Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anerkennung eines Ehegattenarbeitsverhältnisses
Leitsatz (NV)
1. Aufwendungen des Arbeitgeber-Ehegatten für seinen Arbeitnehmer-Ehegatten an Lohn- und Sozialversicherungsbeiträgen sind nur dann Betriebsausgaben, wenn das zugrundeliegende Arbeitsverhältnis zwischen den Ehegatten steuerrechtlich anzuerkennen ist.
2. Das setzt voraus, daß das Arbeitsverhältnis klar und eindeutig vereinbart und entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt ist sowie nach Inhalt und Ausführung dem entspricht, was unter Fremden üblich ist.
3. Zum tatsächlichen Vollzug eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses gehört es - neben der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen -, daß das Arbeitsentgelt nach Höhe und Zeitpunkt entsprechend den getroffenen Vereinbarungen aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten ausscheidet und in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangt. Dies ist nicht der Fall, wenn das Gehalt des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein eigenes Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wird, an dem der Arbeitnehmer-Ehegatte lediglich ein Mitverfügungsrecht besitzt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein . . .unternehmen. Seine Ehefrau arbeitet in dem Unternehmen mit. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) hat das Arbeitsverhältnis seit 1960 steuerlich anerkannt.
Bei einer Außenprüfung stellte der Prüfer fest, daß das monatliche Gehalt der Ehefrau auf ein Konto bei der . . .Bank überwiesen wurde. Kontoinhaber war der Kläger, seine Ehefrau hatte Verfügungsmacht. Auf dem Konto wurden auch Vergütungen des Klägers gutgeschrieben und geringfügige Lebenshaltungskosten (Rundfunkgebühren, Sparbeiträge der Ehefrau) abgebucht. Die Ehefrau hat die Gehaltsüberweisungen jeweils in aufoder abgerundeten Beträgen von dem Konto wieder abgehoben.
Der Prüfer und ihm folgend das FA werteten die Gehaltsüberweisungen als Überführung der Beträge aus dem Betriebsvermögen in das Privatvermögen des Klägers (Arbeitgeber-Ehegatte). Das Abheben durch die Ehefrau (Arbeitnehmer-Ehegatte) sei lediglich eine Verwendung der überwiesenen Beträge und deshalb unerheblich. Das FA ließ deshalb die Gehaltszahlungen an die Ehefrau und die Arbeitgeberbeiträge zur Kranken- und Arbeitslosenversicherung nicht mehr zum Abzug als Betriebsausgaben zu und änderte die Gewerbesteuermeßbetragsbescheide für die Streitjahre (1979 bis 1981) entsprechend.
Der Einspruch des Klägers und seine Klagen hatten keinen Erfolg.
Mit seiner Revision rügt der Kläger insbesondere die Verletzung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Gehaltszahlungen an die Ehefrau sowie die Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge für sie seien Betriebsausgaben. Dem klar und eindeutig vereinbarten Ehegatten-Arbeitsverhältnis könne die steuerliche Anerkennung nicht versagt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). FA und Finanzgericht (FG) haben den Abzug des Arbeitsentgelts und der Sozialversicherungsbeiträge als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) ohne Rechtsfehler versagt.
1. Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind. Das sind Aufwendungen des Arbeitgeber-Ehegatten für seinen Arbeitnehmer-Ehegatten - seien es die Zahlungen von Gehalt/Lohn, seien es die Abführungen der Sozialversicherungsbeiträge (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. Februar 1983 VIII R 27/80, BFHE 138, 198, BStBl II 1983, 496) - nur, wenn das zugrunde liegende Arbeitsverhältnis zwischen den Ehegatten steuerrechtlich anzuerkennen ist. Das wiederum setzt voraus, daß das Arbeitsverhältnis klar und eindeutig vereinbart, entsprechend der Vereinbarung tatsächlich durchgeführt (vollzogen) wird und nach Inhalt und Ausführung dem entspricht, was unter Fremden üblich ist (vgl. BFH-Urteile vom 14. April 1983 IV R 198/80, BFHE 138, 359, BStBl II 1983, 555; vom 7. Mai 1987 IV R 73/85, BFH/NV 1987, 765, jeweils m. w. N.). Fehlt es an einer dieser Voraussetzungen, sind die Aufwendungen des Arbeitgeber-Ehegatten nicht als Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 EStG) abziehbar, sondern als Entnahmen (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 12 Nr. 1 EStG) zu behandeln.
Diese Grundsätze sind auf die Ermittlung des Gewerbeertrags zu übertragen (§ 7 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -).
2. Zwischen den Beteiligten besteht Übereinstimmung darüber, daß das Arbeitsverhältnis klar und eindeutig vereinbart worden ist. Diese Rechtsauffassung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
3. Entgegen der Ansicht des Klägers fehlt es an der steuerrechtlich wirksamen Durchführung des Arbeitsverhältnisses.
Zum tatsächlichen Vollzug eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses gehört es, daß - neben der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und unabhängig davon - das Arbeitsentgelt nach Höhe und Zeitpunkt entsprechend den getroffenen Vereinbarungen aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten ausscheidet und in den alleinigen Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangt (vgl. BFH-Urteil vom 15. Januar 1980 VIII R 154/78, BFHE 130, 149, BStBl II 1980, 350, m. w. N.).
Das verlangt die klare Trennung der sich für die Ehegatten aus der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft ergebenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse von den Rechtsbeziehungen zwischen den Ehegatten, die aufgrund des Arbeitsverhältnisses entstanden sind und bestehen (vgl. BFH-Urteil vom 9. April 1968 I 157/65, BFHE 92, 281, BStBl II 1968, 524). Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn - wie im Streitfall - das Gehalt des Arbeitnehmer-Ehegatten auf ein eigenes Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wird, an dem der Arbeitnehmer-Ehegatte (lediglich) ein (Mit-)Verfügungsrecht hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 130, 149, 151, BStBl II 1980, 350, und in BFHE 92, 281, 284, BStBl II 1968, 524). Mit einer solchen Überweisung wird das Geld nicht in den alleinigen (privaten) Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten überführt. Es gelangt vielmehr aus dem betrieblichen Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten nur in dessen privaten Bereich. Ein solcher Übergang schließt den steuerrechtlich wirksamen Vollzug des Arbeitsverhältnisses aus, weil nach der Lebenserfahrung kein (familien-)fremder Arbeitnehmer auf die Überführung seines Arbeitsentgeltes in seinen eigenen und alleinigen Bereich verzichten würde. Diese Rechtsauffassung wird durch den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 27. November 1989 GrS 1/88 (BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160) bestätigt. Mit dieser Entscheidung hat der BFH u. a. Aufwendungen (Arbeitsentgelte) eines Arbeitgeber-Ehegatten zugunsten seines Arbeitnehmer-Ehegatten auch dann nicht zum Abzug als Betriebsausgaben zugelassen, wenn die Beträge auf ein Bankkonto überwiesen wurden, über das beide Ehegatten alleinverfügungsberechtigt (sog. Oder-Konto) waren.
4. Demgegenüber vermag das Vorbringen des Klägers nicht zu überzeugen.
Bei der dargelegten Rechtslage ist es für die Entscheidung unerheblich, wann der Arbeitnehmer-Ehegatte aufgrund der ihm eingeräumten Verfügungsmacht über die jeweils auf dem Konto gutgeschriebenen Beträge verfügt und wozu diese verwendet werden. Beides ändert nichts daran, daß das Arbeitsentgelt auf das Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wird, darauf eine gewisse (kürzere oder längere) Zeit verbleibt und damit grundsätzlich zunächst nicht aus dem Bereich des Arbeitgeber-Ehegatten ausscheidet. Eine (regional) abweichende Handhabung ist steuerrechtlich unerheblich und muß deshalb unberücksichtigt bleiben.
Die Entscheidung des Senats verletzt keine verfassungsmäßigen Rechte des Klägers. Sein Hinweis, ein Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Ehepaar sei bei der steuerrechtlichen Beurteilung der Gehalts-/Lohn-Zahlungen einem Arbeitnehmer-Ehepaar gleichzustellen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die zugrunde liegenden, steuerrechtlich maßgebenden Sachverhalte unterscheiden sich wesentlich voneinander: Für ein Arbeitnehmer-Ehepaar ist es bezüglich der Gehalts-/Lohn-Zahlungen überhaupt nicht möglich, zwischen einem betrieblichen Bereich und dem privaten Einkommens- und Vermögensbereich zu unterscheiden und die Arbeitsentgelte dem einen oder anderen Bereich zuzuordnen. Abgrenzungsfragen zur zutreffenden steuerrechtlichen Behandlung der Zahlungen stellen sich deshalb - anders als bei dem Kläger - nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 63037 |
BFH/NV 1991, 582 |