Leitsatz (amtlich)

Führt ein Unternehmer beim Austauschverfahren mit Kfz.-Motoren und -aggregaten Umsätze aus, die unter die Regelung der Erlasse des RdF vom 29. September 1941 – S 4199 – 15 m und vom 11. Februar 1943 – S 4169 – 29 III (USt-Kartei S 4169, Karten 6 und 7) fallen, so ist er nicht gehindert, auf andere Umsätze beim Austauschverfahren mit diesen Gegenständen den ermäßigten Steuersatz des § 7 Abs. 3 UStG 1951 anzuwenden, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen.

 

Normenkette

UStG 1951 § 7 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) betreibt den Handel mit Lastkraftwagen und unterhält eine Kraftfahrzeugreparaturwerkstatt. Streitig ist die umsatzsteuerrechtliche Behandlung des Austausches reparaturbedürftiger Motoren und Aggregate ihrer Kunden gegen gleichartige generalüberholte Motoren und Ersatzteile, die sie vom Hersteller erworben hatte. Soweit die Steuerpflichtige in ihrer Werkstatt selbst die Motoren und Aggregate ein- und ausbaute, unterwarf sie entsprechend den Erlassen des Reichsministers der Finanzen (RdF) vom 29. September 1941 – S 4169 – 15 III – und 11. Februar 1943 – S 4169 – 29 III – (USt-Kartei S 4169, Karten 6 und 7) nur den Austauschpreis der Umsatzsteuer zum Steuersatz von 4 v. H, (sogenannte Einbaulieferungen). Soweit sie jedoch erworbene generalüberholte Motoren und Aggregate unbearbeitet im Großhandel an Werkstätten lieferte, von denen sie reparaturbedürftige Altteile erworben und unbearbeitet an den Hersteller weitergeliefert hatte (sogenannte reine Verteilerlieferungen), nahm sie den Großhandelssteuersatz von 1 v. H. in Anspruch.

Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt – FA –) behandelte auch diese Umsätze entsprechend den RdF-Erlassen und unterwarf …… die Austauschpreise dem Steuersatz von 4 v. H. Nach erfolglosem Einspruch entsprach des Finanzgericht (FG) dem Klagebegehren und setzte unter Abänderung der Steuerbescheide die Umsatzsteuer entsprechend herab. Es vertrat die Auffassung, der Steuerpflichtigen stehe für die reinen Verteilungslieferungen der ermäßigte Großhandelssteuersatz des § 7 Abs. 3 UStG 1951 zu, weil alle Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt seien. …

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision, mit der das FA die Verletzung des § 7 Abs. 3 UStG 1951 sowie der Vorschriften der genannten Milderungserlasse rügt und im wesentlichen folgendes vorträgt:

Die von der Steuerpflichtigen ausgeführten Umsätze mit den generalüberholten Motoren und anderen Ersatzteilen seien, gleichgültig, ob diese Gegenstände von ihr in die Kraftfahrzeuge (Kfz.) ein- und ausgebaut worden sind, umsatzsteuerrechtlich einheitlich zu behandeln. Entweder seien auf diese Umsätze einheitlich die genannten Milderungserlasse oder die jeweils einschlägigen gesetzlichen Vorschriften anzuwenden. Es sei jedenfalls nicht angängig, in den Fällen, in denen die Steuerpflichtige den Aus- und Einbau vornehme, die Milderungserlasse, und in jenen Fällen, in denen sie die erworbenen Motoren und Ersatzteile unbearbeitet weiterliefere, den ermäßigten Steuersatz nach § 7 Abs. 3 UStG 1951 in Anspruch zu nehmen. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Wortlaut der Milderungserlasse. Da im vorliegenden Fall die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften auf die Gesamtheit der genannten Fälle zu einem für die Steuerpflichtige günstigeren Ergebnis führe als die Anwendung der Milderungserlasse (auf die Gesamtheit der Fälle), falle die Inanspruchnahme der Milderungserlasse aus. …

Die Steuerpflichtige hält die Vorentscheidung im Ergebnis für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Zutreffend ist das FG zu dem Ergebnis gekommen, daß der Steuerpflichtigen für die in Rede stehenden Umsätze der ermäßigte Großhandelssteuersatz des § 7 Abs. 3 UStG 1951 zusteht, weil alle Voraussetzungen dieser Vorschrift vorliegen. Der Senat teilt insoweit die Auffassung des FG, die Tatsache, daß die Steuerpflichtige andere Umsätze, bei denen die Austauschteile von ihr bearbeitet werden, entsprechend den Milderungserlassen vom 29. September 1941 und 11. Februar 1953 (a.a.O.) behandelt, zwinge nicht dazu, die genannten Erlasse auch auf die streitigen Umsätze anzuwenden. Eine solche Auffassung kann insbesondere nicht, wie das FG richtig ausführt, aus dem Anwendungsbereich des sogenannten Tankstellenerlasses abgeleitet werden, dessen rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung in einem völlig anderen Rahmen liegt. Im übrigen ergibt sich die Richtigkeit dieser Ansicht auch aus dem Wortlaut der Erlasse. In beiden Erlassen ist davon die Rede, daß die reparaturbedürftigen Motoren von Kfz.- Besitzer an die Händler übergeben bzw. das Entgelt für Austauschteile und Austauschaggregate vom Kfz.-Besitzer entrichtet wird. In den Erlassen sind daher jene Fälle nicht angesprochen, in denen – wie bei den hier streitigen Umsätzen – vor dem Händler ein weiterer Unternehmer tätig wird, der seinerseits bereits den Motor ausbaut und dem Händler überläßt. In diesen Fällen wird der Motor dem Händler nicht vom Kfz.- Besitzer übergeben. In diesem Rahmen war für eine sinnvolle Milderungsregelung kein Raum, weil die Lieferungen der Motoren durch den Händler ohnedies dem ermäßigten Großhandelssteuersatz unterliegen.

Das FG hat daher mit Recht gebilligt, daß die Steuerpflichtige für jene Teile, in denen sie Motoren und Aggregate ein- und ausbaute, die Regelung der genannten Milderungserlasse, und für jene Fälle, in denen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UStG 1951 vorlagen, den ermäßigten Großhandelssteuersatz des § 7 Abs. 3 UStG 1951 in Anspruch nahm…

 

Fundstellen

Haufe-Index 514889

BFHE 1972, 247

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