Leitsatz (amtlich)

Sogenannte Erfrischungstücher aus Papier, mit Branntwein getränkt und einem Zusatz von Zitronenöl versehen, die hauptsächlich der Reinigung und Desinfektion verschmutzter Hände dienen, sind keine Riech- und Schönheitsmittel im Sinne des Branntweinmonopolrechts. Zur Herstellung solcher Tücher darf daher Branntwein zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis verwendet werden.

 

Normenkette

BrMonG § 84 Abs. 2 Nr. 3; BrMonG § 92; VwO §§ 83, 84 Abs. 1, §§ 85, 86 Buchst. d, § 122

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin bezieht seit Jahren von der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein (BMV) vollständig vergällten Branntwein zum allgemeinen, ermäßigten Verkaufspreis zur Herstellung von Seifenblättchen. Im Bestellschein vom 24. Juli 1969 hat die Klägerin als Verwendungszweck für solchen Branntwein die Herstellung von Feuchtreinigungstüchern und Seifenblättchen angegeben. Die Untersuchung der von der Klägerin übersandten Warenmuster von Feuchtreinigungstüchern durch die BMV ergab, daß es sich um flüssigkeitsgetränkte Tücher handelt, die stark nach Parfüm duften. Eine Schaumbildung war dabei nicht erkennbar. Die Verpackungen tragen die Aufschrift „… -Erfrischungstücher” und die Einzelumschließungen den Aufdruck „…-Erfrischungstuch”. Die BMV sah die Feuchtreinigungstücher nach Zusammensetzung und Zweckbestimmung als kosmetische Reinigungsmittel und damit als Riech- und Schönheitsmittel im Sinne des § 122 der Branntweinverwertungsordnung (VwO) an, für deren Herstellung nach § 86 Buchst. d VwO die Verwendung von Branntwein zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis nicht zulässig sei.

Mit Verfügung vom 30. Oktober 1969 teilte die BMV der Klägerin mit, daß sie künftig zur Herstellung der Erfrischungstücher vollständig vergällten Branntwein nicht verwenden dürfe und daher zu diesem Zweck Branntwein zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis nicht mehr beziehen könne. Sofern sie aus der Lieferung vom 24. Juli 1969 noch vollständig vergällten Branntwein vorrätig hätte, dürfe dieser nur zur Herstellung von Seifenblättchen verwendet werden.

Mit der Klage wird beantragt, die Entscheidung der BMV vom 30. Oktober 1969 aufzuheben und diese zu verpflichten, der Klägerin weiterhin vollständig vergällten Branntwein zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis zu verkaufen.

Die Klägerin macht geltend, sie vertreibe die Feuchtreinigungstücher über Zwischenhändler auf Toiletten der Autobahnbetriebe (Autobahn-Raststätten und Autobahn-Tankstellen). Sie sollten dazu dienen, verschmutzte Hände zu reinigen, wobei in erster Linie an die Verschmutzung gedacht sei, die durch den Umgang mit dem Auto entstehe, also bei Pannen, aber auch bei Rasten. Die Reinigung mit einem alkoholgetränkten Tuch bringe eine vollständige Reinigung, weil der Alkohol die Bazillen töte. Zur Herstellung der Tücher benötige sie bestimmte Mengen Alkohol. Ein Tüchlein habe ein Gesamtgewicht von 6 g mit 3 g Flüssigkeit, wovon 1,2 g Alkohol sei. Das Tüchlein enthalte außerdem 0,02 g Zitronenkonzentrat.

Nach § 122 Nr. 2 VwO seien Riech- und Schönheitsmittel Mittel zur Reinigung der Haut. Nach Nr. 4 a. a. O. würden auch die zur Körperpflege bestimmten und geeigneten Seifen den Riech- und Schönheitsmitteln zugerechnet. § 122 Nr. 4 VwO enthalte aber eine Ermächtigung für das Monopolamt, durch besondere Bestimmung zur Herstellung von Seifen, die zur Körperreinigung und Körperpflege bestimmt und geeignet seien, auch die Verwendung von Branntwein zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis zuzulassen. Es sei kein Zweifel, daß hier, genau so wie im Falle des Beschlusses des Bundesfinanzhofs (BFH) V z. B. 13/55 U vom 31. August 1955 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 61 S. 357 – BFH 61, 357 – BStBl III 1955, 337 ff.), nicht nur keine feste Seite vorliege, sondern überhaupt keine Seile.

Das …-Erfrischungstuch habe eine Waschaktivität dadurch, daß es Alkohol enthalte. Das Zitronenkonzentrat sei ein hochkonzentriertes Öl, das bei sehr starkem Schmutz lösend wirke. Es verstärke also noch die Wirkung des Alkohols. Wenn dieses Konzentrat weiter bewirke, dem Alkohol den abstoßenden Geruch zu nehmen, dann habe dieses Zitronenkonzentrat insgesamt eine ebenso nützliche wie angenehme Bedeutung. Das Zitronenöl könne nicht als Parfüm angesprochen werden, vor allen Dingen nicht in einer so geringen Menge.

Die ausschließliche Verwendung dieser Tüchlein auf Toiletten in den Autobahn-Raststätten usw. zeige, daß sie lediglich eine Reinigungs- und Desinfektionsfunktion hätten. Dabei spiele es keine Rolle, daß sie als „Erfrischungstuch” bezeichnet seien, denn neben der Reinigung erfrischten sie auch. Als Erfrischungstuch seien sie aber noch keine kosmetischen Mittel, denn diese seien Schönheitsmittel. Man könne nicht sagen, daß man sich mit einem so primitiven Tüchlein verschönern könne. Hätten die Tücher außer dem Reinigungszweck einen weiteren Zweck, dienten sie insbesondere der Körperpflege, dann würden sie auch in Drogerien, Apotheken, Friseurgeschäften etc. verkauft werden.

Die desinfizierende Wirkung der Tücher diene in Zeiten des Massentourismus der Volksgesundheit. Deshalb wäre eine Verteuerung der Tücher durch die Verteuerung des Alkohols letzten Endes unsozial und der Förderung der Volksgesundheit abträglich.

Die Klägerin habe sich nunmehr entschlossen, auf der Packung den Aufdruck „…-Reinigungstüchlein” anzubringen.

Die BMV beantragt, die Klage abzuweisen.

Auf der Verkaufspackung sei das in Rede stehende Erzeugnis als „…-Erfrischungstuch” bezeichnet. Dieses Erfrischungstuch enthalte neben dem Branntwein noch eine Imprägnierflüssigkeit, die stark nach Parfüm dufte und einem mit Kölnisch Wasser getränkten Erfrischungstuch sehr ähnlich sei. Derartige Erzeugnisse seien zur Erfrischung und allgemeinen Reinigung der Haut bestimmt. Nach seiner Zweckbestimmung und seiner Zusammensetzung sei dieses Erzeugnis also ein kosmetisches Reinigungsmittel und damit als ein Riech- und Schönheitsmittel anzusehen.

Der Ansicht der Klägerin, es handle sich hier um ein seifenähnliches Erzeugnis, könne nicht zugestimmt werden. Seifenähnliche Erzeugnisse bräuchten nämlich zwar keine Fettsäure zu enthalten, sie müßten aber unter Verwendung solcher Stoffe hergestellt worden sein, die ihnen in ausreichendem Maße Schaumfähigkeit verliehen und eine schmutzlösende und schmutzentfernende Wirkung hätten. Das Erfordernis der Schaumbildung werde aber bei den in Rede stehenden Tüchern nicht erfüllt.

Auch den Ausführungen der Klägerin, daß es sich bei dem Feuchtreinigungstuch um ein Desinfektionsmittel handle, könne nicht gefolgt werden. Die Desinfektion sei bei dem in Rede stehenden Erfrischungstuch nicht ausschließlicher Verwendungszweck. Das Erzeugnis solle vielmehr auch eine erfrischende Wirkung hervorrufen, wie die Klägerin zugebe. Diese Zweckbestimmung des Erzeugnisses ergäbe sich insbesondere auch aus der Produktaufmachung sowie aus der Bezeichnung, Die Klägerin habe ihr Erzeugnis lediglich mit „…-Erfrischungstuch” und nicht mit einem auf die Desinfektion oder die Reinigung hindeutenden Namen bezeichnet. Auch Verpackung und äußere Aufmachung des Erzeugnisses entsprächen der Art eines Riech- und Schönheitsmittels.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage, die am 2. Dezember 1969 beim BFH eingegangen ist, ist nach § 37 Nr. 4 FGO in der damaligen Fassung zulässig. Sie ist auch begründet.

Gemäß § 92 Abs. 1 des Branntweinmonopolgesetzes (BrMonG) ist nach näherer Bestimmung des Reichsministers der Finanzen (RdF) Branntwein zu ermäßigten Verkaufspreisen abzugeben, der u. a. zu Putzzwecken oder gewerblichen Zwecken verwendet wird, soweit sie nicht im Abs. 2 a. a. O. aufgeführt sind. Dieser Abs. 2 bestimmt, daß nach näherer Bestimmung des RdF Branntwein u. a. auch zur Herstellung von Riech- und Schönheitsmitteln zu ermäßigten Verkaufspreisen abgegeben werden darf, sofern der Branntwein zu Genußzwecken unbrauchbar gemacht oder unter ständiger amtlicher Überwachung verarbeitet wird.

Nach § 83 VwO darf Branntwein, der zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis abgegeben ist, u. a. zu Putzzwecken und zu gewerblichen Zwecken verwendet werden, wobei gemäß § 84 Abs. 1 VwO die Verwendung zu Reinigungs-, Wasch- und Desinfektionszwecken als Verwendung zu Putzzwecken gilt. § 86 Buchst. d VwO besagt, daß die Verwendung des zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis abgegebenen Branntweins zur Herstellung von Riech- und Schönheitsmitteln aller Art nicht zulässig ist. Als Riech- und Schönheitsmittel sind nach § 122 VwO insbesondere anzusehen:

  1. Die eigentlichen Riechmittel (Parfümerien),
  2. kosmetische Mittel (Mittel zur Reinigung, Pflege oder Färbung der Haut, der Haare, der Mundhöhle oder der Nägel),
  3. Mittel zur Verbesserung der Luft,
  4. zur Körperreinigung und Körperpflege bestimmte und geeignete Seifen, soweit zu ihrer Herstellung nicht Branntwein zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis nach besonderer Bestimmung des Reichsmonopolamts verwendet werden darf.

Diese besondere Bestimmung ist in Form der Bekanntmachung der BMV vom 17. Juli 1958 über die Steuer- und preisbegünstigte Verwendung von Branntwein zur Herstellung von Seifen und seifenähnlichen Erzeugnissen, die zur Körperreinigung und Körperpflege bestimmt und geeignet sind, ergangen (Bundesanzeiger – BAnZ – Nr. 139 vom 24. Juli 1958, Bundeszollblatt 1958 S. 525 – BZBl 1958, 525 –).

Es war daher zu prüfen, ob die BMV die in Rede stehenden Feuchtreinigungstücher zu Recht als Riech- und Schönheitsmittel im Sinne der vorgenannten Vorschriften angesehen hat.

Nach Angabe der Klägerin dienen die Tüchlein der desinfizierenden Reinigung der Hände, die durch den Umgang mit Kraftfahrzeugen, insbesondere bei Pannen oder allgemein bei Autoreisen schmutzig werden. Sie sollen daher ausschließlich auf den Toiletten der Autobahn-Raststätten und Autobahn-Tankstellen verkauft werden, nicht in Drogerien und anderen Geschäften, die kosmetische Artikel führen. Das Zitronenkonzentrat ist nach Angabe der Klägerin ein hochkonzentriertes ätherisches Öl, das die reinigende Wirkung des Alkohols verstärkt. Im übrigen ist es, wie die Klägerin vorträgt, nur Mittel zum Zweck, um den dem Alkohol anhaftenden unangenehmen Geruch zu beseitigen, so daß es nicht als Parfüm angesprochen werden könne. Der Senat, der die Feuchtreinigungstücher in Augenschein genommen hat, hält diese Angabe für glaubhaft und kommt zu dem Ergebnis, daß die Tücher keine Riech- und Schönheitsmittel im Sinne des § 122 VwO sind.

Das Feuchtreinigungstuch stellt kein Riechmittel (Parfüm) im Sinne der Nr. 1 des § 122 VwO dar, weil sein Hauptzweck nicht der Verbreitung von Wohlgeruch, sondern der Reinigung und Desinfektion dient.

Das Feuchtreinigungstuch ist auch kein kosmetisches Mittel (Mittel zur Reinigung und Pflege der Haut) im Sinne des § 122 Nr. 2 VwO. Zwar werden mit dem Feuchtreinigungstuch verschmutzte Hände gereinigt, aus dem Ausdruck „Schönheitsmittel” in § 84 Abs. 2 Nr. 3 BrMonG und den §§ 86 Buchst. d und 122 VwO und dem Ausdruck „kosmetische Mittel” in § 122 Nr. 2 VwO muß aber geschlossen werden, daß es sich dabei um Mittel handelt, die der „Schönheitspflege” und damit höheren Ansprüchen genügen als lediglich dem einfachen Säubern der Hände von Schmutz und etwaigen Krankheitserregern, dem gewöhnlichen Waschen der Hände.

Das Feuchtreinigungstuch ist auch keine zur Körperreinigung und Körperpflege bestimmte oder geeignete Seife im Sinne des § 122 Nr. 4 VwO. Es ist auch kein seifenähnliches Erzeugnis im Sinne der obengenannten Bekanntmachung der BMV vom 17. Juli 1958, für das unter bestimmten Voraussetzungen unvollständig vergällter Branntwein steuerfrei verwendet werden darf, weil ihm die Schaumfähigkeit fehlt.

Daß das Tüchlein auch erfrischende Wirkung hat und auf den Verpackungen als Erfrischungstuch bezeichnet wird, macht es nicht zu einem sonstigen Riech- und Schönheitsmittel im Sinne des § 122 VwO, weil die Erfrischungswirkung neben den Hauptzwecken der Reinigung und Desinfektion untergeordnete Bedeutung hat, insbesondere die erfrischende Wirkung der Verwendung von Alkohol zwangsläufig innewohnt.

Stellt das Tüchlein aber kein Riech- und Schönheitsmittel im Sinne des § 122 VwO dar, so ist für seine Herstellung die Verwendung von Branntwein, der zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis abgegeben ist, zulässig.

Die Zulässigkeit der Verwendung kann allerdings nicht auf § 83 Buchst. a VwO gestützt werden, wo Putzzwecke genannt sind. Wenn nach § 84 Abs. 1 VwO als Verwendung zu Putzzwecken auch die Verwendung zu Reinigungs-, Wasch- und Desinfektionszwecken gilt, so kann das nur die Fälle erfassen, in denen der Branntwein unmittelbar zu diesen Zwecken verwendet wird. Im Streitfalle wird aber der Branntwein zur Herstellung der Erfrischungstücher verwendet, also nur mittelbar zu Reinigungs- und Desinfektionszwecken.

Die Abgabe von Branntwein zum allgemeinen ermäßigten Verkaufpreis rechtfertigt sich aber im Streitfalle aus § 83 Buchst. b VwO, wonach derartiger Branntwein zu gewerblichen Zwecken verwendet werden darf. Die Verwendung von Branntwein zur Herstellung der Erfrischungstücher dient gewerblichen Zwecken. Der Senat sieht sich in seiner Auffassung dadurch bestärkt, daß § 85 VwO, der in Abs. 1 Fälle der Verwendung zu gewerblichen Zwecken aufführt, in Abs. 2 vorschreibt, daß zur Herstellung von nicht festen, zur Körperreinigung und -pflege bestimmten und geeigneten Seifen zum allgemeinen ermäßigten Verkaufspreis abgegebener Branntwein nur verwendet werden darf, wenn die Seife in Kleinverkaufspackungen mit einem Gewicht von nicht mehr als 200 g in den Verkehr gebracht wird. Diese Vorschrift bestätigt weiter die Auffassung des Senats, daß nicht alle der Körperreinigung und -pflege dienenden Mittel Schönheitsmittel im Sinne der §§ 86 Buchst. d und 122 VwO sein müssen. Im übrigen können die Erfrischungstücher derartigen nicht festen Seifen auch insofern gleichgestellt werden, als die Packungen mit sieben Erfrischungstüchern unter dem Gewicht von 200 g liegen.

Nach allem war daher der Klage stattzugeben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 514648

BFHE 1972, 111

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