Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses zwischen Eheleuten setzt auch für den Veranlagungszeitraum 1957 eine von vornherein klare und eindeutige Vereinbarung und den Vollzug des Verhältnisses entsprechend der Vereinbarung voraus. Diese Voraussetzung ist solange nicht erfüllt, als es an einer klaren und eindeutigen Vereinbarung einer Arbeitsvergütung auch der Höhe nach fehlt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, §§ 26, 26a/1/2
Tatbestand
Streitig ist für die Einkommensteuer 1957 allein die Frage, ob ein Arbeitsverhältnis zwischen den Bg. anzuerkennen ist.
Die Ehefrau des Bg. führte in dem im Handelsregister eingetragenen Betrieb des Ehemanns die Bücher nach dem Taylorix- Durchschreibesystem und erledigte alle mit der Buchführung im Zusammenhang stehenden Arbeiten. Ein Gehalt für diese Tätigkeit ist der Ehefrau für das Jahr 1956 nicht ausgeworfen und nicht gezahlt worden. Die Eheleute haben erstmals am 17. Dezember 1957 einen Abfindungsvertrag für das Jahr 1956 und einen Arbeitsvertrag für das Jahr 1957 geschlossen. In dem Arbeitsvertrag heißt es, daß die Ehefrau bereits seit dem 1. Januar 1951 auf Grund mündlicher Vereinbarung bei ihrem Ehemann arbeite und daß ihr für die Zeit vom 1. Januar 1957 bis zum Tage der Unterzeichnung dieses Arbeitsvertrages - 17. Dezember 1957 - die ihr nach dem Vertrag zustehenden Bezüge, und zwar bis zum 30. September 1957 400 DM und ab 1. Oktober 1957 450 DM monatlich, nachgezahlt würden. Das ist in Höhe des Jahresbetrags von 4.950 DM noch im Jahre 1957 geschehen. In dem schriftlichen, das Jahr 1956 betreffenden Abfindungsvertrag heißt es, daß zwischen den Eheleuten am 25. Mai 1957 grundsätzlich übereinkunft darüber erzielt worden sei, daß der Ehefrau die im Jahre 1956 geleistete Arbeit vergütet werde. Die Verwirklichung des am 25. Mai 1957 festgestellten Vergütungsanspruchs sei der Höhe nach bis zum Tag der Bekanntgabe der Ehegatten-Besteuerungs-Vorschriften schwebend gehalten worden.
Finanzamt und Steuerausschuss haben dem zwischen den Bg. begründeten Arbeitsvertrag die steuerliche Anerkennung versagt und den Buchgewinn des Jahres 1957 um das streitige Jahresgehalt von 4.950 DM erhöht.
Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht ließ sich bei seiner Entscheidung im wesentlichen von folgenden Erwägungen leiten: Wie vom Finanzamt nicht in Abrede gestellt werde, habe die Ehefrau seit 1951 im Betrieb ihres Ehemanns einen fest umrissenen Arbeitsplatz ausgefüllt, der sonst die Einstellung einer fremden Arbeitskraft erforderlich gemacht hätte. Es könne daher nur noch darauf ankommen, ob der Arbeitsvertrag zwischen den Eheleuten rechtzeitig geschlossen worden sei. Wohl sei dieser Vertrag am 17. Dezember 1957, mithin sehr spät, geschlossen worden. Da dies jedoch noch während des laufenden Veranlagungszeitraums geschehen und dem Vertrag gemäß das Jahresgehalt ebenfalls noch vor Jahresschluß an die Ehefrau gezahlt worden sei, sei dies noch als rechtzeitig anzusehen; dies um so eher, als sich die Eheleute bereits am 25. Mai 1957 darüber geeinigt hätten, daß der Bgin. für das Jahr 1957 ein dem Wert ihrer Arbeit angemessenes Gehalt ausgezahlt werden sollte. Das Gehalt selbst entspreche in seiner Höhe der Art und dem Umfange der von der Bgin. geleisteten Arbeit. Die Bg. seien daher für das Jahr 1957 getrennt zur Einkommensteuer, und zwar der Bg. mit 5.221 DM und die Bgin. mit 339 DM, heranzuziehen.
Entscheidungsgründe
Die vom Vorsteher des Finanzamts eingelegte Rb., mit der er im wesentlichen Bedenken gegen die tatsächliche Durchführung der in dem Vertrag vom 17. Dezember 1957 getroffenen Vereinbarungen erhebt, fürt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Wie der Senat in der Entscheidung IV 165/60 U vom 8. März 1962 (BStBl 1962 III S. 217) ausgeführt hat, kann Arbeitsverhältnissen zwischen Ehegatten die steuerrechtliche Anerkennung nicht schon deshalb versagt werden, weil es nach der sogenannten Chef-Chefin- Theorie an einem über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Ehegatten fehle, der mitarbeitende Ehegatte daher im Betrieb nicht die gleiche soziale Stellung wie ein fremder Arbeitnehmer habe (vgl. hierzu auch die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 1962 1 BvR 232/60 und 1 BvL 32/57, BStBl 1962 I S. 506 und S. 492). In jedem Falle ist für die steuerrechtliche Anerkennung derartiger Arbeitsverhältnisse jedoch nach wie vor zu fordern, daß die diesen Rechtsverhältnissen zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarungen ebenso wie die zwischen nahen Familienangehörigen klare und eindeutige Festlegungen enthalten und daß diese auch tatsächlich durchgeführt werden. Das Verlangen dieser Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses unter Ehegatten durch die bisherige Rechtsprechung ist auch durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. April 1959 1 BvL 23/57, 1 BvL 34/57 (BStBl 1959 I S. 204) in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise gebilligt worden. Fehlt es hieran im Einzelfall, so kann in der Regel angenommen werden, daß der eine Ehegatte bei der Erzielung der Einkünfte des anderen gemäß § 26 a Abs. 1 Satz 2 EStG 1957 in einer allein auf den ehelichen Beziehungen beruhenden Weise mitgewirkt hat (vgl. den vorgenannten Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 14. April 1959).
Nach diesen Grundsätzen ergibt sich für den Streitfall folgendes: Der Arbeitsvertrag, in dem über die Höhe der zu zahlenden Vergütung erstmals rechtsverbindliche Vereinbarungen zwischen den Ehegatten getroffen worden sind, ist erst am Ende des Jahres 1957, am 17. Dezember 1957, geschlossen worden. Bis zu diesem Zeitpunkt fehlte es an einer eindeutigen Festlegung der an die Ehefrau zu zahlenden Arbeitsvergütung. Daran ändert auch nichts das Vorbringen, daß laut Abfindungsvertrag vom 17. Dezember 1957 bereits am 25. Mai 1957 zwischen den Ehegatten übereinstimmung darüber erzielt worden sei, daß der Ehefrau die geleistete Arbeit vergütet werden müsse. Ein Arbeitsvertrag, in dem, wie hier, über die Höhe der zu zahlenden Vergütung von vornherein nichts vereinbart worden ist, kann als wirksamer Vertrag nicht angesehen werden, da ein wesentlicher Bestandteil eines Arbeitsverhältnisses, nämlich die Vereinbarung über die Gehaltshöhe, fehlt. Der Senat vermag deshalb der Vorentscheidung auch insoweit nicht beizutreten, als in dieser die endgültige Vereinbarung über die Höhe der an die Ehefrau zu zahlenden Vergütung durch den Vertrag vom 17. Dezember 1957 noch als rechtzeitig angesehen wird. Soll der Zeitpunkt der steuerlichen Anerkennung einer Regelung früher liegen als das dem Datum des schriftlichen Arbeitsvertrags entspricht, so ist es erforderlich, daß das neue arbeitsrechtliche Gebilde bereits tatsächlich, und zwar auch hinsichtlich der Gehaltshöhe, vorher wirksam geworden ist. Es ist jedenfalls nach dem von der Vorinstanz festgestellten Sachverhalt bisher nicht nachgewiesen worden, daß in tatsächlicher Beziehung schon vorher nach der erst später schriftlich festgelegten Vereinbarung gehandelt worden ist. Nur in diesem Falle wäre die tatsächliche Regelung ab ihrem Handhabungszeitpunkt auch steuerlich maßgebend (vgl. auch Hartmann-Böttcher, Großkommentar zur Einkommensteuer, Anm. 11 zu § 15 EStG, und die dort aufgeführte Rechtsprechungsübersicht).
Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil, wie die Vorinstanz ausführt, das dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 1957 Rechnung tragende Gesetz zur änderung steuerrechtlicher Vorschriften (BStBl 1957 I S. 352 ff.) erst am 26. Juli 1957 erlassen und die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes im ganzen, insbesondere aber einiger seiner wesentlichen Bestimmungen mit zum Teil schwerwiegenden Gründen angezweifelt worden sei. Mit Recht hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluß vom 14. April 1959 (a. a. O.) dazu ausgeführt, daß Ehegatten, die ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse aus betrieblichen oder sonstigen Gründen klar abgrenzen wollten, auch schon vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 26. Juli 1957 entsprechende Verträge abgeschlossen und vollzogen hätten, obwohl sie steuerrechtlich ohne Bedeutung gewesen seien. Wenn also im Streitfall die Ehegatten ab dem Jahre 1951, dem Zeitpunkt des Beginns der Mitarbeit der Ehefrau, offensichtlich im Hinblick auf die steuerrechtliche Wirkungslosigkeit von dem ausdrücklichen Abschluß eines Arbeitsvertrages abgesehen haben, so erlaubt dies den Schluß, daß ihnen ernsthaft daran auch nicht gelegen war (vgl. auch das Urteil des Bundesfinanzhofs I 289/60 U vom 7. März 1961, BStBl 1961 III S. 351). Der Senat kommt daher zu dem Ergebnis, daß ein ernsthaft abgeschlossener und tatsächlich durchgeführter Arbeitsvertrag zwischen den Ehegatten mangels vorheriger Festlegung der Arbeitsvergütung mit steuerlicher Wirkung erst ab 17. Dezember 1957 anzunehmen ist. Für den Zeitraum vom 1. Januar bis 30. November 1957 handelt es sich mit Rücksicht auf das Fehlen eindeutiger vertraglicher Vereinbarungen um eine Mitwirkung der Ehefrau auf familienrechtlicher Grundlage, der ohne Verstoß gegen grundgesetzlich geschützte Rechte gemäß § 26 a Abs. 1 Satz 2 EStG 1957 steuerliche Erheblichkeit nicht beizulegen ist. Der Bg. kann daher als Betriebsausgabe im Jahre 1957 allenfalls die von ihm an die Ehefrau gezahlte Vergütung für den Monat Dezember in Höhe von 450 DM gewinnmindernd behandeln. Die angefochtene Entscheidung war daher aufzuheben.
Die Sache ist zur Entscheidung reif. Bei Durchführung der getrennten Veranlagung würde sich bei Berücksichtigung des Dezembergehalts unter Zugrundelegung der Steuerklasse I für den Ehemann für 1957 eine Einkommensteuer von 6.827 DM und für die Ehefrau eine solche von 0 DM ergeben. Dieser Steuerbetrag ist höher als der, zu dem die Eheleute bei uneingeschränkter Zusammenveranlagung nach Steuerklasse III/1 heranzuziehen wären. Da die Bg. im Berufungsverfahren für den für sie ungünstigeren Fall um uneingeschränkte Zusammenveranlagung gemäß § 26 b EStG 1957 gebeten haben, wird die Einkommensteuer 1957 auf 5.913 DM festgesetzt. Auf diesen Betrag sind die einbehaltenen Steuerabzugsbeträge noch anzurechnen. Gemäß § 26 b EStG 1957 sind hierbei die Einkünfte des Ehemanns aus Gewerbebetrieb mit 26.161 DM (21.661 DM + 4.500 DM) und die der Ehefrau aus nichtselbständiger Arbeit mit 0 DM (450 - 562 DM Werbungskostenpauschbetrag) der Zusammenveranlagung zugrunde gelegt worden.
Fundstellen
Haufe-Index 410405 |
BStBl III 1962, 218 |
BFHE 1962, 587 |
BFHE 74, 587 |