Leitsatz (amtlich)
Der Betrag der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, der sich bei Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG voraussichtlich ergeben wird, darf auf der Lohnsteuerkarte erst nach Fertigstellung des nach § 7 b EStG begünstigten Objekts eingetragen werden.
Normenkette
EStG 1977 § 7b Abs. 1, § 39a Abs. 1; LStDV 1971 § 26b Abs. 2 S. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) und seine Ehefrau kauften im September 1976 ein Grundstück, auf dem ein Zweifamilienhaus zu errichten die Verkäuferin sich verpflichtet hatte. Mit dem Bau wurde im Oktober 1976 begonnen. Als Fertigstellungstermin sagte die Verkäuferin den 1. Juli 1977 fest zu. Die Herrstellungskosten des Gebäudes sollten voraussichtlich 187 906 DM betragen.
Der Kläger und seine Ehefrau beantragten am 31. Januar 1977 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -), auf der Lohnsteuerkarte 1977 des Klägers einen Freibetrag nach § 39 a Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes 1977 (EStG) einzutragen. Den Freibetrag errechneten sie nach § 7 b Abs. 1 EStG mit 5 v. H. der voraussichtlichen Herstellungskosten und einem voraussichtlichen Überschuß der Werbungskosten über die Einnahmen in Höhe von 12 506 DM, zusammen mit 21 902 DM. Das FA lehnte diesen Antrag ab.
Das Finanzgericht (FG) gab der Sprungklage mit Urteil vom 13. April 1977 statt. Es führte aus, § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG setze nur voraus, daß der Antragsteller im betreffenden Jahr die erhöhte Absetzung nach § 7 b EStG voraussichtlich in Anspruch nehmen könne. Die Fertigstellung des Gebäudes sei nach dem Fortfall des § 26 b Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung 1971 (LStDV) keine Tatbestandsvoraussetzung mehr. Die erhöhte Absetzung nach § 7 b EStG könne erstmals im Jahr der Fertigstellung des Gebäudes - für das ganze Jahr - beansprucht werden. Aus dem Wort "voraussichtlich" in § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG lasse sich herleiten, daß es für den Anspruch auf Eintragung eines Freibetrags ausreiche, wenn sicher zu erwarten sei, daß das Gebäude noch im Antragsjahr fertiggestellt werde. Diese Auslegung entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG. Sie trage ferner dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Einkommensteuer- und Lohnsteuerpflichtigen bei der Entrichtung der Steuer Rechnung.
Es sei mit größter Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, daß das Zweifamilienhaus des Klägers und seiner Ehefrau am 1. Juli 1977 bezugsfertig werde. Deshalb sei der geltend gemachte Freibetrag mit Wirkung vom 1. Januar 1977 auf der Lohnsteuerkarte einzutragen.
Die somit einzutragenden Monatsfreibeträge seien von dem Tage an, zu dem sie jeweils bei rechtzeitiger Eintragung auf der Lohnsteuerkarte 1977 vom Arbeitgeber hätten berücksichtigt werden können, frühestens von der Rechtshängigkeit der Klage an, nach §§ 236, 238 der Abgabenordnung (AO 1977) mit 1/2 v. H. für jeden vollen Monat zu verzinsen.
Der gleichzeitig mit dem FG-Urteil ergangenen und rechtskräftig gewordenen einstweiligen Anordnung des FG, den Freibetrag vorläufig einzutragen, ist das FA gefolgt.
Das FA legte gegen das Urteil Revision ein. Es führt aus, die Eintragung des Freibetrags setze voraus, daß das Wohngebäude bereits fertiggestellt sei. Das Wort "voraussichtlich" in § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG beziehe sich nur auf den Betrag, d. h. die Höhe der negativen Einkünfte, nicht aber auf den Zeitpunkt ihres Entstehens. Soweit das FG eine Verzinsung angeordnet habe, sei dies ebenfalls unzutreffend; die Voraussetzungen des § 236 AO 1977 seien nicht erfüllt.
Nach Einlegung der Revision bezog der Kläger das Haus am 1. Juli 1977. Das FA erklärte hierauf den Rechtsstreit, soweit er die Eintragung des Freibetrags betrifft, für in der Hauptsache erledigt. Bezüglich der Verpflichtung zur Verzinsung beantragt es dagegen die Aufhebung des FG-Urteils und die Abweisung der Klage.
Der Kläger beantragte zunächst die Zurückweisung der Revision. In einem späteren Schriftsatz führt er aus, er stelle zur Sache "keine weiteren Anträge".
Entscheidungsgründe
Auf die Revision wird die Vorentscheidung aufgehoben.
1. Die Hauptsache ist nicht erledigt.
a) Beide Verfahrensbeteiligte halten ihre Sachanträge bezüglich der Erstattung von Zinsen seit Rechtshängigkeit aufrecht. Insoweit ist die Hauptsache jedenfalls nicht erledigt, sondern über die Revision des FA zu entscheiden.
b) Die Hauptsache ist jedoch auch insoweit nicht erledigt, als der Kläger beantragt hat, einen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte 1977 einzutragen.
Die Hauptsache gilt nicht infolge übereinstimmender Erledigungserklärungen als erledigt. Denn der Kläger hat seine bisherigen Sachanträge aufrechterhalten. Es kann auch nicht deshalb von einer Hauptsacheerledigung ausgegangen werden, weil das Zweifamilienhaus des Klägers am 1. Juli 1977 bezugsfertig geworden ist und folglich spätestens von diesem Zeitpunkt an die Eintragung des Freibetrags auch bei der vom FA vertretenen Rechtsauffassung hätte erfolgen müssen. Denn es ist nach wie vor umstritten, ob der Freibetrag bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1977 hätte eingetragen werden müssen und ob infolgedessen vom Zeitpunkt der Rechtshängigkeit an möglicherweise eine Verzinsung in dem vom FG festgesetzen Umfang gerechtfertigt war. Die Frage, von wann an der Freibetrag einzutragen war, steht somit in untrennbarem Zusammenhang mit der nicht erledigten Verzinsungsfrage (vgl. 1. a). Wegen dieses Zusammenhangs kommt eine Erledigung der Hauptsache auch bezüglich der Frage, ob und von welchem Zeitpunkt an die Verluste des Klägers aus Vermietung und Verpachtung auf seiner Lohnsteuerkarte einzutragen waren, nicht in Betracht.
2. Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG, daß der Freibetrag bereits mit Wirkung vom 1. Januar 1977 einzutragen war.
a) Nach § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG wird auf der Lohnsteuerkarte als Freibetrag eingetragen "der Betrag der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, der sich bei der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 7 b ... voraussichtlich ergeben wird". Die erhöhte Absetzung nach § 7 b EStG kann erstmals im Jahr der Fertigstellung des Gebäudes beansprucht werden, und zwar abweichend von dem sonst geltenden Grundsatz der zeitanteiligen Absetzung schon in diesem Jahr mit dem vollen Jahresbetrag (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1957 VI 234/56 U, BFHE 66, 182, BStBl III 1958, 72). Auch der vom Kläger über die erhöhte Absetzung nach § 7 b EStG hinaus geltend gemachte weitere Verlust aus Vermietung und Verpachtung, dessen Höhe im vorliegenden Fall nicht streitig ist, kann für das - gesamte - Kalenderjahr abgesetzt werden, in dem er entstanden ist (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG). Die Eintragung des Gesamtbetrags der negativen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf der Lohnsteuerkarte setzt jedoch die Fertigstellung des § 7 b-Objekts voraus (ebenso Abschn. 79 Abs. 2 Satz 1 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - 1975 und 1978; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 39 a, S. 5; Oeftering/Görbing, Das gesamte Lohnsteuerrecht, 5. Aufl., § 39 a Anm. 7; Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort "Steuerkarte" unter III 3 A c).
b) Das Lohnsteuerabzugsverfahren bezweckt eine vereinfachte Einkommensbesteuerung bei Steuerpflichtigen mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Lohnsteuerzahler). Die Eintragung von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte soll bewirken, daß bei diesen Steuerpflichtigen - ebenso wie bei Einkommensteuerzahlern, die im Laufe des Kalenderjahres Vorauszahlungen erbringen sollen, die ihrer voraussichtlichen Jahressteuerschuld entsprechen (§ 37 Abs. 1 EStG) - möglichst schon während des laufenden Jahres die auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit entfallenden Werbungskosten sowie persönliche Steuerermäßigungsgründe berücksichtigt werden, damit die in Form der Lohnsteuer entrichtete Einkommensteuer nicht zu hoch ist. Da sich der Lohnsteuerabzug im wesentlichen auf die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beschränkt, läßt er grundsätzlich eine Berücksichtigung der bei anderen Einkunftsarten auftretenden besonderen Verhältnisse nicht zu (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 26. Januar 1977 1 BvL 7/76, BVerfGE 43, 231, BStBl II 1977, 297, unter B I. 2. a).
Durch das Steueränderungsgesetz 1958 ist erstmals eine dem jetzigen § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG im wesentlichen entsprechende Vorschrift in das Einkommensteuergesetz mit dem Zweck eingefügt worden, Benachteiligungen der Arbeitnehmer zu vermeiden, die sich dadurch ergeben können, daß die Einkommensteuerzahler die Möglichkeit haben, die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG durch entsprechende Bemessung der Vorauszahlungen steuerlich zur Geltung zu bringen. Diese Eintragungsmöglichkeit nach § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG bewirkt für die ersten Jahre nach der Fertigstellung eine vorläufige Steuerersparnis und bedeutet eine den Wohnungsbau und die Eigentumsbildung begünstigende staatliche Finanzierungshilfe (BVerfGE 43, 231, BStBl II 1977, 297, unter B II.; vgl. auch BFH-Urteil vom 18. Mai 1977 VI R 96/75, BFHE 122, 292, BStBl II 1977, 650). Diese Finanzierungshilfe soll also auch den Lohnsteuerzahlern frühzeitig zugute kommen.
Abgesehen von den Verlusten aus Vermietung und Verpachtung bei Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7 b EStG und den insoweit gleichgestellten Vorschriften (§ 54 EStG, §§ 14a, 15 des Berlinförderungsgesetzes - BerlinFG -) wird jedoch ein Freibetrag für Vorgänge, die ihre materiell-steuerrechtliche Grundlage bei anderen Einkunftsarten haben, nicht gewährt (BVerfGE 43, 231, BStBl II 1977, 297). Das BVerfG hat dies verfassungsrechtlich nicht beanstandet und betont, daß die darüber hinausgehende Berücksichtigung von Verlusten den gewollten Vereinfachungszweck belasten und entwerten würde (vgl. BVerfGE 43, 231, BStBl II 1977, 297 unter B I. 2. a). Zwar erleide der Steuerpflichtige, der solche Verluste nicht auf der Lohnsteuerkarte eintragen lassen könne, einen Zinsnachteil. Dieser werde aber in generalisierender und pauschalierender Form und ohne Rücksicht darauf, wie hoch die Verluste im einzelnen sind, durch den Arbeitnehmerfreibetrag ausgeglichen.
c) Von diesen grundsätzlichen Erwägungen ausgehend ist es nach Auffassung des Senats mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar und sachgerecht, den steuerfreien Betrag erst nach Fertigstellung des § 7 b-Objekts auf der Lohnsteuerkarte einzutragen.
aa) § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG 1977 entspricht im wesentlichen § 40 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1969. In § 26 b Abs. 2 Satz 1 der hierzu ergangenen Lohnsteuer-Durchführungsverordnung 1971 war bestimmt, daß der steuerfreie Betrag erst nach Fertigstellung des Wohngebäudes, für das die erhöhte Absetzung in Anspruch genommen wird, eingetragen werden darf. Es ist nicht ersichtlich, daß durch die Neufassung des § 39 a Abs. 1 Nr. 6 im EStG 1975 und den gleichzeitigen Wegfall des § 26 b Abs. 2 Satz 1 LStDV eine Änderung der Rechtslage beabsichtigt war. Der Wortlaut des Gesetzes spricht auch nicht hierfür.
Zwar leitet das FG aus dem Wort "voraussichtlich" in § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG ab, es reiche für den Anspruch auf Eintragung eines Freibetrags aus, daß sicher zu erwarten sei, das Gebäude werde noch im Antragsjahr fertiggestellt (ebenso Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 12. Aufl., § 39 a Rdnr. 15). Der Senat geht jedoch davon aus, daß sich das Wort "voraussichtlich" nur auf den "Betrag", d. h. auf die Höhe der negativen Einkünfte, und also nicht auf die Tatsache und den Zeitpunkt ihrer Entstehung bezieht. Dies entspricht dem grammatikalischen Statzaufbau und auch dem Sinnzusammenhang, in den die Vorschrift des § 39a Abs. 1 Nr. 6 EStG gestellt ist. Denn in den meisten Nummern des § 39 a Abs. 1 EStG sind Beurteilungen der Zukunft angesprochen, so daß auch insoweit nur mit dem voraussichtlichen Regelablauf gearbeitet werden kann, ohne daß dies jedoch hierbei im Gesetz ausdrücklich gesagt ist. So können z. B. die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine voraussichtlichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten eingetragen werden (§ 39 a Abs. 1 Nr. 3 EStG), selbst wenn es im Eintragungszeitpunkt möglich erscheint, daß der Steuerpflichtige z. B. wegen Krankheit weniger Fahrten durchführt, als sie seiner regelmäßigen Tätigkeit an sich entsprechen. Dennoch ist in diesen Nummern des § 39 a Abs. 1 EStG das Wort "voraussichtlich" ebensowenig wie früher in § 40 Abs. 1 Nr. 6 EStG 1969 enthalten. Dies verdeutlicht, daß es sich auf etwas anderes beziehen muß als auf den voraussichtlichen Regelablauf, nämlich auf die Höhe des einzutragenden Betrags.
Es könnte allerdings eingewandt werden, wenn bei anderen Nummern des § 39 a Abs. 1 EStG ein voraussichtlicher Regelablauf berücksichtigt werde, dann dürfe das bei § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG nicht anders sein. Dieser Vergleich ist indessen nur beschränkt zutreffend. Es entspricht dem voraussichtlichen Regelablauf, daß ein Arbeitnehmer, der in einem Jahr eine bestimmte Anzahl von Arbeitstagen zu seiner Arbeitsstätte fährt, dies auch im Folgejahr (Antragsjahr) tut. Ebenso entspricht es dem voraussichtlichen Regelablauf, daß ein Arbeitnehmer, der im Jahr 1979 erstmals einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung bei Inanspruchnahme des § 7 b EStG geltend machen konnte, im Jahr 1980 (Antragsjahr) entsprechende Verluste haben wird, obwohl er in diesem Jahr das Haus vielleicht auch verkaufen könnte. Dagegen ist bei erstmaliger Beantragung eines Freibetrags für Verluste aus Vermietung und Verpachtung für ein im Bau befindliches § 7 b-Objekt nicht nur ungewiß, wie hoch die Verluste voraussichtlich sein werden, sondern vor allem, ob das Gebäude im Antragsjahr wirklich fertiggestellt wird. Insoweit kann nicht von einem "voraussichtlichen Regelablauf" ausgegangen werden, weil dieser Ablauf für dieses Objekt bisher noch nicht die Regel war.
Für die Auslegung des § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG in dem Sinn, daß die Eintragung erst nach Fertigstellung des Gebäudes möglich ist, spricht insbesondere, daß der Betrag der negativen Einkünfte einzutragen ist, der sich "bei Inanspruchnahme" der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG ergeben wird. Die Inanspruchnahme dieser erhöhten Absetzungen ist zwar, wie ausgeführt, mit dem vollen Jahresbetrag im Jahr der Fertigstellung möglich, jedoch erst, wenn das Gebäude fertiggestellt, d. h. bezugsfertig ist (vgl. BFH-Urteil vom 11. März 1975 VIII R 23/70, BFHE 115, 449, BStBl II 1975, 659). Der Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG muß also die Fertigstellung des Gebäudes vorausgehen. Erst von diesem Zeitpunkt an können die erhöhten Absetzungen in Anspruch genommen und deshalb auch erst von da an auf der Lohnsteuerkarte entsprechende Freibeträge eingetragen werden.
bb) Entgegen der Auffassung des FG widerspricht diese Auslegung nicht dem Sinn und Zweck des § 7 b EStG. Wie das BVerfG (BVerfGE 43, 231, BStBl II 1977, 297, unter B II.) und der BFH (BFHE 122, 292, BStBl II 1977, 650) entschieden haben, sollen die erhöhten Absetzungen nach § 7 b EStG "für die ersten Jahre nach der Fertigstellung" (Hervorhebung nicht in den zitierten Entscheidungen) eine staatliche Finanzierungshilfe bewirken. Sie sollen zum Wohnungsbau und zur Eigentumsbildung anreizen. Es wird nicht verkannt, daß sich für Steuerpflichtige gerade während der Bauzeit besondere finanzielle Anpassungen ergeben. Der Gesetzgeber wollte aber offenbar erst den abgeschlossenen Wohnungsbau und die endgültige Vermögensbildung fördern und deshalb die Finanzierungshilfe erst bei Fertigstellung, d. h. bei Bezugsfertigkeit des Gebäudes gewähren. Dies wird besonders deutlich in Fällen, in denen Baubeginn und Fertigstellung des Gebäudes in verschiedene Jahre fallen. Obwohl hier im Jahr des Baubeginns die Hauptbelastung des Steuerpflichtigen liegen kann, weil das Gebäude in diesem Jahr z. B. im wesentlichen Teil errichtet worden und deshalb auch zu bezahlen ist, ist doch die Inanspruchnahme der Begünstigung des § 7 b EStG erst im Folgejahr - bei Fertigstellung des Gebäudes - möglich.
cc) Dieses Verständnis des § 39 a Abs. 1 Nr. 6 EStG berücksichtigt auch, daß das Lohnsteuerverfahren ein Massenverfahren ist. Der mit dem Lohnsteuerermäßigungsverfahren verfolgte Vereinfachungszweck, der dadurch deutlich wird, daß nur ganz bestimmte (wenige) Verluste berücksichtigt werden dürfen und daß ein Freibetrag in der Regel erst dann in Betracht kommt, wenn die Aufwendungen insgesamt 1 800 DM übersteigen (§ 39 a Abs. 2 EStG), würde beeinträchtigt, wenn das FA jeweils prüfen müßte, ob und mit welcher Wahrscheinlichkeit ein im Bau befindliches § 7 b-Objekt noch im Antragsjahr fertiggestellt werden wird.
Die Überlegung des FG, daß demnach ein Lohnsteuerzahler gegenüber einem Einkommensteuerzahler benachteiligt werde, kann nicht zu einer anderen Entscheidung führen. Abgesehen davon, daß mögliche Zinsnachteile, wie ausgeführt, durch den Arbeitnehmerfreibetrag abgegolten wären, erscheint es zweifelhaft, ob solche Nachteile überhaupt entstehen. Denn das FA führt in der Revisionsbegründung aus, daß nach der Verwaltungspraxis Einkommensteuervorauszahlungen ebenfalls erst ermäßigt würden, wenn das § 7 b-Objekt bezugsfertig geworden sei und somit geprüft werden könne, ob die Voraussetzungen des § 7 b EStG vollständig vorliegen.
d) Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben. Das FG hätte zum Zeitpunkt seiner Entscheidung - am 13. April 1977 - die Klage abweisen müssen, da das Zweifamilienhaus des Klägers seinerzeit noch nicht bezugsfertig war. Da sich nunmehr die Eintragung oder Nichteintragung des Freibetrags im Lohnsteuerabzugsverfahren 1977 nicht mehr auswirken kann, kann der Senat nur die Feststellung treffen, daß es nicht rechtswidrig war, die Eintragung des Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte des Klägers vor der Fertigstellung seines Hauses abzulehnen.
3. Soweit die Klage auf Erstattung von Zinsen seit Rechtshängigkeit gerichtet war, kann der Kläger ebenfalls keinen Erfolg haben. Eine Verzinsung wäre im Streitfall allenfalls nach § 236 AO 1977 denkbar. Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob eine Verzinsung überhaupt in Betracht kommt, wenn ein Steuerpflichtiger im Lohnsteuerermäßigungsverfahren mit seiner Klage Erfolg hat. Hieran könnte gezweifelt werden, weil die Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte weder eine Steuerherabsetzung noch eine Steuervergütung, sondern lediglich die gesonderte Feststellung einer Besteuerungsgrundlage (§ 39 a Abs. 4 Satz 1 EStG) ist. Jedenfalls kommt die Zahlung von Prozeßzinsen im Streitfall deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger mit seinem materiell-rechtlichen Begehren im Ergebnis keinen Erfolg gehabt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 413379 |
BStBl II 1980, 509 |
BFHE 1980, 290 |