27).
So können etwa in Fällen eines Bürgerkrieges Beweiserleichterungen hinsichtlich der Beschaffung amtlicher Bescheinigungen in Betracht kommen (Zwischenurteil des FG Hamburg vom 20. Februar 1995 V 72/92, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1995, 823; ferner Anmerkung Haferkamp in EFG 2004, 203).
d) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO muss das FG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung entscheiden. Das Gesamtergebnis des Verfahrens bilden alle rechtserheblichen Umstände tatsächlicher Art, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Das FG ist bei der Feststellung und Gewichtung der entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnisse keinen starren Regeln unterworfen; es darf aber nicht willkürlich verfahren. Es muss insbesondere die gebildete subjektive Überzeugung objektivieren. Sie muss verstandesmäßig einsichtig und logisch nachvollziehbar sein und sich auf festgestellte Tatsachen stützen. Zwar ist die finanzrichterliche Überzeugungsbildung revisionsrechtlich nur eingeschränkt auf Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze überprüfbar. Das FG hat jedoch im Einzelnen darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat (BFH-Beschluss vom 13. März 1997 I B 78/96, BFH/NV 1997, 772). Die subjektive Gewissheit des Tatrichters vom Vorliegen eines entscheidungserheblichen Sachverhalts ist nur dann ausreichend und für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein Verstoß gegen die Denkgesetze vor, der als Fehler der Rechtsanwendung ohne besondere Rüge vom Revisionsgericht beanstandet werden kann (BFH-Urteile vom 25. Mai 1988 I R 225/82, BFHE 154, 7, BStBl II 1988, 944; vom 13. Januar 1987 VII R 10/84, BFH/NV 1987, 728; vom 23. August 1994 VII R 93/93, BFH/NV 1995, 572; vom 15. Februar 1995 II R 53/92, BFH/NV 1996, 18).
Allein die Feststellung, ein Zeuge habe etwas glaubhaft bestätigt, erfüllt das Gebot der Nachvollziehbarkeit der Beweiswürdigung zumindest dann nicht, wenn der Zeuge als naher Angehöriger möglicherweise befangen sein könnte. Das Gericht hat dann im Rahmen seiner Beweiswürdigung auch die Gründe darzustellen, die für seine Überzeugung über die Glaubhaftigkeit der Zeugenaussage leitend gewesen sind (BFH-Urteil vom 5. März 1980 II R 148/76, BFHE 130, 198, BStBl II 1980, 402).
2. Die Beweiswürdigung des FG wird diesen Maßstäben nicht hinreichend gerecht, zumal das FG teilweise von materiell-rechtlich von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden Grundsätzen ausgeht.
a) Das FG hat es im Streitfall im Hinblick auf die Verhältnisse im Kosovo als nicht erforderlich angesehen, amtliche Bescheinigungen in der sonst vorgesehenen Form für den Nachweis der Unterhaltsbedürftigkeit sowie der Zahlungen zu verlangen. Indes haben die Kläger tatsächlich entsprechende Bescheinigungen vorgelegt, die jedoch in wesentlichen Teilen unvollständig sind. Sie enthalten keine Aussage dazu, ob die unterstützte Person nicht, gelegentlich oder regelmäßig beruflich tätig war und ob Unterstützungsleistungen aus öffentlichen Mitteln erbracht worden sind. Die Unterstützung soll seit dem 1. Januar 1997 geleistet worden sein, obwohl die Kläger bereits für 1996 Unterhaltszahlungen geltend gemacht haben. Die Fragen nach eigenen Einkünften der Mutter vor dem Bezug der Unterstützung, eigenem Vermögen sowie Hausbesitz sind verneint worden.
Das FG hat sich auch nicht mit der Frage auseinander gesetzt, weshalb es unmöglich und unzumutbar gewesen sein soll, eine vollständige Bescheinigung beizubringen, obwohl es offensichtlich möglich war, überhaupt eine amtliche Bescheinigung zu erlangen.
Der Zeuge hat bekundet, nach seinen Erkenntnissen habe die Mutter des Klägers keine Arbeit gehabt und sei Hausfrau gewesen. Es mag zwar sein, dass angesichts der politischen Verhältnisse Angehörige des albanischen Volksstammes keine Arbeit beim Staat finden konnten und ebenso wenig eine offizielle Bescheinigung über ihre Arbeitslosigkeit. Gleichwohl sind zumindest konkrete Darlegungen zur Unterhaltsbedürftigkeit zu verlangen, aus denen sich ableiten lässt, dass eine unterstützte Person im arbeitsfähigen Alter trotz Arbeitssuche keine, und zwar auch keine gelegentliche Erwerbstätigkeit, hat aufnehmen können und sie ebenso wenig aufgenommen hat.
Der Zeuge hat ferner erklärt, er wisse nicht, ob die Mutter über Vermögen verfügt habe. Sie habe unverändert im alten, von ihren Eltern ererbten Haus gewohnt. Demgegenüber hat die Klägerin als Beteiligte ausgesagt, die Mutter habe in einem nicht ihr gehörenden Haus mit einem größeren Garten gelebt, das aufgrund Erbfolge dem Bruder ihres Mannes gehört habe. Ursprünglich habe der Vater des Klägers drei Häuser besessen, die jedoch alle zerstört worden seien.
Selbst wenn der Wert der Häuser nicht allzu hoch gewesen sein mag, so muss doch zumindest geklärt werden, ob sie der Mutter gehörten und ob sie daraus ggf. Einkünfte durch Vermietung bezogen hat.
Ob der Unterhaltsempfänger über kein oder nur geringes Vermögen i.S. des § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG verfügt, ist unabhängig von der Anlageart nach dem Verkehrswert zu entscheiden. Ein Vermögen im Inland von bis zu 30 000 DM wird in der Regel als gering beurteilt (BFH-Urteil vom 12. Dezember 2002 III R 41/01, BFHE 201, 192, BStBl II 2003, 655). Dieser Wert ist entsprechend der Ländergruppeneinteilung auf 1/3 zu kürzen.
Das FG hat trotz dieser gesamten Umstände keine konkreten Tatsachen festgestellt, die die Schlussfolgerung zuließen, die Mutter sei im Streitjahr 1997 gehindert gewesen, für ihren Unterhalt selbst zu sorgen.
Nach ständiger Rechtsprechung sind Personen im arbeitsfähigen Alter, die die zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung stehenden Quellen, insbesondere ihre Arbeitskraft nicht ausschöpfen, nicht unterstützungsbedürftig. Selbst wenn am Wohnort Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung geherrscht hat, darf daraus nicht ohne nähere Ermittlungen geschlossen werden, die unterstützte Person habe trotz Bemühens keine Arbeitsstätte, zumindest in der Form von Gelegenheitsarbeit, gefunden (BFH-Urteile vom 20. Januar 1978 VI R 123/77, BFHE 124, 513, BStBl II 1978, 340; vom 13. März 1987 III R 206/82, BFHE 149, 532, BStBl II 1987, 599; vom 18. Juni 1997 III R 81/96, BFH/NV 1998, 293; BFH-Beschluss vom 28. Mai 1998 III B 5/98, BFH/NV 1998, 1352).
b) Wäre die volle oder zumindest teilweise Unterhaltsbedürftigkeit der Mutter zu bejahen, so reichen die bislang vom FG getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht aus, um die Zahlung der vom FG anerkannten Geldbeträge nachzuweisen.
Das FG hat aufgrund der von ihm als glaubhaft angesehenen Aussagen des Zeugen und der Klägerin als Beteiligte die Zahlungen der als Unterstützungsleistungen für die Mutter geltend gemachten Beträge im Jahr 1997 als nachgewiesen beurteilt.
Es trifft zu, dass in zeitlicher Nähe zu den angegebenen Übergabeterminen, nämlich am 4. Juli und am 18. Dezember 1997 jeweils 5 000 DM vom Konto des Klägers bar abgehoben worden sind. Der Zeuge hat sich indes weder daran erinnert, wie oft und in welcher Höhe ihm der Kläger immerhin nicht unerhebliche Bargeldbeträge übergeben haben und wann dies genau geschehen sein soll. Ebenso wenig hat sich die Klägerin an die Höhe des übergebenen Betrages erinnert. Die Klägerin konnte nicht einmal das Datum ihres Hinfluges angeben bzw. ggf. rekonstruieren, sondern hat lediglich vermutet, es werde wohl der 18. Juli 1997, also der vermeintliche Übergabetag, gewesen sein.
Die klägerische Behauptung, die Mutter als Empfängerin der Zahlungen habe diese durch ihre Unterschrift auf der Empfangsbescheinigung vom 15. Januar 1998 bestätigt, trifft offensichtlich nicht zu. Bereits die Unterschrift weicht erkennbar von derjenigen der Mutter des Klägers auf der Empfangsbestätigung für 1996 vom 15. Januar 1997 ab. Der Zeuge hat überdies ausgeschlossen, dass es sich um die Unterschrift der Mutter des Klägers handele. Er hat lediglich bestätigt, das erhaltene Geld auch weitergeleitet zu haben.
Es ist indes nach diesen gesamten Umständen nicht nachzuvollziehen, wie das FG seine Überzeugung gewinnen konnte, dass die Mutter die von den Klägern angegebenen Beträge von jeweils 2 000 DM im Juli und Dezember 1997 tatsächlich erhalten hat. Es ist auch weder ersichtlich noch nachgewiesen, dass der Zeuge am 15. Januar 1998 sich überhaupt am Wohnort der Mutter aufgehalten hat.
Zu Recht beanstandet das FA, dass es den Klägern möglich und zumutbar gewesen sei, zeitnah von dem Zeugen schriftliche Bestätigungen über den Erhalt sowie die Weiterleitung der Geldbeträge sowie zeitnahe Empfangsbestätigungen der Mutter als Letztempfängerin zu verlangen und vorzulegen.
Die zu geringen Anforderungen des FG an den Nachweis der Zahlungen tragen auch nicht der gesteigerten Mitwirkungspflicht der Kläger nach § 90 Abs. 2 AO 1977 hinreichend Rechnung.
Zu Unrecht hat das FG schließlich hinsichtlich der Geldübergabe durch die Klägerin die sog. Beweiserleichterungsgrundsätze angewandt, da die Klägerin auf Dauer im Inland wohnhaft ist.
3. Sollte das FG im zweiten Rechtsgang sich nach Maßgabe der unter Ziff. II. 2. aufgezeigten Gesichtspunkte gleichwohl Gewissheit hinsichtlich der tatsächlichen Zahlungen der von den Klägern geltend gemachten Unterhaltsleistungen verschaffen können, so wird es weiterhin zu prüfen haben, ob der für die Kläger geltend gemachte Höchstbetrag von 4 000 DM zeitanteilig zu kürzen ist (§ 33a Abs. 4 EStG).
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 5. September 1980 VI R 75/80, BFHE 131, 475, BStBl II 1981, 31; vom 13. Februar 1987 III R 196/82, BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341) können auch nur gelegentliche (z.B. ein- oder zweimalige) Leistungen im Jahr Aufwendungen für den Unterhalt i.S. von § 33a Abs. 1 EStG sein. Unterhalt pflegt indes typischerweise regelmäßig wiederkehrend erbracht zu werden. Deshalb ist, soweit gelegentliche Leistungen als Unterhalt i.S. von § 33a Abs. 1 EStG anerkannt werden, besonders sorgfältig zu prüfen, ob der Empfänger unterstützungsbedürftig i.S. von § 33a Abs. 1 EStG ist und ob die Leistungen geeignet sind, den laufenden Lebensbedarf des Empfängers zu decken.
Unterhaltsleistungen dürfen regelmäßig nicht auf Monate vor dem Zahlungsmonat zurückbezogen werden. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass Unterhaltsleistungen bestimmt und geeignet sein müssen, der Deckung des Lebensbedarfs des Unterhaltsempfängers zu dienen. Es spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass ein Unterhaltsverpflichteter, der seine Angehörigen laufend unterstützt, seine Leistungen so einrichtet, dass sie zur Deckung des Lebensbedarfs des Empfängers bis zum Erhalt der nächsten Leistung dienen. Diese --im Einzelfall widerlegbare-- Vermutung steht regelmäßig einer Rückbeziehung von Unterhaltsleistungen auf Monate vor dem Zahlungsmonat entgegen.
Anders kann die Rechtslage sein, wenn ein Steuerpflichtiger überhaupt erstmals im Laufe eines Jahres Unterhaltsleistungen an seine Angehörigen im Ausland erbringt. In einem solchen Fall gilt die Vermutung nicht, dass mit den gezahlten Beträgen keine Schulden des Empfängers, die er zur Bestreitung seines Unterhalts aufgenommen hat, abgedeckt werden (BFH-Urteile vom 22. Mai 1981 VI R 140/80, BFHE 133, 521, BStBl II 1981, 713; in BFHE 149, 61, BStBl II 1987, 341; vom 9. August 1991 III R 63/89, BFH/NV 1992, 101).
b) Da die erste Unterhaltszahlung allenfalls im Juli 1997 erbracht wurde, müsste der Höchstbetrag von 4 000 DM entsprechend um 6/12 gekürzt werden. Das FG hat keine Tatsachen festgestellt, die die von der Rechtsprechung bei laufenden Unterstützungsleistungen angenommene tatsächliche Vermutung widerlegen könnten (BFH-Urteil in BFHE 149, 532, BStBl II 1987, 599).
4. Schließlich wird das FG zu prüfen haben, ob ggf. als Unterhaltszahlungen anzuerkennende Beträge aufzuteilen sind, weil die Mutter des Klägers bereits im Jahr 1996 mit weiteren Personen in einem Haushalt zusammengelebt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats ist im Falle des Zusammenlebens mehrerer unterstützter Personen in einem Haushalt grundsätzlich nicht darauf abzustellen, an welchen Angehörigen Beträge überwiesen wurden. Einheitliche Unterhaltsleistungen, die für den Unterhalt einer solchen Personengruppe bestimmt sind, sind vielmehr nach einem allgemeinen Maßstab aufzuteilen (BFH-Urteil vom 12. November 1993 III R 39/92, BFHE 174, 317, BStBl II 1994, 731). Dies gilt auch, soweit unterhaltene Personen nicht unterhaltsberechtigt sind (BFH-Urteil vom 19. Juni 2002 III R 28/99, BFHE 199, 355, BStBl II 2002, 753).
In der für 1996 vorgelegten Bedürftigkeitsbescheinigung wird verneint, dass die unterstützte Person in einem Haushalt gemeinsam mit anderen unterstützten Personen zusammengelebt habe; in der Bescheinigung für das Streitjahr 1997 ist die Frage nach weiteren im Haushalt lebenden, unterstützten Personen nicht beantwortet. Indes hat der Zeuge erklärt, die Mutter habe in dem ihr gehörenden alten Haus zusammen mit ihren Kindern gelebt.
Sollte die Mutter des Klägers zusammen mit Kindern im Jahr 1997 in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben, so wird das FG zu prüfen haben, ob die Unterstützungsleistungen nach Kopfteilen nach Maßgabe der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze aufzuteilen sind (BFH-Urteil in BFHE 174, 317, BStBl II 1994, 731).
Des Weiteren ist in der Bedürftigkeitsbescheinigung für 1997 verneint worden, dass andere Personen neben dem Kläger zum Unterhalt der Mutter beigetragen haben. Unaufgeklärt geblieben ist jedoch, ob die im Haushalt der Mutter oder im Kosovo wohnhaften Kinder sich ebenfalls an der Unterhaltsleistung für die Mutter beteiligt haben, z.B. auch durch eine kostenlose Überlassung des ggf. dem Bruder des Klägers gehörenden Hauses zur Nutzung. Die Klägerin hat als Beteiligte ausgesagt, die Mutter habe in einem nicht ihr gehörenden Haus gelebt, das aufgrund Erbnachfolge dem Bruder ihres Mannes gehört habe.
In diesem Fall wären die Unterstützungsleistungen ggf. gemäß § 33a Abs. 1 Satz 6 EStG aufzuteilen.
Fundstellen
Haufe-Index 1341769 |
BFH/NV 2005, 1009 |