Leitsatz (amtlich)
Nimmt ein Steuerpflichtiger zur Finanzierung eines Bausparvertrags einen Kredit einer Bank oder einen Zwischenkredit der Bausparkasse auf, um alsbald ein Bauspardarlehen zum Erwerb eines Hauses zu erhalten, so gehören die Zinsen für den Kredit oder Zwischenkredit - jedenfalls soweit sie die Zinsen aus dem Bausparguthaben übersteigen - zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) und seine Ehefrau haben 1970 je zur ideellen Hälfte ein Einfamilienhaus zum Preis von 94 000 DM gekauft, das sie am 16. März 1971 bezogen. Vom 1. Januar bis 15. März 1971 wurde das Einfamilienhaus vom Veräußerer bewohnt.
Im März 1971 nahmen der Kläger und seine Ehefrau einen Kredit über 37 000 DM auf, den sie in Höhe von 22 200 DM zur Zahlung des Kaufpreises und in Höhe von 14 800 DM zur Zahlung eines Bausparbeitrages auf einen Bausparvertrag über 37 000 DM verwendeten. Den Bausparvertrag hatte der Kläger im Zusammenhang mit dem Kauf des Einfamilienhauses 1970 abgeschlossen und die Abschlußgebühr von 370 DM Anfang 1971 verausgabt. Die Bausparkasse gewährte im Herbst 1971 bis zur Zuteilung des Bausparvertrages einen Zwischenkredit von 37 000 DM, mit dem der Kläger und seine Ehefrau den Kredit der Bank über 37 000 DM zurückzahlten. Der Zwischenkredit war mit 7,5 v. H. zu verzinsen.
Der Kläger und seine Ehefrau wurden nach dem 16. März 1971 von der Bank mit 2 179,15 DM Zinsen belastet. Die Bausparkasse erhob für die Inanspruchnahme des Zwischenkredits Zinsen, für 1971 488,03 DM, für 1972 2 867,50 DM.
Diese Zinsen der Bank und der Bausparkasse sowie die Bearbeitungsgebühr der Bank in Höhe von 370 DM teilte der Kläger auf den zur Zahlung des Kaufpreises und auf den zur Zahlung der Bausparbeiträge verwendeten anteiligen Kreditbetrag wie folgt auf:
Zinsanteil Kaufpreis 1971 1 902,57 DM
1972 1 720,50 DM
Zinsanteil Bausparbeitrag 1971 1 134,61 DM
1972 1 147,00 DM
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) - FA -) setzte die Einkommensteuer 1971 und 1972 fest. Dabei berücksichtigte er in den Werbungskosten für das Jahr 1971 die Bearbeitungsgebühr für den Kredit der Bank mit 222 DM und die laufenden Schuldzinsen für den Kredit der Bank mit 89 DM. Die für die Zeit ab 16. März 1971 angefallenen üblichen Schuldzinsen überstiegen den Grundbetrag nach der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (Einfamilienhaus-Verordnung). Die anteiligen Schuldzinsen von 1 134,61 DM ließ das FA nicht zum Abzug als Sonderausgaben zu.
Auch 1972 lehnte es das FA ab, die anteiligen Schuldzinsen von 1 147 DM als Sonderausgaben abzuziehen.
In der Einspruchsentscheidung erkannte das FA weitere 148 DM als Werbungskosten an, nämlich die noch nicht berücksichtigte anteilige Bearbeitungsgebühr für den Kredit der Bank, zog aber die weiteren Schuldzinsen nicht als Sonderausgaben ab. Die Schuldzinsen seien im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung des Einfamilienhauses aufgewendet worden; denn der Bausparvertrag habe der günstigeren Finanzierung des Einfamilienhauses dienen sollen. Dem Werbungskostenabzug stehe aber die Einfamilienhaus-Verordnung entgegen.
Auf die Klage setzte das Finanzgericht - FG - (Entscheidungen der Finanzgerichte 1976 S. 547 - EFG 1976, 547 -) die Einkommensteuer 1971 und 1972 weiter herab, gab ihr jedoch nicht in vollem Umfang statt. Das FG ließ die anteiligen Schuldzinsen von 986,61 DM (= 1 134,61 DM - 148 DM) und 1 147 DM in Höhe der Zinsgutschriften der Bausparkasse von 337 DM im Jahr 1971 und 498 DM im Jahr 1972 zum Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu. Soweit die anteiligen Schuldzinsen die Zinsgutschriften überstiegen, versagte das FG den Abzug als Sonderausgaben, weil es sich begrifflich um Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung handle.
Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat.
Der Kläger beantragt, Schuldzinsen in Höhe von 650 DM im Veranlagungszeitraum 1971 und von 649 DM im Veranlagungszeitraum 1972 als weitere Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen. Der nur mittelbare Zusammenhang zwischen dem Zwischenkredit und der Finanzierung des Kaufpreises reiche nicht aus, um die Schuldzinsen als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung statt als Sonderausgaben zu beurteilen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet.
Die Schuldzinsen, deren Absetzung als Sonderausgaben der Kläger in den Jahren 1971 und 1972 über die bereits berücksichtigten Schuldzinsen hinaus begehrt, sind Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und damit nicht Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Schuldzinsen gehören auch dann zu den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung, wenn sie für einen Zwischenkredit geleistet werden, der der Finanzierung des Kaufpreises eines Einfamilienhauses dient (vgl. zu dem insoweit weit gefaßten Werbungskostenbegriff auch bei Finanzierungskosten Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., 1978, Bd. II § 21 VII Nr. 10, S. 41; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 12. Aufl., § 9 Rdnr. 34 a und 40 sowie 11. Aufl., § 21 Rdnr. 56).
Die hier zu beurteilenden Zinsen sind zwar, worauf der Kläger zutreffend hinweist, nicht für unmittelbar auf dem Einfamilienhaus lastende Schulden gezahlt worden. Ihr enger wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Finanzierung des Erwerbs des Einfamilienhauses wird aber auch vom Kläger nicht geleugnet. Das den Eheleuten von der Bausparkasse gewährte - damals noch zu gewährende - Darlehen sollte das Restkaufgeld ablösen. Um dieses Darlehen zu erhalten, war aber die Kreditaufnahme bei der Bank erforderlich, um mit diesen Mitteln den notwendigen Bausparbeitrag zu erbringen. Zutreffend hat daher das FG ausgeführt, der wirtschaftliche Zweck der Aufnahme des Fremdkapitals sei dessen vorübergehende Bindung als Bausparguthaben gewesen, um alsbald ein Bauspardarlehen zugeteilt zu bekommen.
Sind aber Aufwendungen für Zinsen Werbungskosten, dann können sie nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, denn § 10 Abs. 1 EStG spricht im Eingangssatz ausdrücklich aus, daß Sonderausgaben, die vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden, die in den nachfolgenden Nummern aufgeführten Aufwendungen nur sind, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Mit anderen Worten: Die Tatsache, daß Zinsaufwendungen Werbungskosten sind, schließt ihre Berücksichtigung als Sonderausgaben kraft Gesetzes aus.
Das finanzgerichtliche Urteil ist auch nicht etwa deshalb in sich widersprüchlich, weil es die anteiligen Schuldzinsen in Höhe der Zinsgutschriften der Bausparkasse als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen und erst die überschießenden Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung beurteilt hat. Denn die anteiligen Schuldzinsen stehen im Zusammenhang einerseits mit den Zinsgutschriften der Bausparkasse und damit mit Einkünften aus Kapitalvermögen und andererseits mit der Erlangung des Bauspardarlehens und damit mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Da der Senat das Urteil des FG nicht zum Nachteil des Klägers ändern darf (§ 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), ist ihm verwehrt, zu prüfen, ob nicht die anteiligen Schuldzinsen in voller Höhe Werbungskosten bei den Einküften aus Vermietung und Verpachtung und als solche im Streitfall nicht abziehbar sind. Jedenfalls kann kein höherer Betrag als die Zinsgutschriften der Bausparkasse als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen angesehen werden und damit im Streitfall abziehbar sein.
Fundstellen
Haufe-Index 73175 |
BStBl II 1979, 550 |
BFHE 1979, 507 |