Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Schätzung des Umsatzes bei Geldspielautomaten gemäß § 217 AO durch Verdoppelung des Kasseninhalts des Automaten bestehen keine Bedenken.
2. Die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 UStG 1951 ist auf die durch Geldspielautomaten erzielten Umsätze nicht anwendbar.
2. Jedes einzelne Spiel mit dem Geldspielautomaten bewirkt einen steuerbaren Umsatz.
2. Jedes in den Automaten eingeworfene Geldstück ist Entgelt für die Überlassung des Automaten zum Spielen.
Normenkette
UStG 1951 § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 8, § 5
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtiger) betätigt sich gewerblich als Aufsteller von Automaten, u. a. von Geldspielautomaten. Die Geldspielautomaten werden vom Spieler durch Einwurf einer 10 Pf.-Münze in Gang gesetzt. Der Spieler kann durch Bedienen von Knöpfen und Tasten den Verlauf des Spiels beeinflussen. Die Automaten sind so eingestellt, daß ein Spiel 15 Sekunden dauert, daß von ihnen auf längere Sicht mindestens 60 v. H. der Spieleinsätze als Gewinne ausgeworfen werden und daß auf je fünf Spiele ein Gewinn entfällt, der höchstens 1 DM beträgt. Der für den Automatenaufsteller bestimmte Teil der Einsätze fällt in die Automatenkasse.
Bei der Veranlagung für 1964 zog der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) den Steuerpflichtigen entsprechend dem Erlaß des BdF IV A/2 - S 4200 - 15/55 vom 23. April 1955 (U-Kartei S 4200 Karte 55) mit dem Doppelten des Kasseninhalts der Geldspielautomaten zur Umsatzsteuer heran. Einspruch und Klage, mit denen der Steuerpflichtige in erster Linie die Freistellung von der Umsatzsteuer, in zweiter Linie Besteuerung nur des einfachen Kasseninhalts begehrte, blieben ohne Erfolg.
Mit der Revision rügt der Steuerpflichtige Verletzung von Bundesrecht, nämlich der §§ 2, 4 und 5 UStG 1951. Er macht im einzelnen folgendes geltend:
1. Es sei bedenklich, die Bemessungsgrundlage bei Umsätzen aus Geldspielautomaten durch Schätzung zu ermitteln; es werde auf diese Weise Steuer von Umsätzen erhoben, die ihrem Betrage nach grundsätzlich nicht feststellbar seien; nur der in der Automatenkasse verbleibende Betrag sei feststellbar und komme daher als Besteuerungsmaßstab in Betracht.
2. Die durch die Geldspielautomaten erzielten Umsätze seien nach § 4 Nr. 8 UStG 1951 umsatzsteuerfrei, weil die einzige umsatzsteuerlich bedeutsame Leistung des Automatenaufstellers gegenüber dem Spieler in der bedingten Geldauszahlung bestehe; die Benutzung des Automaten sei für den Spieler lediglich das technische Mittel, um einen Gewinn zu erzielen; die Spieler bevorzugten Automaten, die eine möglichst hohe Gewinnchance böten.
3. Nur der in der Kasse des Geldspielautomaten verbleibende Geldbetrag gelange in die Verfügungsmacht des Automatenaufstellers und werde von diesem als Entgelt vereinnahmt; die Summe der Einsätze sei zu keiner Zeit für den Aufsteller eine reale und greifbare Größe, sondern nur der in der Automatenkasse jeweils befindliche Geldbetrag, der aus einer Vielzahl von Spielen herrühre.
4. Die Besteuerung aller Einsätze verbiete sich auch deshalb, weil Leistung und Gegenleistung in der Hingabe des gleichen Materials, nämlich 10 Pf.-Stücken, bestünden; hierbei sei es gleichgültig, ob der Spieler Gewinne erziele oder nicht, weil die Gesamtheit der Spieler dem Automatenaufsteller gegenüber als geschlossene Einheit auftrete.
5. Im Erlaß IV A/2 - S 7200 - 51/68 vom 28. Februar 1968 (USt-Kartei S 7200 Karte 2) habe sich der BdF damit einverstanden erklärt, daß zur Ermittlung des Entgelts für Umsätze aus Geldspielautomaten der bei der Leerung des Automaten vorhandene Kasseninhalt ab 1. Januar 1968 mit 1,5 v. H. vervielfacht werde. Da der Entgeltsbegriff im alten und im neuen Umsatzsteuerrecht derselbe sei, könne nicht einmal mit 2 und ein andermal mit 1,5 multipliziert werden. Die Überlegung, daß bei einer Verzweifachung des Kasseninhalts die umsatzsteuerliche Belastung für den Automatenaufsteller zu hoch werde, hätte nicht der BdF, sondern der Gesetzgeber anstellen müssen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Der Ansicht des Steuerpflichtigen, gegen die Schätzung des Umsatzes bestünden Bedenken, kann nicht zugestimmt werden. Nach § 217 Abs. 1 AO hat das FA die Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung aller hierfür bedeutsamen Umstände zu schätzen, soweit es sie nicht ermitteln oder berechnen kann. Es handelt sich um eine Mußvorschrift. Die in Abs. 2 des § 217 AO angeführten Fälle, auf die der Steuerpflichtige hinweist, sind - wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt - nur Beispiele.
Die Schätzung des Umsatzes gemäß § 217 AO ist dem Grunde nach gerechtfertigt, weil infolge des Fehlens eines Zählwerks in den hier in Betracht kommenden Geldspielautomaten der tatsächlich vom Automatenaufsteller erzielte Umsatz nicht exakt ermittelt werden kann. Die Verdoppelung des Kasseninhalts ist ein angemessener Maßstab für die Schätzung der Höhe des Umsatzes. Nach dem eigenen Vortrag des Steuerpflichtigen sind die in den Streitjahren aufgestellten Geldspielautomaten so programmiert, daß auf längere Sicht von dem Einsatz in Höhe von 0,10 DM je Spiel 0,06 DM an die Spieler ausgezahlt werden, während 0,04 DM in der Automatenkasse zurückbleiben. Die Entgelte für die Benutzung des Spielautomaten müssen also mehr als das Zweifache des Kasseninhalts betragen. Mithin wirkt sich der vom FA angewandte Vervielfältiger 2 eher zugunsten als zuungunsten des Automatenaufstellers aus.
II.
1. Es kann auch der Auffassung des Steuerpflichtigen, auf die durch die Geldspielautomaten erzielten Umsätze sei die Steuerbefreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 UStG 1951 anzuwenden, nicht zugestimmt werden. Mit dieser Frage hat sich der Senat bereits in seinem Urteil V 28, 29/61 vom 28. Oktober 1964 (StRK, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 9, Rechtsspruch 34) befaßt. Er hat sie mit der Begründung verneint, die Leistung des Automatenaufstellers bestehe darin, daß dieser dem Spieler gegen Zahlung des Einsatzes die Benutzung des Spielgeräts ermöglicht, mit anderen Worten ihm für eine vorgeschriebene Spielzeit von mindestens 15 Sekunden die Funktion des Geräts zur Verfügung stellt. Der Senat hält an dieser Rechtsauffassung fest. Die umsatzsteuerrechtlich maßgebliche Leistung des Automatenaufstellers besteht in der Einräumung der Benutzung des Automaten. Die Auszahlung von Geldbeträgen ist lediglich eine Folge der Ingangsetzung des Geräts und der Bedienung der zur Beeinflussung des Spielablaufs angebrachten Knöpfe, Tasten oder Hebeln durch den Spieler. Diese Folge tritt nur ein, wenn der Spieler gewinnt. Verliert er - was viel häufiger vorkommt, weil nach den gesetzlichen Vorschriften nur auf jedes fünfte Spiel ein Gewinn zu entfallen braucht -, so zahlt der Automat nichts aus. Da nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (auf die später noch einzugehen sein wird) jeder Geldeinwurf einen selbständigen Umsatz auslöst, würde, wollte man mit dem Steuerpflichtigen die Leistung des Aufstellers allein in der Auszahlung des Gewinns erblicken, bei Verlustspielen der Leistung des Spielers eine Gegenleistung des Aufstellers nicht gegenüberstehen. Im Wirtschaftsleben ist aber niemand bereit, eine Leistung ohne Gegenleistung zu erbringen. Schon hieraus ergibt sich, daß die Gegenleistung des Aufstellers zur Zahlung des Spielers nicht in der Ausschüttung von Gewinnen besteht, sondern in der zeitweiligen Überlassung eines Geräts, das dem Benutzer durch Einwurf eines Geldstücks eine Spielbetätigung mit Gewinnchance (bis höchstens zum Zehnfachen des Einsatzes) eröffnet.
2. Es ist dem Steuerpflichtigen darin zuzustimmen, daß viele Benutzer von Spielautomaten sich nicht nur unterhalten, sondern auch gewinnen wollen und daß Automaten mit größeren Gewinnchancen vom Publikum bevorzugt werden. Es ist aber für die Umsatzbesteuerung ohne Bedeutung, welche Beweggründe den Leistungsempfänger zum Abschluß des Spielvertrages und zur Entgegennahme der Spielleistung veranlassen. Für die Beurteilung des Inhalts einer Leistung ist wichtiger, welche Zwecke der Unternehmer damit verfolgt. Zweck des Spielgeschäfts aus der Sicht des Automatenaufstellers ist aber nicht, Gewinne in Gestalt von Geldmünzen zu verteilen, sondern gegen Zahlung des Einsatzes (Entgelts) für eine kurze Zeitspanne ein Spielgerät mit Gewinnmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Diese Leistung ist kein Umsatz von Geldsorten und fällt daher nicht unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 UStG 1951. Daß auch der Gesetzgeber diese Auffassung vertritt, folgt aus § 4 Nr. 9 UStG 1951, nach dem u. a. Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen, umsatzsteuerfrei sind. Wäre die Auszahlung von Spielgewinnen schon als Geldsorten-Umsatz nach § 4 Nr. 8 UStG 1951 steuerfrei, hätte es der Befreiung der unter das genannte Gesetz fallenden Umsätze durch § 4 Nr. 9 UStG 1951 nicht bedurft.
III.
1. Mit der Frage der Höhe des vom Automatenaufsteller vereinnahmten Entgelts aus Geldspielautomaten, die keine Zähler für die eingeworfenen Geldstücke besitzen, hatte sich der Senat schon wiederholt zu befassen. Schon im Urteil V 47/57 U vom 17. Oktober 1958 (BFH 68, 53 -, BStBl III 1959, 20) hat er unter ausdrücklicher Abkehr von der Auffassung des RFH, daß die Summe der verlorenen Geldeinsätze (Geldeinwürfe) das Entgelt für die Benutzung des Automaten darstelle (vgl. Urteil V A 534/33 vom 17. November 1933, RStBl 1934, 174, a. a. O.), den Standpunkt vertreten, jedeseinzelne Spiel bewirke - gleichgültig, ob der Spieler verliere, seinen Einsatz zurückerhalte oder einen Gewinn erziele - einen steuerbaren Umsatz; infolgedessen sei das Auswerfen der Geldstücke im Gewinnfalle keine Entgeltsrückgewähr im Sinne des § 12 UStG 1951; es werde weder das dem Umsatz zugrunde liegende Rechtsgeschäft noch dessen Entgeltlichkeit nachträglich ganz oder teilweise aufgehoben. Infolge der Unmöglichkeit, die eingeworfenen Geldstücke, von denen der Automat die Gewinne gleich selbsttätig auswerfe, zahlenmäßig festzustellen, müßten die Spielumsätze anhand des in der Automatenkasse verbliebenen Betrages geschätzt werden. Hierfür biete der Erlaß des BdF IV A/2 - S 4200 - 15/55 vom 23. April 1955 (a. a. O.) Anhaltspunkte und Anweisungen, denen eine großzügige Handhabung nicht abzusprechen sei und denen die Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Automatengewerbes zugestimmt habe. In den Urteilen V 114/61 vom 14. Dezember 1961 (HFR 1962, 244) V 274/59 vom 29. März 1962 (StRK, Umsatzsteuergesetz, § 1 Nr. 1, Rechtsanspruch 230) und V 28, 29/61 vom 28. Oktober 1964 (StRK, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 9, Rechtsspruch 34) hat der erkennende Senat diese Auffassung nochmals bestätigt und die Schätzung nach dem Erlaß (für die Streitjahre auf das Doppelte des Kasseninhalts) als für die Aufsteller nicht nachteilig bzw. als maßvoll bezeichnet.
2. Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzugehen. "Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten" (§ 10 Satz 1 UStDB 1951). Um den Geldspielautomaten in Gang zu setzen, muß der Spieler bei jedem einzelnen Spiel ein Geldstück in den Automaten einwerfen. Infolgedessen ist jedes eingeworfene Geldstück das Entgelt für die jeweilige Leistung des Automatenaufstellers.
3. Der Einwand des Steuerpflichtigen, nur der in der Automatenkasse befindliche Betrag stehe zu seiner Verfügung, nur dieser Betrag werde infolgedessen von ihm vereinnahmt - das seien, weil nach § 12 der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit vom 6. Februar 1962 - SpielV - (BGBl I 1962, 153) die Summe der Gewinne mindestens 60 v. H. der Summe der Einsätze betragen müsse, auf längere Sicht 0,04 DM je Spiel - greift nicht durch. Vereinnahmung liegt vor, wenn dem Unternehmer das Entgelt in der Weise zugeflossen ist, daß er wirtschaftlich darüber verfügen kann. Das Merkmal der Endgültigkeit gehört nicht zum Begriff "Vereinnahmung". Auch Vorschüsse, Anzahlungen, Einzahlungen auf Sperrkonten und dergleichen werden vom Empfänger vereinnahmt. In dem Augenblick, in dem das Geldstück in den Automaten eingeworfen wird, gelangt es in die volle Verfügungsmacht des Automatenaufstellers. Dieser kann den Automaten nach Belieben öffnen und das gesamte darin befindliche Geld an sich nehmen. Gerade darin, daß der Automat bei Verlustspielen Geld ansammelt und bei Gewinnspielen dieses Geld (bis zum Höchstbetrage von 1 DM) ganz oder teilweise auswirft, zeigt sich, daß der Aufsteller über das eingeworfene Geld in vollem Umfange verfügen kann. Der Automat ersetzt die Tätigkeit eines Bankhalters, der die Einsätze sammelt, sie vermengt und zur Auszahlung der Gewinne verwendet. Die Rechtslage ist beim Automatenspiel insofern anders als beim Roulettespiel, als bei diesem die Einsätze in der Form von Spielmarken nicht eingesammelt und vermengt werden, sondern auf den jeweiligen Plätzen des Spielfeldes liegenbleiben, bis feststeht, wer das Spiel gewinnt, und der Spieler im Gewinnfalle seine Spielmarken, ohne daß sie vom Bankhalter vereinnahmt wurden, zurückerhält. Der Steuerpflichtige beruft sich daher zu Unrecht auf das Urteil des RFH V A 874/32 vom 27. Januar 1933 (- RFH 32, 318 -, RStBl 1933, 1211), durch das entschieden worden ist, daß bei einem als Geschicklichkeitsspiel betriebenen Roulettespiel die Summe der verlorenen Spieleinsätze das umsatzsteuerpflichtige Entgelt bildet. Auch der Version des FG Düsseldorf, Kammern in Köln (Urteil V 87/57 U vom 26. Juli 1957 - EFG 1958, 33 -), wonach von der Gesamtsumme der von den Spielern eingeworfenen Geldstücke die bei einer wiederholten Benutzung des Automaten durch denselben Spieler in einer Spielkette von ihm zum Einwurf benutzten Gewinne abzuziehen seien, kann aus den dargelegten Gründen nicht gefolgt werden.
IV.
1. Der Steuerpflichtige stützt sein Revisionsbegehren weiter darauf, daß nicht alles, was der Kunde dem Unternehmer gebe, Entgelt sei. Dies gelte einmal für diejenigen Fälle, in denen der Kunde dem Unternehmer einen bestimmten Gegenstand aushändige und von diesem später zurückerhalte (Beispiel: Werkleistungen, Verwahrungen, Treuhandverhältnisse), aber auch dann, wenn der Unternehmer vertretbare Sachen bekomme und dem Kunden - gegebenenfalls nach Bearbeitung - andere vertretbare Sachen derselben Gattung zurückgebe. Hieraus sei allgemein zu folgern: "Was der Unternehmer dem Kunden gibt, ist keine Gegenleistung, wenn gleiches Material wie das hergegebene - bearbeitet oder unbearbeitet - an den Abnehmer zurückgelangt." Dieser Grundsatz sei auch für die Umsätze mittels Geldspielautomaten anzuwenden. Leistung und Gegenleistung bestünden bei diesen Umsätzen in der Hingabe desselben Materials, nämlich in der Hingabe von Geldstücken. Der Aufsteller bediene sich zur Bewirkung der seinen Kunden versprochenen Leistungen desselben Materials, das ihm seine Kunden selbst zur Verfügung stellten.
2. Diesen Überlegungen kann für den Streitfall aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden: Das Geld, das der Automatenbenutzer zum Spielen verwendet, ist keine Ware im Sinne des Umsatzsteuerrechts, sondern ein Zahlungsmittel, und zwar - wie dargelegt - das Entgelt für die Einräumung der Benutzung des Spielautomaten mit der Aussicht auf Gewinn; das Geld, das der Automat auswirft, ist der erzielte Gewinn. Der vorliegende Sachverhalt ist daher mit den vom Steuerpflichtigen angeführten Beispielen, in denen der Leistungsempfänger dem Unternehmer eine Ware übergibt und dieselbe Ware oder bei vertretbaren Sachen eine entsprechende Ware - ohne oder nach Bearbeitung - zurückerhält, nicht vergleichbar. Hat der hingegebene Gegenstand die Funktion des Entgelts, so scheidet er nicht aus dem Umsatzgeschäft aus, sondern ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UStG 1951 Besteuerungsmaßstab. Das zeigt sich besonders deutlich beim Tausch vertretbarer Sachen derselben Gattung aber unterschiedlichen Wertes mit Wertausgleich durch Baraufgabe. Entgelt ist in diesen Fällen nicht bloß die Baraufgabe; es gilt vielmehr der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz (§ 5 Abs. 2 UStG 1951). Auch bei Leibrentenversicherungen heben sich Einzahlungen und Auszahlungen nicht automatisch auf. Die Umsatzsteuerfreiheit der Versicherungsleistungen zwecks Vermeidung einer Doppelbesteuerung durch Umsatzsteuer und Versicherungsteuer mußte daher durch § 4 Nr. 9 UStG 1951 ausdrücklich bestimmt werden.
3. Es kommt hinzu, daß nach § 12 SpielV (a. a. O.) auf je fünf Spiele im Durchschnitt nur je ein Gewinnspiel entfallen muß. Die weitaus meisten Spiele enden mit dem Verlust des Einsatzes. Eine Rückgewähr "gleichen Materials" findet hier überhaupt nicht statt. Andererseits wirft der Automat bei zahlreichen Gewinnspielen nicht bloß das eingeworfene Geldstück, sondern mehrere Geldstücke aus, so daß auch hier der Grundsatz des Ausgleichs durch Hin- und Rückgabe gleichen Materials nicht anwendbar ist.
4. Die Annahme des Steuerpflichtigen, die Gesamtheit der Spieler trete dem Automatenaufsteller als Vertragspartner gegenüber, ist weder tatsächlich noch rechtlich haltbar. In der Regel spielt der Automatenbenutzer allein. Er kennt zumeist weder die Personen, die vor ihm gespielt haben, noch die Personen, die nach ihm spielen werden. Auch wenn Freunde oder Bekannte das Spiel beobachten und vorher oder nachher selbst spielen, treten sie in keine vertraglichen oder vertragsähnlichen Beziehungen zueinander. Die Automatenbenutzer spielen weder gegeneinander noch gemeinschaftlich gegen den Automatenaufsteller. Sie bilden mangels gleichlaufender Interessen keine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR) im Sinne des § 705 BGB (Zufallsgesellschaft), die ihrerseits einen Leistungsaustausch mit dem Automatenaufsteller bewirkt. Rechtsbeziehungen entstehen jeweils nur zwischen dem einzelnen Spieler und dem Automatenaufsteller.
V.
Gründe, die den BdF veranlaßt haben, ab 1. August 1968 mit einer Herabsetzung des Vervielfachers auf 1,5 einverstanden zu sein, sind im Erlaß IV A/2 - S 7200 - 51/68 vom 28. Februar 1968 (a. a. O.) nicht angegeben. Offensichtlich handelt es sich um eine Billigkeitsmaßnahme, die damit zusammenhängt, daß nach dem Mehrwertsteuersystem die gesamte Steuerlast denjenigen Unternehmer trifft, der Umsätze an den zum Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG 1967 nicht berechtigten Letztempfänger der Leistung bewirkt. Ob diese Maßnahme begründet ist und dem Gleichheitssatz des Art. 3 (GG) entspricht, war in dem vorliegenden Rechtsstreit nicht zu untersuchen. Wegen der Angemessenheit des Vervielfältigers 2 als Maßstab für die Schätzung des Umsatzes siehe oben Abschnitt I!
Fundstellen
BStBl II 1971, 467 |
BFHE 1971, 136 |