Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf Grund der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus ist der zuletzt festgestellte Einheitswert zugrunde zu legen. Bei teilweise zerstörten Einfamilienhäusern ist der Wertanteil für Grundstücksteile, die infolge der Kriegszerstörung einen Nutzungswert nicht besitzen, auszuscheiden.

EStG 1939 §§ 21, 29 Absatz 3; Verordnung über die Bemessung des Nutzungswertes der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus vom 26. Januar 1937 (RGBl. I S. 99) § 1

 

Normenkette

EStG §§ 21, 29/3; EinfHausVO 1

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige (Stpfl.) besitzt ein Einfamilienhaus, das im Kriege zerstört wurde. Er hat in den Jahren 1946 und 1947 zum Teil wieder aufgebaut. Am 21. Juni 1948 waren nach seinen Angaben außer dem Keller zwei Räume im Erdgeschoß verwendbar. Strittig ist der Nutzungswert des Einfamilienhauses.

Der Einheitswert zum 1. Januar 1935 beträgt 17.200 RM. Er wurde zum 21. Juni 1948 fortgeschrieben und auf 7.300 RM festgesetzt. Hierbei nahm das Finanzamt eine Ertragsminderung infolge Kriegsschadens von 70 % und einen Bewertungssatz von 43 % gegenüber dem Einheitswert 1. Januar 1935 an.

Bei der Einkommensteuerveranlagung berechnete das Finanzamt den Nutzungswert des Einfamilienhauses nach der Verordnung vom 26. Januar 1937, Reichssteuerblatt 1937 S. 161, auf 3 % von 7.300 RM für ein Jahr und kam für II/1948 zu Einkünften aus dem Einfamilienhause von 110 DM und für 1949 von 219 DM. Der Stpfl. wandte sich hiergegen, da das Grundstück nur zum Teil nutzbar sei. Er stützte sich hierbei auf Abschnitt 171 Absatz 4 der Einkommensteuerrichtlinien II/1948 und 1949, die folgendes bestimmen: "Für beschädigte Einfamilienhäuser ist der Nutzungswert nur vom anteilmäßigen Einheitswert der benutzbaren Gebäudeteile zu berechnen". Der Stpfl. beantragte, den Nutzungswert wie folgt zu berechnen:

Einheitswert auf den 1. Januar 1935 ----- 17.200 RM Wertminderung infolge Kriegsschaden (70 v. H.) ------------------------------ 12.040 RM verbleibt ------------------------------- 5.160 RM = DM hiervon 3 v. H. Nutzungswert = 154,90 DM. Der Nutzungswert betrage hiernach für II/1948 77 DM und für 1949 155 DM. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verminderten sich dadurch für II/1948 um den Unterschied von 110 DM und 77 DM, also um 33 DM.

Das Finanzgericht gab der Berufung statt und begründete seine Entscheidung wie folgt:

Die Bestimmungen der Einkommensteuerrichtlinien stellen einen Milderungserlaß dar, der es dem Stpfl. überlasse, entweder den fortgeschriebenen Einheitswert oder den Einheitswert zum 1. Januar 1935, letzteren unter Berücksichtigung eines Abschlages für den Kriegsschaden als Besteuerungsgrundlage zu wählen. Das Wahlrecht sei darin begründet, daß ein Teil der Gebäude noch nicht fortgeschrieben sei und man Ungleichmäßigkeiten und damit verbundene Härten vermeiden wolle, wenn bei einem Teil der Stpfl. die alten Einheitswerte, bei einem anderen Teil die fortgeschriebenen Einheitswerte zugrunde gelegt würden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Vorstehers des Finanzamts muß im Ergebnis ohne Erfolg bleiben.

Dem Finanzamt ist darin beizupflichten, daß die fortgeschriebenen Einheitswerte der Berechnung des Nutzungswertes nach der Verordnung von 1937 zugrunde gelegt werden müssen. Dies führt nicht zu der vom Finanzgericht angenommenen Ungleichmäßigkeit und Unbilligkeit gegenüber Fällen, wo die Fortschreibung noch nicht durchgeführt worden ist.

Nach § 33 Absatz 2 der Durchführungsverordnung zum Reichsbewertungsgesetz vom 10. März 1941 sind Einfamilienhäuser mit dem gemeinen Wert zu bewerten. Als Grundlage hierfür kann die Jahresrohmiete dienen. Sie muß aber nicht der Bewertung zugrunde gelegt werden. Der gemeine Wert kann auch auf der Grundlage von Sachwerten berechnet werden, die sich auf Kaufpreisen aufbauen. Der Gebäudewert wird hierbei gewöhnlich nach Durchschnittspreisen je Kubikmeter umbauten Raumes berechnet. Bei einem teilzerstörten Einfamilienhaus wird sich der Wert nicht in dem Mietwert erschöpfen. Es werden insbesondere dort, wo sehr starke Zerstörungen vorliegen, neben den als Wohnung benutzbaren Gebäudeteilen noch weitere Grundstücksteile, insbesondere nicht ausgenutzter Grund und Boden, vorhanden sein, die neben dem Mietwert einen zusätzlichen Wert bilden. Für die vorliegende Frage ist es wesentlich, daß diese Grundstücksteile ertragslos sind. Sie müssen im Einheitswerte berücksichtigt werden, sind aber bei der Berechnung des Nutzungswertes auszuscheiden. Die Einkommensteuerrichtlinien Abschnitt 171 Absatz 4 stellen keinen Milderungserlaß dar, sondern sind eine zutreffende Auslegung der Verordnung von 1937.

Im vorliegenden Falle beträgt der Einheitswert zum 21. Juni 1948 43 % des Einheitswertes 1935. Nach der Schätzung bei der Fortschreibung des Einheitswertes beträgt der ertragslose Teil des Grundstückes 13/43 und der Teil mit Nutzungswert 30/43 des Gesamtwertes. Dies führt für den nutzbaren Grundstücksteil zu einem Werte von 5.093 RM. Zu dem gleichen Ergebnis kommt man, wenn man 30 % des Einheitswertes vom 1. Januar 1935 ansetzt, wie dies durch das Finanzgericht geschehen ist. Es ergibt sich ein Einheitswert für die nutzbaren Grundstücksteile von 5.160 RM. Beide Berechnungen weichen nur insofern unwesentlich voneinander ab, als bei der Fortschreibung der Betrag von 7.396 RM (43 % von 17.200 RM) auf 7.300 RM abgerundet worden ist. Man kommt somit auch zu keinem anderen Ergebnis, wenn man den Einheitswert vom 21. Juni 1948 zugrunde legt. Die Berechnung des Finanzamts war insofern fehlerhaft, als hier nicht die ertragslosen Grundstücksteile ausgeschieden worden sind.

Die Rb. muß als unbegründet zurückgewiesen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407353

BStBl III 1952, 93

BFHE 1953, 236

BFHE 56, 236

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