Leitsatz (amtlich)

Ein Grundstück wird unmittelbar als Hochschule verwendet, wenn auf ihm spezifische Hochschulaufgaben wahrgenommen werden. Zu diesen gehört nicht die Unterbringung von Gastwissenschaftlern. Gesetz über Befreiung des Grunderwerbs zu gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken von der Grunderwerbsteuer (GrEStGemG) Nordrhein-Westfalen § 1 Abs. 2.

 

Tatbestand

Der Kläger kaufte 1963 ein mit einem Wohnhaus bebautes Grundstück. Das Gebäude sollte der Universität als Gästehaus dienen. Es kann 16 Personen aufnehmen. In ihm werden in der Regel ausländische Gastprofessoren und ausländische Stipendiaten der A-Stiftung aufgenommen. Die Dauer des Aufenthalts hängt von der Einladung bzw. der Laufzeit des Stipendiums ab und beträgt meistens zwei Semester. Den Gästen werden mit Möbeln, Bettzeug und Geschirr eingerichtete Appartements verschiedener Größe zur Verfügung gestellt. Einige Appartements sind mit einer Küche oder Einbauküche ausgestatte; für die Mehrzahl steht eine gemeinsame Teeküche zur Verfügung. Bedienungspersonal ist nicht vorhanden; es wird lediglich stundenweise ein von dem Kläger angestelltes Hausverwalterehepaar beschäftigt. Die Kosten für die Unterhaltung und Instandsetzung des Hauses trägt der Kläger; die Gäste zahlen eine Entschädigung in Höhe der laufenden Unterhalts- und Verwaltungskosten. Der Kaufpreis für das Haus wurde zum größten Teil von der Stiftung V aufgebracht.

Das beklagte FA zog den Kläger wegen des Erwerbs dieses Grundstücks mit Bescheid vom 7. September 1964 zur Grunderwerbsteuer heran. Der Kläger hielt den Erwerb für steuerfrei nach § 1 des Nordrhein-Westfälischen Gesetzes über Befreiung des Grunderwerbs zu gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken von der Grunderwerbsteuer (GrEStGemG) vom 14. Juli 1964 (Sammlung des bereinigten Landesrechts Nordrhein-Westfalen S. 258, BStBl II 1964, 130).

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

Das FG begründete die Klageabweisung damit, das Gästehaus sei nicht unmittelbar zur Verwendung als Hochschule, sondern ganz überwiegend zur Befriedigung des privaten Wohnbedürfnisses der Gastwissenschaftler bestimmt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg.

Die für die Entscheidung maßgebliche Vorschrift des § 1 GrEStGemG ist nach § 160 Abs. 2 FGO revisibel (vgl. Urteil des BFH vom 22. Oktober 1971 II R 104/70, BFHE 103, 541, BStBl II 1972, 183).

Nach § 1 Abs. 2 GrEStGemG ist der Erwerb eines Grundstücks durch eine Körperschaft des öffentlichen Rechts von der Besteuerung ausgenommen, wenn das Grundstück unmittelbar zur Verwendung als Hochschule bestimmt ist. Ein Grundstück wird unmittelbar als Hochschule verwendet, wenn auf ihm spezifische Hochschulaufgaben wahrgenommen werden. Zu diesen gehört die Zusammenarbeit mit den Gastwissenschaftlern, nicht aber ihre Unterbringung. Dabei kann dem Kläger - auch ohne die beantragte Beweiserhebung - eingeräumt werden, daß Gastprofessoren zum modernen Universitätsleben gehören und nur zu gewinnen sind bei Zurverfügungstellung der Unterkünfte. Daraus folgt aber lediglich, daß das Gästehaus Mittel dazu ist, die Hochschulaufgabe der Zusammenarbeit mit den Gastwissenschaftlern zu ermöglichen; unmittelbare "Verwendung als Hochschule" würde es nur finden, wenn gerade im Gästehaus die Zusammenarbeit mit den Gastwissenschaftlern stattfinden würde. Dies ist aber nicht der Fall. In einem vergleichbaren Fall hat der Senat zu § 4 Abs. 1 Nr. 7 des Grunderwerbsteuergesetzes Baden-Württemberg 1966 entschieden (BFH-Urteil vom 30. Januar 1974 II R 20/70, BFHE 112, 86, BStBl II 1974, 410), daß der Erwerb eines Lehrerwohnhauses durch einen gemeinnützigen Schulträger auch dann nicht steuerbefreit ist, wenn er wegen der besonderen Lage der Schule notwendig ist, um qualifizierte Lehrer zu gewinnen, und wenn das pädagogische Konzept der Schule eine enge Verbindung zur Lehrerwohnung wünschenswert macht. So wie in jenem Fall das Wohnhaus des Lehrers nur mittelbar den gemeinnützigen Zwecken des Schulträgers diente, findet auch im vorliegenden Fall das Gästehaus nur mittelbar Verwendung als Hochschule.

Das FG hat entgegen der Ansicht des Klägers nicht verkannt, daß die Universität den Gastwissenschaftlern die Appartements nicht nur zur Unterbringung, sondern auch zur Arbeit zur Verfügung stellt. Es ist jedoch ohne Rechtsirrtum davon ausgegangen, daß der Unterbringungszweck im Vordergrund steht. Nicht zuletzt bei Wissenschaftlern ist es heute weitgehend üblich, daß sie auch zu Hause beruflich arbeiten; dennoch wird die Wohnung in aller Regel hauptsächlich zu Wohnzwecken benutzt. Inwiefern dies im Streitfall anders gewesen sein soll, hat der Kläger nicht dargetan.

Auf die grundsteuerliche Rechtslage einzugehen, erübrigt sich. Wie der Senat bereits in dem Urteil vom 5. Juli 1972 II R 133/68, BFHE 107, 49, BStBl II 1972, 911, ausgesprochen hat, decken sich die Befreiungsvorschriften im Grunderwerbsteuergesetz und Grundsteuergesetz nicht und dürfen deshalb auch nicht von dem einen auf das andere Gesetz übertragen werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71006

BStBl II 1974, 663

BFHE 1975, 67

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