Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Förderungsgesetze

 

Leitsatz (amtlich)

Angehörige katholischer Orden und Kongregationen können grundsätzlich prämienbegünstigt sparen, sofern sie die Einzahlung aus ihrem eigenen Vermögen leisten.

Diese Voraussetzung ist bei Ordensangehörigen, die die feierlichen Gelübde abgelegt haben, in der Regel nicht erfüllt.

 

Normenkette

SparPG § 1 Abs. 1, § 1/3/1, § 1/4/1

 

Tatbestand

I. Sachverhalt, Entscheidung des Finanzgerichts und Begründung der Rechtsbeschwerde

Der Bf. ist Angehöriger des Benediktinerordens und hat als solcher die feierlichen Ordensgelübde (vota solemnia) abgelegt. Während des Zweiten Weltkrieges war er Soldat. Auf Grund einer Dispens durften während dieser Zeit auch Ordensangehörige mit feierlichen Gelübden Geld in eigenem Namen anlegen. Der Bf. sparte während des Krieges 8.800 RM bei einer Sparkasse. Ende 1959 wies sein Sparkonto ein Guthaben von 2.294,47 DM aus. Daraus zahlte er im Jahre 1959 mit Einwilligung des Abtes seines Klosters auf Grund eines allgemeinen Sparvertrags im Sinne des § 1 Abs. 2 Ziff. 1 des Spar-Prämiengesetzes (SparPG) vom 5. Mai 1959 (BGBl 1959 I S. 241, BStBl 1959 I S. 199) einen Betrag auf ein anderes Sparkonto. Für diesen Betrag beantragte er eine Sparprämie.

Das Finanzamt und das Finanzgericht gewährten die beantragte Sparprämie nicht, weil der Bf. als Mönch mit feierlichen Gelübden vermögens- und testierunfähig sei; was ein solcher Mönch besitzt oder erwerbe, falle dem Kloster bzw. dem Heiligen Stuhl zu, wenn das Kloster vermögensunfähig sei. Die Sparkonten ständen darum wirtschaftlich dem Kloster zu, wenngleich sie auf den Namen des Bf. lauteten. Ein Sparprämie könne nach § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Ziff. 1 SparPG 1959 nicht gewährt werden, weil der Bf. die Spareinlage nicht aus frei verfügbaren Mitteln geleistet habe und weil die Sparprämie im Ergebnis dem Kloster als juristischer Person zufalle. Unerheblich sei es, daß die während der Naziverfolgung den Ordensangehörigen erteilten Dispensen nicht ausdrücklich wieder aufgehoben worden seien; denn auf jeden Fall könne der Abt kraft seiner geistlichen Autorität jederzeit den dem kanonischen Recht widersprechenden Zustand beseitigen, und der Bf. müsse als Mönch den Anordnungen des Abtes aus Gewissensgründen folgen.

Mit der Rb. rügt der Bf. unrichtige Anwendung des § 1 SparPG 1959. Das Finanzgericht habe verkannt, daß er den Sparvertrag bürgerlich-rechtlich wirksam geschlossen habe. Er habe die Spareinlagen aus seinen eigenen Mitteln geleistet. Ordensangehörige mit feierlichen Ordensgelübden seien zwar nach kanonischem Recht vermögensunfähig und könnten auch keine Einkünfte beziehen. Der Streitfall sei aber nach dem bürgerlichen Recht und nicht nach dem Kirchenrecht zu beurteilen. Nach bürgerlichem Recht sei entscheidend, daß er selbst Inhaber der Sparkonten sei; die Konten stünden bürgerlich-rechtlich nicht dem Kloster zu. Er habe im übrigen nicht sein Vermögen und seine Einkünfte in einer den Vorschriften des bürgerlichen Rechts genügenden Form dem Kloster zugewendet. Die Klöster machten heute oft von can. 58l CJC, auf Grund dessen Ordensangehörige mit feierlichen Gelübden ihr Vermögen und ihre Einkünfte in bürgerlichrechtlich wirksamer Form alsbald auf den Orden übertragen müßten, keinen Gebrauch, weil diese Bestimmung nicht mehr voll den heutigen Verhältnissen entspräche. Das Finanzgericht wende auch zu Unrecht eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an und verkenne im übrigen die kanonischen Vorschriften über die Eigentumslosigkeit und Vermögensunfähigkeit von Ordensleuten. Der Abt könne kirchenrechtlich nicht die übertragung des Bankkontos eines Ordensangehörigen auf das Kloster erzwingen. Eine Pflicht zum Gehorsam bestehe nur für wichtige Fälle; dazu zähle nicht die übertragung von privaten Bankkonten. Im übrigen könnten auch Ordensangehörige mit Dispens ihrer Oberen Geld in eigenem Namen anlegen, wie er es getan habe.

II. Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen und Gutachten des Kommissariats der Deutschen Bischöfe, Katholisches Büro in Bonn

Der Bundesminister der Finanzen, der auf Ersuchen des Senats dem Verfahren gemäß § 287 Ziff. 2 AO beigetreten war, billigt die Vorentscheidung nicht. Er ist der Auffassung, der Bf. habe den Sparvertrag nicht nur zum Schein geschlossen; er habe die Einlagen aus seinem eigenen Vermögen geleistet. Die kirchenrechtliche Pflicht, das Vermögen auf das Kloster zu übertragen, führe nicht zu einer anderen Beurteilung; denn das Kirchenrecht gelte nur für innerkirchliche Angelegenheiten und sei für den Bereich des staatlichen Rechts unbeachtlich. Die Rechtsverhältnisse von Ordensleuten seien allein nach bürgerlichem Recht zu beurteilen (vgl. Meurer, "Das katholische Ordenswesen nach dem Recht der Deutschen Bundesstaaten" 1912, S. 42). Das BGB erwähne die Wirksamkeit von Ordensgelübden nicht und kenne auch keine Rechtsbeschränkungen für Ordensleute. Ordensangehörige seien darum bürgerlich-rechtlich unbeschränkt rechtsfähig und geschäftsfähig und könnten wie alle natürlichen Personen laufende Einkünfte beziehen und Vermögen ansammeln; sie seien auch erbfähig. Vermögensübertragungen von Ordensangehörigen auf den Orden seien bürgerlich-rechtlich nur wirksam, wenn sie in den Formen des bürgerlichen Rechts vollzogen würden. Darum sei auch nach dem Kirchenrecht nach der Ablegung der Gelübde der Vermögensverzicht in der bürgerlich-rechtlich vorgeschriebenen Form zu leisten. Fehle es an einem solchen bürgerlich-rechtlichen Akt, so bleibe der Ordensangehörige trotz des nach kanonischem Recht wirksamen Verzichts bürgerlich-rechtlich Eigentümer seines Vermögens. Künftig anfallendes Vermögen könne ein Ordensangehöriger gemäß § 310 BGB nicht bürgerlich-rechtlich wirksam auf den Orden übertragen; dazu bedürfe es im Einzelfall der Beachtung der bürgerlich-rechtlich vorgeschriebenen Form. Der Bundesfinanzhof habe darum in den Urteilen IV 347/50 S vom 9. Februar 1951 (BStBl 1951 III S. 73, Slg. Bd. 55 S. 192), IV 388/51 U vom 19. Dezember 1951 (BStBl 1952 III S. 49, Slg. Bd. 56 S 117) und VI 55/61 U vom 11. Mai 1962 (BStBl 1962 III S. 310, Slg. Bd. 75 S. 112) mit Recht die kirchenrechtlichen Bestimmungen im Bereich des Steuerrechts für unbeachtlich erklärt. Da demnach Ordensleute bürgerlich-rechtlich Einkommen und Vermögen haben könnten, müßten sie auch prämienbegünstigt sparen können.

Auf Anregung des Senats hat der Bundesminister der Finanzen ein Guthaben des Kommissariats der Deutschen Bischöfe, Katholisches Büro in Bonn, eingeholt, in dem ausgeführt ist, daß nach kanonischem Recht Ordensleute keine Einkünfte hätten; was sie durch ihre Tätigkeit erwürben, erwürben sie für ihr Kloster (cc. 580 § 2, 594 § 2 CJC). Das gelte für alle Bezüge, auch z. B. für Unfall- oder Kriegsversehrtenrenten, für Apanagen oder für Einkünfte aus einer freiberuflichen Tätigkeit. Nach kirchlichem Recht fielen alle derartigen Einkünfte eines Ordensmitglieds den Orden zu (dem Einzelkloster, der Provinz oder dem Gesamtverband); sie seien kein verfügbares Einkommen des Ordensangehörigen. Weil also nach den Bestimmungen des Kirchenrechts Ordensleute kein verfügbares Einkommen hätten, könnten sie daraus auch nicht prämienbegünstigt sparen.

Ordensleute mit feierlichen Gelübden seien gemäß can. 581 CJC auch vermögensunfähig und könnten deshalb auch aus eigenem Vermögen keine Sparverträge erfüllen. Die Mitglieder der klösterlichen Kongregationen sowie die noch im Stande der zeitlichen Profeß befindlichen Mitglieder der Orden (sog. Einfach-Professen) seien dagegen gemäß can. 580 § 1 CJC vermögensfähig, müßten jedoch die Verwaltung ihres Vermögens vor Ablegung der Gelübde an eine dritte Person, regelmäßig an ihr Kloster, übertragen. Bei Ausscheiden aus dem Orden erhielte der Ordensangehörige sein Vermögen zurück. Vermögenswerte von Einfach-Professen würden vielfach bankmässig angelegt. Mit Zustimmung der Oberen könnten darum Einfach-Professe ihr Vermögen, über das sie auch von Todes wegen gemäß can. 569 § 3 CJC frei verfügen könnten, prämienbegünstigt anlegen.

Von diesen kanonischen Grundregeln über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Ordensleuten würden indessen Ausnahmen zugelassen, besonders könnten die Oberen Dispense gewähren, z. B. wenn ein Ordensangehöriger mittellose Angehörige unterstützen müsse. Dann könne das Ordensmitglied mit Genehmigung seines Oberen den Orden zeitweilig verlassen, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Es könne aber auch der Orden einspringen und sich bereit erklären, für die Angehörigen aufzukommen. Statt dessen könnte der Ordensobere auch dem Ordensangehörigen gestatten, Einkünfte oder Vermögen, auf das er eigentlich verzichten müßte, zur Erfüllung seiner Verpflichtungen zu verwenden. Für derartige Ausnahmen bestehe aber keine Vermutung. In der Regel besäßen jedenfalls Ordensleute, die die feierlichen Ordensgelübde abgelegt hätten, keine Einkommen und kein Vermögen.

II. Entscheidung des Senats

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. hat keinen Erfolg.

Zutreffend hat das Finanzgericht die Entscheidung davon abhängig gemacht, ob die Einzahlung der Sparbeträge dem Bf. oder dem Kloster zuzurechnen ist; den nach § 1 Abs. 1 und Abs. 3 Ziff. 1 SparPG 1959 können nur natürliche Personen prämienbegünstigt sparen. Diese Beschränkung entfällt nicht dadurch, daß juristische Personen oder nicht rechtsfähige Personenvereinigungen eine natürliche Person in der Weise zwischenschalten, da sie ihr die Sparbeträge zur Verfügung stellen, selbst aber diese Mittel in ihrer wirtschaftlichen Verfügungsmacht behalten.

Das Finanzgericht nimmt zutreffend an, daß auch Ordensangehörige, gleichviel ob sie die einfachen oder die feierlichen Ordensgelübde abgelegt haben, eigene Sparverträge schließen und grundsätzlich auch Sparprämien beanspruchen können, vorausgesetzt, daß ihnen das Sparguthaben wirklich gehört und nicht wirtschaftlich Vermögen des Klosters ist und bleibt. Einen ähnlichen rechtlichen Gesichtspunkt hat der Senat in der Entscheidung VI 126/61 U vom 19. Januar 1962 (BStBl 1962 III S. 174, Slg. Bd. 74. S. 466) herausgestellt, in dem über 18 Jahre alte Kinder auf von ihnen geschlossene Bausparverträge aus Mitteln ihres Vaters Einzahlungen geleistet hatten, aber die Rechte aus dem Bausparvertrag dem Vater überlassen mußten. Das von den Kindern im eigenen Namen gesparte Vermögen blieb damals wirtschaftlich in der Hand des Vaters.

Der Senat tritt dem Finanzgericht auch darin bei, daß Rechtsverhältnisse von Ordensleuten grundsätzlich nach bürgerlichem Recht zu beurteilen sind. Bürgerlich-rechtlich war der Bf., wie er mit Recht betont, Inhaber der Sparkonten, weil sie auf seinen Namen laufen. Nach can. 581 CJC muß zwar ein Ordensangehöriger innerhalb von 60 Tagen vor der Ablegung der feierlichen Gelübde auf seine Güter verzichten; er muß auch nach Ablegung der feierlichen Gelübde alsbald die notwendigen Schritten tun, um diesen Verzicht bürgerlich-rechtlich wirksam zu machen (vgl. Perathoner, das Kirchliche Gesetzbuch, 5. Aufl., S. 249; Eichmann, Lehrbuch des Kirchenrechts auf Grund des Codex Juris Canonici, 4. Aufl., S. 340). Der Bf. hat diese Vermögensübertragung nicht vorgenommen, wie er glaubhaft vorgetragen hat.

Das Finanzgericht hat aber mit Recht diesen Gesichtspunkt nicht für ausschlaggebend gehalten, sondern darauf abgestellt, daß der Bf., obwohl die Sparkonten auf seinen Namen lauten, darüber wirtschaftlich nicht frei verfügen konnte. Auch wenn eine förmliche übertragung des Vermögens nicht stattgefunden hat, so können doch Ordensangehörige nicht nach Belieben damit schalten und walten. Was Ordensangehörige mit feierlichen Gelübden besitzen oder erwerben, sehen sie auch ohne förmliche übertragung als dem Kloster gehörig an. Sie halten ihr Vermögen zugunsten der Klosterfamilie für gebunden und verwalten es gewissermaßen nur treuhänderisch für ihr Kloster, auch wenn sie bürgerlich-rechtlich Eigentümer bleiben. Solange ein Mönch sich innerlich dem Kloster zugehörig fühlt, ist er jederzeit bereit, den dem Kirchenrecht entsprechenden Status herzustellen, wenn sein Ordensoberer es verlangt. In diesem Sinne hat auch der Bf. vorgetragen, daß er und alle anderen Mönche selbstverständlich ihr Vermögen jederzeit auch formell auf das Kloster übertragen würden, wenn der Abt es verlange.

Der Abt hat dem Finanzgericht erklärt, das zur Einzahlung verwendete Geld stehe eigentlich dem Kloster zu, und er habe keinen Verzicht auf das Geld aussprechen dürfen. In der Zeit der Naziverfolgung habe man mit der Einrichtung von Konten auf den Namen von Ordensangehörigen bezweckt, Klostervermögen der Beschlagnahme zu entziehen und die Ordensangehörigen bei der Auflösung der Klöster wirtschaftlich etwas abzusichern. Der Bf. habe aber über seinen Sparbetrag nicht nach Belieben verfügen können; das Kloster habe stets seine Hand darüber gehalten. Diese Erklärung konnte das Finanzgericht ohne Rechtsirrtum dahin würdigen, daß der Bf. wirtschaftlich kein eigenen Vermögen gehabt habe, wenngleich das Sparkonto auf seinen Namen lautete.

Die in dem Gutachten des Katholischen Büros betonte Ausnahme, daß ein Ordensangehöriger mit feierlichen Gelübden auf Grund einer Dispens ausnahmsweise eigenes Vermögen haben könne, über das er verfügen dürfe, ist hier nicht dargetan. Der Bf., der nach seiner Bekundung des Abtes über sein Sparguthaben wirtschaftlich nicht frei verfügen durfte, hat denn auch, bevor er den Sparvertrag abschloß, die Erlaubnis seines Abtes eingeholt.

Der Bf. hat darauf hingewiesen, daß er, wenn auch unter Verletzung des kanonischen Rechts, über sein Sparguthaben eigennützig hätte verfügen können. Dieser Einwand greift nicht durch. Denn die treuhandähnliche Stellung des Bf. wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß er seine Treuhänderstellung auch hätte verletzen können, abgesehen davon, daß in einem solchen Fall der Abt gewiß unverzüglich die förmliche übertragung des restlichen Vermögens auf das Kloster verlangen würde.

Der Senat braucht keine Stellung dazu zu nehmen, unter welchen Voraussetzungen Mitglieder der kirchlichen Kongregationen oder die noch im Stande der zeitlichen Profeß befindlichen Mitglieder der Orden, die gemäß can. 580 § 1 CJC vermögensfähig sind, prämienbegünstigt sparen können. Denn der B. ist kein Einfach-Professe, sondern hat die feierlichen Ordensgelübde abgelegt.

Nach allem konnte das Finanzgericht ohne Rechtsverstoß annehmen, daß der eingezahlte Betrag der Verfügungsgewalt des Klosters unterlag. Dann aber konnte dem Bf. die Sparprämie nicht gewährt werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411706

BStBl III 1965, 522

BFHE 1966, 62

BFHE 83, 62

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