Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur steuerrechtlichen Anerkennung eines Mietvertrags zwischen nahen Angehörigen
Leitsatz (NV)
In die steuerrechtliche Würdigung, ob ein Mietvertrag dem entspricht, was zwischen fremden Dritten üblich ist, kann ein zwischen den gleichen Beteiligten abgeschlossener Arbeitsvertrag mit einbezogen werden (Ergänzung zum BFH-Urteil vom 15. Oktober 2002 IX R 46/01, BFH/NV 2003, 112).
Normenkette
EStG §§ 12, 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
FG Münster (EFG 2001, 973) |
Tatbestand
I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Eheleute. Sie errichteten 1993 und 1994 ein Zweifamilienhaus und vermieteten ab dem 1. Juni 1994 die Obergeschosswohnung mit einer Wohnfläche von 101 qm für monatlich 660 DM an die Eltern des Klägers. Aufgrund eines Arbeitsvertrages vom Dezember 1995 schuldete der Vater des Klägers eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von zehn Stunden als Hausmeister für das Mietobjekt und erhielt hierfür ein monatliches und pauschal versteuertes Bruttogehalt von 590 DM.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1996) machten die Kläger aus der Vermietung der Wohnung einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 48 988 DM geltend. In den Werbungskosten ist u.a. ein Betrag in Höhe von 7 280 DM für die Hauswartkosten auf Grund des mit dem Vater abgeschlossenen Arbeitsvertrags enthalten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) erkannte die negativen Einkünfte aus der Vermietung der Obergeschosswohnung nicht an, weil den Klägern die Absicht fehle, Überschüsse aus der Vermietung zu erwirtschaften. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2001, 973 veröffentlichten Urteil aus, das Mietverhältnis der Kläger mit den Eltern des Klägers entspreche nicht dem Fremdvergleich und sei deshalb steuerrechtlich nicht anzuerkennen. Der Mietvertrag sei unkündbar auf die Lebenszeit der Eltern des Klägers abgeschlossen worden. Unter fremden Dritten sei es aber nicht üblich, Dauerrechtsverhältnisse an die Lebenszeit einer Vertragspartei zu koppeln. Hierdurch begebe sich der Eigentümer für einen nicht überschaubaren Zeitraum einer vorzeitigen Kündigung und damit der Möglichkeit, das Mietobjekt anderweitig zu nutzen. Für die Kläger stünde die Versorgung der Eltern des Klägers und nicht die zeitliche Überlassung von Wohnraum im Vordergrund. Fremde Dritte hätten überdies einen Arbeitsvertrag, wie er zwischen den Klägern und dem Vater des Klägers bestehe, nicht abgeschlossen; denn für ein zur Hälfte selbstgenutztes Zweifamilienhaus würde im Regelfall kein Hausmeister mit dem angeführten Beschäftigungsumfang angestellt. Deshalb sei der Vorgang als Rückfluss der zuvor vereinbarten Miete zu werten.
Mit ihrer Revision bringen die Kläger vor, das FG habe verkannt, dass auch nach dem Bürgerlichen Recht die Möglichkeit des Vermieters zu kündigen weitgehend eingeschränkt sei. Das Arbeitsverhältnis betreffe nicht bloß eine Hausmeistertätigkeit; vielmehr habe der Vater des Klägers Bauarbeiten beaufsichtigt und z.T. auch mit Baufirmen verhandelt und den bei den Bauarbeiten anfallenden Schmutz beseitigt. Die Tätigkeit sei ordnungsgemäß lohnversteuert worden.
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben, den angefochtenen Einkommensteuerbescheid zu ändern und die Einkommensteuer für 1996 unter Berücksichtigung von negativen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 44 988 DM neu festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Die Würdigung des FG, wonach der Mietvertrag der Kläger mit dem Vater des Klägers steuerrechtlich nicht anerkannt werden könne, weil er nicht dem entspreche, was zwischen fremden Dritten üblich sei, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Mietverträge unter nahen Angehörigen sind daraufhin zu überprüfen, ob sie durch die Einkünfteerzielung (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―) oder den steuerrechtlich unbeachtlichen privaten Bereich (§ 12 EStG) veranlasst sind. Sie sind in der Regel der Besteuerung nicht zu Grunde zu legen, wenn die Gestaltung oder die tatsächliche Durchführung nicht dem zwischen Fremden Üblichen entspricht (st. Rechtsprechung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 7. Mai 1996 IX R 69/94, BFHE 180, 377, BStBl II 1997, 196).
Rechtsgrundlage des Fremdvergleichs sind die §§ 85, 88 der Abgabenordnung (AO 1977) und § 76 Abs. 1 FGO. Er ermöglicht auf Grund einer Würdigung von Beweisanzeichen den Schluss, aus welchen Gründen ein Leistungsaustausch unter Angehörigen stattgefunden hat, ob auf Grund eines den Tatbestand einer Einkunftsart erfüllenden Vertrages oder aus privaten, familiären Gründen. Erst das Ergebnis dieser der Tatsachenfeststellung zuzuordnenden Indizienwürdigung ermöglicht die nachfolgende rechtliche Subsumtion, ob es sich bei den Aufwendungen des Steuerpflichtigen um nicht abziehbare Privatausgaben (§ 12 EStG) oder aber um Werbungskosten handelt (BFH-Urteil vom 28. Juni 2002 IX R 68/99, BStBl II 2002, 699, m.w.N.).
2. Nach diesen Maßstäben ist die Gesamtwürdigung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Die Vorinstanz hat den unkündbar auf Lebenszeit der Eltern des Klägers abgeschlossenen Mietvertrag wie auch den Arbeitsvertrag mit dem Vater des Klägers am Fremdvergleich scheitern lassen und hieraus gefolgert, nach dem wirtschaftlichen Gehalt beider Verträge solle die gezahlte Miete wieder an den Mieter zurückfließen, so dass die Wohnung letztlich unentgeltlich zur Nutzung überlassen worden sei. Diese Würdigung des FG ist, wenn auch nicht zwingend, so doch jedenfalls möglich und deshalb für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend. Sie beruht auf Tatsachen, deren Feststellung nicht mit Revisionsrügen angegriffen wurde und lässt keine Rechtsfehler erkennen.
b) Diese Würdigung vermögen die von der Revision vorgetragenen Erwägungen nicht in Frage zu stellen. Wenn die Kläger darauf hinweisen, dass die vertragliche Bindung auf Lebenszeit der Mieter faktisch dem Leitbild des Mietrechts entspreche, der dem Mieter vom Grundsatz her bei vertragsgemäßer Nutzung ein "Dauernutzungsrecht" einräume, so gilt das eben nicht bei zum Teil selbst genutzten Zweifamilienhäusern (vgl. § 564b Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches ―BGB― a.F.). Diese Darlegung ist deshalb ―worauf auch das FA hinweist― nicht geeignet, die Würdigung des FG auf Grund der Gesamtumstände zu widerlegen. Auch in Bezug auf den Arbeitsvertrag mit dem Vater des Klägers kann der Vortrag der Revision Zweifel nicht beheben, der wirtschaftliche Hintergrund beider Verträge sei darauf gerichtet gewesen, die Mietzinsen zurückzuzahlen. Hierzu reicht es nicht aus, nun den Vertragsinhalt dieser Vereinbarung im Wesentlichen als Bauaufsicht darzustellen. Der BFH ist als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO an die Feststellung des Vertragsinhalts durch das FG im Sinne einer Hausmeistertätigkeit gebunden, da auch hiergegen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht worden sind.
Fundstellen
Haufe-Index 887200 |
BFH/NV 2003, 465 |