Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Maßgebendes Datum für die Aufgabe eines Briefes zur Post ist, wenn sich die Daten im Absendevermerk des Finanzgerichts und im Poststempel widersprechen, das aus dem Poststempel ersichtliche Datum.
Normenkette
VwZG § 17 Abs. 2
Tatbestand
Laut Vermerk der Geschäftsstelle des Finanzgerichts wurde das Urteil der Vorinstanz am 1. September 1961 durch einfachen Brief an die Prozeßvertreter der Bfin. zur Post gegeben. Hingegen trägt der Briefumschlag des Berufungsurteils den Postaufgabestempel vom 4. September 1961. Die vom 5. Oktober 1961 datierte Rechtsbeschwerdeschrift ist am 6. Oktober 1961 beim Finanzgericht eingegangen. Nach dem Aktenvermerk eines Bediensteten der Geschäftsstelle ist die Rechtsbeschwerdeschrift an diesem Tage durch einen Büroangestellten der Rechtsanwälte abgegeben worden.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt:
Das Rechtsmittel ist fristgerecht eingelegt. Gemäß § 245 AO beträgt die Rechtsmittelfrist einen Monat. Sie beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die angegriffene Entscheidung dem Berechtigten zugestellt worden ist oder als bekanntgegeben gilt (§ 246 AO). Nach § 17 Abs. 2 Halbsatz 1 erste Alternative des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) gilt bei Zusendung durch einfachen Brief die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bewirkt. Aufgabe zur Post bedeutet Ablieferung bei der Postanstalt oder Einwurf in den Straßenbriefkasten, wobei der Tag der nächsten regelmäßigen Leerung als Tag der Aufgabe zur Post gilt (§ 17 Abs. 3 VwZG).
Im Streitfall ist das Urteil des Finanzgerichts am 4. September 1961 durch einfachen Brief zur Post aufgegeben worden. Dies ergibt der auf dem Briefumschlag befindliche Datumsstempel der Post. Gemäß § 32 der Postordnung vom 30. Januar 1929 (RGBl 1929 I S. 33 ff.) in Verbindung mit der Allgemeinen Dienstanweisung für das Post- und Fernmeldewesen Abschn. V Abs. 2 § 14 erhalten Briefsendungen, sobald sie zur Post gelangen, einen Stempelaufdruck, der entweder mit der Zeit der Einlieferung bei der Postdienststelle übereinstimmt, oder aber sich nach dem Zeitpunkt des Einwurfs in den Postbriefkasten richtet. Er wird durch den Absendevermerk der Geschäftsstelle des Finanzgerichts nicht entkräftet. Tragen Aktenvermerk und Poststempel verschiedene Daten, so kommt es regelmäßig auf den Datumsstempel der Postanstalt als der zur Entgegennahme des Schriftstückes zuständigen Stelle an.
Das Urteil des Finanzgerichts gilt danach am 7. September 1961 als bekanntgegeben, und die am 6. Oktober 1961 eingegangene Rb. ist somit rechtzeitig eingelegt.
Fundstellen
Haufe-Index 424061 |
BStBl III 1963, 25 |
BFHE 1963, 70 |
BFHE 76, 70 |