Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftsanteil des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft als Sonderbetriebsvermögen II bei einer Personengesellschaft - Mandatsniederlegung des Bevollmächtigten während des Revisionsverfahrens
Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftsanteil des Gesellschafters einer GmbH kann notwendiges Sonderbetriebsvermögen II dieses Gesellschafters bei einer Kommanditgesellschaft auch dann sein, wenn beide Gesellschaften trotz verschiedenen Geschäftsbereichs nach einem einheitlichen wirtschaftlichen Gesamtkonzept geführt werden.Es reicht jedoch nicht aus, wenn die verschiedenen Beziehungen zwischen den beiden Gesellschaften dem Unternehmen der Personengesellschaft nur mittelbar über die wirtschaftlichen Interessen des beide Gesellschaften umfassenden Familien(gesamt-)unternehmens dienen.
Orientierungssatz
1. Als Wirtschaftsgut, das der Beteiligung des Mitunternehmers dient, (Sonderbetriebsvermögen II) kommt auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Betracht. Die Eigenschaft als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II kann sich in diesem Fall auch aus den Geschäftsbeziehungen zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft ergeben. So ist die Beteiligung des Gesellschafters an einer GmbH, an die die Personengesellschaft ihr Anlagevermögen vermietet oder verpachtet hat, ebenso als Sonderbetriebsvermögen angesehen worden wie die Beteiligung des Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft, die den Vertrieb für die Personengesellschaft übernommen hat, und die Beteiligung des Gesellschafters an einer Produktions-GmbH, für die die Personengesellschaft den Vertrieb übernommen hat. Dasselbe gilt für die Beteiligung von Mitunternehmern an einer Organgesellschaft, wenn zwischen dieser und der Personengesellschaft ein Organschaftsverhältnis vorliegt. Kennzeichnend für diese Gestaltungen ist eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft derart, daß die eine Gesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion der anderen erfüllt. Die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen besteht, reicht dagegen grundsätzlich nicht aus, um Anteile des Gesellschafters der Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft, mit der die Personengesellschaft Geschäftsbeziehungen unterhält, als notwendiges Sonderbetriebsvermögen anzusehen, und zwar auch dann nicht, wenn diese Geschäftsbeziehungen besonders intensiv sind (vgl. BFH-Rechtsprechung).
2. Sonderbetriebsvermögen II eines Mitunternehmers kann nicht allein schon deshalb angenommen werden, weil sowohl an der Personengesellschaft als auch an der Kapitalgesellschaft ―ggf. beherrschend― beteiligt ist, sondern weil die bestehende wirtschaftliche Verflechtung den Schluß zuläßt, daß er seine Machtstellung, die er ―ggf. zusammen mit anderen Mitunternehmern― kraft seines Anteilsbesitzes an der Kapitalgesellschaft über diese ausüben kann, in den Dienst des Unternehmens der Personengesellschaft stellt. Dieser Schluß ist nicht mehr möglich, wenn die Kapitalgesellschaft in erheblichem Umfang anderweitig geschäftlich tätig ist. In diesem Fall ist davon auszugehen, daß beide Gesellschaften mit ihrem Tätigkeitsbereich ―und damit auch die Interessenbereiche ihrer Gesellschafter― gleichrangig nebeneinander stehen (vgl. BFH-Rechtsprechung).
3. Mitunternehmer von Personengesellschaften können Wirtschaftsgüter, die nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II gehören, ihren gewillkürten Sonderbetriebsvermögen II zuordnen. Dies kommt bei Wirtschaftsgütern in Betracht, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft zu dienen oder diese zu fördern. Die subjektive Bestimmung setzt eine entsprechende Erklärung des Mitunternehmers voraus, wie sie regelmäßig dann vorliegen wird, wenn das Wirtschaftsgut in der Buchführung und Bilanz des Sonderbetriebsvermögens oder auch in der steuerlichen Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft ausgewiesen wird; die Bestimmung des Wirtschaftsguts, den Betrieb zu fördern, kann sich aber ggf. auch aus anderen Umständen ergeben (vgl. BFH-Rechtsprechung).
4. NV: Eine Revision wird nicht dadurch unzulässig, daß der Prozeßbevollmächtigte während des Revisionsverfahrens das Mandat niedergelegt hat. Es reicht für eine Sachentscheidung aus, wenn der noch postulationsfähige Prozeßbevollmächtigte die in diesem Verfahren maßgeblichen Prozeßhandlungen vorgenommen hat. Solange ein neuer Prozeßbevollmächtigter noch nicht bestellt ist, wird die Kündigung des Vollmachtvertrages nicht wirksam. Das Urteil ist, unabhängig davon, daß der Prozeßbevollmächtigte dem BFH gegenüber erklärt hat, er habe das Mandat niedergelegt (§ 168 i.V.m. § 671 BGB, § 87 ZPO, § 155 FGO), dem bisherigen Prozeßbevollmächtigten zuzustellen (vgl. BFH-Rechtsprechung).
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; BGB §§ 168, 671; EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 15 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 155; ZPO § 87 Abs. 1
Tatbestand
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eineKommanditgesellschaft (KG). Die früheren persönlich haftenden Gesellschafter und späteren Kommanditisten H und R waren seit 1967 mit je 50 v.H. am Stammkapital einer GmbH beteiligt. Beide waren auch Geschäftsführer der GmbH. Die Betriebsgrundstücke der GmbH hatten die beiden anderen
Gesellschafter E und G der Klägerin erworben und anschließend der GmbH vermietet. Die für den Erwerb der Anteile und Grundstücke erforderlichen Geldmittel stellte die Klägerin zur Verfügung.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin war neben der Herstellung von
Bändern, Borten und sog. Raschelgeweben auch die Herstellung von Kinderkleidung. Gegenstand des Unternehmens der GmbH war die Fertigung von
Damenoberbekleidung und ―nach dem Erwerb der Geschäftsanteile der GmbH durch
H und R― die Produktion der bisher von der Klägerin hergestellten
Kinderkleidung. Den Fertigungsbereich "Damenoberbekleidung" der GmbH übernahm
ab 1969 die Klägerin.
Die Kinderbekleidungsabteilung war vor allem deshalb gegründet worden, um den
Kunden der Klägerin zu zeigen, wie die Borten und Bänder etc. im praktischen
modischen Bereich eingesetzt werden können. Mit dieser Zielsetzung lieferte die Klägerin die Artikel auch an die GmbH. Diese war vor allem deshalb gegründet worden, um die Produktion und den Verkauf der Kinderbekleidung auszuweiten, im bisherigen Betrieb aufgetretene Kapazitätsengpässe zu beseitigen und weitere Umstrukturierungsvorteile zu nutzen. Die Warenlieferungen der KG an die GmbH machten in den Jahren 1969 bis 1973
jeweils weniger als 1 v.H. des Gesamtumsatzes der KG aus.
Das Damenoberbekleidungsprogramm sollte zunächst von der GmbH fortgeführt werden, wurde dann jedoch ―nach anfänglicher Lohnkonfektionierung durch die GmbH mit Abrechnung angemessener Leistungsentgelte― ganz an die Klägerin abgegeben. Darüber hinaus waren die beiden Unternehmen über gemeinsame Rationalisierungs- und Kooperationsmaßnahmen miteinander verbunden. Es handelte sich dabei um einen gemeinsamen Außendienst, um eine zentrale Kollektions-, Mode- und Produktionsentwicklung, um gemeinsame Werbe- und Marketingveranstaltungen und eine gemeinsame Teilnahme an Messen, um bestimmte Kooperationen im Bereich der Buchhaltung und elektronischen Datenverarbeitung und schließlich um eine gemeinsame Finanzplanung sowie eine aufeinander abgestimmte Verwaltung über die gemeinsamen Gesellschafter H und R und die für die GmbH tätige Gesellschafterin E.
Nach dem Vortrag der Klägerin wirkten beide Gesellschaften auch finanziell eng zusammen. Die KG habe der GmbH Preisnachlässe bis zu 20 v.H. eingeräumt,beide Gesellschaften hätten wechselseitig Bürgschaften übernommen und gemeinsamen "Bürgschafts- und Kapitaldienst in Millionenhöhe" geleistet. Die Gesellschafterinnen E und G der Klägerin hätten zudem auf Mietzinsen in Höhe von 100 000 DM gegenüber der GmbH und die beiden Gesellschafter R und H auf ihre Geschäftsführergehälter verzichtet. Entscheidend hierfür sei gewesen, daß beide Familienstämme an beiden Gesellschaften und an den Grundstücken je
zur Hälfte beteiligt gewesen seien.
Die Klägerin bilanzierte zunächst weder die von H und R erworbenen Geschäftsanteile an der GmbH noch die von E und G erworbenen Grundstücke. Im Anschluß an eine Betriebsprüfung für die Jahre 1966 bis 1970 rechnete jedoch der Prüfer die GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter H und R und aktivierte die Anteile im Einvernehmen mit den Gesellschaftern in der Prüferbilanz zum 30.Juni 1970 mit den Anschaffungskosten in Höhe von 561 734 DM. Einige Wochen nach der Schlußbesprechung veräußerten die Gesellschafter H und R die GmbH-Anteile für 44 883,38 DM. Den
Veräußerungsverlust verteilten sie im Wege der Teilwertabschreibung mit je 250 000 DM auf die Jahre 1971 und 1972 und mit 16 850,62 DM auf das Jahr 1973.
Im Rahmen einer weiteren Betriebsprüfung ―nunmehr für die Jahre 1971 bis 1974― vertrat der Prüfer die Ansicht, daß die GmbH-Anteile dem Privatvermögen der Gesellschafter zuzurechnen seien. Dementsprechend berücksichtigte auch der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die geltend gemachte Teilwertabschreibung in den ―nunmehr gemäß § 225 der Reichsabgabenordnung (AO) für endgültig erklärten― Feststellungsbescheiden 1971 bis 1973 nicht mehr.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Revision rügt die Klägerin sinngemäß Verletzung formellen Rechts (Verletzung der Aufklärungspflicht, unzutreffende Würdigung der gesamten Umstände des Streitfalles) und materiellen Rechts (§§ 4 Abs.1, 5 des Einkommensteuergesetzes ―EStG―).
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 17.Dezember 1986 beantragt, das Urteil
des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide 1971 und 1972 vom 20.Dezember 1976 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 24. und 29.Januar 1979 unter Berücksichtigung eines weiteren Verlustbetrags in Höhe von jeweils 250 000 DM abzuändern.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Der Senat hat aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden. Zu dieser ist der
Prozeßbevollmächtigte der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und 3 nicht erschienen, nachdem er mit Schriftsatz vom 3. Juli 1992 mitgeteilt hatte, er habe das Mandat niedergelegt. Ein anderer Prozeßbevollmächtigter ist nicht bestellt worden. An der mündlichen Verhandlung hat der alleinvertretungsberechtigte Nachtragsliquidator und Beigeladene zu 1 teilgenommen. Der Senat verweist hinsichtlich seines Vortrags auf die
Sitzungsniederschrift.
Entscheidungsgründe
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig.
Die Revision wurde nicht dadurch unzulässig, daß der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin und der Beigeladene zu 1 und 3 während des Revisionsverfahrens das Mandat niedergelegt hat. Die in diesem Verfahren maßgeblichen Prozeßhandlungen, die Einlegung und Begründung der Revision, sowie den Antrag auf mündliche Verhandlung nahm noch der postulationsfähige Prozeßbevollmächtigte vor. Das reicht für eine Sachentscheidung aus (vgl.
dazu BFH-Urteile vom 24. Oktober 1978 VII R 17/77, BFHE 126, 506, BStBl II 1979, 265, und vom 3. Februar 1988 I R 400/83, BFH/NV 1989, 399). Die Klägerin war auch während des gesamten Revisionsverfahrens vertreten. Solange ein neuer Prozeßbevollmächtigter noch nicht bestellt ist, wird die Kündigung des Vollmachtvertrages nicht wirksam (§ 87 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung ―ZPO―, § 155 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―, Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ―BFHEntlG― und dazu BFH-Urteil vom 13.
Januar 1977 V R 87/76, BFHE 121, 20, BStBl II 1977, 238, und Beschluß vom 20.
Dezember 1985 VI B 53/85, BFH/NV 1986, 689).
Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs.2
FGO).
Die begehrte Teilwertabschreibung ist unzulässig. Die Geschäftsanteile an der GmbH gehören nicht zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter H und R.
1. Zum Betriebsvermögen (§ 4 Abs.1, § 5 EStG) einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören nicht nur die im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zählen hierzu vielmehr auch Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, die jedoch geeignet und bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Mitunternehmers (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen (BFH-Urteile vom 6.Juli 1989 IV R 62/86, BFHE 157, 551, BStBl II 1989, 890, und vom 31.Oktober 1989 VIII R 374/83, BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677). Im Streitfall konnten die Geschäftsanteile an der GmbH allenfalls der Beteiligung der Mitunternehmer an der Klägerin dienen.
2. Die Geschäftsanteile gehörten nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen
II der Mitunternehmer.
a) Als Wirtschaftsgut, das der Beteiligung des Mitunternehmers dient, kommt auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Betracht. Die Eigenschaft als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II kann sich in diesem Fall auch aus den Geschäftsbeziehungen zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft ergeben. So ist die Beteiligung des Gesellschafters an einer GmbH, an die die Personengesellschaft ihr Anlagevermögen vermietet oder verpachtet hat (BFH-Urteil vom 14.August 1975 IV R 30/71, BFHE 117, 44, BStBl II 1976, 88; zur Betriebsaufspaltung vgl. BFH-Urteil vom 29.Oktober 1986
II R 226/82, BFHE 148, 72, BStBl II 1987, 99), ebenso als Sonderbetriebsvermögen angesehen worden wie die Beteiligung des Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft, die den Vertrieb für die Personengesellschaft übernommen hat, und die Beteiligung des Gesellschafters an einer Produktions-GmbH, für die die Personengesellschaft den Vertrieb
übernommen hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 551, BStBl II 1989, 890, und in
BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677, jeweils m.w.N.). Dasselbe gilt für die Beteiligung von Mitunternehmern an einer Organgesellschaft, wenn zwischen dieser und der Personengesellschaft ein Organschaftsverhältnis vorliegt (BFH-Beschluß vom 24.April 1991 II B 99/90, BFHE 165, 458, BStBl II 1991, 623).
Kennzeichnend für diese Gestaltungen ist eine besonders enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft derart, daß die eine Gesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion der anderen erfüllt. Die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen, reicht dagegen grundsätzlich nicht aus, um Anteile des Gesellschafters der
Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft, mit der die Personengesellschaft Geschäftsbeziehungen unterhält, als notwendiges Sonderbetriebsvermögen anzusehen, und zwar auch dann nicht, wenn diese Geschäftsbeziehungen besonders intensiv sind (vgl. BFH-Urteil vom 31.Januar 1991 IV R 2/90, BFHE 164, 309, BStBl II 1991, 786).
Nach diesen Grundsätzen können die Geschäftsanteile der GmbH weder bei
Berücksichtigung des geringfügigen Warenverkehrs noch des Leistungsaustausches
auf der Grundlage der Lohnkonfektionierung gegen angemessenes Entgelt zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der Mitunternehmer gerechnet werden.
b) Es ist für die Entscheidung im Streitfall nicht erheblich, daß das FG den Umfang und die wirtschaftliche Bedeutung der Lohnkonfektionierung für den
Geschäftsbetrieb der KG nicht im einzelnen festgestellt hat.
Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil in BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677 (im Anschluß an die gleichlautende Rechtsprechung zum Bewertungsrecht, vgl. BFH-Urteil vom 28.Juni 1989 II R 242/83, BFHE 157, 443, BStBl II 1989, 824) darauf hingewiesen, daß es für die Beurteilung der Zugehörigkeit einer den Mitunternehmern einer Personengesellschaft gehörenden Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft wesentlich sein kann, ob diese außer
ihren geschäftlichen Beziehungen zur Personengesellschaft einen erheblichen
eigenen Geschäftsbetrieb unterhält. Entsprechend ist auch bei einer GmbH & Co. KG hinsichtlich der Anteile der Kommanditisten an der Komplementär-GmbH
Sonderbetriebsvermögen II grundsätzlich nicht mehr anzunehmen, wenn die GmbH
außer ihrer Geschäftsführertätigkeit für die KG noch eine eigene Tätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung ausübt (vgl. Senatsurteil vom 11.Dezember 1990 VIII R 14/87, BFHE 164, 20, BStBl II 1991, 510, und bereits Urteil vom 12.November 1985 VIII R 286/81, BFHE 145, 62, BStBl II 1986, 55 im Anschluß an die gleichlautende Rechtsprechung zum Bewertungsrecht, vgl. BFH-Urteil vom7.Dezember 1984 III R 91/81, BFHE 143, 93, BStBl II 1985, 241).
Dem liegt der Gedanke zugrunde, daß Sonderbetriebsvermögen II eines Mitunternehmers nicht allein schon deshalb angenommen werden kann, weil dieser sowohl an der Personengesellschaft als auch an der Kapitalgesellschaft ―ggf. beherrschend― beteiligt ist, sondern weil die bestehende wirtschaftliche Verflechtung den Schluß zuläßt, daß er seine Machtstellung, die er ―ggf. zusammen mit anderen Mitunternehmern― kraft seines Anteilsbesitzes an der Kapitalgesellschaft über diese ausüben kann, in den Dienst des Unternehmens der Personengesellschaft stellt. Dieser Schluß ist nicht mehr möglich, wenn
die Kapitalgesellschaft in erheblichem Umfang anderweitig geschäftlich tätig
ist. In diesem Fall ist davon auszugehen, daß beide Gesellschaften mit ihrem
Tätigkeitsbereich ―und damit auch die Interessenbereiche ihrer Gesellschafter― gleichrangig nebeneinander stehen.
Im Streitfall übte die GmbH mit der Produktion und dem Vertrieb der Kinderbekleidung eine eigene erhebliche geschäftliche Tätigkeit aus.
c) Auch die übrigen engen persönlichen, organisatorischen und geschäftlichen Beziehungen zwischen der GmbH und der KG hatten nicht zur Folge, daß die Geschäftsanteile an der GmbH zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der Mitunternehmer wurden.
aa) Diese Beziehungen können allerdings im Einzelfall von Bedeutung werden.
Entscheidend für die Zurechnung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen II eines Mitunternehmers ist allein, ob die Beteiligung unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft eingesetzt wird (vgl. BFH in BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677 m.w.N.). Das ist auch dann möglich, wenn die Gesellschaften in verschiedenen Geschäftsbereichen tätig werden. Eine wesentliche wirtschaftliche Funktion im oben genannten Sinne kann die Kapitalgesellschaft für die Personengesellschaft auch dort haben, wo beide Gesellschaften nach einer einheitlichen wirtschaftlichen Gesamtkonzeption
geführt werden. Diese braucht sich nicht unbedingt auf eine Arbeitsteilung
innerhalb des Beschaffungs- oder Absatzmarktes oder der Leistungserstellung
oder -verwertung beziehen (wie in den von der Rechtsprechung bisher entschiedenen Fällen, s. zusammenfassend BFH in BFHE 157, 551, BStBl II 1989, 890, und BFHE 164, 309, BStBl II 1991, 786), sondern kann auch technische, kaufmännische und marktstrategische Faktoren betreffen, wie sie mit dem Hinweis auf die zentral geleitete Kollektions-, Mode- und Produktentwicklung, den gemeinsamen Außendienst, die Kooperation im Bereich der Buchhaltung und der elektronischen Datenverarbeitung, den gemeinsamen Werbe- und
Messeveranstaltungen etc. von der Klägerin vorgetragen wurden. Es genügt
auch, daß die Unternehmen zusammengefaßt werden, um einen Risikoausgleich oder
andere Vorteile einer dezentralisierten Unternehmensführung zu erreichen (vgl.
dazu näher BFH-Urteil vom 21.Januar 1976 I R 21/74, BFHE 118, 169, BStBl II 1976, 389 zu den Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Eingliederung im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses).
Die hierfür erforderliche zusätzliche finanzielle und organisatorische Beherrschung der Kapitalgesellschaft wird regelmäßig durch unmittelbare Beteiligung der Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft erreicht. Eine vergleichbare Lage besteht aber dann, wenn die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ihre Beteiligung tatsächlich im Interesse der
Personengesellschaft einsetzen, an der sie als Mitunternehmer beteiligt sind
(BFH- Urteil vom 26.Oktober 1972 I R 219/70, BFHE 108, 154, BStBl II 1973, 383
unter II. 2. d zu den Voraussetzungen einer finanziellen Eingliederung im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses).
bb) Ob und inwieweit die Mitunternehmer ihre Einflußmöglichkeit auf die Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft im wirtschaftlichen Interesse der Personengesellschaft ausüben und dadurch die Beteiligung zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II der Mitunternehmer wird, ist Tatfrage (zur Tatfrage bei notwendigem Betriebsvermögen vgl. BFH-Urteile vom 6.Dezember 1977 VIII R 29/75, BFHE 124, 424, BStBl II 1978, 330; vom 7.März 1985 IV R 98/82, BFH/NV 1985, 29; vom 6.März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829).
Der Nachweis wird regelmäßig nur mit Hilfe eines Indizienbeweises zu führen sein. Das ist Aufgabe des FG. An dessen tatsächliche Feststellungen ist der BFH gebunden, soweit keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben sind (§ 118 Abs.2 FGO). Die insoweit von der Klägerin erhobene Rüge der Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 76 FGO) ist nicht schlüssig dargetan. Die Rüge, das FG habe bei seiner Beweiswürdigung nicht alle
Umstände hinreichend gewürdigt (§ 96 FGO), ist jedenfalls nicht begründet; es
genügt, daß das FG zu einem möglichen Beweisergebnis gelangt ist. Das ist hier der Fall. Das FG hat inhaltlich einen Indizienbeweis geführt. Daß es dabei rechtsirrtümlich nur die Zugehörigkeit der Geschäftsanteile an der GmbH zum Sonderbetriebsvermögen I der Mitunternehmer geprüft hat, steht der Verwertbarkeit dieses Beweises nicht entgegen. Zum einen hat das FG im Anschluß an den eigenen Vortrag der Klägerin festgestellt, daß die
Geschäftsanteile nicht der Stärkung der Mitunternehmerstellung dienen
sollten. Zum anderen hat es seine tatsächliche Würdigung, daß die verschiedenen persönlichen, organisatorischen und geschäftlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaften sich im wesentlichen nicht als Förderung des Unternehmens der Klägerin durch die GmbH, sondern vielmehr umgekehrt als Unterstützung der GmbH durch die Klägerin bzw. als gemeinsame Rationalisierungs- und Kooperationsmaßnahmen im gleichrangigen Interesse
beider Gesellschaften darstelle, in einerausführlichen und detaillierten Darstellung begründet (zur Darlegung der Indiztatsachen vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 22.Januar 1991 VI ZR 97/90, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1991, 1894). Die angeführten Umstände ergeben nicht, daß die Mitunternehmer ihre Beteiligung an der GmbH dem Interesse der KG untergeordnet haben. Dienen die verschiedenen Beziehungen zwischen den beiden Gesellschaften dem Unternehmen der Personengesellschaft aber allenfalls
mittelbar über die wirtschaftlichen Interessen des beide Gesellschaften umfassenden Familien(gesamt-)unternehmens, so reicht das zur Begründung notwendigen Sonderbetriebsvermögens II nicht aus.
3. Die Geschäftsanteile an der GmbH sind auch nicht gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen II der Mitunternehmer geworden.
a) Mitunternehmer von Personengesellschaften können Wirtschaftsgüter, die nicht zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen II gehören, ihrem gewillkürten Sonderbetriebsvermögen II zuordnen. Dies kommt bei Wirtschaftsgütern in Betracht, die objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft zu dienen oder diese zu fördern (vgl. Senatsurteil vom 23.Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401 m.w.N.). Die subjektive Bestimmung setzt eine entsprechende Erklärung des Mitunternehmers voraus, wie sie regelmäßig dann vorliegen wird, wenn das Wirtschaftsgut in der Buchführung und Bilanz des
Sonderbetriebsvermögens oder auch in der steuerlichen Gesamtbilanz der
Mitunternehmerschaft ausgewiesen wird (vgl. u.a. BFH-Urteile vom 21.Oktober
1976 IV R 71/73, BFHE 120, 374, BStBl II 1977, 150; vom 6.Mai 1986 VIII R 160/85, BFHE 147, 313, BStBl II 1986, 838; in BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401; in BFHE 164, 309, BStBl II 1991, 786); die Bestimmung des Wirtschaftsguts, den Betrieb zu fördern, kann sich aber ggf. auch aus anderen Umständen ergeben (vgl. zuletzt Senatsurteil in BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401).
b) Im Streitfall fehlt es an einer Widmung der Geschäftsanteile der GmbH für das Unternehmen der Klägerin in den Streitjahren. Eine entsprechende Erklärung ist weder durch eine zeitnahe Buchung noch durch andere objektiv erkennbare Umstände nachgewiesen, die auf eine Zuordnung der Geschäftsanteile zum Sonderbetriebsvermögen II der Gesellschafter hinweisen.
Ob in der billigenden Inkaufnahme der Aufnahme der Beteiligung in die Prüferbilanz zum 30.Juni 1970 ―trotz der sich bereits abzeichnenden Verluste (vgl. dazu etwa BFH-Urteil vom 8.Februar 1985 III R 169/82, BFH/NV 1985, 80, 82 m.w.N.)― eine Widmung gesehen werden könnte, kann hier dahingestellt bleiben. Eine rückwirkende Einbuchung wäre unzulässig, weil es sich nicht nur um eine gewinneutral durchzuführende Berichtigung der Bilanz des Jahres der Fehlerquelle, sondern um die rückwirkende Ausübung eines Wahlrechts handeln würde. Eine in Ausübung dieses Wahlrechts veranlaßte Einbuchung im Zeitpunkt der Erstellung der Prüferbilanz (im März 1973) hätte keine Auswirkungen auf die Gewinne der Streitjahre.
4. Das FA war auch nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes daran gehindert, die gemäß § 100 Abs.2 AO vorläufigen Gewinnfeststellungsbescheide zu ändern. Diese Bescheide ergingen nicht aufgrund einer vorangegangenen Außenprüfung. Diese betraf die Vorjahre, so daß schon aus diesem Grunde eine Änderungssperre (vgl. für nach dem 31.Dezember 1976 ergangene Änderungsbescheide § 173 Abs.2 der Abgabenordnung ―AO 1977― i.V.m. § 9 des
Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung) nicht eintrat. Daß die Geschäftsanteile in der dem Feststellungsbescheid 1970 zugrunde liegenden Prüferbilanz als Betriebsvermögen ausgewiesen wurden, ist für die Gewinnfeststellung der Streitjahre ohne Bedeutung. Die Prüferbilanz ist ―mangels steuerrechtlicher Auswirkung des Bilanzansatzes im Jahre 1970―
weder über den Bilanzenzusammenhang für die Gewinnermittlung der Folgejahre von Bedeutung, noch begründet sie ―weil die Besteuerungsgrundlagen für jedes Jahr neu zu prüfen sind― einen in die Zukunft wirkenden Vertrauensschutz (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19.November 1985 VIII R 25/85, BFHE 146, 32, BStBl II 1986, 520 unter 4. m.w.N.).
5. Aus Gründen der Rechtsklarheit weist der Senat darauf hin, daß das Urteil dem bisherigen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 und 3 zuzustellen ist. Dies gilt unabhängig davon, daß der Prozeßbevollmächtigte dem BFH gegenüber erklärt hat, er habe das Mandat niedergelegt (§ 168 i.V.m. § 671 des Bürgerlichen Gesetzbuches, § 87 ZPO, § 155 FGO und dazu BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 399/83, BFHE 153, 58,
BStBl II 1988, 416, 418 a.E.).
Fundstellen
Haufe-Index 64316 |
BFH/NV 1992, 74 |
BStBl II 1993, 328 |
BFHE 168, 322 |
BFHE 1993, 322 |
BB 1992, 1821 |
BB 1992, 1821-1823 (LT) |
DB 1992, 2598-2600 (LT) |
DStZ 1992, 633 (KT) |
HFR 1992, 685 (KT) |
StE 1992, 534 (K) |