Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Wird eine auf RM lautende Forderung über das gesetzliche Umstellungsverhältnis hinausgehend in DM umgestellt, ist darin keine schenkungsteuerpflichtige freigebige Zuwendung zu erblicken, wenn der Schuldner eine rechtliche Verpflichtung zur höheren Umstellung annehmen konnte; dabei kommt es nicht darauf an, ob eine entsprechende rechtliche Verpflichtung objektiv bestanden hat.
Orientierungssatz
Freigebige Zuwendung bei Umstellung einer Forderung von RM in DM
Normenkette
ErbStG 1925 § 3
Tatbestand
Der Bf. ist Angestellter einer OHG. Er hatte, wie auch andere Angestellte der OHG, bis zur Währungsumstellung Tantiemen und andere außerordentliche Arbeitsvergütungen als Darlehen in der OHG stehenlassen, die am 20. Juni 1948 insgesamt 5.879,58 RM betrugen. Die OHG hat die Darlehnsforderungen des Bf. entsprechend der Umstellung der Kapitalkonten ihrer beiden Gesellschafter auf 3.592,18 DM umgestellt. Das FA hat in der über den gesetzlichen Umstellungsbetrag von 587,90 DM hinausgehenden Umstellung, d.h. in Höhe von 3.592,– DM – 587,90 DM = 3.004,10 DM eine Schenkung der Gesellschafter der OHG an den Bf. erblickt. Es hat den Fall des Bf. als Musterfall für die über den gesetzlichen Umstellungsbetrag hinausgehende Umstellung aller Angestelltendarlehen durch die OHG angesehen und den Bf. zunächst für die Schenkung seitens des einen der beiden Gesellschafter der OHG im Betrag von 3.004,10: 2 = 1.502,50 DM zur Schenkst herangezogen. Der auf Freistellung von der Schenkst gerichtete Einspruch des Bf. ist erfolglos geblieben, ebenso seine Berufung. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb) begehrt der Bf. wie in den Vorinstanzen Freistellung …
Entscheidungsgründe
Die Rb. muß … Erfolg haben.
Es kann dahingestellt bleiben, ob, wie der Bericht über die bei der OHG durchgeführte Betriebsprüfung in Übereinstimmung mit dem vom Bf. im Verfahren über die Berufung vorgelegten Kontoauszug angibt, die oben erwähnte Höherumstellung schon am 21. Juni 1948 oder, wie das FA annimmt, erst im Jahre 1949 vorgenommen worden ist. Denn auch bis zum Ende des Jahres 1949 lag noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu den Fragen der Umstellung nach dem erst im Jahre 1948 erlassenen Umstellungsgesetz (UmstG) vor. Die OHG konnte also damals sehr wohl der Ansicht sein, daß sie rechtlich ihren Angestellten zu einer höheren als der gesetzlichen Regelumstellung im Verhältnis 10: 1 verpflichtet sei. Dies gilt um so mehr, als nach den Darlegungen des Bf. im Einspruchs- und Berufungsverfahren, denen das FG in seiner Entscheidung gefolgt ist, das Darlehnsverhältnis zwischen dem Bf. als Gläubiger und der OHG als Schuldnerin schon lange Jahre vor der Währungsumstellung, d.h. zu einer Zeit begründet worden ist, in der mit einer Währungsumstellung und mit einer gesetzlichen Abwertung nicht zu rechnen war. Gerade weil dies im vorliegenden Fall zutrifft, kann davon ausgegangen werden, daß in Anbetracht insbesondere der Tatsache der Darlehnsgewährung im Geschäftsbetrieb der OHG eine mindestens stillschweigende Übereinstimmung zwischen der OHG als Darlehnsschuldnerin und dem Bf. als Darlehnsgläubiger über die Wertbeständigkeit der gegebenen Darlehen bestanden hat. Daß objektiv nach dem UmstG Wertbeständigkeitsklauseln rechtlich ungültig sind, ist nicht ausschlaggebend. Für die Frage, ob eine freigebige Zuwendung der OHG an den Bf. zu verneinen ist, kommt es allein darauf an, ob die OHG eine rechtliche Verpflichtung zur höheren Umstellung annehmen konnte, d.h. ob sie unter dem Gefühl einer rechtlichen Verpflichtung gehandelt hat, nicht aber darauf ob eine solche Verpflichtung rechtlich bestanden hat (vgl. die Urteile des BFH III 41/50 U vom 24. Januar 1952, BStBl 1952 III S. 45, Slg. Bd. 56 S. 110; III 60/51 vom 8. August 1952, auszugsweise abgedruckt in „Der Betriebs-Berater” 1955 S. 829; III 198/54 U vom 1. Juli 1955, BStBl 1955 III S. 231, Slg. Bd. 61 S. 86, und II 256/57 U vom 22. Juni 1960, BStBl 1960 III S. 358, Slg. Bd. 71 S. 295). Der Senat hält an dieser Auffassung fest, die er schon seither ständig vertreten hat (nicht veröffentlichte Urteile II 270/58 vom 23. November 1960, II 287/58 vom 11. Januar 1961 und II 277/58 vom 18. Januar 1961). Hat die OHG hiernach die Forderung des Bf. unter einer – wenn auch irrigen – Annahme rechtlicher Verpflichtung höher als im Verhältnis 10: 1 umgestellt, so liegt eine freigebige Zuwendung seitens der OHG nicht vor. Es widerspricht im übrigen auch der allgemeinen Lebenserfahrung, daß ein im Wirtschaftsleben Stehender – hier die Gesellschafter der OHG – etwas verschenkt (vgl. u.a. das oben erwähnte Urteil III 60/51 vom 8. August 1952) …
Da die angefochtene Entscheidung mit diesen Rechtsgrundsätzen nicht im Einklang steht, war sie nebst der Einspruchsentscheidung und dem zugrunde liegenden Steuerbescheid aufzuheben. Der Bf. war von der Schenkungsteuer freizustellen.
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Fundstellen