Leitsatz (amtlich)
Bei Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Ausfuhrhändlervergütung sind bei Verkäufen "cif-Überseehafen" im Freihafen anfallende Stau- und Trimmkosten vom Entgelt abzusetzen, Beförderungs- und Versicherungskosten vom Freihafen bis zur deutschen Zollgrenze, gegebenenfalls in der geschätzten Höhe, in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen.
Normenkette
UStG 1951 § 16 Abs. 1; UStDB 1951 § 73 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) führte in den Vergütungszeiträumen September 1957 bis November 1959 Düngemittel in das Ausland aus, die sie "cif-Überseehafen" verkauft hatte. Die Düngemittel wurden in einem deutschen Freihafen auf das Schiff umgeschlagen und sachgemäß geladen (gestaut bzw. getrimmt).
Die Steuerpflichtige beantragte und erhielt laufend Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütung.
Anläßlich einer Vergütungsprüfung wurde u. a. festgestellt, daß die angefallenen Stau- und Trimmkosten in der geschätzten Höhe von 1 200 000 DM nicht vom vergütungsfähigen Entgelt abgesetzt worden waren. Das FA forderte die darauf entfallenden Vergütungen mit Bescheid vom 12. Juli 1960 mit der Begründung zurück, daß die Verladekosten im umsatzsteuerrechtlichen Ausland entstanden und deshalb nach § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951 in der für den Streitfall maßgeblichen Fassung der Achten Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz vom 7. Februar 1957 (BGBl I 1957, 6, BStBl I 1957, 131) - 8. UStDBÄndVO - als sonstige Leistungen im Ausland vom Entgelt abzusetzen seien. Einspruch und Berufung blieben erfolglos.
Mit der Revision beantragt die Steuerpflichtige, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß ihr Ausfuhrvergütung und Ausfuhrhändlervergütung nach einer Bemessungsgrundlage von 1 200 000 DM gewährt werde. Hilfsweise beantragt sie, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zur erneuten Ermittlung der Bemessungsgrundlage zurückzuverweisen. Die Steuerpflichtige trägt hierzu vor, daß nach der vor der 8. UStDBÄndVO geltenden Fassung des § 73 Abs. 1 Nr. 2 UStDB 1951 die Umschlagkosten im Freihafen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen gewesen seien. Die 8. UStDBÄndVO habe bezweckt, das Entgelt auch dann als Bemessungsgrundlage gelten zu lassen, wenn der ausgeführte Gegenstand nach der Ausfuhr noch be- oder verarbeitet werde. Daraus ergebe sich die Notwendigkeit, alle erst im Ausland entstandenen, im Entgelt sich niederschlagenden Beträge auszuschalten. Die 8. UStDBÄndVO habe nicht beabsichtigt, an der bis zu ihrem Inkrafttreten geltenden Bemessungsgrundlage hinsichtlich der auf deutschem Boden entstandenen Beförderungs- und Beförderungsnebenkosten etwas zu ändern. Andernfalls ergebe sich eine unberechtigte und unverständliche Verschiedenheit, je nachdem der Ausfuhrunternehmer die Ausfuhr über einen Freihafen oder außerhalb des Freihafens ausführe. Der Verordnungsgeber habe an der Rechtslage, die vor dem 1. April 1957 bestanden habe, nichts ändern wollen, soweit die Berücksichtiguang von Beförderungskosten und Beförderungsnebenkosten in den Freihäfen in Betracht komme. Soweit diese Auffassung im Wortlaut des Gesetzes selbst keinen klaren Ausdruck gefunden habe, liege eine unzulängliche Bekundung des gesetzgeberischen Willens vor, dessen Richtigstellung Aufgabe des Richters sei. Folge man aber der vom FA und FG vertretenen Ansicht, dann müßten die durch Beförderung vom Freihafen bis zur deutschen Zollgrenze entstandenen inländischen Beförderungskosten in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden. Insoweit werde auch mangelnde Aufklärung des Sachverhalts gerügt.
Der BdF ist nach Aufforderung durch den Senat dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 FGO beigetreten. Er hat ausgeführt, daß im Rahmen der Umgestaltung der vergütungsrechtlichen Vorschriften durch die 8. UStDBÄndVO auch § 73 Abs. 1 UStDB mit Wirkung ab 1. April 1957 geändert worden sei. Insbesondere sei der Umfang der Entgeltberichtigungen erheblich verändert worden. Nach der neuen Rechtslage seien außer den Kosten für Beförderung und Versicherung auch alle weiteren im Entgelt enthaltenen Kosten für im Ausland in Anspruch genommene sonstige Leistungen abzusetzen. In dem Einführungserlaß zur 8. UStDBÄndVO sei in Abschn. B Nr. 39 Abs. 2 bei den Kosten für Beförderung und Versicherung aus Vereinfachungsgründen zugelassen worden, daß bei Lieferung frei deutscher Zollausschluß oder Seehafenplatz von einer Absetzung der auf die Freihäfen entfallenden Beförderungs- und Versicherungskosten abgesehen werden könne. Eine entsprechende Regelung hinsichtlich der in den Freihäfen angefallenen Kosten für in Anspruch genommene sonstige Leistungen anderer Art sei mangels Rechtsgrundlage nicht getroffen worden.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
1. Bemessungsgrundlage für die Ausfuhr- und Ausfuhrhändlervergütung ist nach § 73 Abs. 1, § 78 Abs. 1 UStDB in der Fassung der 8. UStDBÄndVO das Entgelt, das der Antragsteller für den Gegenstand der Lieferung oder Werklieferung vereinnahmt hat. Vom Entgelt sind u. a. abzusetzen: Kosten für die Beförderung und Versicherung des Gegenstandes außerhalb der Zollgrenze und Kosten für im Ausland in Anspruch genommene sonstige Leistungen, soweit sie im Entgelt enthalten sind (§ 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951).
Diese Regelung weicht von dem Rechtszustand vor der 8. UStDBÄndVO ab. Während nach der alten Regelung nur die Kosten für die Beförderung und Versicherung außerhalb der deutschen Zollgrenze abzusetzen waren, sind nach der neuen Regelung außer den Kosten für Beförderung und Versicherung außerhalb der deutschen Zollgrenze auch alle weiteren im Entgelt enthaltenen Kosten für im Ausland in Anspruch genommene sonstige Leistungen abzusetzen. Dementsprechend wurde § 73 Abs. 1 letzter Satz UStDB a. F., nach der bei Verkäufen frei deutscher Zollausschluß oder Seehafenplatz das unberichtigte Entgelt Bemessungsgrundlage war, nicht in die neue Regelung übernommen. Das FG hat § 73 Abs. 1 Nr. 1 UStDB 1951 in der für den Streitfall maßgebenden Fassung in dieser Weise ausgelegt. Die Vorentscheidung ist insoweit nicht zu beanstanden.
Demgegenüber kann die Steuerpflichtige nicht mit ihrem Einwand durchdringen, daß der Verordnungsgeber an der vor dem 1. April 1957 bestehenden Rechtslage nichts habe ändern wollen. Der Wortlaut der beiden Regelungen weicht so auffällig voneinander ab, daß das Vorbringen der Steuerpflichtigen rechtlich nicht überzeugen kann. Dafür, daß der Wortlaut mit dem Willen des Verordnungsgebers nicht übereinstimmt, hat die Steuerpflichtige schlüssig nichts vorgetragen. Ihre Darlegungen können allenfalls als Vermutung für eine Divergenz zwischen dem Wortlaut und dem Willen des Verordnungsgebers angesehen werden. Rechtlich sind aber solche Vermutungen ohne Bedeutung.
Ob die Fassung des § 73 Abs. 1 UStDB aufgrund der 8. UStDBÄndVO eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Ausfuhren über die Freihäfen darstellt, wie die Steuerpflichtige meint, könnte für die rechtliche Beurteilung nur dann eine Rolle spielen, wenn diese Regelung willkürlich wäre oder ein einleuchtender Grund für die unterschiedliche Behandlung der Ausfuhren über die Freihäfen und über andere Seehafenplätze nicht erkennbar wäre und damit Art. 3 Abs. 1 GG verletzt wäre. Die Steuerpflichtige hat aber selbst insoweit nichts vorgetragen.
Der Einwand schließlich, daß auf die Rechtsänderung weder im Einführungserlaß des BdF noch im Schrifttum hingewiesen worden ist, ist rechtlich gleichfalls ohne Bedeutung.
Die Steuerpflichtige kann daher aus keinem der von ihr angeführten Gründe mit ihrem Hauptantrag durchdringen.
2. Die Vorentscheidung ist aber gleichwohl auf den Hilfsantrag der Steuerpflichtigen hin aufzuheben.
Mit Recht macht die Steuerpflichtige geltend, daß bei Absetzung der im Freihafen (Ausland) angefallenen Stau- und Trimmkosten die inländischen Beförderungs- und Versicherungskosten vom Freihafen bis zur Seezollgrenze in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden müssen. Da die Vorentscheidung diese nicht berücksichtigt hat, war sie aufzuheben.
Das FG wird nunmehr zu prüfen haben, in welcher Höhe diese Kosten in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Soweit es sich, wie das FA behauptet, nicht um Kilometer-, sondern um Maß-, Gewichts- oder Wertfrachten handelt, wird eine Schätzung der inländischen Beförderungskosten in Betracht kommen.
Der weitere Einwand des FA, daß die Beförderung auf dieser Strecke umsatzsteuerfrei sei und deshalb eine Vergütung insoweit nicht gewährt werden könne, kann in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden. Denn die Abgrenzung der in das Entgelt einzubeziehenden Kosten von denjenigen, die nicht einzubeziehen sind, bestimmt sich ausschließlich danach, ob sie innerhalb oder außerhalb der deutschen Zollgrenze angefallen sind. Der Umstand, ob die die Kosten verursachenden Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind oder nicht, ist unerheblich.
Fundstellen
BStBl II 1970, 578 |
BFHE 1970, 147 |