Entscheidungsstichwort (Thema)
Angemessenheit der Gewinnverteilungsabrede bei einer Familien-KG
Leitsatz (NV)
Die Grundsätze, die der Große Senat in seinem Beschluß vom 29. Mai 1972 GrS 4/71 (BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5) zur Beurteilung der Angemessenheit einer Gewinnverteilungsabrede bei einer Familien-KG aufgestellt hat, sind auch dann anzuwenden, wenn der durch Schenkung der Kommanditeinlage in das elterliche Unternehmen aufgenommene Sohn zwar im Unternehmen mitarbeitet, dies aber nur in untergeordneter Stellung und gegen angemessene Entlohnung tut.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionsklägerin zu 2 (Klägerin zu 2) ist die Mutter des Klägers, Revisionsbeklagten und Anschlußrevisionsklägers zu 1 (Kläger zu 1).
Die Klägerin zu 2 hatte bis zum 31. Dezember 1970 zusammen mit ihrem Ehemann A., dem Vater des Klägers zu 1, in der Rechtsform einer KG ein Großhandelsunternehmen betrieben. Persönlich haftender Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer war A, Kommanditistin war die Klägerin zu 2.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 31. Dezember 1970 wurde der Kläger zu 1, der zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt war, als weiterer Kommanditist in die Gesellschaft aufgenommen. Er wurde bei Abschluß des Vertrages durch einen Ergänzungspfleger vertreten.
Die Kommanditeinlage des Klägers zu 1 wurde auf 200 000 DM festgesetzt. Sie sollte in Höhe von 120 000 DM durch Schenkungen der Eltern und im übrigen dadurch erbracht werden, daß die jährlichen Gewinnanteile des Klägers zu 1 nicht entnommen, sondern zur Auffüllung der Einlage verwendet werden sollten. Die Schenkungen wurden durch Umbuchung von den Kapital- und Darlehenskonten des A. und der Klägerin zu 2 vollzogen.
Die Stimmverteilung in der Gesellschafterversammlung war wie folgt geregelt: A. hatte sechs Stimmen, die Klägerin zu 2 vier und der Kläger zu 1 zwei Stimmen. Bei Stimmengleichheit hatte A. nach Anhörung eines fachkundigen Beraters die Entscheidung zu treffen. Die Abänderung des Gesellschaftsvertrags bedurfte der Mitwirkung aller Gesellschafter.
Am Gewinn und Verlust waren - nach Abzug von Tätigkeitsvergütungen für A. und die Klägerin zu 2 - A. und die Klägerin zu 2 zu je 40 v. H., der Kläger zu 1 zu 20 v. H. beteiligt.
Ein Entnahmerecht stand dem Kläger zu 1 erst nach Auffüllung seiner Einlage und auch dann nur insoweit zu, ,,als es für seinen angemessenen Lebensunterhalt während des Studiums und seiner weiteren Ausbildung tunlich ist". Darüber hinausgehende Gewinnanteile waren im Betrieb zu belassen.
Der Gesellschaftsvertrag war bis zum 31. Dezember 1977 unkündbar. Der Kläger zu 1 verzichtete bis zum Abschluß seines Studiums und seiner weiteren Ausbildung auf eine Kündigung der Gesellschaft.
Das Kapitalkonto des Klägers zu 1 hatte zum 31. Dezember 1973 einen Stand von 256 971 DM.
Mit Vertrag vom März 1974 vereinbarten die Kläger zu 1 und 2 und A. die Übertragung ihrer Gesellschaftsanteile auf die X-GmbH (GmbH). Von dem vereinbarten Entgelt, das den Buchwert des Gesellschaftsvermögens um 970 000 DM überstieg, sollten die Klägerin zu 2 40 v. H., der Kläger zu 1 den Betrag seines Kapitalkontos zum 31. März 1974 und A. den Rest erhalten.
Ein bisher von der KG als Teilbetrieb geführtes Einzelhandelsgeschäft wurde nicht auf die GmbH übertragen, sondern von A. und den Klägern weiterbetrieben.
Nach einer Außenprüfung bei der KG im Jahre 1975 vertrat der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Ansicht, der Kläger zu 1 sei in den Streitjahren 1971 bis 1973 nicht als Mitunternehmer der KG anzusehen. Das FA erließ geänderte Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre, in denen es die Gewinne der KG je zur Hälfte auf A. und die Klägerin zu 2 verteilte.
Gegen diese Bescheide haben A. und die Klägerin zu 2 Sprungklage erhoben, der das FA zugestimmt hat. A. ist während des finanzgerichtlichen Verfahrens verstorben. Der Kläger zu 1 ist als Rechtsnachfolger (Alleinerbe) des A. in den Prozeß eingetreten.
Die Klage hatte nur zum Teil Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) vertrat die Ansicht, der Kläger zu 1 sei in den Streitjahren Mitunternehmer der KG gewesen.
Die Gewinnbeteiligung des Klägers zu 1 könne aber nur in Höhe eines angemessenen Gewinnanteils im Sinne der Rechtsprechung des BFH berücksichtigt werden (Beschluß vom 29. Mai 1972 GrS 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5). Danach sei der Gewinnanteil des Klägers zu 1 auf 15 v. H. seines Buchkapitals zu beschränken.
Das FG setzte die Gewinne der KG (und die Gewinnanteile des Klägers zu 1) um die vom FA als Betriebsausgaben berücksichtigten Tätigkeitsvergütungen des Klägers zu 1 in Höhe von . . . höher fest und änderte die Gewinnverteilung im übrigen, wie folgt . . .
Das FA hat Revision eingelegt, mit der es geltend macht, das FG habe zu Unrecht die Mitunternehmerstellung des Klägers zu 1 bejaht. Selbst wenn jedoch der Kläger zu 1 als Mitunternehmer anzusehen sein sollte, bedürfe die vom FG vorgenommene Gewinnverteilung einer Überprüfung.
Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Gewinnverteilung nach Maßgabe der Ausführungen in der Revisionsbegründung zu ändern.
Mit ihrer Anschlußrevision, die erst mehr als zwei Monate nach Zustellung der Revisionsbegründung des FA beim BFH eingegangen ist, wenden sich die Kläger gegen die vom FG vorgenommene Gewinnverteilung.
Die Begrenzung der Rendite des geschenkten Kommanditanteils auf 15 v. H. des wirklichen Werts der Beteiligung gelte nur für nicht mitarbeitende Familienangehörige. Der Kläger zu 1 habe jedoch innerhalb der Semesterferien im Unternehmen gearbeitet.
Das FG habe auch nicht berücksichtigt, daß der Kläger zu 1 nach dem Gesellschaftsvertrag an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligt sei.
Auf die Revision des FA und die Anschlußrevision der Kläger ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Entscheidungsgründe
I. Die Anschlußrevision ist zulässig.
Nach der Entscheidung des BFH vom 8. April 1981 II R 4/78 (BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534) ist eine unselbständige Anschlußrevision innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Revisionsbegründung einzulegen und zu begründen. Der BFH hat damit die von ihm bisher vertretene Ansicht, daß die Anschlußrevision nicht befristet sei, aufgegeben.
Die Anschlußrevision der Kläger ist am 20. Juli 1981 beim BFH eingegangen. Da ihnen die Revisionsgründung bereits am 8. Mai 1981 zugestellt wurde, ist die Anschlußrevision nicht innerhalb der Frist des gemäß § 155 FGO geltenden § 556 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO - (i.d.F. der Novelle vom 8. Juli 1975, BGBl I 1975, 1863) eingelegt worden.
Den Klägern ist jedoch wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung der Anschlußrevision von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) zu gewähren. Angesichts der früheren Rechtsprechung des BFH und der in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Nachweise in BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534) ist es entschuldbar, daß sich die Kläger auf die Beständigkeit der früheren Rechtsprechung verlassen haben. Das Urteil in BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534 war den Klägern bei Zustellung der Revisionsbegründung noch nicht bekannt. Es ist erst am 31. August 1981 im Bundessteuerblatt veröffentlicht worden.
II. Das FG hat den Kläger zu 1 zu Recht als Mitunternehmer (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) angesehen.
1. Mitunternehmer ist, wer eine Mitunternehmerinitiative entfalten kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. den Beschluß des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Ob diese Merkmale vorliegen, ist unter Berücksichtigung aller die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen (BFH-Urteil vom 19. Februar 1981 IV R 152/76, BFHE 133, 180, BStBl II 1981, 602). Beide Merkmale der Mitunternehmerschaft müssen vorliegen, mögen sie auch im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751).
Nehmen Eltern ihre Kinder schenkweise als Kommanditisten in eine Familien-KG auf, so werden die Kinder nur dann Mitunternehmer und damit Träger eigener gewerblicher Einkünfte in Gestalt von Gewinnanteilen, wenn ihnen in einem ernsthaft gemeinten, insbesondere zivilrechtlich wirksamen Gesellschaftsvertrag wenigstens annäherungsweise diejenigen Rechte eingeräumt sind, die einem Kommanditisten nach den Normen des Handelsgesetzbuches (HGB) zukommen und wenn außerdem die zivilrechtliche Gestaltung klar und eindeutig ist und auch tatsächlich gemäß den vertraglichen Bestimmungen vollzogen wird (BFH-Urteile vom 29. Januar 1976 IV R 73/73, BFHE 118, 189, BStBl II 1976, 324, und IV R 97/74, BFHE 118, 198, BStBl II 1976, 332; vom 6. April 1979 I R 116/77, BFHE 128, 202, BStBl II 1979, 620, und vom 25. Juni 1981 IV R 135/78, BFHE 134, 12, BStBl II 1981, 779). Bei der erforderlichen Würdigung des Gesamtbildes kann es in Grenzfällen für die Anerkennung einer Mitunternehmerschaft sprechen, daß die Vertragsgestaltung nach den objektiven Umständen darauf abzielt, die Kinder an das Unternehmen heranzuführen, um dessen Fortbestand zu sichern (BFHE 128, 202, BStBl II 1979, 620).
2. Im Streitfall ergibt sich aus der Präambel des Gesellschaftsvertrags vom 31. Dezember 1970 und aus den Feststellungen des FG, daß die vertragschließenden Parteien bezweckt haben, den Übergang des Unternehmens auf den Kläger zu 1, der der einzige Sohn des A. und der Klägerin zu 2 ist, zu erleichtern und damit den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.
Unter Berücksichtigung dieses Umstandes reicht die dem Kläger zu 1 eingeräumte Rechtsposition aus, um ein Unternehmerrisiko und eine gewisse Unternehmerinitiative zu bejahen und ihm die Stellung eines Mitunternehmers zuzuerkennen.
a) Ein Unternehmerrisiko trug der Kläger zu 1, weil er einerseits am laufenden Gewinn und Verlust, andererseits am Vermögen der KG einschließlich der darin enthaltenen stillen Reserven beteiligt war (vgl. §§ 7 und 9 des Gesellschaftsvertrags i.V.m. §§ 155, 161 Abs. 2 HGB).
Der Kläger zu 1 hatte bereits zu Beginn des Streitjahres 1971 eine Einlage in Höhe von 120 000 DM aus geschenkten Mitteln geleistet und war damit am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Wäre die KG schon zu diesem Zeitpunkt aufgelöst worden, so hätte er nicht nur die Rückzahlung seines buchmäßigen Kapitalanteils verlangen können, sondern auch eine Beteiligung am Geschäftswert und an den im Gesellschaftsvermögen enthaltenen stillen Reserven (§ 9 des Gesellschaftsvertrags).
Die Ansicht der Revision, der Kläger zu 1 könne erst dann als Mitunternehmer angesehen werden, wenn er die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Einlage von 200 000 DM in voller Höhe erbracht habe, findet im Gesetz keine Stütze.
Die vom FA zur Begründung seiner Auffassung herangezogenen BFH-Urteile vom 1. Februar 1973 IV R 9/68 (BFHE 108, 114, BStBl II 1973, 221) und IV R 138/67 (BFHE 109, 117, BStBl II 1973, 526) sind nicht einschlägig. Beide Entscheidungen betrafen Fälle, in denen die in eine Familien-KG als Kommanditisten aufgenommenen Kinder keine Einlagen geleistet, sondern nur versprochen hatten, die künftigen Gewinnanteile zur Bildung eines Kapitalanteils stehen zu lassen. Der Umstand, daß der Kläger zu 1 die vereinbarte Einlage in den Streitjahren noch nicht in voller Höhe geleistet hatte, ist nur von Bedeutung für die Höhe des steuerlich zu berücksichtigenden Gewinnanteils, nicht aber für seine Stellung als Mitunternehmer.
b) Der Kläger zu 1 konnte in den Streitjahren auch eine gewisse Mitunternehmerinitiative entfalten.
Die Rechte, die ihm nach dem Gesellschaftsvertrag zustanden, waren im Vergleich zu der Rechtsstellung, die einem Kommanditisten nach Maßgabe der Vorschriften des HGB eingeräumt ist, nicht so weitgehend eingeschränkt, daß er nicht mehr als Mitunternehmer angesehen werden könnte.
Zwar war seine Unternehmerinitiative im Verhältnis zu den Rechten des A. nur schwach ausgeprägt.
Das Widerspruchsrecht des Kommanditisten nach § 164 HGB war durch den Gesellschaftsvertrag insofern abgeschwächt, als dieser die Vornahme außergewöhnlicher Geschäfte - abweichend von § 164 HGB - nicht von einem einstimmigen Gesellschafterbeschluß abhängig machte, sondern einen Mehrheitsbeschluß genügen ließ. Da A. in der Gesellschafterversammlung über sechs von insgesamt zwölf Stimmen verfügte und bei Stimmengleichheit - wenn auch nach Anhörung eines fachkundigen Beraters - den Stichentscheid hatte, konnte A. im Ergebnis auch bei außergewöhnlichen Geschäften stets seinen Willen durchsetzen. Diese Einschränkung des Widerspruchsrechts betraf allerdings die Klägerin zu 2, deren Stellung als Mitunternehmerin unstreitig ist, in gleicher Weise wie den Kläger zu 1.
Eine gewisse Unternehmerinitiative blieb dem Kläger zu 1 aber deshalb, weil ihm die Kontrollrechte des § 166 HGB unvermindert zustanden. Auch konnte der Gesellschaftsvertrag nicht ohne seine Zustimmung geändert werden. Der gegenteiligen Auffassung der Revision kann nicht gefolgt werden. Gegen die Ansicht des FA spricht schon der Wortlaut des Gesellschaftsvertrags, der in § 4 (letzter Absatz) ausdrücklich bestimmt, daß es zur Änderung des Gesellschaftsvertrags der Mitwirkung aller Gesellschafter bedarf. Daß der Begriff der ,,Mitwirkung" hier gleichbedeutend mit Zustimmung ist, ergibt der Zusammenhang mit den vorhergehenden Regelungen, die bestimmen, in welchen Fällen Gesellschafterbeschlüsse mit einfacher Stimmenmehrheit zu treffen sind. Hätten die vertragschließenden Parteien für die Änderung des Gesellschaftsvertrags einen Mehrheitsbeschluß genügen lassen wollen, so hätte es nahegelegen, dies in dem entsprechenden Vertragsabschnitt festzulegen. Fehlt es jedoch - wie im Streitfall - an einer ausdrücklichen Klausel, die die Änderung des Gesellschaftsvertrags durch Mehrheitsbeschluß zuläßt, so ist davon auszugehen, daß es hierfür der Zustimmung aller Gesellschafter bedarf (Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4.##Aufl., S. 178).
In der vereinbarten Beschränkung des Kündigungsrechts (vgl. § 6 des Vertrags) hat das FG zu Recht keine wesentliche Beeinträchtigung der Gesellschafterstellung des Klägers zu 1 gesehen. Das Gesellschaftsverhältnis konnte von allen Gesellschaftern frühestens zum 31. Dezember 1977 gekündigt werden. Für den Kläger zu 1 galt eine weitergehende Kündigungsbeschränkung nur für den Fall, daß er bis zu diesem Zeitpunkt seine Ausbildung noch nicht abgeschlossen haben sollte. Da der Kläger zu 1 bei Vertragsabschluß bereits 19 Jahre alt war, war kaum zu erwarten, daß diese Vertragsbestimmung praktische Bedeutung erlangen würde.
Auch die vereinbarte Beschränkung des Entnahmerechts, die darin bestand, daß der Kläger zu 1 die ihm zustehenden Gewinnanteile zunächst zur Auffüllung seiner Kapitaleinlage verwenden mußte und darüber hinaus bis zur Beendigung seiner Ausbildung Gewinne nur zur Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhalts entnehmen durfte, kann im Hinblick darauf, daß es sich um eine zeitlich begrenzte Regelung handelte, als unschädlich angesehen werden.
Da das Kapitalkonto des Klägers zu 1 am 1. Januar 1971 bereits einen Stand von 120 000 DM hatte, konnten die Vertragsbeteiligten angesichts der guten Ertragslage des Unternehmens damit rechnen, daß das Kapitalkonto des Klägers zu 1 in wenigen Jahren den Stand von 200 000 DM erreicht haben würde. Es ist auch nicht richtig, wenn das FA geltend macht, das dem Kläger zu 1 eingeräumte (begrenzte) Entnahmerecht sei schlechthin unbeachtlich, weil die Vereinbarung insoweit nicht den Anforderungen entspreche, die an die Klarheit und Eindeutigkeit von Verträgen zwischen Familienangehörigen zu stellen seien. Das FA beruft sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf das BFH-Urteil vom 29. Januar 1976 IV R 102/73 (BFHE 118, 181, BStBl II 1976, 328).
Anders als in der Sache in BFHE 118, 181, BStBl II 1976, 328 ist es im vorliegenden Fall nicht zweifelhaft, daß der Kläger zu 1 nach der Regelung in § 5 des Gesellschaftsvertrags befugt war, in begrenztem Umfang Gewinne zu entnehmen, ohne daß er hierfür die Zustimmung des A. benötigte. Daß die Höhe der Entnahmen auf die zur Beteiligung des ,,angemessenen" Lebensunterhalts erforderlichen Beträge beschränkt war, rechtfertigt es nicht, im Hinblick auf das Entnahmerecht des Klägers zu 1 von einer ,,ungewissen Rechtsposition" zu sprechen, die steuerrechtlich nicht berücksichtigt werden kann (vgl. BFHE 118, 181, BStBl II 1976, 328; BFHE 134, 12, BStBl II 1981, 779). Zwar haben die Vertragsbeteiligten nicht betragsmäßig festgelegt, in welcher Höhe Gewinnanteile entnommen werden dürfen. Es ist jedoch nicht zweifelhaft, daß dem Kläger zu 1 ein Entnahmerecht in einer zwar nicht bestimmten, aber durch Auslegung bestimmbaren Höhe zustand.
c) Der Umstand, daß der Kläger zu 1 im Jahre 1974 - abweichend von den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags - nicht an dem Gewinn aus der Veräußerung sämtlicher Gesellschaftsanteile an die GmbH beteiligt worden ist, zwingt nicht zu der Annahme, daß der Gesellschaftsvertrag im Verhältnis zum Kläger zu 1 von Anfang an nicht ernsthaft gewollt war. Vielmehr ist nach den Feststellungen des FG davon auszugehen, daß der Vertrag vom 31. Dezember 1970 in den Streitjahren 1971 bis 1973 entsprechend den getroffenen Vereinbarungen vollzogen wurde. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob er der Auffassung des FG, der Kläger zu 1 sei auch bei fehlender Beteiligung an den stillen Reserven als Mitunternehmer anzusehen, folgen könnte.
III. Obwohl das FG den Kläger zu 1 zu Recht als Mitunternehmer angesehen hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben. Die vom FG vorgenommene Gewinnverteilung kann keinen Bestand haben. Sie entspricht nicht uneingeschränkt den Grundsätzen, die der BFH zur Beurteilung der Angemessenheit der Gewinnverteilungsabrede bei einer Familien-KG aufgestellt hat.
1. Der Große Senat des BFH hat in seinem Beschluß in BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5 eingehend zu der Frage Stellung genommen, ob und inwieweit der vereinbarte Gewinnanteil eines durch Schenkung eines Kommanditanteils in das väterliche Unternehmen aufgenommenen Kindes, das im Unternehmen nicht mitarbeitet, einkommensteuerrechtlich zu berücksichtigen ist. Nach dieser Entscheidung sind nur die dem schenkweise eingeräumten Gesellschaftsanteil angemessenen Gewinnanteile als eigene Einkünfte des bedachten Kindes anzusehen, die darüber hinausgehenden Gewinnanteile hingegen als private Zuwendungen zwischen Familienangehörigen und damit als eine Einkommensverwendung des Schenkers. Als ,,angemessen" im Sinne dieser Rechtsprechung sind nur diejenigen Gewinnanteile anzuerkennen, die auf einer Gewinnverteilungsabrede beruhen, bei der sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auf längere Sicht eine durchschnittliche Rendite von nicht mehr als 15 v. H. des tatsächlichen Werts der Beteiligung ergibt. Wie der BFH in seinem Urteil vom 27. September 1973 IV R 33/71 (BFHE 110, 357, BStBl II 1974, 51) ausgeführt hat, sind diese Grundsätze auch dann anzuwenden, wenn bereits bei Abschluß des Gesellschaftsvertrags damit zu rechnen war, daß der beschenkte Kommanditist in der Zukunft Führungsaufgaben in der KG übernehmen werde. Eine solche künftige Mitarbeit kann nicht vorweg durch einen höheren Gewinnanteilssatz vergütet werden.
2. Entgegen der Ansicht der Kläger müssen die vom Großen Senat entwickelten Grundsätze in gleicher Weise gelten, wenn die schenkweise aufgenommenen Kinder zwar im Unternehmen mitarbeiten, dies aber - wie im Streitfall - nur in untergeordneter Stellung und überdies gegen angemessene Entlohnung tun. Denn auch in diesem Fall trifft der für den Beschluß des Großen Senats tragende Gesichtspunkt zu, daß von den Gesellschaftern der KG allein der persönlich haftende Gesellschafter (im Streitfall auch die in leitender Funktion tätige Klägerin zu 2) die unternehmerische Leistung erbringt und daß der nach Abzug angemessener Tätigkeitsvergütungen für den persönlich haftenden Gesellschafter (und ggf. die an der Unternehmensführung beteiligten Kommanditisten) sowie einer Abgeltung des Haftungsrisikos verbleibende Restgewinn nicht allein auf dem Kapitaleinsatz, sondern mindestens auch auf den - durch die Tätigkeitsvergütungen - noch nicht voll abgegoltenen Leistungen der in der Unternehmensführung tätigen Gesellschafter beruht (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 4. Aufl., § 15 Anm. 133).
Im Streitfall ist es deshalb unerheblich, daß der Kläger zu 1 in den Jahren 1972 und 1973 während der Semesterferien im Unternehmen tätig war, denn unstreitig war er zu dieser Zeit nicht an der Unternehmensführung beteiligt.
3. Bei der Ermittlung des ,,tatsächlichen Werts der geschenkten Beteiligung" ist zu berücksichtigen, ob der Kommanditist nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags an den stillen Reserven und am Geschäftswert des Unternehmens teilhaben soll (BFHE 106, 504, 511, BStBl II 1973, 5).
a) Das FG hat hierzu die Auffassung vertreten, der tatsächliche Wert der Beteiligung des Klägers zu 1 müsse mit ihrem Buchwert gleichgesetzt werden. Aus der Präambel des Gesellschaftsvertrags vom 31. Dezember 1970 und aus der Aufteilung des Kaufpreises in § 3 des Vertrags mit der GmbH vom 14. März 1974 ergebe sich, daß die Vertragsbeteiligten bei Abschluß des Gesellschaftsvertrags davon ausgegangen seien, daß der Kläger zu 1 während seiner Ausbildungszeit keinen Anteil an den stillen Reserven und am Geschäftswert haben sollte. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.
Die Würdigung des Gesellschaftsvertrags durch das FG bindet den erkennenden Senat nicht, da es sich bei der Entscheidung darüber, wie ein Vertrag auszulegen und wie die einzelnen Vertragsbestimmungen steuerrechtlich zu werten sind, nicht um tatsächliche Feststellungen i. S. des § 118 Abs. 2 FGO, sondern um Rechtsfragen handelt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 11. Februar 1981 I R 13/77, BFHE 133, 3, BStBl II 1981, 475, m.w.N.).
Entgegen der Ansicht des FG ergibt sich weder aus dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags noch aus sonstigen bei der Vertragsauslegung zu berücksichtigenden Umständen, daß der Kläger zu 1 bis zur Beendigung seiner Berufsausbildung nur mit dem Buchwert seines Kapitalanteils an der KG beteiligt sein sollte. Aus der Präambel des Gesellschaftsvertrags geht lediglich hervor, daß der Kläger zu 1 den Betrieb später fortführen sollte und daß ihm durch die Aufnahme in das Unternehmen ,,die günstigsten Voraussetzungen für seine berufliche Entwicklung" verschafft werden sollten. Der Präambel ist auch nicht andeutungsweise zu entnehmen, daß die nachfolgenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags für den Kläger zu 1 insgesamt oder teilweise erst nach Beendigung der Berufsausbildung gelten sollen. Soweit die Vertragsbeteiligten die Rechte des Klägers zu 1 für einen bestimmten Zeitraum beschränken wollten, ist dies in den entsprechenden Vertragsabschnitten (etwa in § 5 bezüglich des Entnahmerechts) ausdrücklich geschehen.
Die Verteilung des Gesellschaftsvermögens bei Auflösung der KG ist im Vertrag nicht besonders geregelt. Nach § 9 gelten insoweit die gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger zu 1 konnte deshalb im Liquidationsfall einen seiner Einlage entsprechenden Anteil an den stillen Reserven und am Geschäftswert beanspruchen (§§ 155, 161 Abs. 2 HGB). Im Fall der Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses hatte gemäß § 7 des Vertrags jeder Gesellschafter Anspruch auf Auszahlung seines Kapitalkontos ,,entsprechend einer zum Tage des Ausscheidens zu erstellenden Vermögensbilanz unter Berücksichtigung der Bilanzansätze nach dem Bewertungsgesetz". Grundstücke und Gebäude waren in der Vermögensbilanz mit dem Verkehrswert anzusetzen. An dem Geschäftswert hatte der durch Kündigung ausscheidende Gesellschafter nicht teil. Auch dieser Bestimmung ist nicht zu entnehmen, daß der Kläger zu 1 für die Dauer seiner Ausbildung von der Teilnahme an den stillen Reserven und am Geschäftswert ausgeschlossen sein sollte. Eine entsprechende Beschränkung ergibt sich auch nicht aus § 6 des Vertrags, der eine Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch den Kläger zu 1 erst nach der Beendigung seiner Berufsausbildung zuläßt. Abgesehen davon, daß auch die übrigen Gesellschafter das Gesellschaftsverhältnis frühestens zum 31. Dezember 1977 kündigen konnten, schließt § 6 des Vertrags den Kläger zu 1 nicht für die Dauer seiner Ausbildung von der Teilnahme an den stillen Reserven aus. Die Beschränkung des Kündigungsrechts hatte nur zur Folge, daß der Kläger zu 1 den ihm an sich zustehenden Anspruch auf Auszahlung seines Kapitalanteils einschließlich des nach § 7 zu berücksichtigenden Anteils an den stillen Reserven für eine bestimmte Zeit nicht geltend machen konnte.
b) Der tatsächliche Wert der Beteiligung des Klägers zu 1 ist deshalb nicht mit dem Buchkapital identisch, sondern auf der Grundlage des Werts des Unternehmens der KG (einschließlich der stillen Reserven und des Geschäftswerts) zu ermitteln.
Im Streitfall bietet der im Jahr 1974 erzielte Veräußerungserlös einen wichtigen Anhaltspunkt für den tatsächlichen Wert des Unternehmens in den Streitjahren. Der Veräußerungserlös kann allerdings nicht mit dem Unternehmenswert gleichgesetzt werden, weil die für den Betrieb des Einzelhandelsgeschäfts benötigten Wirtschaftsgüter nicht Gegenstand des Kaufvertrags waren.
Wegen der bei der Wertermittlung zu beachtenden Grundsätze nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungen in BFHE 106, 504, BStBl II 1974, 5; vom 29. März 1973 IV R 158/68 (BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489) und in BFHE 110, 357, BStBl II 1974, 51. Der Umstand, daß der Kläger zu 1 im Fall seines Ausscheidens keinen Anspruch auf Beteiligung am Geschäftswert hatte, rechtfertigt im Streitfall keinen Wertabschlag, da diese Beschränkung für alle Gesellschafter galt (vgl. BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489; Schmidt, a.a.O., § 15 Anm. 131).
Hingegen ist der Beschränkung des Entnahmerechts in § 5 des Vertrags durch einen angemessenen Abschlag vom ermittelten Anteil des Klägers zu 1 am Wert des Unternehmens Rechnung zu tragen (Schmidt, a.a.O., Anm. 131).
Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß für die Ermittlung des tatsächlichen Werts des Gesellschaftsanteils im vorliegenden Fall nicht nur der Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags maßgebend sein kann. Denn das im Vertrag vorgesehene Anwachsen des Kapitalkontos aus den Gewinnanteilen des Klägers zu 1 ist einkommensteuerrechtlich wie eine Kapitalerhöhung zu werten. Eine Erhöhung der Kapitalkonten, die die Gesellschafterstellung beeinflußt, ist eine ,,wesentliche Veränderung der Verhältnisse" im Sinne der Entscheidung in BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5, die es rechtfertigt, die Angemessenheit des vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssels auf der Grundlage des tatsächlichen Werts der Gesellschaftsanteile zum 1. Januar 1972 und zum 1. Januar 1973 erneut zu prüfen.
4. Bei der Prüfung, ob der Gewinn, der dem Kläger zu 1 nach dem Gesellschaftsvertrag zukommen soll, die Grenze von 15 v. H. des tatsächlichen Werts seiner Beteiligung übersteigt, ist auf den bei Vertragsabschluß - im Streitfall auch auf den zu Beginn der Jahre 1972 und 1973 - zu erwartenden künftigen Anteil am Restgewinn abzustellen. Dabei ist unter ,,Restgewinn" der Bilanzgewinn nach Abzug angemessener Vergütungen für die Sonderleistungen einzelner Gesellschafter (insbesondere für die Geschäftsführung und das Haftungsrisiko) zu verstehen (BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489; Urteil vom 4. Juni 1973 IV R 26/68, BFHE 110, 238, BStBl II 1973, 866). Sieht der Gesellschaftsvertrag - wie im Streitfall - eine besondere Vergütung für das Haftungsrisiko des persönlich haftenden Gesellschafters nicht vor, so ist der zu erwartende künftige Bilanzgewinn nicht nur um die Tätigkeitsvergütungen, sondern auch um eine angemessene (fiktive) Vorabvergütung für das Haftungsrisiko zu vermindern.
Dagegen ist es nicht erforderlich, bei der Ermittlung des (fiktiven) Restgewinns als Vorabvergütungen Zinsen für die Kapitalkonten anzusetzen, wenn die Gesellschafter eine solche Verzinsung vertraglich ausgeschlossen haben. Voraussetzung für die zutreffende Beurteilung der Angemessenheit des vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssels ist nur, daß Sonderleistungen der Gesellschafter entsprechend honoriert werden (BFHE 109, 47, 54, BStBl II 1973, 489). Haben - wie im Streitfall - alle Gesellschafter Bareinlagen geleistet, dann ist eine (fiktive) Vorabverzinsung der Kapitalkonten der Gesellschafter nicht gerechtfertigt. Ob eine andere Beurteilung dann geboten ist, wenn einzelne Gesellschafter nur mit der Leistung von Diensten zum Gesellschaftszweck beitragen, kann der Senat offenlassen.
Auch wenn eine Prüfung der vereinbarten Gewinnverteilung nach den vorstehenden Grundsätzen ergeben sollte, daß die Gewinnquote des Klägers zu 1 die 15 Vomhundertgrenze nicht übersteigt, kann diese Quote unangemessen hoch sein. Das ist dann der Fall, wenn die im Gesellschaftsvertrag vereinbarte Gewinnverteilung (oder die entsprechend den Grundsätzen in BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5 korrigierte Gewinnverteilung) dazu führt, daß dem persöhnlich haftenden Gesellschafter A. und der Klägerin zu 2 nur Gewinnanteile belassen werden, die unter Berücksichtigung der Vorabvergütungen für die Geschäftsführung und das Haftungsrisiko nicht wenigstens eine Rendite des tatsächlichen Werts ihrer Gesellschaftsanteile ergeben, die ebenso hoch ist wie die Rendite des tatsächlichen Werts der Beteiligung des Kläges zu 1 (BFHE 109, 47, BStBl II 1973, 489; Urteil vom 29. März 1973 IV R 56/70, BFHE 109, 328, 336 f., BStBl II 1973, 650, 654; BFHE 110, 357, 364, BStBl II 1974, 51). Eine überproportionale Gewinnbeteiligung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der für den Kläger zu 1 vereinbarte Gewinnanteil von 20 v. H. höher sein sollte als sein prozentualer Anteil am Gesamtkapital der KG.
Sollten die Feststellungen des FG im zweiten Rechtsgang ergeben, daß der vereinbarte Gewinnverteilungsschlüssel zu einer überproportionalen Gewinnbeteiligung des Klägers zu 1 führt, dann kann dieser der Besteuerung auch dann nicht zugrunde gelegt werden, wenn die zu erwartende durchschnittliche Rendite die Grenze von 15 v. H. des tatsächlichen Werts der Beteiligung des Klägers zu 1 nicht übersteigt. In diesem Fall ist die Besteuerung nach einem als vereinbart zu unterstellenden Gewinnverteilungsschlüssel vorzunehmen, der für den Kläger zu 1 einen entsprechend niedrigeren Prozentsatz enthält (BFHE 110, 357, 365, BStBl II 1974, 51).
Fundstellen
Haufe-Index 414232 |
BFH/NV 1986, 327 |