Leitsatz (amtlich)
1. Entspricht die steuerliche Buchführung einer Brauerei nicht den Erfordernissen des § 162 AO, so kann der steuerpflichtige Bierausgang gemäß § 217 AO geschätzt werden.
2. Ein Rechtsanspruch auf Steuererstattung für Rückbier besteht nur dann, wenn das Rückbier nach Maßgabe der aufgrund des § 8 BierStG erlassenen Durchführungsbestimmungen ordnungsmäßig verbucht wurde.
Normenkette
AO §§ 162, 217; BierStG § 8; BierStDB § 15
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist ein Steuerbescheid vom 9. Dezember 1970, mit dem der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt – HZA –) die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) zur Nachentrichtung von Biersteuer aufgefordert hat. Dem Steuerbescheid liegt eine bei der Klägerin durchgeführte Steueraufsichtsprüfung für den Zeitraum vom 1. Januar 1968 bis zum 30. April 1969 zugrunde. In dem Prüfungsbericht sind u. a. folgende Feststellungen enthalten:
Eine Gegenüberstellung der abgefüllten Flaschenmengen mit den monatlichen Abgängen nach den Biersteuerbüchern in dem Zeitraum vom 1. November 1968 bis zum 31. März 1969 habe einen Fehlbestand von 752 hl ergeben, wobei in einzelnen Monaten größere Differenzen festgestellt worden seien. In einer weiteren Berechnung seien die Drucktankabgänge den abgefüllten Flaschenbiermengen gegenübergestellt worden, wobei ein Verlust der Drucktankabgänge von 1,6 % festgestellt worden sei. Da die Klägerin angegeben habe, daß die Zählwerke bei der Flaschenabfüllung wiederholt falsche Ergebnisse aufgewiesen hätten, seien die Drucktankabgänge den Abgängen nach den Biersteuer- und Rückbierbüchern gegenübergestellt worden. Wie schon bei den vorangegangenen Berechnungen seien auch hier erhöhte Differenzen in den Monaten April, Juni, August und November 1968 sowie Februar und März 1969 aufgetreten. Aus den monatlichen Differenzen sei für den gesamten Abrechnungszeitraum ein durchschnittlicher Prozentsatz als Schwundsatz gebildet worden, der 2,04 % bezogen auf die Drucktankabgänge betrage.
Weiterhin stellten die Prüfungsbeamten Unstimmigkeiten bei der Prüfung der Faßbierausgänge fest. Dazu heißt es in dem Bericht, im Monat April 1969 seien auf 46 Faßbier-Ladezetteln ursprüngliche Eintragungen über geladene Bierfässer dadurch verändert worden, daß die Anzahl der Fässer gestrichen oder ausradiert und durch eine geringere Anzahl ersetzt worden sei. Verschiedentlich seien die ursprünglichen Zahlen auch übermalt worden. Diese Änderungen seien von dem Faßbier-Expedienten H am nächsten Tage bei der Abrechnung der Touren vorgenommen worden. H habe dazu erklärt, er habe den Bierabgang gemindert, um weniger Tourenrückbier ausweisen zu müssen. Vereinzelt sei die Anzahl gemindert worden, weil Zählfehler bei der Beladung der Fahrzeuge vorgekommen seien. Insgesamt seien im Monat April 1969 140 hl Vollbier nicht als steuerpflichtiger Abgang erfaßt worden.
Aufgrund dieser Feststellungen erließ das HZA den angefochtenen Steuerbescheid.
Dabei ging es von der Tatsache aus, daß in den Monaten April, Juni, August und November 1968 die Fehlmengen bei den Flaschenbierabgängen den durchschnittlichen Schwundsatz überschritten hätten.
Die in dem Prüfungsbericht getroffenen Feststellungen bezüglich des Faßbieres wertete das HZA dahin, daß sogenanntes Tourenrückbier nicht in das Rückbierbuch eingeschrieben, sondern unmittelbar von den Abgangsbelegen abgesetzt und demgemäß nicht als steuerpflichtiger Abgang erfaßt worden sei, obwohl es sich um steuerpflichtige Abgänge gehandelt habe.
Eine Erstattung der Biersteuer für das Tourenrückbier lehnte das beklagte HZA ab, weil das Tourenrückbier nicht im Rückbierbuch eingetragen war.
Das Einspruchsverfahren gegen den Steuerbescheid blieb erfolglos. Die Klage führte zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Das Finanzgericht (FG) führte aus: Soweit der Steuerbescheid am Differenzen zwischen dem steuerlich erfaßten Flaschenbierausgang und den betrieblichen Anschreibungen der Klägerin, über die Drucktankabgänge bzw. über durch Zählwerke gezählte Flaschenbierabfüllungen gestützt sei, fehle es an der erforderlichen Feststellung von Tatsachen, die das Gericht von der Entstehung der Steuerschuld hallen überzeugen können. Diese Tatsachenfeststellungen könnten nicht durch eine Schätzung ersetzt werden, denn eine Schätzung nach § 217 AO komme nur in Betracht, wenn Tatsachen festgestellt seien, die zwingend auf das Entstehen von Steuerschulden schließen ließen. Solche Tatsachenfeststellungen könnten aber aufgrund des vorliegenden Zahlenmaterials nicht getroffen werden, zumal die Flaschenzählanlage nicht einwandfrei gearbeitet habe und auch die Schwundfeststellung aufgrund der Drucktankabgänge mögliche Fehlerquellen aufweise, da bei dem Ablesen der Meßlatten an den Drucktanks sowie bei der Eintragung der Ableseergebnisse Irrtümer unterlaufen sein könnten. Das verwendete Zahlenmaterial könne deshalb nicht als einwandfrei festgestellt angesehen werden.
Fehlerhaft sei auch die Zugrundelegung des Schwundsatzes, der als Durchschnittssatz aus den Abfüllverlusten der einzelnen Monate ermittelt worden sei, denn es liege in der Natur eines Durchschnittssatzes, daß er in einzelnen Monaten überschritten werde. Daraus könne nicht auf steuerpflichtige Entnahmen geschlossen werden.
Hinzuweisen sei ferner darauf, daß die Klägerin im April 1968 eine Vierundzwanzigtausender-Flaschenabfüllanlage neu in Betrieb genommen habe. Nach der Lebenserfahrung verursachten neue Maschinen zunächst höhere Verluste. Darin könne der außerordentlich hohe Verlust des Monats April 1968 seine Erklärung finden.
Wenn auch eine Wahrscheinlichkeit dafür spreche, daß in dem geprüften Zeitraum tatsächlich mehr Flaschenbier, als in den Biersteuerbüchern angeschrieben worden sei, die Brauerei verlassen habe, so reiche doch eine derartige Wahrscheinlichkeit nicht aus, um einen Biersteuerbescheid darauf zu gründen. Es handele sich nicht um eine Fehlmengenversteuerung nach § 196 Abs. 1 AO, bei der das Entstehen der Steuerschuld vermutet werde. Der Steuerbescheid sei vielmehr auf § 2 des Biersteuergesetzes (BierStG) gestützt. Die Voraussetzungen dieses Steuertatbestandes seien jedoch nicht festgestellt.
Soweit der Steuerbescheid darauf gestützt sei, daß Faßbier als Tourenrückbier bei dem erneuten Ausgang aus der Brauerei nicht erlaßt worden sei, könne der Bescheid ebenfalls keinen Bestand haben, da der Steuertatbestand durch die von dem FG durchgeführte Beweisaufnahme nicht erwiesen worden sei.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Revision des HZA. Das HZA macht geltend, das FG habe hinsichtlich der Steuernachforderung für die nicht erfaßten Ausgänge an Flaschenbier die Bedeutung des § 217 AO verkannt. Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen müsse immer dann stattfinden, wenn eine sichere Feststellung nicht möglich sei. Erweise sich das ursprüngliche Ziel des Finanzamts, den Steuertatbestand umfassend zu ermitteln, nach den beiden Parteien zumutbaren Aufklärungs- und Mitwirkungspflichten als unerreichbar, so sei nach Wahrscheinlichkeitserwägungen zu entscheiden, ob die Merkmale des Steuertatbestandes verwirklicht seien und in welchem Umfange dies der Fall sei. In diesem Sinne betreffe die Schätzung sowohl den Grund wie die Höhe des Steueranspruches.
Die Feststellungen der Betriebsprüfer hätten ergeben, daß die Drucktankabgänge und auch die durch Zählwerk gezahlten Flaschenabfüllungen in den von dem Steuerbescheid erfaßten Monaten gegenüber den zur Versteuerung angemeldeten Bierabgängen Differenzen aufgewiesen hätten, die erheblich über dem Durchschnitt gelegen hätten. Eine Aufklärung darüber, wo die Fehlmengen verblieben seien, sei nicht möglich. Es müsse aber aufgrund der festgestellten Fehlmengen als sehr wahrscheinlich angesehen weiden, daß tatsächlich erfolgte Bierausgänge nicht angemeldet worden seien. Der Umfang dieser Bierausgänge könne gemäß § 217 AO im Schätzungswege ermittelt werden, zumal auch das Belegwesen bei der Expedition, wie in dem Betriebsprüfungsbericht festgestellt worden sei, den Bestimmungen des § 162 Abs. 5 und 6 AO nicht entsprochen habe und damit als zuverlässige Ermittlungsgrundlage weitgehend ausscheide.
Zu Recht bestehe auch die Nachforderung der Steuer für die 740 hl Faßbier. Das FG habe zu Unrecht die Nichtaufklärbarkeit des Sachverhaltes in diesem Punkt ihm, dem HZA, angelastet.
Das HZA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Kluge abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie führt aus, eine Schätzung nach § 217 AO könne erst dann erfolgen, wenn der Steuertatbestand als solcher zweifelsfrei festgestellt worden sei, wenn also feststelle, daß mehr Bier die Brauerei verlassen habe, als in den Biersteuerbüchern angeschrieben sei. Daran fehle es im gegebenen Fall. Die Mengendifferenzen bei dem Bierausgang könnten eine solche Feststellung nicht ersetzen, zumal die Schwundsätze, wie das FG zutreffend ausgeführt habe, nicht einwandfrei ermittelt worden seien. Es sei deshalb auch nicht ihre Aufgabe, für die festgestellten Mengendifferenzen Erklärungen zu geben.
Hinsichtlich des Tourenrückbieres habe das FG verbindlich festgestellt, daß das Vorliegen des Besteuerungstatbestandes nicht festgestellt werden könne. Selbst wenn man aber davon ausgehe, daß das Bier in die angemeldeten Betriebsräume zurückverbracht worden sei, so könne doch für dieses Bier bei einem erneuten Ausgang aus der Brauerei die Steuer nicht ein zweites. Mai erhoben werden, da eine Verbrauchsteuerschuld für eine Ware nur einmal entstehen könne. Sollte man aber davon ausgehen, daß die mehrfache Verwirklichung des Besteuerungstatbestandes auch zu einer mehrfachen Entstehung der Steuerschuld für dieselbe Ware führen könne, so greife § 8 BierStG ein, wonach die Biersteuer für Rückbier nach näherer Bestimmung des Bundesministers der Finanzen (BdF) zu erlassen sei. Die auf diese Bestimmung gestützten Ausführungsbestimmungen des BdF, wonach der Erlaß der Steuer davon abhängig gemacht werde, daß die zurückverbrachten Biermengen in ein Rückbierbuch eingetragen worden seien, könnten nicht in dem Sinne verstanden werden, daß die Steuer später nicht mehr erstattet werden könne. Der BdF sei nach § 8 BierStG nicht ermächtigt gewesen, den Erstattungsanspruch auszuschließen. Der Erstattungsanspruch müsse deshalb unmittelbar aus § 8 BierStG hergeleitet werden. Mit diesem Erstattungsanspruch rechne sie gegenüber dem geltend gemachten Biersteueranspruch auf.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.
Der angefochtene Nachforderungsbescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 2 BierStG. Der Besteuerungstatbestand liegt somit in der Entfernung des Bieres aus der Brauerei oder aber in dem Eigenverbrauch (Trinken in der Brauerei), der der Entfernung aus der Brauerei für die Entstehung der Steuerschuld gleichgestellt ist.
Daß die Klägerin in den Monaten, auf die sich die Abgabennacherhebung bezieht, Flaschenbier aus der Brauerei entfernt und damit den Entstehungstatbestand des § 2 BierStG erfüllt hat, steht außer Frage. Sie selbst hat den Ausgang von Flaschenbier aus der Brauerei zur Versteuerung angemeldet. Es bedarf deshalb im Streitfall keiner besonderen Feststellung, ob die Klägerin den Besteuerungstatbestand überhaupt erfüllt hat, so daß auch auf die umstrittene Frage, ob eine solche Feststellung durch eine Schätzung nach § 217 AO ersetzt werden könnte, im Streitfalle nicht eingegangen zu werden braucht. Streitig ist vielmehr allein, in welchem Umfang der Besteuerungstatbestand verwirklicht worden ist, da die Klägerin für die Feststellung des steuerpflichtigen Bierausgangs ihre steuerlichen Aufzeichnungen (Biersteuerbuch), das HZA aber die innerbetrieblichen Aufzeichnungen der Klägerin zugrunde legen will, die von den steuerlichen Aufzeichnungen der Klägerin in ihrem Ergebnis nicht unerheblich abweichen, so daß, wie das HZA meint, Unklarheiten über die Menge des tatsächlich entnommenen steuerpflichtigen Bieres bestehen.
Diese Frage ist aber einer Schätzung nach § 217 AO zugänglich. Es handelt sich nicht darum, daß durch die Schätzung die Feststellung des steuerpflichtigen Tatbestandes ersetzt werden soll, sondern es handelt sich um eine reine Mengenschätzung zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, wie sie in § 217 AO vorgesehen ist.
Eine Schätzung setzt nach § 217 AO voraus, daß die Besteuerungsgrundlagen nicht ermittelt oder festgestellt werden können. Da das FG die Möglichkeit einer Schätzung des steuerpflichtigen Flaschenbierausganges grundsätzlich ablehnte, hatte es von seinem Standpunkt aus keine Veranlassung zu prüfen, ob diese Voraussetzung im Streitfalle erfüllt ist. Die Annahme einer Unsicherheit bei der Feststellung des steuerpflichtigen Bierausganges ist insofern problematisch, als die monatlich entnommene Biermenge in dem von dem Brauerreiinhaber zu führenden Biersteuerbuch (§ 63 der Durchführungsbestimmungen zum Biersteuergesetz – BierStDB –) auszuweisen ist. Ist dieses Biersteuerbuch ordnungsmäßig geführt, wofür die gesetzliche Vermutung des § 208 AO spricht, so ist die in dem Biersteuerbuch erfaßte Menge der Besteuerung zugrunde zu legen. Für eine Unsicherheit bei der Feststellung des steuerpflichtigen Bierausganges, die zu einer Schätzung nach § 217 AO Anlaß geben könnte, bleibt dann kein Raum.
Das gilt jedoch nicht, wenn die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung widerlegt wird, wenn also erhebliche Umstände dafür sprechen, daß die Buchführung nicht den Vorschriften des § 162 AO entspricht. Es kann dann die steuerliche Buchführung der Brauerei nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden; in diesem Falle ist vielmehr der steuerpflichtige Bierausgang der Brauerei auf andere Weise zu ermitteln und, sofern genaue Feststellungen nicht getroffen werden können, gemäß § 217 Abs. 2 Satz 2 AO zu schätzen.
Auf diese Bestimmungen nimmt auch das HZA sinngemäß Bezug, indem es auf die in dem Betriebsprüfungsbericht getroffene Feststellung verweist, daß das Belegwesen in der Brauerei nicht den Erfordernissen des § 162 Abs. 5 und 6 AO entsprochen habe und nicht geeignet gewesen sei, sicherzustellen, daß der gesamte Bierausgang aus der Brauerei steuerlich erfaßt werde.
Die von den Betriebsprüfern in ihren Betriebsprüfungsbericht aufgenommenen Feststellungen sind jedoch vom FG auf Grund seines abweichenden rechtlichen Standpunktes nicht aufgeklärt worden. Das FG-Urteil enthält keine Feststellungen darüber, ob die steuerliche Buchführung der Klägerin den Erfordernissen des § 162 AO entsprach und ob sie geeignet war, den steuerpflichtigen Bierausgang lückenlos zu erfassen. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß das FG die von den Betriebsprüfern getroffenen Feststellungen stillschweigend bestätigt habe, da das FG diesen Teil des Betriebsprüfungsberichtes in seiner Entscheidung nicht verwertet hat. Da somit finanzgerichtliche Feststellungen zu der Frage, ob das Belegwesen der Brauerei den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Buchführung entsprochen hat, nicht vorliegen und da der Bundesfinanzhof (BFH) als Revisionsgericht gehindert ist, insoweit eigene Feststellungen zu treffen, muß die Sache zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das FG zurückverwiesen werden. Dieses wird für den Fall, daß es zum Ergebnis kommt, daß die Voraussetzungen des § 217 Abs. 2 Satz 2 AO für eine Schätzung der steuerbaren Biermenge vorgelegen haben, bei der weiteren Prüfung beachten müssen, daß eine Schätzung nach § 217 AO in den Bereich der tatsächlichen Feststellungen gehört, so daß das FG gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsalz 2 FGO gegebenenfalls die Biermenge und damit auch den Schwundsatz selbst schätzen muß.
Auch hinsichtlich des steuerlich nicht erfaßten Tourenrückbiers kann das finanzgerichtliche Urteil keinen Bestand haben.
Das HZA rügt insoweit zu Recht, daß das FG das Beweisergebnis nicht richtig gewertet habe: (Wird ausgeführt).
Fehl geht schließlich die Auffassung der Klägerin, die Geltendmachung der Biersteuer für das zurückverbrachte Bier stelle eine Doppelbesteuerung dar, die dem Wesen der Biersteuer als Verbrauchsteuer widerspreche und die deshalb unzulässig sei, selbst wenn rein formal gesehen die mehrfache Verwirklichung des Besteuerungstatbestandes die mehrfache Entstehung der Steuerschuld zur Folge haben sollte.
Es ist richtig, daß die Biersteuer als Verbrauchsteuer den Verbrauch der Ware belasten soll. Eine Ware kann aber nur einmal verbraucht werden. Deshalb entspricht es dem Wesen einer Verbrauchsteuer, daß die Steuerschuld für die gleiche Ware nur einmal entrichtet werden soll (BFH-Urteil vom 27. Februar 1973 VII R 32/70, BFHE 109, 89). Dennoch ist nach der Systematik des Biersteuergesetzes die Entstehung einer mehrfachen Steuerschuld möglich, da das Biersteuergesetz wie die anderen Verbrauchsteuergesetze die Entnahme aus dem Herstellungsbetrieb für die Entstehung der Steuerschuld genügen läßt. Wird dieser Entstehungstatbestand für Bier, das in die Brauerei zurückverbracht wird, mehrfach verwirklicht, so hat das nach der Systematik des Gesetzes auch die mehrfache Entstehung der Steuerschuld zur Folge. Um aber einer Doppelbesteuerung in diesen Fällen entgegenzuwirken, hatte der Gesetzgeber bereits in § 8 BierStG in der Fassung vom 14. März 1952 (BGBl I 1952, 149, Bundeszollblatt 1952 S. 195 – BZBl 1952, 195 –) bestimmt, daß für Bier, das in die Brauerei zurückgelangt, die Biersteuer nach näherer Bestimmung des BdF erstattet werden kann. Diese näheren Bestimmungen traf der BdF in § 15 BierStDB in der Fassung vom 14. März 1952 (BGBl I 1952, 153, BZBl 1952, 199). Danach kann Bier, für das eine Steuerschuld entstanden ist, in die Brauerei, in der es hergestellt ist, zurückgebracht werden mit der Wirkung, daß es wieder als unversteuertes Bier gilt (§ 15 Abs. 1). Das Bier ist beim Wiedereingang in die Brauerei in dem nach bestimmtem Muster zu führenden Rückbierbuch anzuschreiben (§ 15 Abs. 2 Satz 1). Die Steuer wird dadurch erstattet, daß die Zollstelle das im Rückbierbuch als Zugang eingetragene Bier im Biersteuerbuch von den entsprechenden Gattungen des steuerpflichtig gewordenen Biers absetzt (§ 15 Abs. 6). Nach dieser Regelung hängt also die Erstattung der Biersteuer für Rückbier von dessen ordnungsgemäßer Anschreibung im Rückbierbuch ab.
Daran hat sich nichts dadurch geändert, daß die für den vorliegenden Fall maßgebliche Neufassung des § 8 BierStG durch das Änderungsgesetz vom 10. Oktober 1957 (BGBl I 1957, 1712, BZBl 1957, 520) entgegen der früheren Kannvorschrift nunmehr bestimmt, daß für Bier, das in die Brauerei zurückgelangt, die Biersteuer nach näherer Bestimmung des BdF erstattet wird. Denn auch die Neufassung hat den Vorbehalt der näheren Bestimmung des BdF beibehalten. Unerheblich ist auch, daß der BdF auf den neuen Wortlaut des § 8 BierStG gestützte nähere Bestimmungen erst durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Durchführungsbestimmungen zum Biersteuergesetz vom 5. Dezember 1969 (BGBl I 1969, 2169, BZBl 1969, 1581) geschaffen hat. Die Umwandlung der Kannvorschrift in eine zwingende Erstattungsvorschrift unter Beibehaltung der Befugnisse des BdF, die näheren Bestimmungen zu treffen, bedeutet nicht, daß die bisher geltenden Durchführungsbestimmungen über die technische Abwicklung der Erstattung unwirksam würden. Sie behielten ihre Funktion und Berechtigung und waren durch die Neufassung der Ermächtigung nach wie vor gedeckt. (Wären sie weggefallen, so könnten sie im übrigen der Klägerin überhaupt keine Handhabe für einen Erlaß aus Rechtsgründen mehr bieten.)
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der BdF als Verordnungsgeber auch die ihm in § 8 BierStG (a. F.) eingeräumte Ermächtigung nicht überschritten, indem er die Erstattung auf das im Rückbierbuch (nach § 15 Abs. 2 BierStDB n. F. im Biersteuerbuch) angeschriebene Bier beschränkt hat. Eine zeitnahe Erfassung des Rückbiers ist vielmehr zur Sicherung der Steueraufsicht und zur Vermeidung von Mißbräuchen unumgänglich. Die von dem Verordnungsgeber getroffene Regelung, die eine Steuererstattung nur für das in dem Rückbierbuch angeschriebene Rückbier vorsah, muß deshalb als sachgerecht angesehen werden. Sie führt nicht zu einer ungerechtfertigten, dem Ziel des § 8 BierStG (alter und neuer Fassung) nicht entsprechenden Einschränkung des Erstattungsanspruches.
Fundstellen
Haufe-Index 510591 |
BFHE 1977, 84 |