Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen des § 12 Ziff. 2 EStG sind hinsichtlich der Zinsen einer hypothekarisch gesicherten Forderung nicht gegeben, die die Eltern einem ihrer Kinder unter Anrechnung auf den Erbteil einräumen.
Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen im Sinne des § 12 Ziff. 2 EStG liegen insoweit vor, als die Zuwendungen über den Rahmen dessen hinausgehen, was der Empfänger für seine Leistung nach bürgerlichem Recht zu beanspruchen hat.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 2
Tatbestand
Die Ehefrau des Steuerpflichtigen (Stpfl.) hat mit notariell bekundetem Vertrag vom 1. Dezember 1950 ihrer verheirateten 38 Jahre alten Tochter eine Forderung von 150.000 DM schenkungsweise eingeräumt. In dem Vertrag wird im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die Forderung sei der Tochter geschenkt als Ausstattung, zugleich jedoch auch in Anrechnung auf ihren künftigen Erb- und Pflichtteil. Sie sei zu Lebzeiten der Tochter unkündbar und werde mit dem Betrag jährlich verzinst, der 20 % der Nettoeinkünfte aus zwei Hausgrundstücken entspreche. Vom Zeitpunkt des Todes der Tochter an sei die Forderung mit jährlich 4 v. H. zu verzinsen und mit 2 v. H. zu tilgen. Zur Sicherung verpflichte sich die Mutter, eine Grundschuld über 150.000 DM samt Zinsen bis zu 10 % vom Tage der Eintragung im Grundbuchamt auf den beiden Anwesen zu bestellen und diese Grundschuld vom Zeitpunkt des Todes der Tochter an in eine Annuitätenhypothek zu den vorgenannten Bedingungen umzuwandeln, wobei die Forderung während der Tilgungszeit seitens der Gläubigerin, bzw. der Gläubiger nicht kündbar sei, jedoch seitens des Schuldners nach jederzeit zulässiger halbjährlicher Kündigung bezahlt werden könne.
Für das Streitjahr 1950 beantragte der Beschwerdeführer (Bf.) bei der Veranlagung den Abzug von 20.470,65 DM Zinsen. Das Finanzamt ließ den Betrag weder bei den Werbungskosten noch bei den Sonderausgaben abziehen.
Im Berufungsverfahren machte der Stpfl. geltend: Die Schenkung an die Tochter solle den Ausgleich dafür darstellen, daß der Bruder an dem Unternehmen des Bf. als Gesellschafter beteiligt worden sei. Mit Rücksicht darauf, daß der Schenkungsvertrag erst am 1. Dezember 1950 geschlossen sei, werde nur noch 1/12 des Betrages von 20.470 DM zum Abzug beantragt.
Das Finanzgericht wies die Berufung als unbegründet ab. Die Forderung sei als Ausstattung eingeräumt worden. Beachtlich sei auch, daß die Verzinsung der Forderung vom Ertrag der Anwesen und dieser wieder von der Ertragslage der OHG (Gesellschafter: Der Bf. und sein Sohn), die einen großen Teil der Anwesen gewerblich nutze, abhängig sei. Ein fremder Gläubiger hätte unter diesen Voraussetzungen kaum Geld in einer Forderung angelegt. Die fortdauernden Zinsleistungen seien Ausstattungsrenten.
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) bringt tatbestandsmäßig noch vor: Der Schenkungsbetrag sei nunmehr an die Tochter ausgezahlt worden. Die Höhe des Zinsfusses sei wirtschaftlich darin begründet gewesen, daß die 150.000 DM rund 1/5 des Wertes der Grundstücke darstellten. Der Tochter hätte 1/5 der Grundstückserträge in Form von Zins zugewendet werden sollen. Die Rendite des Kapitals sei unabhängig von der Ertragslage der OHG. Die OHG müsse eine angemessene Miete zahlen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Eine an eine Tochter auf Grund eines notariellen Vertrages zum standesgemäßen Unterhalt gezahlte Rente (Ausstattungsrente) ist bei den Eltern nach § 12 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abzugsfähig (Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 565/35 vom 6. November 1935, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1935 S. 1551). Anders ist die Rechtslage, wenn der Leistung der Eltern eine Leistung der Kinder gegenübersteht (Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 856/33 vom 22. November 1933, RStBl. 1934 S. 338). Eine Gegenleistung liegt auch dann vor, wenn der Berechtigte auf diese Weise für seine Erb- und Pflichtteilansprüche abgefunden werden soll. Der Reichsfinanzhofs hat deshalb in der Entscheidung VI 197/38 vom 30. März 1938, Slg. Bd. 43 S. 290, eine Rente beim Vater als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG anerkannt, die an eine Tochter gegen Verzicht auf das Erb- und Pflichtteilsrecht gewährt wurde. Der Senat tritt dieser Rechtsauffassung bei. Es ist eine ähnliche Lage wie dort gegeben, wo Kinder am Unternehmen der Eltern in Anrechnung auf ihre Erbteile beteiligt werden, und auf Grund dieser Beteiligung Einkünfte aus dem Unternehmen beziehen. Es handelt sich um eine vorweggenommene teilweise Regelung der Erbschaft. Im vorliegenden Fall muß die Tochter die Schenkung sich auf ihr künftiges Erb- und Pflichtteilsrecht anrechnen lassen. Das Finanzgericht hat nicht festgestellt, daß die vertragliche Bestimmung den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspricht. Dieser Tatbestand erfüllt die Voraussetzungen des § 12 Ziff. 2 EStG nicht. Die Vorentscheidung, die das verkannt hat, muß aufgehoben werden. Die Frage, ob dort, wo ein Stammrecht geschenkt wird (Beteiligung am Betrieb, hypothekarisch gesichertes Darlehen, Nießbrauch), die Früchte dieses Stammrechtes allgemein Einkünfte der Berechtigten sind, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden (siehe hierzu Entscheidungen des Reichsfinanzhofs IV 130/41 vom 31. Juli 1941, RStBl. 1941 S. 861, Grundwerk Steuerrechtskartei, EStG § 12 Ziff. 2 Rechtsspruch 6 b, IV 434/42 vom 14. April 1943, RStBl. 1943 S. 516, Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 149/50 vom 2. März 1951, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1951 III S. 87).
Das Finanzgericht hat Bedenken wegen der Höhe der Verzinsung, Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen im Sinne des § 12 Ziff. 2 EStG 1950 liegen auch insoweit vor, als die Zuwendungen über den Rahmen dessen hinausgehen, was der Empfänger für seine Leistung nach bürgerlichem Recht zu beanspruchen hat (Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI A 652/36 vom 26. August 1936, RStBl. 1936 S. 1133). Es erscheint zweckmäßig, die Sache zur nochmaligen Würdigung an das Finanzgericht zurückzuverweisen. Das Vorbringen der Rb. in dieser Hinsicht kann hierbei gewürdigt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 407639 |
BStBl III 1953, 157 |
BFHE 1954, 400 |
BFHE 57, 400 |