Normenkette
UStG 1967 § 1 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger betreibt ein Unternehmen für Heizungsbau und sanitäre Anlagen. Anläßlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde vom Prüfer festgestellt, daß der Kläger von seinem Monteur S eine bei dessen Wohnung belegene Garage gemietet hat, in der das von S zur Wahrnehmung seiner Arbeitsaufgaben benutzte unternehmenseigene Kraftfahrzeug untergestellt wurde. Dieses Fahrzeug war in den Unternehmensfarben lackiert und mit einer Firmenaufschrift versehen.
Das Finanzamt (Beklagter) vertrat zur Umsatzsteuerfestsetzung für das Jahr 1978 die Auffassung, die Benutzung dieses Fahrzeugs durch S zwischen Garage und dem fünf Kilometer entfernten Unternehmenssitz erfolge aufgrund einer Kfz-Überlassung für private Zwecke, da S insoweit Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zurücklege. Die Überlassung des Fahrzeugs an S für diese Fahrten sei nicht nur ein lohnsteuerrechtlich relevanter Vorgang (Gewährung eines geldwerten Vorteils in Höhe der ersparten Fahrkosten), sondern eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967 steuerbare entgeltliche Leistung des Klägers an S. Das Finanzamt hat unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung die Umsatzsteuer 1978 festgesetzt (Mehrsteuer von 61,69 DM).
Hierzu hat der Kläger vorgetragen, das Kraftfahrzeug sei seinem Monteur ausschließlich zu betrieblichen Zwecken zur Verfügung gestellt worden. Die Fahrten zu den Kunden habe der Monteur unmittelbar von der Garage aus angetreten, sofern er am Abend zuvor Materialien und Werkzeug zugeladen habe. In den übrigen Fällen habe der Monteur morgens die Werkstatt nur zur Zuladung aufgesucht. Wegen dieser Handhabung sei eine schriftliche Vereinbarung zur Kfz-Überlassung nicht getroffen worden. Die arbeitsrechtliche Verpflichtung zur Überlassung des Kraftfahrzeugs erkläre sich allein aus den betrieblichen Gegebenheiten, denn ohne im Besitze des Kraftfahrzeugs zu sein, hätte der Monteur nicht seine Kundenbesuche antreten können. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Finanzgericht hat der Klage, mit der sich der Kläger gegen die Annahme einer steuerpflichtigen Kfz-Überlassung gewendet hat, stattgegeben. Nach den Grundsätzen des BFH-Urteils vom 7. Mai 1981 V R 47/76 (BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495) könne eine entgeltliche Leistung des Klägers in Gestalt der Kfz-Überlassung mit einer Gegenleistung in Gestalt eines ideellen Arbeitsanteils nicht angenommen werden. Nach den Darlegungen des Klägers sei zu verneinen, daß die Überlassung des Kraftfahrzeugs als eine Vergütung für geleistete Dienste gedacht gewesen sei. Allenfalls sei eine freiwillige Überlassung anzunehmen, der aber nach den Grundsätzen des BFH-Urteils in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 als Gegenleistung nicht ein ideeller Arbeitsanteil gegenüberstehen könne. Für eine von S erbrachte Gegenleistung sei in tatsächlicher Hinsicht nichts erkennbar.
Mit der vom BFH zugelassenen Revision macht das Finanzamt geltend, die Gesamtumstände sprächen dagegen, daß die Kfz-Überlassung aus betrieblichen Erwägungen erfolgt sei. Sie sei auch nicht freiwillig erfolgt, denn sie sei dem Monteur S zugesagt worden. Zur Annahme einer Kfz-Überlassung als Vergütung für geleistete Dienste fehle es zwar an einer greifbaren Abrede zwischen Kläger und S. Jedoch spreche der Umstand, daß S vom Kläger gegenüber anderen Arbeitnehmern bevorzugt worden sei, für die Annahme, daß der Kläger dem S einen Barlohn und einen Sachlohn als Vergütung für geleistete Dienste habe gewähren wollen. Das Finanzamt beantragt, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision. Die Argumentation des Finanzamts, er habe dem S die Benutzung des Kraftfahrzeugs verbindlich zugesagt, beruhe auf einer Fehlinterpretation einer Äußerung im Einspruchsverfahren (Schreiben vom 19. 2. 1982). Seine damalige Äußerung, die arbeitsrechtliche Verpflichtung zur Gewährung einer Sachleistung ergebe sich daraus, daß S mit dem ihm zur Verfügung gestellten Firmenfahrzeug teilweise von seiner Wohnung aus zu Kunden gefahren sei, erlaube es dem Finanzamt nicht, nunmehr vorzutragen, er habe zugestanden, dem S eine verbindliche Zusage zur privaten Benutzung des Firmenfahrzeugs gegeben zu haben. Im übrigen ergäben die Gesamtumstände, daß die Kfz-Überlassung allein im betrieblichen Interesse erfolgt sei. Er, der Kläger, habe den Vorteil des beschleunigten Betriebsablaufs gehabt; dem Monteur S sei dagegen ein besonderer Vorteil nicht zugute gekommen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Finanzamts ist unbegründet.
1. Nach den Entscheidungen des erkennenden Senats vom 7. Mai 1981 V R 47/76 (BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495), vom 17. September 1981 V B 43/81 (BFHE 134, 65, BStBl II 1981, 575) und vom 24. März 1983 V B 56/82 (BFHE 138, 111, BStBl II 1983, 391) sind im Geltungsbereich des UStG 1967 betriebliche Sachzuwendungen nur dann steuerbar, wenn sie entweder eine Vergütung für geleistete Dienste darstellen oder als freiwillige Zuwendungen mit dem Ziele einer objektiv erzielbaren und erbringbaren Gegenleistung gewährt werden; im Falle der zweiten Alternative kommt ein ideeller Arbeitsanteil des bedachten Arbeitnehmers als eine solche erzielbare und erbringbare Gegenleistung nicht in Betracht, da die volle Arbeitsleistung ohnehin dem Arbeitgeber geschuldet wird.
2. Feststellungen, die die Annahme einer Vergütung für geleistete Dienste rechtfertigen, sind nicht getroffen worden. Sie konnten auch vom Finanzamt nicht beigebracht werden. Dem Kläger ist darin zuzustimmen, daß das Finanzamt zu Unrecht seine Rechtsausführungen als ein Zugeständnis tatsächlicher Art (d. h. im Sinne einer gegebenen verbindlichen Zusage zur privaten Kfz-Nutzung) interpretiert hat. Das Finanzamt stützt sich bei dieser Sachlage auf Überlegungen, die jedoch nicht zwingend sind. Sie werden eher durch die Umstände widerlegt. Der dem S überlassene Firmenwagen war äußerlich als solcher erkennbar. Er wurde zudem als eine Art von Werkstattwagen genutzt. Deshalb ist eine Benutzung des Kraftfahrzeugs durch S in dessen Freizeit nicht in Betracht gezogen worden. Die wirtschaftlichen Vorteile, die dem S durch die Benutzung des Kraftfahrzeugs auf dem Wege zur Werkstatt zufielen, waren jedenfalls nicht so gewichtig, daß sich deshalb ihre Einbeziehung in die Lohnvereinbarung (als weitere Vergütung für geleistete Dienste) hätte aufdrängen müssen.
3. Für die Annahme einer steuerbaren freiwilligen Sachzuwendung des Klägers fehlt es an einer erkennbaren Gegenleistung des S. Auf seiten des Klägers und des S waren sich überlagernde wirtschaftliche Interessen vorhanden. Die Unterbringung des Kraftfahrzeugs beim S und die damit gegebene Fahrbereitschaft des Monteurs waren wirtschaftliche Vorteile für den Kläger, gegenüber denen die durch Fahrten zwischen Garage und Werkstatt entstehenden Kosten in den Hintergrund traten. Außerdem konnte der Kläger noch ersparte Kosten für die Fälle gegenrechnen, in denen bei Direktfahrten des S zum Kunden ein kürzerer Zugang anfiel. In Kenntnis dieser Vorteile für den Kläger ergab sich für den S kein erkennbarer und zwingender Grund, wegen der damit für ihn verbundenen wirtschaftlichen Vorteile dem Kläger ein besonderes Zugeständnis zu machen.Der Kläger konnte die zu seinem betrieblichen Vorteil wirkenden Maßnahmen nicht treffen, ohne gleichzeitig seinem Monteur einen Vorteil zuzuwenden. Damit tritt das betriebliche Moment bei der Gewährung eines wirtschaftlichen Vorteils an den Arbeitnehmer so stark in den Vordergrund, was erklärt, weshalb der Kläger von S keine (besondere) Gegenleistung verlangt hat.
4. Die Benutzung des Kraftfahrzeugs durch S auf dem Wege von der Garage zur Werkstatt entsprechend dem Willen des Klägers ist ein sich in der unternehmerischen Sphäre des Klägers vollziehender Vorgang. Damit scheidet die Annahme eines von § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b UStG 1967 erfaßten Vorgangs aus.
Fundstellen
BStBl II 1984, 688 |
BFHE 1985, 359 |