Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Auf Gebühren, die ein Kreditinstitut anläßlich der Kreditgewährungen für die Schätzung des Wertes von Grundstücken zwecks Ermittlung der Beleihungsgrenzen erhebt, findet § 4 Ziff. 8 UStG keine Anwendung.
Normenkette
UStG § 4 Ziff. 8
Tatbestand
Die Steuerpflichtige (Stpfl.), eine öffentliche Sparkasse, gewährt unter anderem Kredite gegen dingliche Sicherung. Um den Beleihungswert des als Sicherung jeweils ausersehenen Grundbesitzes festzustellen, bedient sie sich eines ihrer Beamten, der als Baumeister ausgebildet ist. Kommt eine Kreditgewährung zustande, so berechnet die Stpfl. dem Kreditnehmer neben einem Betrage von 3 DM für Fahrtauslagen eine Schätzungsgebühr in Höhe von 4 v. T. der Darlehnssumme oder, wenn sich dadurch ein geringerer Betrag ergibt, 2 v. T. des Schätzungsbetrages. Diese Schätzungsgebühr wird bei der Kreditgewährung neben den sonstigen Schreib-, Buchungsgebühren und dergleichen von dem Kreditbetrage gekürzt. DieStpfl. hat im Jahre 1949 an Schätzungsgebühren insgesamt 3596 DM vereinnahmt.
Das Finanzamt hat die Stpfl. wegen der Vereinnahmung der Schätzungsgebühren zur Umsatzsteuer herangezogen. Die Sprungberufung der Stpfl. hatte Erfolg. Das Finanzgericht hat die Abschätzung der zur dinglichen Sicherung dienenden Objekte als eine unmittelbare und somit ebenfalls der Steuerfreiheit zufolge § 4 Ziff. 8 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) teilhaftig werdende Nebenleistung bei der Kreditgewährung angesehen. Die Schätzungsgebühr stehe danach den Schreib- und Buchungsgebühren oder den Besichtigungsgebühren im Leihhausbetriebe gleich. Das gehe insbesondere daraus deutlich hervor, daß die Schätzungsgebühr nur bei einem Zustandekommen des Kreditgeschäftes erhoben werde, nicht aber bei einer Ablehnung des Antrags durch die Stpfl.
Der Vorsteher des Finanzamts führt demgegenüber mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) aus, die Schätzungsgebühr stelle ein Entgelt für eine besonders geartete Leistung dar. Sie könne der Besichtigungsgebühr der Leihhäuser nicht gleichgestellt werden, weil die Besichtigung eines angebotenen Pfandes zu den eigentümlichen Aufgaben des Leihhausbetriebes gehöre. Im vorliegenden Falle sei der Stpfl. die Schätzung nur dadurch möglich, daß sie einen Taxator beschäftige, der in einem dem Bankgewerbe fremden Berufe besonders vorgebildet sei. Nicht entscheidend sei, daß bei dem Nichtzustandekommen eines Kreditgeschäftes keine Schätzungsgebühr erhoben werde. Die Ermittlung des Schätzungswertes stelle keine vom Kreditgeschäft abhängige Leistung dar.
Die Stpfl. vertritt demgegenüber die Ansicht des Finanzgerichts; die Tatsache, daß die Abschätzung der Grundstücke eine unmittelbare Nebenleistung der Kreditgewährung sei, gehe auch daraus hervor, daß der ermittelte Schätzungswert dem Grundstückseigentümer nicht bekanntgegeben werde. Die Ermittlung des Schätzungswertes sei nicht Selbstzweck, sondern unmittelbar mit dem Kreditgeschäft verbunden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. muß zur Aufhebung der Vorentscheidung führen.
Die Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 8 UStG, soweit sie sich auf Kreditgewährung bezieht, hat nicht die Hingabe des Darlehns zum Gegenstand; denn diese ist ohnehin keine sonstige Leistung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und mangels Leistungsaustausches überhaupt nicht steuerbar (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs V A 395/32 vom 22. Dezember 1933, Reichssteuerblatt 1934 S. 636, Slg. Bd. 35 S. 104). § 4 Ziff. 8 bezieht sich insoweit vielmehr auf das Entgelt, das für die Gewährung des Kapitalkredites, also für dessen Nutzung, geleistet wird. Befreit ist damit der Zins, sonach der Unterschiedsbetrag zwischen der Auszahlung des Kreditgebers an den Kreditnehmer und dem Betrage, den der Kreditnehmer an den Kreditgeber zahlt. Die Steuerbefreiung erstreckt sich auch auf die unmittelbar mit der Kapitalnutzung zusammenhängenden Spesen, die der Kreditnehmer zu zahlen hat, z. B. die Schreib- und Buchungsgebühren. Die Schätzungsgebühren und die Fahrtkosten, die im vorliegenden Falle durch die Stpfl. erhoben worden sind, beziehen sich aber nicht auf die Nutzung des Kapitals durch den Kreditnehmer, sondern auf die dingliche Sicherung des Kapitals für den Kreditgeber. Sie fallen daher nicht mit unter die Befreiungsvorschrift des § 4 Ziff. 8 UStG.
Der Umsatzsteuerbescheid des Finanzamts vom 29. November 1950 ist sonach durch Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückweisung der Berufung der Stpfl. wiederherzustellen.
Fundstellen
BStBl III 1952, 277 |
BFHE 1953, 724 |