Leitsatz (amtlich)
1. Auch Volkswirte sind Kräfte anderer Fachrichtung i. S. des § 17 Abs. 2 StBerG a. F. (= § 50 Abs. 3 StBerG n. F.).
2. Die Entscheidung der Verwaltung nach § 17 Abs. 2 StBerG a. F. ist keine Ermessensentscheidung.
2. Erläßt das FG anstatt des beantragten Verpflichtungsurteils nach § 101 Satz 1 FGO ein Bescheidungsurteil nach § 101 Satz 2 FGO, so ist der Kläger im Regelfall teilweise unterlegen.
2. Der Streitwert eines Klageverfahrens, in dem es um die Verpflichtung der Verwaltung geht, die Genehmigung nach § 17 Abs. 2 StBerG a. F. zu erteilen, beträgt 10 000 DM.
Normenkette
StBerG § 17 Abs. 2 a.F., § 50 Abs. 3 n.F.; FGO §§ 101, 136 Abs. 2, § 140 Abs. 3 a.F., §§ 143-144; GKG § 13
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte und Revisionsbeklagte (Ministerium) verpflichtet ist, die Bestellung des Klägers, Revisionsklägers und Revisionsbeklagten zu 1 (Kläger zu 1) zum Geschäftsführer der Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagten zu 2 (Klägerin zu 2) nach § 17 Abs. 2 des StBerG a. F. zu genehmigen.
Die Klägerin zu 2, eine Steuerberatungsgesellschaft nach altem Recht, stellte am 15. September 1966 nach § 17 Abs. 2 StBerG a. F. (= § 50 Abs. 2 und 3 StBerG n. F.) den Antrag, die Bestellung des Klägers zu 1 zum Geschäftsführer der Gesellschaft nachträglich zu genehmigen. Zur Begründung wies sie auf dessen beruflichen Werdegang hin. Er habe im Juni 1948 an der Universität die Prüfung als Diplom-Volkswirt abgelegt. Anschließend habe er noch zwei Semester Rechtswissenschaften studiert und sei vom 1. Juni 1951 bis 30. September 1954 bei einer Firma als Revisor tätig gewesen. Anschließend habe er kurze Zeit mit zwei Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern gearbeitet. Im Mai 1955 habe er mit einem Wirtschaftsprüfer die Klägerin zu 2 gegründet. Seit Gründung des Unternehmens sei er zusammen mit dem genannten Wirtschaftsprüfer Geschäftsführer und nach dessen Ausscheiden ab 1. Januar 1958 mit einem Steuerberater als Geschäftsführer bestellt gewesen. Er habe das Unternehmen von Anfang an geleitet und sich insbesondere mit der Prüfung der Sicherheit der von Sparkassen gewährten Kredite befaßt.
Mit Verfügung vom 14. August 1968 lehnte das Ministerium den Antrag mit der Begründung ab, der Kläger zu 1 sei keine besonders befähigte Kraft einer anderen Fachrichtung i. S. des § 17 Abs. 2 StBerG. Eine solche andere Fachrichtung sei nur gegeben, wenn es sich weder um eine Fachrichtung handle, die zum Tätigkeitsbereich des Steuerberaters noch zu den Tätigkeitsbereichen der in § 17 StBerG weiter aufgezählten Berufe gehöre.
Die Kläger wandten sich mit ihren Klagen gegen die Ablehnung der Genehmigung durch das Ministerium und begehrten dessen Verpflichtung, die beantragte Genehmigung auszusprechen. Das FG lud die Beigeladene und Revisionsklägerin (Steuerberaterkammer) nach § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren bei.
Die Klage hatte teilweisen Erfolg (Urteil des FG München vom 7. Juli 1975 IV 176/68 StB 1, IV 176/68 StB 2, Entscheidungen der Finanzgerichte 1975 S. 602 - EFG 1975, 602 -). Unter Aufhebung der Ablehnungsverfügung und unter Zurückweisung der Klage im übrigen verpflichtete das FG das Ministerium, nach nochmaliger Anhörung der Steuerberaterkammer über den Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; die Kosten des Verfahrens wurden gegeneinander aufgehoben.
Mit ihrer Revision rügt die beigeladene Steuerberaterkammer fehlerhafte Anwendung des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F.
Die Steuerberaterkammer beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger haben selbständige Anschlußrevision eingelegt, diese aber wieder zurückgenommen. Der Prozeßbevollmächtigte der Steuerberaterkammer beantragt insoweit, die Kosten des Revisionsverfahrens den Klägern aufzuerlegen und den Streitwert festzusetzen.
Die Kläger beantragen, die Revision der Beigeladenen zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.
Die Vorentscheidung war nicht schon deswegen aufzuheben, weil -wie die Steuerberaterkammer meint - das FG den Begriff "besonders befähigte Kraft einer anderen Fachrichtung" verkannt hätte. Das FG hat vielmehr zu Recht entschieden, daß der Kläger zu 1 eine solche Kraft i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG (= § 50 Abs. 3 StBerG n. F.) ist.
Der Kläger zu 1 ist Diplom-Volkswirt. Er ist damit eine Kraft anderer Fachrichtung i. S. der genannten Bestimmung. Der Begriff "Fachrichtung" ist im Gesetz nicht bestimmt. Aus den Worten "Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Steuerbevollmächtigte sowie besonders befähigte Kräfte anderer Fachrichtungen" ist aber zu entnehmen, daß das Gesetz die namentlich genannten Berufe jeweils als eine besondere "Fachrichtung" ansieht. Folgerichtig muß dann aber (zumindest) auch jeder gleichartige Beruf, also jeder Beruf, der wie die genannten Berufe Ergebnis einer fest umrissenen Ausbildung und Prüfung ist, als Fachrichtung i. S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG angesehen werden. Ein Diplom-Volkswirt erfüllt somit dem Wortlaut nach den Begriff "Kraft einer Fachrichtung". Der Kläger zu 1 als Diplom-Volkswirt ist auch eine Kraft einer "anderen" Fachrichtung; denn seine Fachrichtung ist nicht identisch mit jener der in § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG namentlich genannten Berufe.
Für die Auffassung der Steuerberaterkammer, daß als andere Fachrichtung i. S. der genannten Bestimmung nur solche Fachrichtungen zu verstehen seien, die nicht zum Tätigkeitsbereich der Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Steuerbevollmächtigten und Steuerberater gehörten, ergibt der Wortlaut der Bestimmung keine Anhaltspunkte. Der - recht vage - Begriff "andere Fachrichtung" wird im täglichen Leben in einem sehr allgemeinen Sinn gebraucht. Hätte der Gesetzgeber ihn so, wie die Steuerberaterkammer meint, eingegrenzt wissen wollen, so hätte er entweder einen anderen, engeren und aussagekräftigeren Begriff gewählt oder wenigstens den Begriff entsprechend näher bestimmt. Das hat er aber nicht getan.
Die Auslegung des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG nach seinem Sinn und Zweck führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Vorschrift geht davon aus, daß in leitenden Positionen einer Steuerberatungsgesellschaft grundsätzlich nur Steuerberater tätig sein können, ausnahmsweise andere Personen aber dann, wenn sie Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte oder besonders befähigte Kräfte anderer Fachrichtungen sind. Schon aus der Erwähnung der namentlich aufgeführten Berufe ergibt sich, daß es sich vorzugsweise um Kräfte solcher Fachrichtungen handeln soll, deren Kenntnisse im Rahmen der Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft besonders gut verwertbar sind. Diesen Sinn der Bestimmung würde man aber in das Gegenteil verkehren, wenn man von der leitenden Tätigkeit in einer Steuerberatungsgesellschaft von vornherein gerade alle jene Berufe ausschlösse, die - bei entsprechender Weiterbildung und Prüfung - in die Berufe der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater einmünden können, also insbesondere Volkswirte, Betriebswirte, Juristen und Diplom-Kaufleute.
Nicht gerechtfertigt ist die Befürchtung der Steuerberaterkammer, eine solche - nach Wortlaut und Sinn gebotene - Auslegung des Gesetzes führte zur Umgehung der Bestimmungen des Steuerberatungsgesetzes, in dem dadurch einem nicht mehr eingrenzbaren Personenkreis der Zugang zur Steuerberatung eröffnet werde, ohne daß er die entsprechende volle Qualifikation besitze. Dem hat das Gesetz durch eine Anzahl von Kautelen vorgebeugt. Es bedarf einer besonderen Genehmigung der obersten Landesbehörde, die die Berufskammer anhören muß. Es muß sich um besonders befähigte Kräfte handeln. Diese dürfen nur "neben Steuerberatern" in leitender Stellung der Gesellschaft tätig sein, also nicht allein. Die Zahl dieser besonders zugelassenen leitenden Persönlichkeiten darf die Zahl der Steuerberater in der Leitung nicht übersteigen. Bei solchen Einschränkungen erscheint es ausgeschlossen, daß auch dann, wenn man den Begriff "andere Fachrichtung" in der geschilderten Weise auslegt, ein praktisch gangbarer Weg zur Umgehung der Qualifikationsvoraussetzungen für Steuerberater eröffnet wird. Ins Gewicht fallende Nachteile sind also in dieser so verstandenen Regelung nicht zu sehen. Dagegen hätte die entgegengesetzte Auffassung nicht unwesentliche Nachteile für das Wirken der Steuerberatungsgesellschaften. Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, daß die Verstärkung der Geschäftsleitung von Steuerberatungsgesellschaften durch Kräfte besonderer Fachrichtungen, wie z. B. Volks- und Betriebswirte, Juristen und Diplom-Kaufleute für diese in Ausnahmefällen durchaus ein Gewinn sein könne, wenn es sich dabei um besonders qualifizierte Personen handelt. Nichts spricht dafür, der Gesetzgeber habe eine solche Verstärkung von vornherein ausschließen wollen.
Der Kläger zu 1 ist demnach eine "Kraft anderer Fachrichtung" i. S. des § 17 Abs. 2 StBerG. Weitere Voraussetzung für die Erteilung der Genehmigung ist, daß er "besonders befähigt" ist (Satz 1 a. a. O.), also eine "besondere Fachkunde" aufweist (Satz 2 a. a. O.). Der Kläger zu 1 besitzt nach den Feststellungen des FG Spezialkenntnisse auf dem Gebiet der Kreditprüfung im Sparkassenwesen. Aus der mündlichen Verhandlung hat das FG die Überzeugung gewonnen, daß diese Kenntnisse über die durchschnittlichen Kenntnisse eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers und vereidigten Buchprüfers, wie sie sich aus deren Berufsbild allgemein ergeben, hinausgehen. Das FG hat daher den Kläger zu 1 als "besonders befähigte Kraft einer anderen Fachrichtung" angesehen. An die zugrunde liegenden Feststellungen ist der erkennende Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO).
Die Steuerberaterkammer ist der Auffassung, diese Spezialkenntnisse des Klägers zu 1 seien keine besondere Fachkunde i. S. des § 17 Abs. 2 StBerG, da sie nicht der besonderen Fachrichtung des Klägers (Volkswirtschaft) entsprängen. Es kann hier dahinstehen, ob der Auffassung zu folgen ist, daß i. S. des § 17 Abs. 2 StBerG nur jene besondere Fachkunde zählt, die sich aus der jeweiligen Fachrichtung ergibt. Denn jedenfalls steht die besondere Fachkunde des Klägers zu 1 in Zusammenhang mit seiner Fachrichtung. Bei der Prüfung eines Diplom-Volkswirts werden auch Kenntnisse in der Betriebswirtschaft vorausgesetzt, die ihrerseits wiederum eng mit den Kenntnissen zusammenhängen, die Kreditprüfungen im Sparkassenwesen erfordern. Das weitere Argument der Kammer, die besonderen Kenntnisse des Klägers zu 1 beträfen nicht ein selbständiges und vollständiges Fachgebiet, sondern Kenntnisse auf einem Teilgebiet, dessen Ganzes zum Ausbildungs- und Berufsbereich des Wirtschaftsprüfers zähle, geht von einer Auslegung des § 17 Abs. 2 StBerG aus, für die dessen Wortlaut und Sinn keine Anhaltspunkte bietet. Es ist nicht ersichtlich, daß ein Angehöriger einer besonderen Fachrichtung auch bei Vorliegen einer besonderen Sachkunde auf seinem Fachgebiet von der Mitwirkung an der Geschäftsleitung ausgeschlossen sein soll, wenn seine besondere Befähigung einen Bereich betrifft, der auch in das Fachgebiet der Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer, Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten fällt.
Obwohl demnach die Vorentscheidung insoweit nicht zu beanstanden ist, kann sie keinen Bestand haben, weil sie zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß die Genehmigung nach § 17 Abs. 2 StBerG eine Ermessensentscheidung der Verwaltung ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 StBerG "darf" die Genehmigung bei Personen anderer Fachrichtungen "nur" versagt werden, wenn die besondere Fachkunde fehlt oder die charakterliche Zuverlässigkeit nicht vorhanden ist. Das kann nur so verstanden werden, daß die Verwaltung kraft zwingenden Rechts verpflichtet ist, die Genehmigung zu erteilen, wenn die drei genannten Voraussetzungen (Kraft anderer Fachrichtung, besondere Fachkunde, charakterliche Zuverlässigkeit) erfüllt sind. Zu Unrecht beruft sich das FG in diesem Zusammenhang auf den Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70 zur Frage von Billigkeitsentscheidungen nach § 131 AO (BStBl II 1972, 603). Der Gemeinsame Senat hat aus dem unlösbaren Zusammenhang zwischen dem "Können" und dem unbestimmten Rechtsbegriff "unbillig" in § 131 AO den Schluß gezogen, daß bei der Besonderheit der zu beurteilenden und in ihrem textlichen Zusammenhang zu würdigenden Norm der Begriff "unbillig" in den Ermessensbereich hineinragt und damit zugleich Inhalt und Grenzen der pflichtgemäßen Ermessensausübung bestimmt. Der Gemeinsame Senat hat in dieser Entscheidung aber gleichzeitig deutlich gemacht, daß bei der Koppelung zwischen unbestimmtem Rechtsbegriff und sich daran anschließender Ermessensausübung nur nach dem Sinn und Zweck der jeweiligen Vorschrift entschieden werden kann, ob sie in den Bereich der Ermessensbetätigung oder der Rechtsanwendung führt. Im vorliegenden Fall fehlt es an einem "Können" der Verwaltung, d. h. an einer Ermächtigung zur Ermessensausübung. Der Verwaltung ist vielmehr geboten ("darf nur versagt werden"), die Genehmigung zu erteilen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Daß dabei auch unbestimmte Rechtsbegriffe (besondere Fachkunde, charakterliche Zuverlässigkeit) anzuwenden sind, eröffnet der Verwaltung keinen Ermessensspielraum, sondern allenfalls einen Beurteilungsspielraum (vgl. Tipke/Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 7. Aufl., § 2 StAnpG, Anm. 15) und ändert daher grundsätzlich nichts an der gerichtlichen Nachprüfbarkeit des entsprechenden Verwaltungsakts.
Da das FG fälschlich davon ausging, daß es sich bei der fraglichen Genehmigung um eine Ermessensentscheidung handelte, hat es sich zu Unrecht für verpflichtet gehalten, nur ein Bescheidungsurteil i. S. des § 101 Satz 2 FGO zu erlassen und sich einer Entscheidung über den Antrag der Kläger auf Verpflichtung der Verwaltung i. S. des § 101 Satz 1 FGO zu enthalten. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FG wird bei seiner neuerlichen Entscheidung zu prüfen haben, ob die Sache spruchreif i. S. des § 101 Satz 1 AO ist, da es in diesem Fall eine Entscheidung über den Verpflichtungsantrag der Kläger wird treffen müssen. Ergibt sich mangelnde Spruchreife, so wird das FG die in Rechtsprechung und Literatur streitige Frage zu prüfen haben, ob es verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen, oder ob es - etwa im Hinblick auf den möglicherweise bestehenden Beurteilungsspielraum der Verwaltung bei der Auslegung des Begriffs "charakterliche Zuverlässigkeit" - in seinem Ermessen steht, ein Bescheidungsurteil nach § 101 Satz 2 FGO zu erlassen (vgl. Tipke/Kruse, a. a. O., § 101 FGO, Anm. 2; Ziemer/Birkholz, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 101, Anm. 12 ff.; Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 1. bis 6. Aufl., § 101 FGO, Anm. 7; Eyermann/Fröhler, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 6. Aufl., § 113, Anm. 62; Urteil des BVerwG vom 4. März 1960 I C 43.59, BVerwGE 10, 202 [205]).
Bei der Kostenentscheidung hatte der erkennende Senat zu berücksichtigen, daß die Vorentscheidung durch zwei selbständige Revisionen angegriffen worden ist, von denen die der Kläger zurückgenommen worden ist. Die Kostenentscheidung, die für die zurückgenommene Revision ausdrücklich beantragt worden ist (vgl. § 144 FGO), war unter Zugrundelegung der zusammengerechneten Streitwerte beider Revisionen zu treffen (vgl. Urteil des BFH vom 2. Februar 1967 IV 224/64, BFHE 88, 23, BStBl III 1967, 274).
Die Entscheidung über den Streitwert richtet sich für die am 12. September 1975 eingelegte Revision der Steuerberaterkammer nach altem Recht (§ 140 Abs. 3 FGO a. F.), für die am 18. September 1975 eingelegte Revision der Kläger nach neuem Recht (§ 13 GKG; vgl. Art. 5 § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gerichtskostengesetzes usw. vom 20. August 1975, BGBl I, 2189). Nach beiden Vorschriften ist der Streitwert nach Ermessen zu bestimmen, wobei nach § 140 Abs. 3 FGO a. F. die Sachanträge der Beteiligten zu berücksichtigen und nach § 13 Abs. 1 GKG die sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebende Bedeutung der Sache maßgebend ist. Im finanzgerichtlichen Verfahren ging es um die Frage, ob das Ministerium verpflichtet ist, die Bestellung des Klägers zu 1 zum Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft zu genehmigen. Im Hinblick auf die Bedeutung der Stellung eines Geschäftsführers einer solchen Gesellschaft erscheint ein Streitwert von 10 000 DM dafür als angemessen. Damit liegt aber noch nicht der Streitwert der beiden Revisionen fest, für die die jeweiligen Sachanträge im Revisionsverfahren maßgebend sind.
Um die Streitwerte der beiden Revisionen bestimmen zu können, bedarf es zunächst eines Eingehens auf die Frage, in welchem Umfang die Revisionskläger im Vorverfahren jeweils obgesiegt haben und unterlegen sind, durch dieses Urteil also beschwert sind. Die Steuerberaterkammer hat im finanzgerichtlichen Verfahren Klageabweisung beantragt. Die Kläger hatten beantragt, die Verpflichtung des Ministeriums auszusprechen, die beantragte Genehmigung zu erteilen. Das FG erließ ein Bescheidungsurteil i. S. des § 101 Satz 2 FGO. Entgegen der Auffassung von Tipke/Kruse (a. a. O., § 101 FGO, Anm. 3) liegt darin im Regelfall ein Minus gegenüber dem Antrag der Kläger; denn deren Begehren, die Verwaltung zur Genehmigung zu verpflichten, ist nicht voll erfüllt worden (vgl. auch den letzten Satz der Leitsätze des BFH-Urteils vom 15. Juni 1973 VI R 400/69, BFHE 110, 26, BStBl II 1973, 784; Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 19. April 1966 II A 698/65, OVGE 22, 183; Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Februar 1971 IV OE 22/69, ESVGH 21, 201, 207; a. A. Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. April 1965 Nr. 16 V 63, Bayer. Verwaltungsblätter 1966 S. 210). Das wäre möglicherweise nur dann anders, wenn die im Bescheidungsurteil geäußerte, für die Verwaltung verbindliche Rechtsauffassung des Gerichts so zwingend ist, daß die Verwaltung nicht umhin kann, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. So liegt der Fall hier aber nicht; auch nach der im Bescheidungsurteil geäußerten Rechtsauffassung des FG ist der endgültige Erfolg des Klagebegehrens durchaus noch offen. Aber auch die Steuerberaterkammer hat mit dem Bescheidungsurteil nicht das erreicht, was sie begehrt hat; die Klage ist nicht abgewiesen worden. Ob sie im Ergebnis Erfolg haben wird, ist ebenfalls noch offen. Nach allem ist es angemessen anzunehmen, daß im finanzgerichtlichen Verfahren die Kläger und die Steuerberaterkammer je zur Hälfte obgesiegt haben bzw. unterlegen sind; so lautete auch die Kostenentscheidung des FG.
Daraus folgt, daß der Streitwert der Revision der Steuerberaterkammer, welche die Aufhebung der Vorentscheidung und weiterhin Klageabweisung beantragt hat, auf die Hälfte des Betrages von 10 000 DM zu bemessen ist; denn in der Revision geht es der Steuerberaterkammer nur noch um den Teil des Streitgegenstandes, bezüglich dessen sie nicht schon vor dem FG obgesiegt hat. Die Kläger haben keinen Revisionsantrag gestellt, bevor sie die Revision zurückgenommen haben. Die Revision kann aber nur zum Ziel gehabt haben zu erreichen, daß die Verpflichtung der Behörde zur Erteilung der Genehmigung ausgesprochen wird. Das ist der Teil, mit dem die Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren unterlegen sind. Der Streitwert dieser Revision ist daher ebenfalls mit 5 000 DM zu bemessen. Der Streitwert des Revisionsverfahrens (die Streitwerte beider Revisionen zusammengenommen) beträgt daher 10 000 DM.
Aus der Streitwertberechnung ergibt sich, daß die Kläger, die nach § 136 Abs. 2 FGO die Kosten ihrer Revision zu tragen haben, die Kosten des - beide Revisionen umfassenden - Revisionsverfahrens zur Hälfte zu tragen haben.
Mit dieser Ausgabe schließt der Teil II des Jahrgangs 1976
Fundstellen
Haufe-Index 72014 |
BStBl II 1976, 800 |
BFHE 1977, 97 |