Leitsatz (amtlich)
Die nachträgliche Erhöhung der Wertansätze eines zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebrachten Betriebsvermögens und damit die Änderung des Einbringungsvorgangs in eine gewinnrealisierende Betriebsveräußerung ist keine Bilanzänderung, sondern eine rückwirkende Sachverhaltsgestaltung, die steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 2 S. 2; UmwStG 1969 § 17 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Gesellschafter der X OHG wandelten 1969 ihre Gesellschaft in eine gleichzeitig errichtete GmbH - die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) - um. Der Umwandlung lag das am 20. August 1969 in Kraft getretene Gesetz zur Ergänzung der handelsrechtlichen Vorschriften über die Änderung der Unternehmensform vom 15. August 1969 (BGBl I, 1171) zugrunde. Die Klägerin führte entsprechend dem Umwandlungsbeschluß das Betriebsvermögen der OHG zu Buchwerten fort. Als Zeitpunkt der Umwandlung war der 1. August 1969 bestimmt worden.
Anläßlich einer späteren Betriebsprüfung wurde festgestellt, daß die Klägerin bei der Gewinnermittlung für das Rumpfwirtschaftsjahr vom 1. August bis 31. Dezember 1969 verschiedene Posten gewinnmindernd berücksichtigt hatte, die der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -FA- ) als Entnahmen der ehemaligen Gesellschafter der OHG nach dem Umwandlungsstichtag ansah (§ 17 Abs. 7 Satz 4 des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen bei Änderung der Unternehmensform vom 14. August 1969 - UmwStG, 969-, BGBl I, 1163, BStBl I, 498).
Noch vor Ergehen der aufgrund der Betriebsprüfung vorzunehmenden Veranlagung der Klägerin für das Streitjahr 1969 legte diese dem FA eine geänderte Eröffnungsbilanz auf den 1. August 1969 vor. In dieser Bilanz waren beim Anlagevermögen nicht mehr die Buchwerte der eingebrachten Wirtschaftsgüter, sondern höhere Werte angesetzt worden. Die Klägerin bat um Zustimmung zu einer Änderung ihrer Eröffnungsbilanz. Das FA verweigerte seine Zustimmung und veranlagte die Klägerin für 1969 entsprechend dem Betriebsprüfungsergebnis.
Hiergegen wandte sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruch mit der Klage. Sie vertrat die Ansicht, das FA hätte der begehrten Bilanzänderung zustimmen müssen und beantragte, den berichtigten Körperschaftsteuerbescheid 1969 aufzuheben.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte aus, im Streitfall sei eine Änderung der Bilanz zum 1. August 1969 nur mit Zustimmung des FA zulässig gewesen (§ 6 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes - KStG - a. F. i. V. m. § 4 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Die Zustimmung habe in dessen Ermessen gelegen. Das FA habe von dem ihm eingeräumten Ermessen keinen zweckwidrigen Gebrauch gemacht.
Gegen das Urteil des FG hat die Klägerin Revision eingelegt. Sie rügt Verletzung materiellen Rechts. Die Versagung der Zustimmung zur Bilanzänderung sei unbillig. Schutzwürdige Interessen der Verwaltung seien durch das Begehren auf eine Bilanzänderung nicht verletzt worden.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Das FG hat das Begehren der Klägerin, das eingebrachte Betriebsvermögen statt mit dem bisherigen Buchwert mit einem höheren Wert anzusetzen, als Antrag auf Bilanzänderung angesehen, die der Genehmigung des FA bedarf. Dem vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen.
Bilanzänderung i. S. des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ist der Ersatz eines handels- und steuerrechtlich zulässigen Bilanzansatzes durch einen anderen ebenfalls zulässigen Bilanzansatz (Urteil des Bundesfinanzhofs BFH-vom 1. Juli 1964 I 5/63 U, BFHE 80, 162, BStBl III 1964, 533). Die Bilanzänderung darf sich nur auf die Bewertung von Betriebsvermögensgegenständen beziehen. Es handelt sich vor allem um Fälle, in denen der Steuerpflichtige einen Bilanzansatz im Rahmen eines Bewertungswahlrechts ändert, er nachträglich eine Bewertungsfreiheit ausübt oder auf deren Ausübung verzichtet. Von der Bilanzänderung sind die Maßnahmen zu unterscheiden die dazu dienen sollen nach Ablauf des Geschäftsjahres Betriebsvorgänge wieder rückgängig zu machen. Sie beinhalten eine rückwirkende Sachverhaltsgestaltung und sind steuerrechtlich grundsätzlich nicht anzuerkennen (vgl. BFH- Urteil vom 5. November 1953 IV 38/53 U BFHE 58, 231, BStBl III 1954, 4, wegen Rückgängigmachung einer Entnahme; Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer , 18. Aufl. § 4 EStG Anm. 79a, wegen rückwirkender Widmung eines Gegenstandes des Privatvermögens zum gewillkürten Betriebsvermögen). Um eine derartige rückwirkende Sachverhaltsgestaltung und nicht um eine Bilanzänderung handelt es sich im Streitfall, wenn die Klägerin begehrt, die seiner zeitige Einbringung des Betriebsvermögens der OHG in die Klägerin zu Buchwerten in eine Einbringung zu höheren Werten und damit in eine gewinnrealisierende Betriebsveräußerung umzuändern.
Durch die §§ 17 ff. UmwStG 1969 sind die bisherigen Rechtsprechungsgrundsätze über die Einbringung des Betriebsvermögens von Einzelgewerbetreibenden oder Personengesellschaften in eine Kapitalgesellschaft gesetzlich fixiert worden (grundlegend Urteil des Reichsfinanzhofs - RFH - vom 9. Mai 1933 VI A 434/30, RFHE 33, 276, RStBl 1933, 999; seitdem ständige Rechtsprechung: vgl. die Zusammenstellung in dem BFH-Urteil vom 7. April 1976 I R 75/73, BFHE 119, 146 BStBl II 1976, 557). Gewisse Abweichungen vom bisherigen Rechtszustand bestehen darin, daß der Einbringende an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft nicht mehr wesentlich beteiligt zu sein braucht und bei nur teilweiser Auflösung der in dem eingebrachten Betriebsvermögen steckenden stillen Reserven für diesen Gewinn (Einbringungsgewinn) die Steuervergünstigung des § 34 EStG ebenfalls zu gewähren ist (§ 17 Abs. 5 Satz 1 UmwStG 1969). Auch nach dem neuen Rechtszustand gilt der Wert, mit dem die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Betriebsvermögen ansetzt, als Veräußerungspreis des eingebrachten Betriebsvermögens und als Anschaffungskosten der erhaltenen Gesellschaftsanteile (§ 17 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1969). Der Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens bei der aufnehmenden Kapitalgesellschaft ist somit entscheidend dafür, ob und ggf. in welchem Umfang der Einbringende die stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Einbringung versteuern muß oder ob und ggf. in welchem Umfang die Versteuerung dadurch hinausgeschoben wird, daß die stillen Reserven auf die neuen Gesellschaftsanteile übertragen werden.
Das Gesetz räumt in § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1969 der aufnehmenden Kapitalgesellschaft - vorausgesetzt, der Einbringende ist unbeschränkt steuerpflichtig - das Wahlrecht ein, das ein gebrachte Betriebsvermögen mit dem Buchwert oder mit einem höheren Wert anzusetzen. Hat sich die Kapitalgesellschaft für einen hiernach zulässigen Wertansatz entschieden so besteht, wie schon näher ausgeführt, über § 17 Abs. 4 Satz 1 UmwStG 1969 ein unlösbarer Zusammenhang mit den steuerlichen Verhältnissen des Einbringenden. Von dem Ansatz bei der Kapitalgesellschaft hängt es ab, ob der Einbringende die stillen Reserven insoweit schon zum Zeitpunkt der Einbringung oder erst in einem späteren Zeitpunkt, (§ 18 UmwStG , 1 969) zu versteuern hat. Würde die Kapitalgesellschaft die angesetzten Buchwerte nachträglich dahin gehend ändern können, daß sie den Teilwert oder einen Zwischenwert ansetzt, würde dies für den Einbringenden steuerliche Folgen für den Veranlagungszeitraum der Einbringung oder für einen späteren Veranlagungszeitraum haben, in dem einer der Veräußerungstatbestände des § 18 Abs. 1 und 2 UmwStG 1969 verwirklicht worden ist. Die Änderung der Veranlagung des Einbringenden hängt aber davon ab, ob und inwieweit sie verfahrensrechtlich noch zulässig ist. So könnte z. B. bei dem Einbringenden die steuerliche Berücksichtigung der nachträglich geänderten Wertansätze durch Verjährung ausgeschlossen sein und dadurch eine Besteuerungslücke entstehen.
Die Verknüpfung des Wertansatzes bei der Kapitalgesellschaft mit dem dafür anzusetzenden Veräußerungspreis bei dem Einbringenden führt dazu, daß eine nachträgliche Änderung der einmal getroffenen Wahl für den Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens einer Bilanzänderung i. S. des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nicht zugänglich ist. Der Einbringende oder die einbringenden Gesellschafter einer Personengesellschaft haben es bei Einbringung des Betriebsvermögens gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten der aufnehmenden Kapitalgesellschaft in der Hand, des näheren die Anschaffungskosten für die zu erwerbenden Anteile festzulegen oder auszuhandeln. Wird wie im Streitfall die Umwandlung zu Buchwerten in die zu gründende Kapitalgesellschaft (Klägerin) beschlossen, haben sich die bisherigen Gesellschafter der einbringenden OHG als die künftigen Gesellschafter der Klägerin für eine von mehreren nach § 17 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1969 zulässigen Bewertungen und damit für eine bestimmte Höhe der Anschaffungskosten der zu erwerbenden Gesellschaftsanteile (§ 17 Abs. 4 Satz 1 UmwStG) entschieden. Die Klägerin will lange Zeit nach Ablauf des maßgeblichen Veranlagungszeitraums den Einbringungspreis (die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile der einbringenden Gesellschafter) einseitig erhöhen. Damit will sie den im Zeitpunkt der Einbringung für die Bilanzierung maßgeblichen Sachverhalt rückwirkend ändern. Eine derartige rückwirkende Sachverhaltsgestaltung ist durch das Urteil des erkennenden Senats vom 15. Juli 1976 I R 17/74 (BFHE 119, 285, BStBl II 1976, 748), das ebenfalls einen Einbringungsfall betraf, nicht als Bilanzänderung i. S. des § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG anerkannt und dementsprechend steuerrechtlich nicht zugelassen worden. An dieser Auffassung wird festgehalten.
Das FA durfte daher schon aus Rechtsgründen der begehrten Bilanzänderung der Klägerin nicht zustimmen. Es kann in diesem Zusammenhang auch dahingestellt bleiben, ob die Klägerin - was im Falle einer Bilanzänderung von Bedeutung wäre, wozu aber Feststellungen im finanzgerichtlichen Urteil fehlen - ihre Handelsbilanz auf den 1. August 1969 geändert hat.
Die Entscheidung des FG erweist sich nach alledem im Ergebnis als zutreffend. Die Revision ist demzufolge nach 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 413628 |
BStBl II 1981, 620 |
BFHE 1981, 278 |