Leitsatz (amtlich)
In die Beurteilung, inwieweit Betriebsausgaben, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen berühren, gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG 1971 nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind und deshalb bei der Gewinnermittlung ausscheiden, sind alle Umstände des Einzelfalles einzubeziehen; insbesondere ist zu prüfen, inwieweit die Betriebsausgaben zweckmäßig, zur Verfolgung des mit der jeweiligen Maßnahme erstrebten Zieles erforderlich und durch wirtschaftlich vernünftige Gründe zu rechtfertigen sind.
Normenkette
EStG 1971 § 4 Abs. 4, 5 S. 2, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Musiker. Bis zum 31. August 1971 war er bei einem Orchester angestellt. Außerdem betätigte er sich freiberuflich als Solist in Konzerten, die überwiegend in Deutschland, vereinzelt auch im Ausland, veranstaltet wurden. Seit dem Ende des Anstellungsverhältnisses als Musiker ist der Kläger ausschließlich freiberuflich tätig.
Im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit wirkte der Kläger an elf Konzerten mit und erzielte hierfür - zusammen mit Honoraren für Wiederholungen von Aufnahmen - Einnahmen von 9 999 DM.
Seit Juli 1969 ist der Kläger Eigentümer eines sechssitzigen Vielzweck-Reiseflugzeugs, das er zum Preis von 33 000 DM erworben hat. Die Maschine wurde, um den inländischen Luftsicherheitsbestimmungen zu entsprechen, überholt und mit einem Funkgerät ausgestattet. Diese Arbeiten gab der Kläger am 18. Februar 1970 in Auftrag. Die Kosten von 16 056 DM bezahlte er im Jahr 1971.
Der Kläger unternahm im Streitjahr aus beruflichem Anlaß 19 Flüge. Die gesamten Flugzeugkosten, einschließlich der AfA von 6 600 DM, beliefen sich im Streitjahr auf 27 070 DM.
In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr stellte der Kläger seinen Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit neben anderen Betriebsausgaben die beruflich veranlaßten Flugzeugkosten zunächst mit 17 325 DM (Privatanteil: 9 745 DM = 36 %) gegenüber, wobei sich ein Verlust von 9 680 DM errechnete; später berichtigte er den Privatanteil auf 40,24 %, so daß sich im Streitjahr von den Flugzeugkosten ein beruflich veranlaßter Anteil von 16 177 DM ergab.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) versagte den Abzug der Flugzeugkosten als Betriebsausgaben unter Hinweis auf § 12 EStG. Statt dessen zog es für die Flüge des Klägers die Kosten für Linienflüge oder die Kosten für ein Charterflugzeug mit 150 DM je Stunde und ferner für Taxifahrten von und zum Flughafen je Flug 60 DM, insgesamt 5 010 DM, als Betriebsausgaben ab.
Der Einspruch blieb erfolglos.
Im Klageverfahren ermäßigte der Kläger den Betrag der sofort abzugsfähigen Betriebsausgaben, indem er Kosten für Wartung, Reparaturen und Ersatzteile von zusammen 16 056 DM als Kosten einer Generalüberholung bezeichnete, die als Herstellungskosten zu behandeln seien. Dadurch ergaben sich, einschließlich einer AfA von 20 %, als Betriebsausgaben geltend gemachte Flugkosten in Höhe von 8 501 DM und ein Verlust aus freiberuflicher Tätigkeit von nur noch 449 DM.
Das FG gab der Klage statt. Zur Begründung seiner Entscheidung führte es im wesentlichen aus: Die Kosten der beruflich veranlaßten Flüge, insbesondere zu Konzerten und Proben, seien als Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 4 EStG abzugsfähig. Dem stehe nicht entgegen, daß das Flugzeug auch privat genutzt worden sei. Die Gesamtkosten seien anhand der Aufzeichnungen des vorgeschriebenen Bordbuchs so aufzuteilen wie die Aufwendungen für ein teils beruflich, teils privat genutztes Kraftfahrzeug. Dabei seien die Kosten für Wartungsflüge und Erprobungsflüge im Verhältnis der privaten und beruflichen Flugzeiten anzusetzen, so daß gegen den vom Kläger errechneten Privatanteil von 40,24 % nichts einzuwenden sei. Die geltend gemachten Aufwendungen könnten - entgegen der Auffassung des FA - auch nicht als unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG angesehen werden. Ein Flugzeug lasse sich nicht mit den unter diese Vorschrift fallenden Kosten für einen besonders teuren Kraftwagen vergleichen, da es sich bei einem Flugzeug um ein völlig andersgeartetes Verkehrsmittel handle, das das Überbrücken von größeren Entfernungen in kürzerer Zeit ermögliche, als dies ein Kraftwagen vermöge. Es könne dem Kläger nicht widerlegt werden, daß er bei der Anschaffung geglaubt habe, auf ein derartiges Verkehrsmittel angewiesen zu sein, um an möglichst vielen Konzertveranstaltungen teilnehmen zu können. Hierbei könne es auch nicht darauf ankommen, daß der Kläger durch die Flugzeughaltung im Streitjahr bei seinen Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit insgesamt einen - wenn auch geringfügigen - Verlust erzielt habe. Der Kläger weise zu Recht darauf hin, daß im künstlerischen Bereich ein Erfolg niemals vorweg eingeplant werden könne. Eine andere Beurteilung sei möglich, wenn Künstler durch eine Flugzeughaltung dauernd Verluste in erheblichem Umfang erzielten. Da das Streitjahr für den Kläger aber erst das zweite Jahr der Flugzeughaltung sei, sei es für eine derartige Betrachtung auf jeden Fall noch zu früh, zumal der Verlust aus der freiberuflichen Tätigkeit als unerheblich bezeichnet werden müsse. Bei den Kosten der Generalüberholung des Flugzeugs handle es sich um sog. anschaffungsnahen Aufwand für einen reparaturbedürftigen Gegenstand, der nach herrschender Ansicht als Herstellungsaufwand zu behandeln sei. Es sei deshalb von einem Verlust von 449 DM auszugehen und nicht von dem höheren Verlust, den das FA zugrunde lege und der sich errechne, wenn man nur die Kosten für das Funksprechgerät als Herstellungsaufwand, die übrigen Kosten der Generalüberholung aber als Erhaltungsaufwand behandle.
Zur Begründung der Revision führt das FA im wesentlichen aus: Bei richtiger Abgrenzung ergebe sich ein Anteil von privat veranlaßten Flugzeugkosten von 43,7 %. Das FG habe zu Unrecht Reparaturaufwendungen als anschaffungsnahen Aufwand und damit als Herstellungskosten behandelt; nur die durch den Einbau einer Funksprechanlage verursachten Kosten in Höhe von 4 176 DM seien Anschaffungsaufwand. Insgesamt ergäben sich danach beruflich veranlaßte Flugzeugkosten von rd. 13 000 DM bei Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit von 9 999 DM. Das FG habe § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG unrichtig angewendet. Der Kläger habe das Flugzeug im Streitjahr nur zu vier von zehn Konzertveranstaltungen und zu drei Proben eingesetzt; zu den übrigen Konzerten sei er mit dem PKW oder mit der Bahn gefahren. Bei den Konzerten, zu denen der Kläger mit dem Flugzeug angereist sei, habe er nur Einnahmen von 1 300 DM erzielt. Nur drei Konzerte habe der Kläger vor der Aufgabe seiner Tätigkeit als angestellter Musiker gegeben, zu denen er ohne Terminnot mit öffentlichen Verkehrsmitteln hätte anreisen können. Da der Kläger ab 1. September 1971 nicht mehr angestellt gewesen sei, habe er von diesem Zeitpunkt an über seine Zeit frei verfügen können. Er sei auf das Halten eines eigenen Flugzeugs nach alledem nicht angewiesen gewesen. Er habe das seinen privaten Interessen dienende Flugzeug allerdings auch zu beruflichen Zwecken genutzt; das habe ihm freigestanden. Die dadurch verursachten Kosten seien Betriebsausgaben. In Höhe der gegenüber den Kosten für Linienflüge überhöhten Unterhaltungskosten für das Flugzeug seien jedoch Aufwendungen entstanden, die nach der Verkehrsanschauung unangemessen und damit steuerrechtlich nicht abzugsfähig seien.
Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage. Das FG hat zu Unrecht den Betriebsausgaben darstellenden Teil der Flugzeugkosten in vollem Umfang zum Abzug zugelassen.
1. Betriebsausgaben sind nach § 4 Abs. 4 EStG 1971 die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Es besteht zwischen den Beteiligten kein Streit darüber, daß es dem Kläger freigestanden hat, sein Flugzeug auch zu beruflichen Zwecken zu benutzen und daß die dadurch verursachten Kosten Betriebsausgaben sind. Dem steht, wie die folgenden Überlegungen zeigen, § 12 Nr. 1 EStG 1971 nicht entgegen.
Nach § 12 Nr. 1 EStG 1971 dürfen u. a. die Aufwendungen für die Lebensführung des Steuerpflichtigen, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt, nicht abgezogen werden, auch wenn sie zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Das Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 EStG 1971 wird somit zum grundsätzlichen Aufteilungsverbot, wenn Aufwendungen sowohl die Lebensführung wie auch den Beruf betreffen. Dieses Verbot legt der BFH indessen in ständiger Rechtsprechung dergestalt eingrenzend aus, daß eine Aufteilung gemischter Aufwendungen dann möglich und geboten ist, wenn der betrieblich veranlaßte Teil der Aufwendungen sich leicht und einwandfrei anhand von Unterlagen nach objektiven, nachprüfbaren Merkmalen von den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung trennen läßt (Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17).
Die Flugzeugkosten des Klägers stellen zwar gemischte Aufwendungen dar, da er das Flugzeug sowohl privat wie auch beruflich benutzte. Das Aufteilungsverbot greift aber nicht ein, weil die Aufwendungen, ebenso wie bei der Nutzung eines PKW, anhand objektiver und nachprüfbarer Maßstäbe aufgeteilt werden können. Denn es steht fest, welche Flüge des Klägers beruflich veranlaßt waren, weil sich aus dem Bordbuch die entsprechenden Flugzeiten ergeben. Das FG ist deshalb zutreffend davon ausgegangen, daß die Kosten der Unterhaltung des Flugzeugs im Verhältnis der Flugzeiten der beruflich und der privat unternommenen Flüge - unter Außerachtlassung der Flugzeiten für Wartungs- und Erprobungsflüge - aufzuteilen sind. Eines Eingehens auf die Höhe der im Streitjahr anzusetzenden Aufwendungen für das Flugzeug und auf die Aufteilung in Herstellungs- und Erhaltungskosten, also darauf, ob im Streitjahr von dem insgesamt angefallenen Aufwand von 27 070 DM die ansetzbaren, durch den Beruf veranlaßten Aufwendungen 8 501 DM betrugen, wie das FG annimmt, oder rd. 13 000 DM, wie das FA meint, bedarf es indessen nicht. Das FG hat die Betriebsausgaben, die über den vom FA angesetzten Betrag von 5 010 DM hinausgingen, in jedem Fall zu Unrecht zum Abzug zugelassen. Das FG hat verkannt, daß es sich insoweit um unangemessene Betriebsausgaben i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG 1971 gehandelt hat.
2. Berühren Betriebsausgaben die Lebensführung des Steuerpflichtigen nicht, so können sie unabhängig davon abgezogen werden, ob sie objektiv für den Betrieb notwendig, erforderlich, üblich oder zweckmäßig sind (so bereits das Urteil des RFH vom 26. Juli 1933 VI A 126/33, Mrozek-Kartei, Einkommensteuergesetz 1925, § 16 Abs. 1, Rechtsspruch 238). Der Betriebsinhaber entscheidet, ob und in welchem Umfang Ausgaben durch seinen Betrieb veranlaßt werden und damit sein Betriebsergebnis mindern. Es gilt die steuerrechtliche Fiktion, daß ein Steuerpflichtiger keine unnützen Betriebsausgaben mache (Tipke, Steuerrecht, 4. Aufl., Tz. 3.82164 S. 217). Berühren hingegen Betriebsausgaben auch die Lebensführung des Steuerpflichtigen, so erhält gemäß § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG 1971 die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zu beurteilende Angemessenheit der Aufwendungen entscheidende Bedeutung.
Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG 1971 geht im wesentlichen zurück auf § 4 Abs. 4 Satz 2 EStG 1953. Die Beratungen über die durch das Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften und zur Sicherung der Haushaltsführung vom 24. Juni 1953 (BGBl I 1953, 413, BStBl I 1953, 192) in Kraft gesetzte Fassung zeigen die Bemühungen, einerseits mißbräuchliche Ausweitungen der Betriebsausgaben einzuschränken, andererseits zu verhindern, "daß die Sorge vor zu weiten Eingriffen der Finanzverwaltung in die betriebliche Führung sich als gerechtfertigt erweist" (Deutscher Bundestag - BT -, Stenographische Berichte, 263. Sitzung, 5. Mai 1953, S. 12803 lk. Sp.; vgl. ferner Bundesrats[BR]-Drucksache 49/53 - Beschluß - vom 21. Februar 1953, S. 2). Es war zunächst daran gedacht, allgemein solche Betriebsausgaben nicht als abzugsfähig zuzulassen, "die bei wirtschaftlicher Führung des Betriebs unter Berücksichtigung der Auffassung des Verkehrs als unangemessen" oder nach vorgeschlagener Abschwächung "als offensichtlich unangemessen" betrachtet werden müssen (Deutscher BT, Stenographische Berichte, a. a. O., S. 12802 r. Sp., und BT-Drucksache I/4092 vom 21. Februar 1953, Anlage 1). Damit wollte man in Fällen, "in denen § 12 EStG und die dazu ergangene Rechtsprechung nicht anwendbar ist, die Möglichkeit bieten, einer wirtschaftlichen Betriebsgebarung offenbar widersprechende Ausgaben einzuschränken" (BT-Drucksache I/4092 vom 21. Februar 1953, Anlage 1, S. 37 lk. Sp.) und gleichzeitig die Sondervorschrift für Betriebsausgaben, die bis dahin in § 9 a EStG 1951 enthalten war, entbehrlich machen. In den Beratungen, besonders in denen des Finanzausschusses (Deutscher BT, a. a. O., S. 12802 f.), ergab sich später die dann Gesetz gewordene Fassung der Bestimmung. Danach werden nur noch solche Betriebsausgaben angesprochen, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen oder anderer Personen berühren. Diese Aufwendungen scheiden bei der Gewinnermittlung insoweit aus, "als sie unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind" (§ 4 Abs. 4 Satz 2 EStG 1953). Wurde damit das Erfordernis wirtschaftlicher Führung des Betriebes oder wirtschaftlicher Betriebsgebarung nicht ausdrücklich in den Gesetzeswortlaut aufgenommen, so geschah das offensichtlich, um bei der Beurteilung dieser die Lebensführung berührenden Betriebsausgaben das allgemeine Kriterium ihrer Angemessenheit herauszustellen, ohne daß ein einzelnes Merkmal, etwa das der Maßgeblichkeit wirtschaftlicher Überlegungen, hervorgehoben zu werden brauchte. In die Würdigung dieser Aufwendungen sind Beurteilungsmerkmale einzubeziehen, die bei "echten" Betriebsausgaben - also nur durch den Betrieb veranlaßten Aufwendungen - nicht anzuwenden sind. Damit sind Fragen der wirtschaftlichen Betriebsgebarung, der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit ebenso von Bedeutung wie die Fragen der Üblichkeit und der Verhältnismäßigkeit der Mittel.
Durch das StÄndG 1960 vom 30. Juli 1960 (BGBl I 1960, 616, BStBl I 1960, 514) - Art. 1 Nr. 3 - wurde § 4 Abs. 4 Satz 2 EStG zu § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG und wurden die Worte "unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung" durch die Worte "nach der allgemeinen Verkehrsauffassung" ersetzt. Damit sollte die Unangemessenheit nicht nur nach der Verkehrsauffassung lediglich der beteiligten Wirtschaftskreise, sondern nach der Anschauung breitester Bevölkerungskreise beurteilt werden (BT-Drucksache III/1811, Anlage 1, S. 8 r. Sp.). Die Rechtslage wurde dadurch im wesentlichen nicht geändert.
Die Einschränkung der Abzugsfähigkeit durch § 4 Abs. 5 Satz 2 EStG 1971 gilt für Betriebsausgaben, die die Lebensführung des Steuerpflichtigen (oder anderer Personen) berühren, also für Aufwendungen, die ihrer Art nach, losgelöst von der besonderen Veranlassung des Einzelfalls, zu den typischen Lebenshaltungskosten gehören oder aus denen dem Steuerpflichtigen unmittelbar etwas die Lebensführung Betreffendes erwächst (vgl. Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 11. Aufl., §§ 4, 5, Rdnr. 789). Auch bei den Beratungen zum Steueränderungsgesetz 1953 ging man davon aus, daß Betriebsausgaben, die die persönliche Lebensführung berühren, in der Regel diejenigen Aufwendungen sein werden, die, falls sie nicht durch den Betrieb veranlaßt wären, zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung gehören würden (Deutscher BT, 263. Sitzung, 5. Mai 1953, S. 12803 lk. Sp.). Bei Veranlassung durch den Betrieb unterliegen diese Ausgaben der besonderen Beurteilung, ob und inwieweit sie unangemessen sind und deshalb bei der Gewinnermittlung ausscheiden.
3. Die Anwendung dieser Grundsätze führt dazu, daß die Flugzeugkosten des Klägers, soweit sie für berufliche Fahrten angefallen sind, als die Lebensführung des Klägers berührende Ausgaben behandelt werden müssen. Es handelt sich nicht nur um Reisekosten, denen die Berührung mit der Lebensführung in der Regel nicht abgesprochen werden kann, sondern darüber hinaus um eine Betätigung, die im allgemeinen trotz der gegenwärtigen Modernisierung und Technisierung auch heute noch Gegenstand einer exklusiven Freizeitgestaltung ist. Wenn das FG auch mit Recht den Vergleich des Haltens eines eigenen Flugzeugs mit dem eines besonders teueren Kraftwagens ausgeschlossen hat, weil es sich bei einem Flugzeug um ein völlig andersgeartetes Verkehrsmittel handelt, das das Überbrücken größerer Entfernungen in kürzerer Zeit als mit einem Kraftwagen ermöglicht, so wird damit zwar gegebenenfalls das Benutzen eines Flugzeugs gerechtfertigt, noch nicht aber das Halten und Benutzen eines eigenen Flugzeugs. Dem Steuerpflichtigen steht die Wahl des Beförderungsmittels für berufliche Fahrten frei. Wählt er aber sein eigenes Flugzeug, das er nach eigenem Vorbringen zu mehr als 40 % privat, also als Freizeitgegenstand, nutzt, so berühren die Ausgaben, die bei den beruflichen Flügen anfallen, seine Lebensführung.
4. Bei der Beurteilung, ob und in welchem Umfang die bei der Benutzung seines Flugzeugs zu beruflichen Flügen angefallenen Betriebsausgaben des Klägers unangemessen sind, fällt zunächst entscheidend ins Gewicht, daß der Kläger weder während der Zeit seiner Anstellung als Musiker noch danach durch Terminnot gedrängt war, zur Wahrnehmung seiner Konzertveranstaltungen ein Flugzeug benutzen zu müssen. Aus den Feststellungen des FG läßt sich nichts dazu entnehmen, daß es dem Kläger etwa wegen einer Vielzahl von Konzertterminen an verschiedenen, durch große Entfernungen getrennten Orten unzumutbar gewesen wäre, mit Auto oder Bahn den jeweiligen Konzertort zu erreichen.
Es kann ferner nicht unberücksichtigt bleiben, daß der im Streitjahr angefallene Aufwand für das Flugzeug einschließlich AfA von über 27 000 DM, von dem bei einem Privatanteil von sogar 43 % mehr als 15 000 DM als betrieblicher Aufwand verblieben, zu den erzielten Einnahmen aus freiberuflicher Tätigkeit des Klägers von knapp 10 000 DM in einem krassen Mißverhältnis steht. Wird außerdem berücksichtigt, daß nur ein Teil der Einnahmen des Klägers aus Veranstaltungen herrührt, die er unter Verwendung seines Flugzeugs wahrgenommen hatte, so kann demgegenüber vollends außer Betracht bleiben, ob und in welchem Ausmaß ein Teil des Aufwands für das Flugzeug durch Aktivierung von Herstellungs- oder Anschaffungskosten auf die folgenden Jahre verlagert werden kann. Zu Unrecht hält das FG die Ausgaben des Klägers u. a. auch deswegen für angemessen, weil sich im Streitjahr nach der Berechnung des FG nur ein Verlust aus freiberuflicher Tätigkeit von 449 DM ergeben habe. Für die Beurteilung der Angemessenheit von Betriebsausgaben, die die Lebensführung berühren, kommt es nicht darauf an, ob ein geringer oder ein hoher Verlust erzielt wird, wenn schon das Mißverhältnis zwischen den gesamten im Streitjahr angefallenen Ausgaben für das Flugzeug und den Einnahmen die Annahme wirtschaftlich vernünftiger Überlegungen ausschließt. Das Bestreben des Klägers, mit Hilfe des Flugzeugs in die Lage versetzt zu werden, an möglichst vielen Konzertveranstaltungen teilnehmen zu können, kann allein den hohen Aufwand nicht rechtfertigen, solange nicht durch Vielzahl von Konzerten und nachweisbare Terminnot in Verbindung mit einem wirtschaftlich vernünftigen Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag die Zweckmäßigkeit und die Erforderlichkeit der Betriebsausgaben zu rechtfertigen sind.
Das FA hat die Kosten für Flüge mit Linienflugzeugen oder Chartermaschinen und für Taxifahrten zum Flughafen insgesamt auf 5 010 DM im Streitjahr geschätzt und damit in ausreichendem Maße die angemessenen Betriebsausgaben als abzugsfähig anerkannt. Es braucht nicht entschieden zu werden, ob und inwieweit damit Ausgaben entgegen den vorstehenden Ausführungen anerkannt wurden, da eine Kürzung zuungunsten des Klägers nicht möglich ist.
Fundstellen
Haufe-Index 72621 |
BStBl II 1978, 93 |
BFHE 1978, 158 |