Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Leistungsempfängers für einzubehaltende und abzuführende Umsatzsteuer
Leitsatz (NV)
Der Leistungsempfänger hat Umsatzsteuer nach § 51 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 3 UStDV 1980 nur einzubehalten und abzuführen, wenn er entweder weiß, daß der Leistende ein nicht im Erhebungsgebiet ansässiger Unternehmer ist, oder wenn bei ihm entsprechende Zweifel bestehen oder unter den gegebenen Umständen solche Zweifel hätten bestehen müssen. Nicht erforderlich ist, daß die fehlende Ansässigkeit des leistenden Unternehmers im Erhebungsgebiet für ihn erkennbar ist.
Normenkette
UStDV 1980 §§ 51, 54-55
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, schloß am 20. Mai 1980 einen Nachunternehmervertrag zur Ausführung von . . .arbeiten mit der Firma B. Aufgrund des Ergebnisses einer bei der Firma B durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung gelangte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) zu dem Ergebnis, daß dieses Unternehmen im Ausland ansässig sei und erließ gegen die Klägerin am 1. Oktober 1981 einen Haftungsbescheid über . . . DM an anzumeldender und abzuführender Umsatzsteuer.
Auf die nach erfolglosem Einspruchsverfahren eingelegte Klage hob das Finanzgericht (FG) den Haftungsbescheid mit der Begründung auf, die Firma B sei zwar nicht im Erhebungsgebiet ansässig. Dies sei jedoch für die Klägerin nach Lage des Falles und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nicht erkennbar gewesen.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 55 i. V. m. § 51 Abs. 3 Satz 3 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) 1980. Es meint, die Haftung nach § 55 UStDV 1980 könne nicht auf die Fälle beschränkt werden, in denen der Leistungsempfänger die fehlende Ansässigkeit des leistenden Unternehmers im Erhebungsgebiet erkennen konnte und mußte. Der Klägerin hätten aufgrund der Gesamtumstände Zweifel an der Ansässigkeit der Firma B im Erhebungsgebiet kommen müssen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
Der Leistungsempfänger haftet nach § 55 UStDV 1980 für die nach § 54 UStDV 1980 anzumeldende und abzuführende Umsatzsteuer. Er hat in Fällen, in denen der leistende Unternehmer nicht im Erhebungsgebiet ansässig ist, Umsatzsteuer nach §§ 51, 54 UStDV 1980 nur dann einzubehalten, anzumelden und abzuführen, wenn er diese Nichtansässigkeit kennt oder wenn er an der Ansässigkeit des leistenden Unternehmers im Erhebungsgebiet zweifelt oder insoweit Zweifel hätte haben müssen und wenn er diese Zweifel nicht durch eine Bescheinigung des für den am Leistungsaustausch beteiligten Unternehmer zuständigen FA (§ 51 Abs. 3 Satz 3 des Umsatzsteuergesetzes 1980) ausräumt. Zweifel hätte er haben müssen, wenn er - gemessen an einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter - zu Zweifeln führende tatsächliche Umstände hätte kennen und Zweifel begründende Schlußfolgerungen hätte ziehen müssen (Senatsurteil vom 23. Mai 1990 V R 167/84, BFHE 161, 191, BStBl II 1990, 1095).
Die Pflichten des Leistungsempfängers im Abzugsverfahren entfallen danach nicht schon dann, wenn die fehlende Ansässigkeit des leistenden Unternehmers im Erhebungsgebiet für ihn nicht erkennbar ist.
Das FG ist von anderen Grundsätzen ausgegangen. Die getroffenen Feststellungen ermöglichen keine abschließende Beurteilung der Streitsache.
Fundstellen