Leitsatz (amtlich)
Zur Tarifierung von Aperitif auf Weinbasis.
Normenkette
GZT
Streitjahr(e)
1963
Tatbestand
Die Klägerin beantragte am 19. April 1963 eine verbindliche Zolltarifauskunft über Aperitif aus Weinbasis (Dessertwein mit Fruchtsaft Kirschsaft versetzt). Nach ihren Angaben handelte es sich bei der von ihr übersandten Warenprobe um eine zollamtlich gezogene Rückstellprobe einer von ihrer Schwesterfirma eingeführten Ware mit einem Alkoholgehalt von 22 Vol. %, wie sie die Klägerin in Kesselwagen einführen wollte. Auf Grund einer Stellungnahme der Zolltechnischen Prüfungs- und Lehranstalt (ZTPLA) vom 6. Juni 1963, die sich u. a. auf die Untersuchung durch die Chemische- und Lebensmitteluntersuchungsanstalt stützte, erteilte die Oberfinanzdirektion (OFD) der Klägerin am 1. Juli 1963 eine verbindliche Zolltarifauskunft dahin, daß die Ware nach dem Deutschen Zolltarif (ZT) 1963 zu der Tarifstelle 22.09 - C - III - b - 1 b - gehöre (alkoholische Getränke - andere - mit einem Gehalt an Äthylalkohol von weniger als 80 o - Liköre - in anderen Behältnissen als 2 l oder weniger). Der Einspruch der Klägerin blieb erfolglos.
Mit ihrer nunmehr als Klage anzusehenden Rb. macht die Klägerin folgendes geltend.
Unterstelle man, daß das Erzeugnis der Tarifnr. 22.09 zuzuordnen sei, so gehöre es keinesfalls zu der Tarifstelle C - III - b - 1 (Likör), da der Gehalt an Alkohol nicht den Mindestanforderungen der Ausführungsbestimmungen zum Branntweinmonopolgesetz (BrMonG) genüge. Eine Einordnung in die Tarifnr. 22.09 habe aber zur Voraussetzung, daß das Erzeugnis aus Sprit, Branntwein oder ähnlichem durch Abtrieb gewonnenem Alkohol hergestellt wäre. Unstreitig enthalte das Erzeugnis aber Gärungsalkohol. Ein solches gehöre in die Tarifnummern 22.05, 22.06 oder 22.07. Maßgeblich für die Einordnung in die Tarifnr. 22.06 sei nicht der Geschmack, sondern lediglich der Gehalt an Wein. Daß das Erzeugnis nicht aus einer Mistelle hergestellt worden sei und sein überwiegender Alkoholanteil nicht aus einer Mistelle stamme, habe die Untersuchung nicht ergeben. Auf den Geschmack möge es bei einem weinhaltigen Getränk des § 16 des Weingesetzes (WG) ankommen; der ZT fordere den Weingeschmack nicht. Wesentlich für die Beurteilung des Erzeugnisses seien die Angaben des Einführenden sowie die Dokumente, die er zur Unterstützung seiner Angaben vorlege. Tarifnr. 22.06 sehe als Grenze des Gehalts an Äthylalkohol 180 g/l vor und fordere, daß das Erzeugnis Wein mit Stoffen aromatisiert darstelle. Dem entspreche das hier zu tarifierende Erzeugnis. Zur rechtlichen Wertung der Ausführungen der OFD werde auf die Ausführungen des Finanzgerichts (FG) über das Verhältnis der §§ 151, 159 a BrMonG zueinander (weingeisthaltige Erzeugnisse und weingeisthaltige Stoffe) in dem Urteil in der Parallelsache (IV 179 - 181/61 H) hingewiesen. Die Einordnung des Erzeugnisses in die Tarifnr. 22.09 beinhalte auch die Erhebung der Monopolabgabe bei der Einfuhr. Damit sei die Erhebung dieser Abgabe verbindlicher Teil der Auskunft und beschwerdefähig. Ihr Lieferant habe in den Jahren 1956 bis 1962 ca. 85 Sendungen der hier vorliegenden Ware an sie und andere Kunden geliefert, die sämtlich nach Tarifnr. 22.06 eingeordnet worden seien. Im übrigen stehe Art. 12 EWG-Vertrag und die Rechtsprechung dazu der Behandlung eingeführten Weines als Likör im Wege.
Nach ihren Ausführungen erstrebe die Klägerin die Aufhebung der Zolltarifauskunft, damit die Ware nach Tarifnr. 22.06 eingeordnet werde.
Die OFD erstrebt die Abweisung der Klage. Maßgebend für die tarifliche Einordnung der Ware sei die amtliche Untersuchung. Deren Ergebnis sei nicht nur eine Analyse der Ware gewonnen, sondern ganz besonders durch Sinnenprüfung bestimmt. Da das Getränk den Charakter als Wein verloren habe, komme es auf den Gesamtalkoholgehalt nicht an. Es könne nicht mehr der Tarifnr. 22.06 zugewiesen werden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Die Warenbezeichnung der Tarifnr. 22.06 ZT 1963, unter die nach Meinung der Klägerin die von ihr eingereichte Warenprobe fällt, nennt Wermutweine und andere Weine aus frischen Weintrauben, mit Pflanzen oder anderen Stoffen aromatisiert. Nach den einzelnen Tarifstellen fallen hierunter auch solche Weine, deren Alkoholgehalt 22 o (wie ihn die Warenprobe aufweist) übersteigt. Unter diese Tarifnummern gehören nach der verbindlichen Erläuterung I (1) in der seinerzeit geltenden Fassung unter Verwendung von aromatischen Pflanzen oder Stoffen (auch in Form von Auszügen) aus Wein oder mit Alkohol stummgemachten Most (Tarifnr. 22.05) hergestellte weinhaltige Getränke, soweit sie nicht infolge ihrer Zusätze oder ihres Gehalts an Äthylalkohol die Beschaffenheit von Waren anderer Tarifnummern, z. B. alkoholischer Getränke der Tarifnr. 22.09, Arzneiwaren der Tarifnr. 30.03, aufweisen.
Das der Klägerin im Wortlaut bekannte Untersuchungserzeugnis der Chemischen- und Lebensmitteluntersuchungsanstalt vom 31. Mai 1963 ist auf Grund der Analyse der von der Klägerin eingereichten Warenprobe zu dem Ergebnis gelangt, daß der Alkohol aus Eigengärung sich unter Einbeziehung einer Toleranz von 20 % auf etwa 18 bis 20 g/l berechnet, der Zusatz von Fremdalkohol etwa 150 g/l beträgt. Das Untersuchungszeugnis stellt weiter fest, daß ein Weinanteil organoleptisch nicht wahrnehmbar ist und , soweit überhaupt vorhanden, nur geringfügig sein kann. Auf dieses Ergebnis stützt sich die Stellungnahme der ZTPLA vom 6. Juni 1963, die zu dem Ergebnis kommt, daß die Ware nach dieser Beurteilung durch die Untersuchungsanstalt und dem "hiesigen Eindruck" Wein nicht in einem solchen Maße enthält, daß er zum Gepräge der Gesamterscheinung wesentlich beiträgt.
Die Beschaffenheit der Ware ergibt sich demnach einmal auf Grund der vorgenommenen Analyse, aus der hervorgeht, daß nach dem Gehalt an Gärungsnebenprodukten der Gärungsalkohol nur einen Bruchteil des Gesamtalkoholgehalts ausmacht, d. h. dessen weitaus größter Teil aus zugesetztem Alkohol besteht. Schon das spricht dafür, daß der vorhandene Weinanteil nur gering ist. Damit steht dann im Einklang das Ergebnis der Sinnenprüfung. Da diese von sachverständiger Seite in der genannten Untersuchungsanstalt, d. h. einer von der Finanzverwaltung unabhängigen Dienststelle vorgenommen worden ist, bestehen nach Auffassung des Senats keine Bedenken, das gewonnene Ergebnis als zutreffend anzusehen. Dieses findet im übrigen seine Bestätigung dadurch, daß nach der Angabe der OFD die Ware auch durch einen Beamten der ZTPLA "verkostet" worden ist. d. h. durch diesen nach Geruch und Geschmack geprüft worden ist.
Es ist demnach - und zwar nicht allein auf Grund der Sinnenprüfung, sondern auch das Ergebnis der Analyse - als feststehend anzusehen, daß die Ware einen erheblichen Zusatz an Alkohol aufwies und nach Geruch und Geschmack keinen weinigen Charakter zeigte. Da aber Tarifnr. 22.06 zur Wermutweine und andere Weine aus frischen Weintrauben umfaßt, können darunter nicht auch Erzeugnisse fallen, die nicht mehr das Wesen von Weinen aufweisen. Denn auch wenn die einzelnen Tarifstellen einen noch höheren Alkoholgehalt zulassen als ihn die von der Klägerin eingereichte Probe aufweist, so kann es sich dabei doch nur um solche Erzeugnisse handeln, bei denen das Verhältnis des im verwendeten Wein enthaltenen Gärungsalkohols zu dem zugesetzten Alkohol ein solches ist, daß der Weincharakter des Erzeugnisses erhalten geblieben ist, also noch von Wein die Rede sein kann.
Wenn mit Rücksicht auf das Fehlen des Weincharakters die OFD in der Zolltarifauskunft die Ware als anderes alkoholisches Getränk, und zwar Likör der Tarifnr. 22.09 C - III - b - 1 - b angesprochen hat, ist das nach dem Vorstehenden rechtlich nicht zu beanstanden. Nach der Erläuterung I (6) zu Tarifnr. 22.09 sind Liköre (im Sinne dieser Vorschrift) gesüßte und aromatisierte Branntweine, die mindestens 10 Gewichtshundertteile Extrakt und höchstens 50 Gewichtshundertteile Äthylalkohol enthalten. Für die zolltarifliche Einordnung ist demnach ein bestimmter Mindestgehalt an Alkohol nicht vorgeschrieben. In Anbetracht des festgestellten hohen Zusatzes von Alkohol, des fehlenden Weingeschmacks und des einem Kirschlikör ähnlichen Geschmacks ist daher die Einreihung der Ware unter die Tarifnr. 22.09 C - III - b - 1 - b als zutreffend anzusehen.
Ob, wie die Klägerin behauptet, Sendungen gleichartiger Ware in vielen Fällen anders tarifiert worden sind, ist für die Entscheidung des Streitfalls unerheblich. Ebenso kommt es nicht darauf an, welche ausländischen Zeugnisse mit jenen Sendungen etwa vorgelegt wurden.
Die Auffassung der Klägerin, daß die Zolltarifauskunft nicht nur für die zolltarifliche Einordnung der Ware, sondern auch für ihre monopolrechtliche Behandlung verbindlich sei, ist nicht zutreffend. In der angefochtenen Zolltarifauskunft sind die Angaben über Zollsätze, Umsatzausgleichsteuersätze und über den zu erhebenden Monopolausgleich ausdrücklich unter "Unverbindliche Bemerkungen" zusammengefaßt, woraus sich eindeutig ergibt, daß ihnen keine Verbindlichkeit zukommt. Infolgedessen erübrigt sich auch ein Eingehen auf die Ausführungen der Klägerin zu Art. 12 EWG-Vertrag, die sich nur auf die monopolrechtliche Behandlung beziehen können.
Die Klage war nach alledem als unbegründet abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 425814 |
BFHE 1967, 167 |
BFHE 87, 167 |