Leitsatz (amtlich)
Ein Großhändler, der als Reiseandenken in Betracht kommende Massenartikel vor der Weiterlieferung mit Ortsnamen versieht, damit die von ihm belieferten Einzelhändler die Gegenstände in den den Aufschriften entsprechenden Orten und Gegenden an Letztverbraucher als Reiseandenken veräußern können, verliert nicht deshalb die Großhandelsvergünstigung des § 7 Abs. 3 UStG.
Normenkette
UStG § 7 Abs. 3; UStDB § 12 Abs. 1
Tatbestand
Die Bfin. betreibt u. a. den Großhandel mit Massenartikeln, wie Holztellern, Taschenmessern, Kämmen, Vasen und ähnlichen als Reiseandenken geeigneten Gegenständen. Sie versieht die Gegenstände vor der Weiterlieferung mit Ortsnamen wie "Königsee", "Bad Ems" usw. Ihre Abnehmer veräußern die Gegenstände im Einzelhandel in den den Aufschriften entsprechenden Gegenden und Orten an Letztverbraucher als Reiseandenken.
Streitig ist, ob es sich bei den Maßnahmen der Bfin. um ein steuerlich unschädliches Kennzeichnen im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 3 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz 1951 handelt. Die Vorinstanzen haben diese Frage verneint. Die Rb. hat Erfolg.
Entscheidungsgründe
Nach dem Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs II D 3/49 vom 23. August 1949 (Slg. Bd. 54 S. 370), dem der erkennende Senat stets gefolgt ist, liegt ein Kennzeichnen im Sinne der erwähnten Vorschrift dann vor, wenn Zeichen -- oder Bezeichnungen -- angebracht werden, aus denen u. a. der Hersteller oder der Ort der Herstellung, die Herstellungsweise oder die Beschaffenheit der Ware und damit ihre Güte ersichtlich sind. Entscheidend ist, daß es sich um die Angaben von Tatsachen handelt, die der Ware ihren inneren wirtschaftlichen Charakter aufprägen und deshalb geeignet sind, den Entschluß des Käufers zum Kaufe der Ware zu beinflussen. Um nichts anderes handelt es sich im Streitfalle; denn wenn der Großhändler einen Holzteller z. B. mit dem Namen eines Gebirgsortes versieht, entsteht beim Letztverbraucher der Eindruck, daß der Holzteller dort auch hergestellt ist oder doch in dieser Gegend gekauft wurde. Die Kennzeichnung sagt also nur etwas über die Herkunft der Ware aus und beeinflußt den Entschluß des Käufers, ohne daß, wie etwa bei der Kennzeichnung einer Ware als Reklamegegenstand, dieser eine weitere Eigenschaft verliehen wird; denn ein Reklamegegenstand ist ersichtlich nur zur unentgeltlichen Abgabe bestimmt, womit der so gekennzeichnete Gegenstand aus dem allgemeinen Warenverkehr ausscheidet. Zutreffend hat die Rb. hervorgehoben, daß der Großhändler im Streitfall im Rahmen seiner Verteilerfunktion bleibt, weil er zwischen Produzent und Einzelhändler je nach den bei ihm vorliegenden Bedarfsmeldungen den Verkauf der Massenartikel in den verschiedenen Absatzgebieten regelt und lenkt. Sicherlich hat sich, wie nicht streitig, die Marktgängigkeit der Ware geändert. Die Kennzeichnung ist gleichwohl unschädlich, weil sie nur für den Abnehmerkreis des Einzelhändlers, also eines weiteren Händlers in der Reihe, Auskunft über die Herkunft der Ware gibt.
Die Vorentscheidung kann sich nicht auf das Urteil des erkennenden Senats V 195/57 U vom 17. Oktober 1958 (BStBl 1959 III S. 21, Slg. Bd. 68 S. 56) berufen, dem Gegenteiliges nicht zu entnehmen ist. Die Auslegung der Vorinstanz erscheint zu eng. Es ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, warum nicht auch der Erinnerungswert, der in der Aufschrift des Kaufortes seinen Ausdruck findet, als eine den Kaufentschluß des Letztabnehmers beeinflussende Eigenschaft im Sinne des oben angeführten Gutachtens angesehen werden kann. Die Vorentscheidung war deshalb wegen Rechtsirrtums aufzuheben.
Die Sache ist spruchreif, da die sonstigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes nicht streitig sind. Der Umsatzsteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 1956 wird dahin abgeändert, daß die Umsatzsteuer auf 3262,05 DM festgesetzt wird.
Fundstellen
BStBl III 1961, 577 |
BFHE 1962, 856 |