Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Begriff des forstwirtschaftlichen (aussetzenden) Teilbetriebs.

 

Normenkette

EStG § 6 Ziff. 4; EStDV § 5 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Bgin. betreibt die Herstellung pharmazeutischer Präparate und den Großhandel mit Vegetabilien. Außerdem hat sie einen forstwirtschaftlichen Besitz von insgesamt 28,7 ha, der nach dem, vom Forstsachverständigen der Oberfinanzdirektion insoweit bestätigten, Gutachten der Landwirtschaftskammer einen aussetzenden forstwirtschaftlichen Betrieb darstellt. Durch notariellen Vertrag vom 15. Dezember 1951 übertrug die Bgin. insgesamt rund 6,25 ha unentgeltlich an den Verein für Caritasheime; davon waren 5,55 ha Waldfläche und der Rest (rund 0,7 ha) Ackerland. Nach dem erwähnten Gutachten der Landwirtschaftskammer liegen von den Waldparzellen rund 5 ha räumlich zusammen und stellen einen in sich geschlossenen, völlig arrondierten Waldkomplex dar. Die übrigen Waldparzellen (rund 0,5 ha) und die Ackerfläche haben keinen räumlichen Zusammenhang mit jener Waldfläche; sie sind inzwischen mit einem Altersheim bebaut worden, von dem aus gleichzeitig der an die Caritas verschenkte Forstbesitz als selbständiger Forstbetrieb verwaltet und bewirtschaftet wird. Aus den verschenkten Waldparzellen hat der Caritasverband inzwischen für 81 613 DM Holz geschlagen.

Bei der Veranlagung wurde die Schenkung der Forstfläche als Privatentnahme behandelt und der Teilwert (Holzwert) ohne Grund und Boden mit 83 545 DM in voller Höhe den forstwirtschaftlichen Einkünften hinzugesetzt, da bei der übertragung Werbungskosten nicht entstanden waren. Die Schenkung wurde jedoch als Ausgabe zur Förderung von Mildtätigkeitszwecken bei den Sonderausgaben unter Beachtung der Höchstbeträge gemäß § 10 b EStG 1951 berücksichtigt.

Der Einspruch der Bgin. hatte Erfolg. Der Steuerausschuss sah die Schenkung der Waldparzellen als unentgeltliche übertragung eines Teilbetriebs an, weil die Parzellen schon bei der Bgin. einen in sich geschlossenen Teilbetrieb dargestellt hätten. Da die unentgeltliche übertragung eines Betriebs oder eines Teilbetriebs nach § 5 Abs. 1 EStDV 1951 keine steuerpflichtige Privatentnahme darstelle, sei der Betrag von 83 545 DM bei der Neuermittlung des Einkommens der Jahre 1951 und 1952 wieder auszuscheiden. Das Finanzgericht wies die vom Vorsteher des Finanzamts eingelegte Berufung als unbegründet zurück, indem es, dem Gutachten folgend, die verschenkte Forstfläche einschließlich der getrennt liegenden 1,21 ha Wald- und Ackerfläche als forstwirtschaftlichen Teilbetrieb ansah.

Mit der hiergegen eingelegten Rb. des Vorstehers des Finanzamts wird Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt. Wenn schon das Finanzgericht das Gutachten des Forstsachverständigen der Oberfinanzdirektion als einseitige Stellungnahme gewertet habe, so hätte es sich entweder an Ort und Stelle selbst vom Sachverhalt überzeugen müssen oder aber auch das Gutachten nicht als objektives Gutachten ansehen dürfen. Es hätte zumindest einen völlig unbeteiligten, mit der steuerlichen Rechtsprechung vertrauten Forstsachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragen müssen. Durch dieses Versäumnis habe das Finanzgericht die ihm obliegende Aufklärungspflicht verletzt. Es habe aber auch zu Unrecht angenommen, daß die unentgeltlich übertragenen Forstflächen einen Teilbetrieb darstellten. Zwar sei nicht zu bestreiten, daß es Bauernwaldungen in einer Gesamtgröße von 5 ha gebe, die einer selbständigen Bewirtschaftung unterliegen. Daraus könne jedoch nicht gefolgert werden, daß die streitigen Waldparzellen bei der Bgin., die einen mehr als 5 ha umfassenden Forstbetrieb besitze, einen Teilbetrieb dargestellt hätten. Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI 502/37 vom 1. Dezember 1937 (RStBl 1938 S. 108) bedeute bei aussetzenden forstwirtschaftlichen Betrieben eine Teilveräußerung regelmäßig die Abtrennung einzelner Forstbestände und nicht die eines Teilbetriebs. Auch aus dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI 456/41 vom 28. Januar 1942 (RStBl 1942 S. 90) könne eine andere Schlußfolgerung nicht gezogen werden, zumal es sich in dem dort entschiedenen Fall um zwei voneinander weit entfernt liegende, durch je einen besonderen Revierförster betreute Waldgelände von wesentlich größerem Umfang gehandelt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:

Streitig ist, ob die unentgeltliche übertragung der Waldflächen eine gemäß § 6 Ziff. 4 EStG 1951 mit dem Teilwert anzusetzende Entnahme von einzelnen Wirtschaftsgütern ist oder ob es sich hierbei um einen Teilbetrieb im Sinne des § 5 Abs. 1 EStDV 1951 handelt, wobei der bisherige Betriebsinhaber die übertragenen Parzellen mit den sich nach § 6 Ziff. 1 bis 3 EStG 1951 ergebenden Werten im Zeitpunkt der übertragung anzusetzen hat und der Schenkungsempfänger als Rechtsnachfolger an diese Werte gebunden ist. Im letzteren Falle würden die in den Holzbeständen enthaltenen stillen Reserven nicht wie bei einer Entnahme gewinnerhöhend aufgelöst, sondern vom Erwerber übernommen und erst von diesem bei einer späteren Realisierung zu versteuern sein.

Was als Teilbetrieb anzusehen ist, hat der Gesetzgeber nicht ausdrücklich festgelegt. Nach der überwiegend im Schrifttum (Blümich-Falk, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 8. Aufl., § 16 Anm. 3 b Abs. 2; Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 16 Anm. 7; Hartmann-Böttcher, Großkommentar zur Einkommensteuer, § 16 Anm. 2 c; Littmann, Das Einkommensteuer-Recht, § 16 Anm. 2, § 14 Anm. 3) und in den zahlreichen dort angeführten Urteilen vertretenen Auffassung liegt ein Teilbetrieb dann vor, wenn es sich um einen in sich geschlossenen, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteten Teil eines Unternehmens handelt. Der Begriff "Teilbetrieb" ist nicht etwa als Teil eines Betriebs in dem Sinne zu verstehen, daß auch eine größere Anzahl von einzelnen, etwa besonders wertvollen Gegenständen als Teilbetrieb angesehen werden könnte. Ein solcher liegt vielmehr nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 987/31 vom 13. Mai 1931 (RStBl 1931 S. 490) nur dann vor, wenn das ganze Unternehmen entweder in mehrere Bruchteilsbetriebe (z. B. in zwei Hälften) oder in mehrere selbständige Einzelbetriebe geteilt wird, die als Einzelorganismen wie selbständige Abteilungen des Unternehmens lebensfähig sind und als selbständige Gewerbebetriebe aufrechterhalten werden können. Die Entscheidung ist im Hinblick darauf, daß es einen allgemein gültigen Begriff des Teilbetriebs nicht gibt, im Einzelfall oft nicht leicht zu treffen. Die Frage wird für das Gebiet der gewerblichen Wirtschaft nach anderen Maßstäben zu beantworten sein als etwa bei der Landwirtschaft oder bei forstwirtschaftlichen Betrieben. Ein landwirtschaftlicher Betrieb setzt notwendig die zugehörigen Gebäude sowie lebendes und totes Inventar voraus. Ein landwirtschaftlicher Teilbetrieb kann daher nicht allein in einer landwirtschaftlichen Fläche erblickt werden, auch wenn diese noch so groß ist. Für den forstwirtschaftlichen Betrieb haben jedoch Gebäude und Inventar nicht die Bedeutung wie bei der Landwirtschaft. Für die Frage, ob ein Teilbetrieb vorliegt, wird man bei forstwirtschaftlichen Betrieben zu unterscheiden haben zwischen Nachhaltsbetrieben (d. h. solchen, bei denen die vorhandenen Baumbestände nach Art und Altersklasse eine planmäßige jährliche Nutzung ermöglichen) und aussetzenden Betrieben (wozu auch die Bauernwaldungen gehören), die nur aus einer Altersklasse oder wenigen Altersklassen bestehen und daher nur in längeren Zeiträumen - abgesehen von den sogenannten Vornutzungen -, manchmal erst nach Jahrzehnten einen Ertrag (Kahlhieb) bringen.

Bei Nachhaltsbetrieben hat der Reichsfinanzhof in dem oben erwähnten Urteil vom 1. Dezember 1937 einen Teilbetrieb dann angenommen, wenn eine eigene betriebliche und rechnungsmäßige Verwaltung (eigener Betriebsplan, gesonderte Betriebsrechnung) vorlag, oder auch dann, wenn durch die Abtrennung zwei oder mehrere kleinere Nachhaltsbetriebe entstanden sind. Da dies bei aussetzenden Betrieben nicht möglich sei, bedeute eine Teilveräußerung bei diesen regelmäßig die Abtrennung einzelner Forstbestände und nicht die eines Teilbetriebs. Von dieser einengenden Auffassung ist jedoch der Reichsfinanzhof in dem vom Rechtsbeschwerdeführer erwähnten Urteil vom 28. Januar 1942 für solche Bauernwaldungen abgewichen, die durch ihre abgetrennte Lage und ausreichende Größe als selbständige Forstreviere im Sinne eines Bauernwaldes anzusehen seien. Im Hinblick auf die einfach gelagerten Betriebsverhältnisse von Bauernwaldungen sind bei diesen an das Vorliegen eines Teilbetriebs die geringsten Anforderungen zu stellen, da hier weder ein Betriebsplan noch eine selbständige Betriebsabrechnung in Frage kommt. Es wird daher schon die räumlich zusammenhängende Lage einer Forstfläche genügen, um sie als einen Teilbetrieb anzusehen, zumal jeder Bauernwald unabhängig von seiner Größe im Sinne des EStG als ein forstwirtschaftlicher Betrieb anzusehen ist. Stellt man aber an das Vorhandensein eines forstwirtschaftlichen Betriebs überhaupt nur geringe Anforderungen und zieht hieraus die steuerliche Folgerung, daß bei der Veräußerung von Waldbeständen erzielte Einnahmen als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu versteuern sind, so wird man auch die Frage, ob ein Teilbetrieb vorliegt, nach den gleichen Gesichtspunkten beurteilen müssen. Schließlich wird man in Zweifelsfällen den mit § 5 Abs. 1 EStDV 1951 verfolgten Zweck, bei unentgeltlichen Betriebs- oder Teilbetriebsübertragungen die Auflösung stiller Reserven beim übertragenden zu verhindern und sie erst dann zu erfassen, wenn der übernehmende sie durch Veräußerung oder in sonstiger Weise verwirklicht, nicht außer acht lassen dürfen.

Das Finanzgericht hat unter Würdigung aller Umstände mit dem Gutachten angenommen, daß die von der Bgin. an den Caritasverband unentgeltlich übertragene Waldfläche als Teilbetrieb anzusehen sei. Diese Tatsachenfeststellung ist für den Senat bindend, es sei denn, daß sie auf einem Rechtsirrtum oder auf einem Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten beruht oder daß das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet. Entsprechend den vorstehenden Ausführungen kann der Rb. darin nicht gefolgt werden, daß das Finanzgericht den Begriff des Teilbetriebs verkannt habe. Nach dem Gutachten, an dessen Objektivität zu zweifeln kein Anlaß vorliegt, handelt es sich um einen räumlich zusammenhängenden, in sich geschlossenen und völlig arrondierten Waldkomplex, der als Bauernwald mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattet ist. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn das Finanzgericht das Vorliegen eines forstwirtschaftlichen Teilbetriebs bejaht hat. Das Gutachten hat auch zutreffend darauf hingewiesen, daß der Begriff eines forstwirtschaftlichen Teilbetriebes außerordentlich schwer abgrenzbar sei und daß dieser beim Großwaldbesitz anders zu beurteilen sei als bei kleineren Privatwaldungen bzw. bei bäuerlichem Waldbesitz. Wenn das Finanzgericht bei seiner Urteilsfindung dem Gutachten gefolgt ist, ohne eine Ortsbesichtigung vorzunehmen oder etwa einen weiteren Gutachter zu hören, so kann hierin entgegen der Auffassung der Rb. eine Verletzung der dem Finanzgericht obliegenden Aufklärungspflicht nicht erblickt werden. Das Finanzgericht konnte im vorliegenden Fall von einer örtlichen Beweisaufnahme Abstand nehmen, da die tatsächlichen Verhältnisse völlig geklärt waren, und es lag für das Finanzgericht auch keine Veranlassung vor, einen weiteren Gutachter zu hören, da es selbst in der Lage war, zu beurteilen, ob es der Auffassung des Gutachtens oder der gegenteiligen Ansicht des Finanzamts folgen wollte.

Die Schenkung der Parzellen stellt daher die unentgeltliche übertragung eines Teilbetriebs im Sinne von § 5 Abs. 1 EStDV 1951 dar mit der Folge, daß die in dem aufstehenden Waldbestand enthaltenen stillen Reserven bei der Bgin. nicht aufzudecken und daher nicht zur Einkommensteuer heranzuziehen sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409905

BStBl III 1961, 124

BFHE 1961, 331

BFHE 72, 331

DB 1961, 426

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