Leitsatz (amtlich)
Umlagen, die ein Wasserversorgungszweckverband satzungsgemäß zur Finanzierung der gemeinsamen Anlagen, der betriebsnotwendigen Vorratshaltung und der Darlehenstilgung entsprechend der Wasserabnahme durch die Mitgliedsgemeinden erhebt, sind Leistungsentgelte.
Normenkette
UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 27.09.1977; Aktenzeichen IV 161/75) |
Tatbestand
I. Der Kläger ist Rechtsnachfolger des Zweckverbandes A. Dieser hatte satzungsgemäß die Aufgabe, den Mitgliedsgemeinden trinkbares Wasser in dem erforderlichen Umfang zu liefern; er konnte auch Wasser an andere Wasserverbraucher abgeben. Hierzu schuf und betrieb er die nötigen Anlagen. Die hierfür erforderlichen Mittel wurden, soweit nicht andere Mittel (Erträge, Zuschüsse) zur Verfügung standen, durch eine Aufwandsumlage und eine Vermögenseinlage aufgebracht. Die Aufwandsumlage (§ 5 der Satzung) wurde zur Deckung der gesamten Betriebs- und Verwaltungskosten einschließlich der Abschreibungen und des Zinsaufwandes von den einzelnen Verbandsmitgliedern nach dem in demselben Wirtschaftsjahr gemessenen Wasserverbrauch erhoben. Die Finanzierung der Ausgaben für die Anschaffung, Erweiterung und Änderung von gemeinsamen Anlagen sowie die Ausgaben für das Umlaufvermögen (Ausgaben der betriebsnotwendigen Vorratshaltung) und die Tilgung für aufgenommene Darlehen erfolgte mittels der sog. Vermögenseinlagen der Mitgliedsgemeinden oder durch Darlehen. Soweit Vermögenseinlagen erhoben wurden, waren sie, wie die Aufwandsumlagen, nach dem in demselben Wirtschaftsjahr gemessenen Wasserverbrauch umzulegen (§ 6 der Satzung).
In den Umsatzsteuererklärungen 1968 bis 1972 wies der Zweckverband zwar die Aufwandsumlagen nicht jedoch die Vermögenseinlagen als Entgelte für steuerbare Umsätze aus, da es sich bei letzteren um Mitgliedsbeiträge handle. Demgegenüber rechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) die Vermögenseinlagen zu den Entgelten für steuerbare Umsätze.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts ist in Umsatzsteuer-Rundschau 1982, 224 veröffentlicht.
Die Revision des Klägers wird auf Verletzung materiellen Rechts gestützt: Die Vermögenseinlage sei nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches erhoben worden. Es handle sich um sogenannte nichtsteuerbare Mitgliedsbeiträge, denn sie seien zur Finanzierung der gemeinsamen, im Eigentum des Zweckverbandes stehenden Versorgungsanlagen und -einrichtungen verwendet worden und hätten somit dem satzungsgemäßen Gemeinschaftszweck für die Gesamtbelange aller Mitglieder gedient. Die Vermögenseinlage sei unabhängig von der tatsächlichen oder vermuteten Inanspruchnahme der Tätigkeit des Zweckverbandes für das einzelne Mitglied erhoben worden, denn der Bemessungsmaßstab "Wasserabgabe" stelle ausschließlich auf die Leistungsfähigkeit der Mitgliedsgemeinden ab.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Umsatzsteuer 1968 bis 1972 um die auf die Vermögenseinlagen entfallende Umsatzsteuer zu mindern.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des Klägers ist unbegründet.
1. Die vom Zweckverband A, einem Betrieb gewerblicher Art (§ 4 Abs.3 KStG, § 2 Abs.3 UStG 1967; Urteil vom 12.März 1975 I R 255/72, BFHE 115, 391, BStBl II 1975, 549), bei seinen Mitgliedern erhobenen Vermögenseinlagen sind Entgelte für Leistungen im Sinne des § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1967. Der Ansicht des Klägers, es handle sich um sogenannte nichtsteuerbare Mitgliedsbeiträge, folgt der Senat nicht. Denn der Zweckverband hat auch insoweit Leistungen an seine Mitglieder im Rahmen eines Leistungsaustausches erbracht (Urteil vom 7.Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495; vgl. auch Urteil vom 20.Dezember 1984 V R 25/75, BFHE 142, 524, BStBl II 1985, 176).
a) Die bei den Mitgliedsgemeinden erhobenen sog. Vermögenseinlagen gelten konkrete Leistungen des Zweckverbandes ab. Sie werden bezahlt für das den Mitgliedsgemeinden gelieferte Wasser. Dies drückt sich in der durch die Satzung festgelegten Bemessung der Vermögenseinlage nach dem Wasserverbrauch aus. Die Tätigkeit des Zweckverbandes für jede einzelne Mitgliedsgemeinde und der Umfang der hierfür erforderlichen Mittel werden durch den Umfang der Wasserlieferungen bestimmt. Das gilt nicht nur für die laufende Betriebs- und Verwaltungstätigkeit des Zweckverbandes und die damit verbundenen Kosten, sondern auch für die betriebsnotwendige Vorratshaltung, für die notwendigen Investitionen und die Tilgung der Darlehen, zu deren Finanzierung die Vermögenseinlage erhoben wird. Sie dienen der Aufrechterhaltung eines ordnungsmäßigen Betriebes zur Wasserversorgung.
Nicht von Bedeutung ist, daß die Vermögenseinlagen zumindest teilweise zur Finanzierung "gemeinsamer" Anlagen verwendet werden. Denn diese werden von jedem Mitglied nach dem Umfang seines Wasserbezugs in Anspruch genommen. Insoweit besteht kein Unterschied zu den durch die sog. Aufwandsumlage gedeckten Kosten für laufende Betriebs- und Verwaltungskosten, Abschreibungen und für den Zinsaufwand, die vom Kläger selbst als Leistungsentgelte beurteilt werden. Auf die Bezeichnung der erhobenen Entgelte als Vermögenseinlage kommt es nicht an. Es handelt sich --entgegen der Auffassung des Klägers-- nicht um eine leistungsunabhängige, lediglich eine Beteiligung am Gewinn bzw. Verlust des Zweckverbandes auslösende Kapitalzuführung.
b) Der vom Finanzgericht zur Feststellung der Voraussetzungen des Leistungsaustausches vorgenommene Rückgriff auf die Satzungsbestimmungen des Zweckverbandes über die Verteilung des Vermögens und der Verbindlichkeiten des Zweckverbandes im Fall seiner Auflösung (§ 18 Abs.2 der Satzung) ist demnach nicht erforderlich. Die Vermögensverteilung im Zeitpunkt der Beendigung der Tätigkeit des Verbandes stellt aber auch kein geeignetes Kriterium zur Beurteilung der Frage dar, ob vom Zweckverband erhobene Beträge zur Finanzierung bestimmter Ausgaben des lebenden Unternehmens im Rahmen eines Leistungsaustausches stehen. Denn hierfür ist nicht maßgebend, ob die Umlagen der Deckung laufender Unkosten oder der Deckung der Aufwendungen für längerfristig dem Betrieb dienende Vermögensgegenstände erhoben werden. Der Einsatz der Mittel entsprechend den betriebsnotwendigen Erfordernissen besagt nichts darüber, ob die Einnahme im Rahmen eines Leistungsaustausches erfolgt ist.
2. Mit dieser Entscheidung weicht der erkennende Senat nicht von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.März 1982 8 C 46.81 (UR 1982, 221) ab. Denn dort handelte es sich um die Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung von Wasseranschlußbeträgen, die aufgrund einer Wasserbeitrags- und Gebührensatzung von den Grundstücksbesitzern unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme der Wasserversorgungsanlage erhoben wurden; der erkennende Senat braucht hierzu keine Stellung zu nehmen.
Fundstellen
BStBl II 1985, 559 |
BFHE 144, 84 |
BFHE 1986, 84 |
BB 1985, 1712-1713 (ST) |
DB 1985, 2283-2283 (ST) |
HFR 1985, 525-526 (ST) |
Information StW 1985, 502-502 (ST) |
UStR 1985, 223-224 (ST) |
DVRdsch 1985, 191-191 (S) |
GWF/Recht und Steuern 1986, 12-13 (LT) |