Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Hat der Ehemann beim früheren gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung mit Zustimmung der Ehefrau deren zum eingebrachten Gut gehörende Gelder dazu verwendet, um auf dem in seinem alleinigen Eigentum stehenden Grundstücke ein Einfamilienhaus zu errichten, so kann ein sich nach bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen ergebender Anspruch der Ehefrau auf Rückgewährung der eingebrachten Gelder eigenes abgabepflichtiges Vermögen der Ehefrau darstellen und das abgabepflichtige Vermögen des Ehemannes entsprechend mindern.
Normenkette
UG § 18 Abs. 1 Nr. 3; LAG § 29 Abs. 1
Tatbestand
Der Bf. ist mit seinem Einfamilienhause als dem gesamten der Vermögensabgabe unterliegenden Vermögen zur Vermögensabgabe herangezogen worden. Im Einspruchsverfahren wurde dieses Vermögen um 200 DM herabgesetzt. Der Betrag von 200 DM ist der im Verhältnis 10 : 1 umgestellte Betrag einer Schuld des Bf. an seinen Schwager. Das auf einen Abzug der vollen 1 : 1 umgestellten Schuld gerichtete Begehren des Bf. wurde vom Finanzamt zurückgewiesen. Im Berufungsverfahren machte der Bf. geltend, die Verbindlichkeit gegenüber dem Schwager hätte im Verhältnis 1 : 1 umgestellt und zum Abzuge zugelassen werden müssen, weil sie vor der Eheschließung lediglich zwischen seiner Ehefrau und deren Bruder bestanden hätte und Verbindlichkeiten zwischen nahen Verwandten im Verhältnis 1 : 1 umzustellen gewesen wären. Er machte ferner geltend, das Einfamilienhaus sei zu Unrecht ihm allein zugerechnet worden. Er habe dem Finanzamt gegenüber in allen Erklärungen stets das Miteigentum seiner Ehefrau zu 1/3 angegeben, ohne daß vom Finanzamt nach der grundbuchamtlichen Eintragung gefragt worden wäre. Die Eigentumsverhältnisse am Grundstücke (2/3 für den Bf., 1/3 für die Ehefrau) seien auch vom Finanzamt niemals bestritten worden. Auch bei der Vermögensabgabe müsse das Miteigentum seiner Ehefrau anerkannt werden. Das Urteil des Finanzgerichts, durch welches im Einheitswertverfahren das Grundstück ihm allein zugerechnet worden sei, könne nicht verbindlich sein, da es nicht auf den Grundbucheintrag, sondern auf die wirklichen Eigentumsverhältnisse ankomme. Der Bf. trug ferner vor, auf Grund des Urteiles des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 29/57, 1 BvL 20/60 vom 21. Februar 1961 (BStBl 1961 I S. 55) ständen ihm und seiner Ehefrau je ein Freibetrag zu, was zu einer Freistellung von der Vermögensabgabe führen würde.
Die Berufung blieb erfolglos. Die Vorinstanz führte u. a. aus, die Verwaltung sowie die Finanzgerichte seien an die im Einheitswertverfahren unanfechtbar erfolgte Zurechnung des Einfamilienhauses auf den Bf. gebunden. Die Gewährung eines zweiten Freibetrages käme deshalb nicht in Betracht, weil das Grundstück nur dem Bf. zugerechnet worden sei, die Ehefrau daher kein abgabepflichtiges Vermögen gehabt habe. Auch das Begehren auf Schuldenabzug unter Zugrundelegung einer 1 : 1 - Umstellung der Schuld gegenüber dem Schwager sei nicht gerechtfertigt. Es handele sich nicht um einen Ausnahmefall im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Umstellungsgesetzes (UG), denn das Schuldverhältnis sei nicht durch oder im Hinblick auf eine Auseinandersetzung, sondern durch eine vor dem 21. Juni 1948 bewirkte Leistung des Schwagers entstanden.
Mit der Rb. wird gerügt, es sei gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung verstoßen worden, weil sich das Finanzamt geweigert habe, selbst dem Antrage auf Gewährung eines Freibetrages für die Ehefrau stattzugeben, vielmehr den Antrag dem Finanzgericht zur Entscheidung vorgelegt habe. Bei nicht rechtskräftigen Veranlagungen sei das Finanzamt verpflichtet, den Freibetrag für die Ehefrau zu gewähren. Im übrigen wird das gesamte bisherige Vorbringen auch zum Gegenstand der Rb. gemacht.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Ohne Rechtsirrtum hat die Vorinstanz eine Umstellung der Schuld des Bf. gegenüber seinem Schwager im Verhältnis 1 : 1 abgelehnt. Nach dem eigenen Vortrage des Bf. handelt es sich bei dem im Verhältnis 10 : 1 umgestellten Betrag von 2.000 RM um eine Schuld für vom Schwager geleistete Tischlerarbeiten beim Bau des Einfamilienhauses, also um eine aus einem Werk- oder Werklieferungsvertrage herrührende Schuld. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 UG sind solche Verbindlichkeiten aber nur dann im Verhältnis 1 : 1 umzustellen, wenn und soweit die Gegenleistung vor dem 21. Juni 1948 noch nicht bewirkt war. Ist die Gegenleistung - wie hier - bereits vor dem 21. Juni 1948 bewirkt, so verbleibt es hinsichtlich des noch geschuldeten Preises bei der allgemeinen Umstellung gemäß § 16 Abs. 1 UG im Verhältnis 10 : 1. Ein Ausnahmefall des § 18 Abs. 1 Nr. 3 UG kann nicht anerkannt werden. Weder ist die Preisforderung aus dem Werk- oder Werklieferungsvertrage eine Auseinandersetzungsverbindlichkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 UG, noch fallen Geschwister oder Verschwägerte unter die daselbst aufgeführten Personenbeziehungen.
Nicht gerechtfertigt ist auch die Rüge des Bf., die Ablehnung des Finanzamts, für die Ehefrau des Bf. einen zusätzlichen Freibetrag zu gewähren, solange das Rechtsmittelverfahren läuft, verstoße gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs kann das Finanzamt einen Berichtigungsbescheid nicht erlassen, wenn wegen desselben Bescheides ein Rechtsmittelverfahren, insbesondere ein beim Finanzgericht schwebendes Verfahren anhängig ist. In solchen Fällen sind vielmehr die Beteiligten, das Finanzamt und der Steuerpflichtige, gehalten, die Tatsachen, die zu einem Berichtigungsbescheide führen würden, der Rechtsmittelinstanz vorzutragen und auf diese Weise in das laufende Rechtsmittelverfahren einzuführen mit der Folge, daß die Rechtsmittelinstanz diese Tatsachen in ihrer Entscheidung zu berücksichtigen hat. Dies geschieht, um den Erlaß mehrerer voneinander abweichender Bescheide und damit auch mehrerer Rechtsmittelverfahren über denselben Steuergegenstand zu vermeiden, und dient sowohl dem Interesse der Verwaltung als vor allem auch dem Interesse der Steuerpflichtigen.
Wie der erkennende Senat bereits in seinem Urteil in der Soforthilfeabgabesache ausgeführt hat, kann dem Bf. in verfassungskonformer Auslegung des § 29 Abs. 1 LAG entsprechend den vom Bundesverfassungsgericht in dem Urteil 1 BvL 29/57, 1 BvL 20/60 vom 21. Februar 1961 (a. a. O.) herausgestellten Grundsätzen ein zweiter Freibetrag für seine Ehefrau nur dann gewährt werden, wenn ein Teil des abgabepflichtigen Vermögens der Ehefrau gehört hat. Entgegen der Regelung im Soforthilfegesetz, nach der der Berechnung der Soforthilfeabgabe die letzten auf einen Zeitpunkt vor dem Währungsstichtage ergangenen Einheitswerte zugrunde zu legen sind, ist bei der Vermögensabgabe gemäß § 21 Abs. 1 LAG und § 73 Abs. 3 BewG das Vermögen zu Beginn des 21. Juni 1948 maßgebend, daß sich nach den bei der Vermögensteuer (Hauptveranlagung 1949) für die Ermittlung des Gesamtvermögens maßgebenden Vorschriften errechnet. Für die Vermögensteuerveranlagung 1949 sind, sofern auf den 21. Juni 1948 Einheitswerte festgestellt worden sind, diese Einheitswerte anzusetzen (§§ 1 und 7 Abs. 2 des Vermögensteuer-Veranlagungsgesetzes in Verbindung mit § 1 des Gesetzes betreffend Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten des Grundbesitzes auf den 21. Juni 1948). Der Einheitswert für das Einfamilienhaus des Bf. ist auf den 21. Juni 1948 wegen Kriegsschäden fortgeschrieben und dem Bf. voll zugerechnet worden. Dieser Einheitswertbescheid ist durch das Urteil des Finanzgerichts bestätigt und rechtskräftig geworden. In den Gründen ist hervorgehoben, daß das Grundstück dem Bf. allein zugerechnet worden sei, weil er nicht nachgewiesen habe, ob überhaupt und inwieweit sein Alleineigentum durch seine Ehefrau oder seinen Schwager irgendwie - wenn auch nur wirtschaftlich - eingeschränkt werde. An dieses rechtskräftige Urteil sind sowohl die Finanzverwaltung als auch die Gerichte gebunden. Hiermit steht fest, daß der Ehefrau des Bf. am 21. Juni 1948 auch steuerlich kein eigener Anteil an dem Einfamilienhaus zustand und sie insoweit also kein eigenes vermögensabgabepflichtiges Vermögen gehabt hat.
Im Berufungsverfahren hat der Bf. ausgeführt, er habe das Grundstück erworben, als er noch ledig war, was dazu geführt habe, daß er allein im Grundbuche als Eigentümer eingetragen worden sei; später hätten er und seine Frau das Einfamilienhaus errichten lassen; dieses Bauvorhaben sei von ihm und seiner Frau gemeinsam finanziert worden. Die Eheleute haben nach dem weiteren Vortrage des Bf. in dem damals noch geltenden gesetzlichen Güterstand der Verwaltung und Nutznießung gelebt. Hatte der Bf. zur Errichtung des Einfamilienhauses Gelder seiner Ehefrau verwendet, so würde es sich insoweit um eine Verfügung über zum eingebrachten Gut der Ehefrau gehörige Geldmittel gehandelt haben, die er entgegen der gesetzlichen Bestimmung des § 1377 Abs. 2 BGB alter Fassung nicht mündelsicher angelegt, sondern mit Einverständnis seiner Ehefrau für das ihm gehörige Grundstück verbraucht hätte. Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte würde insoweit der Ehemann zivilrechtlich als Schuldner seiner Ehefrau anzusehen sein, da die Einwilligung der Ehefrau keinen Verzicht auf eine Erstattung des Geldes, sondern nur eine Hinausschiebung der Fälligkeit des Rückgewährungsanspruches bis zur Beendigung der Verwaltung und Nutznießung (ß 1421 BGB) bedeutete (vgl. Seufferts Archiv Bd. 73 Nr. 123 am Ende; Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 65 S. 174, Bd. 152 S. 354 und 356; Kommentar der Reichsgerichtsräte zum BGB, 9. Aufl., § 1377 Anm. 5). Dies würde ggf. zur Folge haben, daß der Ehefrau des Bf. am Währungsstichtage gegen ihren Ehemann eine - noch nicht fällige - Geldforderung zugestanden hätte, um deren Höhe das Vermögen des Bf. zu mindern gewesen wäre. In der Rb. wird im wesentlichen um die Zubilligung eines zweiten Freibetrages auf Grund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts a. a. O. gestritten. Die Vorinstanz hatte dazu ausgeführt, dieses Urteil könne nur dann Auswirkungen haben, wenn das zur Vermögensabgabe herangezogene Vermögen nicht allein dem Ehemanne, sondern auch dessen Ehefrau zuzurechnen wäre. Hier aber sei es dem Bf. allein zuzurechnen gewesen. In der Begründung seiner Rb. hat der Bf. eindeutig zu erkennen gegeben, daß er sich mit dieser Auffassung der Vorinstanz nicht einverstanden erklären wolle. Er hat durch Zitate aus dem Kommentar zum Lastenausgleich von Kühne-Wolff zum Ausdruck gebracht, daß er die im allgemeinen erst bei Durchführung eines Verfahrens nach § 55 c LAG vorzunehmende erforderliche Ermittlung der Einzelvermögen der Ehegatten hier in dem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Veranlagungsfalle vermisse. Die Prüfung der Frage, ob sich unter dem oben dargelegten zivilrechtlichen Gesichtspunkte der Verfügung über eingebrachte Gelder der Ehefrau ein eigenes Vermögen der Ehefrau ergibt, ist trotz des unmißverständlichen Vortrages des Bf. im Berufungsverfahren, der Bau des Einfamilienhauses sei von ihm mit seiner Frau gemeinsam finanziert worden, bisher unterblieben und daher nachzuholen. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob ein derartiger Anspruch in Anbetracht seiner Unverzinslichkeit und Nichtfälligkeit gemäß § 14 BewG abzuzinsen wäre, wobei als Fälligkeit mangels anderer Anhaltspunkte der Zeitpunkt der Aufhebung des gesetzlichen Güterstandes durch den - nach der allgemeinen Lebenserwartung gemäß den amtlichen Sterbetafeln zu schätzenden - Tod des älteren Ehegatten zugrunde zu legen sein dürfte. Bei einer solchermaßen abgezinsten Forderung würde weiter zu prüfen sein, ob sie ggf. im Hinblick auf ihren - nicht geschäftlich, sondern familienrechtlich begründeten - Auseinandersetzungscharakter durch die Währungsreform als im Verhältnis 1 : 1 umgestellt anzusehen wäre (ß 18 Abs. 1 Nr. 3 UG). Sollte die vom Bf. behauptete finanzielle Beteiligung der Ehefrau an den Baukosten des Einfamilienhauses etwa schon vor der Eheschließung erfolgt sein, so wäre zu prüfen, ob aus anderen Rechtsgründen ein Anspruch der Ehefrau gegen den Bf. herzuleiten wäre. Die Sache geht an das Finanzgericht zur Nachholung der Ermittlungen im Sinne vorstehender Ausführungen zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 410776 |
BStBl III 1963, 275 |
BFHE 1963, 757 |
BFHE 76, 757 |