Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer
Leitsatz (amtlich)
Der VI. Senat tritt dem Grundsatzurteil des I. Senats I 174/60 S vom 17. Februar 1965 (BStBl 1965 III S. 230) darin bei, daß Lizenzgebühren keine Pachtzinsen im Sinne des § 8 Ziff. 8 GewStG sind, wenn der zugrunde liegende Vertrag bürgerlich-rechtlich nicht dem Typus des Pachtvertrags entspricht, sondern für den Lizenzgeber über die überlassung des Patentrechts hinaus wesentliche Rechtspflichten begründet, vor allem, wenn der Lizenzgeber zur laufenden Mitarbeit im Interesse des Lizenznehmers verpflichtet ist.
Bemessung des Streitwerts im Rechtsmittelverfahren über die Gewerbesteuer.
Bedeutung einer Beschränkung des Rechtsmittelantrags während des Rechtsmittelverfahrens für die Bemessung des Streitwerts.
Normenkette
GewStG § 8 Ziff. 8, § 8/7, § 12 Abs. 2 Ziff. 2
Tatbestand
Die Bgin., eine KG, die Bolzensetzapparate herstellt und vertreibt, hat auf Grund eines am 2. April 1952 geschlossenen Lizenzvertrags das Recht, Patente des Ing. B. zu verwenden. Dieser hat die Bgin. auch bei der Auswertung der Patente zu betreuen, besonders die Herstellung der Geräte und Zubehörstücke laufend zu überwachen und daran Verbesserungen vorzunehmen. Als Gegenleistung hat die Bgin. eine Lizenzgebühr zu entrichten, die im Streitjahr 1956 43.040 DM betrug.
Das Finanzamt rechnete diese Lizenzgebühren unter Berufung auf § 8 Ziff. 8 GewStG zur Hälfte, also mit 21.520 DM, dem Gewinn der Bgin. aus Gewerbebetrieb wieder zu. Entsprechend erfaßte es auch gemäß § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbekapitals den Kapitalwert der Lizenzen mit 56.000 DM.
Demgegenüber hält die Bgin. die Lizenzgebühren nicht für Miet- und Pachtzinsen im Sinne des § 8 Ziff. 8 GewStG. Es liege vielmehr ein Vertrag eigener Art vor, weil B. sich nicht nur zur überlassung seiner Patente verpflichtet habe, sondern auch zur Zusammenarbeit bei der Fabrikation der Bolzensetzapparate. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht gab der Berufung statt und führte aus, Lizenzverträge seien zwar regelmäßig Nutzungsverträge im Sinne der §§ 8 Ziff. 8 und 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG. Die Lizenzgebühren seien darum regelmäßig wie bei Miet- und Pachtverträgen gewerbesteuerlich zu erfassen. Im Streitfall lägen indessen besondere Verhältnisse vor. Denn gemäß § 12 des Vertrages sei B. im Interesse der Bgin. verpflichtet, bei der Herstellung und Verbesserung der Bolzensetzapparate mitzuwirken. Dieser Verpflichtung sei er auch nachgekommen. Die Beweisaufnahme habe ergeben, daß er wie eine leitende Fachkraft die Produktion überwacht und die Erzeugnisse verbessert habe. Die Abmachungen zwischen den Beteiligten könnten darum bürgerlich-rechtlich nicht als echtes Pachtverhältnis verstanden werden; denn sie enthielten wesentliche, einem Pachtvertrag fremde Elemente. Es lägen Abmachungen eigener Art vor, die nicht unter die §§ 8 Ziff. 8 und 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG. fielen. Auch eine Aufteilung der Entgelte in Lizenzgebühren und Vergütungen für Mitarbeit würde dem Gesetz nicht entsprechen.
Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts unrichtige Anwendung der §§ 8 Ziff. 8 und 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG. Er führt aus, das Finanzgericht habe verkannt, daß die Mitarbeit des B. im Unternehmen der Bgin. nur unwesentlich gewesen sei. Der Lizenzvertrag sei ein echter Pachtvertrag. Weiter rügt der Vorsteher des Finanzamts, das Finanzgericht habe den Wert des Streitgegenstands für das Berufungsverfahren nicht mit 2.882 DM feststellen dürfen. Es habe übersehen, daß das Finanzamt an seiner Einspruchsentscheidung nicht in vollem Umfang habe festhalten wollen. Der Streitwert betrüge nur 2.020 DM.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet
Nach § 8 Ziff. 8 GewStG ist dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Hälfte der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, wieder zuzurechnen. Wie der I. Senat des Bundesfinanzhofs in dem Grundsatzurteil I 174/60 S vom 17. Februar 1965 (BStBl 1965 III S. 230) ausgeführt hat, fallen unter den Begriff Miet- und Pachtzinsen nur Leistungen auf Grund solcher Verträge, die nach ihrem wesentlichen rechtlichen Gehalt Miet- oder Pachtverträge im Sinne des bürgerlichen Rechts sind. Wie in dem Urteil dargelegt wird, ist die Einordnung eines Lizenzvertrages unter diesen Vertragstyp ausgeschlossen, wenn er wesentliche Elemente enthält, die dem Typus des Pachtvertrags fremd sind. Das ist vor allem anzunehmen, wenn der Lizenzgeber nicht nur die Schutzrechte zur Verfügung stellt, sondern sich zu weiteren wesentlichen positiven Leistungen im Interesse des Lizenznehmers verpflichtet, wie etwa zur Sachverständigen-Beratung, zur überwachung der Produktion, zur Verfeinerung oder Verbesserung oder Beseitigung von Fehlern des patentierten Gegenstandes usw. Solche Verträge sind keine Pachtverträge im Sinne des bürgerlichen Rechts, sondern Verträge eigener Art (ß 305 BGB). Die gezahlten Lizenzgebühren sind in solchen Fällen gewerbesteuerlich dem Gewinn nicht wieder zuzurechnen. Der erkennende Senat tritt den Rechtsausführungen des I. Senats bei und nimmt an, daß Lizenzverträge, in denen im Interesse des Lizenznehmers eine wesentliche laufende Mitarbeit des Lizenzgebers vorgesehen ist, bürgerlich-rechtlich und deshalb auch gewerbesteuerrechtlich keine Miet- und Pachtverträge sind.
Im Streitfall war nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts der Lizenzgeber gemäß § 12 des Lizenzvertrages auch zur laufenden Mitarbeit verpflichtet und ist dieser Verpflichtung auch nachgekommen. Seine Mitwirkungspflicht stand also nicht nur auf dem Papier. Seine Mitarbeit war für den Betrieb der Bgin. und die Auswertung des Patents auch wesentlich. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts kam die Mitarbeit des Lizenzgebers etwa der eines leitenden Ingenieurs gleich. Die Einwendungen, die der Vorsteher des Finanzamts dagegen erhebt, richten sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts, die aber für den Bundesfinanzhof bindend sind, weil sie rechtlich einwandfrei zustande gekommen und einen Verstoß gegen den Inhalt der Akten nicht erkennen lassen (ß 288 Ziff. 1, § 296 Abs. 1 AO).
Aus demselben Grund ist auch für die Zurechnung des Teilwerts der Lizenzen gemäß § 12 Abs. 2 Ziff. 2 GewStG zum Einheitswert des Betriebsvermögens kein Raum.
Auch die Feststellung des Streitwerts ist unbedenklich. Streitwert ist im Gewerbesteuermeßbetragsverfahren der streitige Steuermeßbetrag, vervielfacht mit dem für das betreffende Jahr geltenden Hebesatz der zuständigen Gemeinde (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 189/54 vom 17. März 1955, Neue Wirtschaftsbriefe Fach 2 S. 984). Davon ist auch das Finanzgericht zu Recht ausgegangen. In der Einspruchsentscheidung war ein Gewerbesteuermeßbetrag von 3.227 DM festgestellt worden. Die Bgin. hatte demgegenüber beantragt, den Gewerbesteuermeßbetrag auf 2.026 DM festzustellen. Der Unterschiedsbetrag von (3.227 DM ./. 2.026 DM =) 1.201 DM war mit dem Hebesatz von 240 zu vervielfachen. Der Streitwert von (1.201 X 240 =) 2.882 DM ist darum vom Finanzgericht zutreffend ermittelt worden. Der Vorsteher des Finanzamts beruft sich darauf, daß er im Berufungsverfahren am Ergebnis der Einspruchsentscheidung nicht mehr voll festgehalten habe. Eine Beschränkung des Antrags im Laufe des Verfahrens hat indessen auf die Bemessung des Streitwerts keinen Einfluß (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 27/52 U vom 17. April 1952, BStBl 1952 III S. 152, Slg. Bd. 56 S. 389, unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs III A 256/21 vom 14. Dezember 1921, Steuer und Wirtschaft 1922 Nr. 293). Es kommt allein auf den Berufungsantrag des Steuerpflichtigen an. Dieser ging hier dahin, den Gewerbesteuermeßbetrag von 3.227 DM auf 2.026 DM herabzusetzen. Das Vorbringen des Vorstehers des Finanzamts hat allerdings für das Rechtsbeschwerdeverfahren Bedeutung. Hier war der Streitwert mit 2.020 DM festzustellen, weil der Antrag des Vorstehers des Finanzamts dahin ging, den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag auf 2.868 DM festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 411656 |
BStBl III 1965, 483 |
BFHE 1965, 654 |
BFHE 82, 654 |