Entscheidungsstichwort (Thema)
Größerer Erhaltungsaufwand bei Ferienwohnung
Leitsatz (NV)
Eine Wohnung, die für kürzere Zeiträume an wechselnde Feriengäste vermietet wird, dient nicht Wohnzwecken i.S. des § 82b EStDV.
Normenkette
EStDV § 82b; EStG § 11
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG (EFG 2000, 214) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine Tochter erwarben im September 1994 eine Wohnung in X zu Miteigentum. Im Streitjahr (1995) ließen sie zunächst für den Gesamtbetrag von 12 840,31 DM die Heizungsanlage und einen Teil der Fenster erneuern und reparieren und vermieteten die Wohnung sodann über eine eingeschaltete Vermittlerin ausschließlich an wechselnde Feriengäste als Ferienwohnung. Mit der Feststellungserklärung für das Streitjahr beantragten sie, den geleisteten Erhaltungsaufwand gemäß § 82b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) gleichmäßig auf drei Jahre zu verteilen und im Streitjahr demgemäß lediglich mit 4 280 DM zu berücksichtigen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lehnte die Verteilung des Erhaltungsaufwands mit der Begründung ab, eine Ferienwohnung, die an ständig wechselnde Feriengäste für kürzere Zeiträume vermietet werde, diene nicht Wohnzwecken i.S. des § 82b EStDV.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) ging davon aus, ein Gebäude diene Wohnzwecken, wenn es dazu bestimmt und geeignet sei, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Daran fehle es bei einer ausschließlich als Ferienwohnung genutzten Wohnung, die von wechselnden Gästen jeweils nur vorübergehend im Urlaub genutzt werde. Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 214.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 82b EStDV. Entgegen der Auffassung des FG komme es für die Auslegung des Merkmals "Wohnzwecken dienen" nur darauf an, ob ein Gebäude oder eine Wohnung nach den (bau-)rechtlichen sowie den tatsächlichen Umständen zum dauerhaften Bewohnen geeignet sei. Es sei nicht entscheidend, ob die Räume tatsächlich den Lebensmittelpunkt einer Person bildeten, da der Vermieter hierauf keinen Einfluss habe.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie die Einspruchsentscheidung vom 30. März 1998 aufzuheben und unter Änderung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vom 29. Mai 1997 einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 29 291 DM festzustellen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
1. Das FG hat zu Recht die Voraussetzungen des § 82b EStDV für die Verteilung des im Streitjahr geleisteten Erhaltungsaufwands als nicht erfüllt angesehen. Eine Wohnung, die für kürzere Zeiträume an wechselnde Feriengäste vermietet wird, dient nicht Wohnzwecken i.S. des § 82b EStDV.
a) Abweichend von § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann der Steuerpflichtige gemäß § 82b EStDV in der bis zum 1. Januar 1999 geltenden Fassung größere Aufwendungen für die Erhaltung von Gebäuden auf zwei bis fünf Jahre gleichmäßig verteilen, wenn das Gebäude im Zeitpunkt der Leistung des Erhaltungsaufwands nicht zu einem Betriebsvermögen gehört und überwiegend Wohnzwecken dient. Ein Gebäude dient Wohnzwecken i.S. des § 82b EStDV, wenn es dazu geeignet und bestimmt ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Eine Wohnung, die zur Vermietung an wechselnde Feriengäste für kürzere Zeiträume bestimmt ist, dient daher nicht Wohnzwecken i.S. des § 82b EStDV.
Zwar lässt die reine Wortlautinterpretation des Merkmals "Gebäude, die Wohnzwecken dienen" unterschiedliche Auslegungen zu. In einem allgemein sprachlichen Sinn dienen dem Wohnen sowohl Gebäude, in denen jemand seinen ständigen Aufenthalt hat, als auch Gebäude, in denen jemand nur vorübergehend eine Unterkunft bezieht (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 2. Aufl., 1995, Bd. 8, Stichwort: "Wohnen"). Auch die Regelung des § 82b Abs. 1 Satz 2 EStDV gibt insoweit keinen näheren Aufschluss. Diese Vorschrift enthält zwar eine Legaldefinition des Merkmals "überwiegend Wohnzwecken dienen". Ein Gebäude dient danach überwiegend Wohnzwecken, wenn die Grundfläche der Wohnzwecken dienenden Räume des Gebäudes mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche des Gebäudes beträgt. Diese Definition setzt jedoch den Begriff "Wohnzwecken dienen" bereits voraus und bestimmt im Zusammenhang mit der Beurteilung von Gebäuden, die auch anderen Zwecken als Wohnzwecken dienen, lediglich das Merkmal "überwiegend".
Nach dem Begünstigungszweck des § 82b EStDV, wie er sich aus der Entstehungsgeschichte des § 82b EStDV ergibt, dienen indes nur solche Gebäude "(überwiegend) Wohnzwecken", die dazu geeignet und bestimmt sind, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen (zum Begünstigungszweck als Maßstab für die teleologische Auslegung einer begünstigenden Norm vgl. Senatsurteil vom 3. Juni 1997 IX R 24/96, BFH/NV 1998, 155, m.w.N.; zur Entstehungsgeschichte des § 82b EStDV vgl. Senatsurteil vom 27. Oktober 1992 IX R 152/89, BFHE 170, 57, BStBl II 1993, 589). § 82b EStDV diente der Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Erhaltung des bereits vorhandenen (Miet-)Wohnungsbestandes. Die Vorschrift hatte ihren Ursprung in der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH), die dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumte, größeren Erhaltungsaufwand sofort abzuziehen oder auf mehrere Jahre zu verteilen (RFH-Urteile vom 28. Mai 1927 VI A 154/27, RFHE 21, 201, RStBl 1927, 188, und vom 14. März 1933 VI A 136/33, RStBl 1933, 634). Diese Entscheidungen ergingen vor dem Hintergrund der damaligen Wohnungsnot, zu deren Beseitigung nicht nur der Neubau von Wohnungen, sondern vor allem auch die Erhaltung des vorhandenen, aber wegen des Währungsverfalls teilweise vernachlässigten Altwohnbestandes erforderlich war. Die Billigkeitsregelung war daher nur für solche Gebäude gedacht, durch die ein dauernder Wohnbedarf gedeckt wurde; denn nur durch die Instandhaltung und Vermietung derartiger Gebäude konnte ―abgesehen vom Wohnungsneubau― der Wohnungsnot begegnet werden. Der Rechtsprechung des RFH entsprach in der Folge die Verwaltungsanweisung in Abschn. 125 Abs. 2 Satz 2 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1953. Zwar beurteilte der Bundesfinanzhof (BFH) diese Richtlinienregelung mit Urteil vom 28. November 1958 VI 293/56 U (BFHE 68, 237, BStBl III 1959, 94) als nicht rechtens. Der Gesetzgeber erließ daraufhin jedoch im Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1960 vom 30. Juli 1960 (BGBl I 1960, 616, BStBl I 1960, 514) mit § 51 Abs. 1 Nr. 2r EStG eine Ermächtigungsvorschrift, auf deren Grundlage die Bundesregierung in der Verordnung zur Änderung der EStDV vom 6. April 1961 (BGBl I 1961, 373, BStBl I 1961, 90) die Regelung des § 82b EStDV erließ, die der (durch die Rechtsprechung des RFH begründeten) "bisherigen Verwaltungspraxis" entsprechen sollte, weil besonders im Interesse des kleineren Hausbesitzers ein Bedürfnis für ein solches Verteilungsverfahren bestand (s. Begründung zum Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1960, BTDrucks III/1811, S. 13).
Diese Auslegung des § 82b EStDV, wonach nur solche Gebäude (überwiegend) Wohnzwecken im Sinne dieser Vorschrift dienen, die geeignet und dazu bestimmt sind, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen, steht in Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zu § 10e EStG, zu § 7c EStG und zu § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG i.d.F. des StRG 1990 ÄndG vom 30. Juni 1989, wonach die Merkmale "zu eigenen Wohnzwecken nutzen" bzw. "(fremden) Wohnzwecken dienen" ebenfalls ein zeitliches Element umfassen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Juli 1997 X R 143/94, BFH/NV 1998, 160, betr. § 10e EStG; Senatsurteil in BFH/NV 1998, 155, betr. § 7c EStG; Senatsurteil vom 14. März 2000 IX R 8/97, BFHE 191, 502, betr. § 7 Abs. 5 Satz 2 EStG); ferner gelten auch für die Auslegung des Begriffs "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" in § 4 des Eigenheimzulagengesetzes, dessen materielle Regelungen den Tatbeständen der zuvor im Einkommensteuergesetz geregelten Wohneigentumsförderung, insbesondere der Steuerbegünstigung gemäß § 10e EStG nachgebildet wurden, die gleichen Rechtsgrundsätze, wie sie die höchstrichterliche Rechtsprechung für den Begriff der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken entwickelt hat (Senatsbeschluss vom 4. Mai 1999 IX B 38/99, BFHE 188, 395, BStBl II 1999, 587; zur grundsätzlich einheitlichen Auslegung gleichlautender Gesetzesbegriffe vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 4 AO Tz. 91a, m.w.N.).
Das Merkmal "Wohnzwecken dienen" i.S. des § 82b EStDV setzt entgegen der Auffassung der Revision nicht nur die Eignung, sondern auch die Bestimmung des Gebäudes oder der Wohnung voraus, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen. Dieses Erfordernis kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, der Vermieter habe keinen Einfluss darauf, ob eine Wohnung den (einzigen) Lebensmittelpunkt eines Menschen bilde oder nur vorübergehend genutzt werde. Insoweit geht die Revision zu Unrecht davon aus, eine von einem Dauermieter nur zeitweise als Zweitwohnung genutzte Wohnung könne nicht Wohnzwecken dienen i.S. des § 82b EStDV (vgl. auch BFH-Urteil in BFH/NV 1998, 160, unter 3. c, betr. § 10e EStG). Auch der Vorentscheidung lässt sich diese Auffassung ―anders als die Revision meint― nicht entnehmen. Im Übrigen liegt es in der Hand des Vermieters, ob er eine Wohnung an einen Dauermieter oder ―wie im Streitfall― über eine eingeschaltete Vermittlerin für kürzere Ferienaufenthalte an wechselnde Mieter vermietet.
b) Danach hat das FG zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen des § 82b EStDV im Streitfall nicht vorlagen. Die Wohnung der Feststellungsbeteiligten war nach den für den BFH bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Streitjahr ausschließlich an wechselnde Feriengäste für jeweils kürzere Zeiträume vermietet. Die Wohnung war damit nicht dazu bestimmt, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen, und diente mithin nicht Wohnzwecken i.S. des § 82b EStDV.
Fundstellen
Haufe-Index 510354 |
BFH/NV 2001, 429 |
DStRE 2001, 396 |
HFR 2001, 445 |