Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung von Entgelt und Zuschuß
Leitsatz (NV)
Eine GmbH, der nach ihrer Satzung Aufgaben der Wirtschaftsförderung in den Gebieten ihrer Gesellschafter (Landkreis und dessen Gemeinden) übertragen worden sind, kann diese Aufgaben durch steuerbare Leistungen (gegen Entgelt) an ihre Gesellschafter erfüllen, wenn diese aufgrund zusätzlicher Verpflichtung außerhalb des Gesellschaftsvertrags dafür als Entgelt zu beurteilende Aufwendungen an die GmbH übernehmen.
Das gilt jedenfalls dann, wenn bei Erwerb von Grundstücken zur Vorratshaltung durch die GmbH für Wirtschaftsförderungsmaßnahmen diejenige Mitglieds-Gemeinde, in deren Gebiet das Grundstück liegt, den Zinsaufwand für die Kaufpreisfinanzierung (zumindest überwiegend nebem dem Landkreis) der GmbH zuwendet. Ein bloßer Zuschuß zur (leistungsunabhängigen) Subventionierung der GmbH liegt dann nicht vor.
Normenkette
UStG 1973 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1
Tatbestand
Gesellschafter der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, sind ein Landkreis und die ihm angehörenden Gemeinden. Die Klägerin wurde zur Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur des Landkreises gegründet, insbesondere zur Förderung der Industrie, des Gewerbes und der Naherholung. Um diese Zwecke zu erreichen, ist sie nach der Satzung berechtigt, ergänzend zu den selbständigen Tätigkeiten ihrer Gesellschafter
a) für die Ansiedlung von Gewerbebetrieben im Gebiet der Gesellschafter zu werben,
b) die Gesellschafter bei der Wirtschaftsförderung zu beraten und zu unterstützen,
c) Grundstücke zu erwerben, zu verpachten, zu erschließen und zu veräußern,
d) ansässige und anzusiedelnde Unternehmen bei der Beschaffung von Grundstücken, Gebäuden, Arbeitskräften, Wohnungen und Förderungsmitteln zu beraten und zu unterstützen.
In diesem Rahmen kaufte die Klägerin Grundstücke im Bereich des Landkreises auf, um sie bei Bedarf gewerblichen Interessenten zum Zwecke der Ansiedlung anzubieten. Sie finanzierte die Kaufpreise in der Regel über langfristige Kredite einer Sparkasse. Die Zinsen für diese Kredite finanzierte die Klägerin durch sog. Zinszuschüsse ihrer Gesellschafter. Die Zahlung der Zinszuschüsse ist im Gesellschaftsvertrag (Satzung) nicht geregelt. Im allgemeinen verfuhren die Gesellschafter so, daß diejenige Gemeinde, in deren Einzugsgebiet das erworbene Grundstück liegt, 75 v. H. und der Landkreis 25 v. H. der Beträge zahlten.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat die Auffassung, die sog. Zinszuschüsse seien Entgelt für steuerbare und steuerpflichtige Leistungen der Klägerin.
Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.
Nach ihrer Ansicht ist die Zahlung der Zuschüsse zu den Kreditzinsen durch die Gemeinde kein Entgelt für eine von ihr, der Klägerin, an die Gemeinde ausgeführte Leistung. Sie habe keine steuerbare Leistung (in Erwartung einer Gegenleistung der Gemeinde, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495) ausgeführt, sondern (als Gesellschaftszweck) im Interesse der Gesamtbelange des Kreises Grundstücke vorrätig gehalten. Das habe lediglich als Reflex auch die Förderung der Einzelgemeinden zur Folge.
Sie, die Klägerin, sei als juristische Person des privaten Rechts zur gemeinsamen Wahrnehmung von Aufgaben i. S. des § 1 Abs. 3 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit (Nordrhein-Westfalen) - GKG - i. d. F. vom 1. Oktober 1979, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen (GVBl NW) 1979, 621 gegründet worden. Daraus folge zum einen, daß ihre Tätigkeit dem gemeinsamen Zweck der beteiligten Gemeinden und des Kreises diene. Zum anderen könne daraus geschlossen werden, daß das gemeinsame Interesse auch bei den hier maßgeblichen Geschäften im Vordergrund gestanden habe und nicht das Einzelinteresse einer Gemeinde. Zudem sei der Landkreis mit weit über . . . v. H. aller Anteile ihr Hauptgesellschafter. Die Gemeinden hätten nur sehr geringe Anteile. Schon daraus ergebe sich, daß der gemeinsam verfolgte, in der Satzung vereinbarte Gesellschaftszweck dem übergeordneten Interesse des Landkreises diene. Auch habe die einzelne Gemeinde keinen unmittelbaren Einfluß auf Erwerb und Veräußerung von Grundstücken. Maßgebend sei die Entschließung der Geschäftsführung. Auch wenn man (allgemein) die reflexartige Befriedigung des Interesses eines Dritten durch eine Tätigkeit für die Annahme eines Leistungsaustauschs als ausreichend ansehe, komme man zu keinem unmittelbaren Leistungsaustausch zwischen ihr, der Klägerin, und der Gemeinde, die Zinszuschüsse zahle. Die Zahlung sei nur ein Mittel, um die Klägerin überhaupt in die Lage zu versetzen, ihre allgemeine satzungsmäßige Aufgabe wahrzunehmen. Es handle sich somit um nicht der Umsatzsteuer unterliegende Zuschüsse.
Schließlich könne daraus, daß die Kostenerstattung neben der Satzung schuldrechtlich geregelt sei, keine Stütze für die Argumentation des Finanzgerichts (FG) hergeleitet werden. Es sei nicht nachvollziehbar, warum der gleiche Verteilungsschlüssel dann nicht mehr zu einem konkreten Leistungsaustausch führen solle, wenn er in der Satzung vereinbart worden sei. Ferner spreche gerade die schuldrechtliche Vereinbarung dafür, daß kein konkreter Leistungsaustausch angenommen werden könne, weil sie für alle Fälle verbindlich sei. Der Schlüssel sei von vornherein gleich für alle Fälle vereinbart worden. Damit seien lediglich Folgewirkungen von Investitionen finanziell geregelt worden.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und (sinngemäß) der Klage stattzugeben.
Das FA tritt der Revision entgegen.
Die Klägerin hat nicht auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
1. Das FG-Urteil entspricht im wesentlichen den Grundsätzen zur Erfassung steuerbarer Leistungen zwischen Gesellschaften und Gesellschaftern (hier: zwischen einer juristischen Person und ihren Gesellschaftern), auch wenn die vom FG herangezogenen Abgrenzungskriterien der früheren Rechtsprechung - nämlich die Unterscheidung nach (nichtsteuerbare) Erfüllung von sog. Gesamtbelangen und (steuerbarer) Erfüllung von sog. Sonderbelangen der Gesellschafter - vom Senat nicht weiter verfolgt werden (vgl. dazu Urteil vom 4. Juli 1985 V R 107/76, BFHE 145, 244, BStBl II 1986, 153).
Die tatsächliche und rechtliche Würdigung des FG, daß die Klägerin Aufgaben der einzelnen Mitglieds-Gemeinden gegen Entgelt in Gestalt der Zinszuschüsse übernommen und damit steuerbare sonstige Leistungen (insbesondere Vorratshaltung von Grundstücken) an diese Gemeinden ausgeführt habe, hält der Revision stand.
Steuerbare Leistungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) führt ein Unternehmer aus, wenn sich seine Leistung auf den Erhalt einer (möglichen) - in der Regel vereinbarten - Gegenleistung richtet (vgl. BFH, Urteil in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495).
a) Ausweislich der Gesellschaftssatzung waren der Klägerin von ihren Mitgliedern (Gemeinden und Landkreise) Aufgaben der sog. Wirtschaftsförderung in ihren Gebieten übertragen worden.
Erfüllt eine Körperschaft des privaten Rechts die ihr von den Gesellschaftern satzungsgemäß übertragenen Aufgaben mit eigenen Gesellschaftsmitteln, also im Fall der GmbH aus den Stammeinlagen der Gesellschafter, ist die in der Aufgabenerfüllung im Interesse der Gesellschafter gegebene Leistung jedenfalls nicht im Hinblick auf ein Entgelt ausgeführt und damit nichtsteuerbar i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1973; die Gesellschaft betätigt sich nicht um einer Gegenleistung willen. Die Zahlung der Stammeinlagen oder Nachschüsse durch die Gesellschafter beruht auf der Gesellschafterstellung und erfolgt nicht ,,für die Leistung" als Entgelt.
b) Allerdings können nach § 19 Abs. 1 GKG NW und vergleichbaren landesrechtlichen Regelungen öffentlich-rechtliche Zweckverbände die Deckung des Finanzbedarfs durch Umlagen so bemessen, daß auf das Verhältnis des Nutzens abgestellt wird, den die einzelnen Verbandsmitglieder aus der Erfüllung der Aufgaben des Zweckverbands haben (vgl. auch Wolff-Bachof-Stober, Verwaltungsrecht II, 5. Aufl. 1987, § 91 Rdnr. 23). Bei der privatrechtlich als GmbH strukturierten Klägerin hätte eine vergleichbare, auf den Nutzen einzelner Leistungen für die einzelnen Gesellschaftergemeinden bezogene Einlage- bzw. Nachschußpflicht und Finanzierungsregelung getroffen werden können (z. B. Baumbach / Hueck, GmbH-Gesetz, Kommentar, 15. Aufl. 1988, § 3 Rdnr. 32 ff.; derselbe, Einleitung, Rdnr. 17; Ulmer in Hachenburg, GmbH-Gesetz, 7 II. Aufl. 1985, Ergänzungsband, § 3 Rdnr. 52 ff.).
Die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung solcher Gestaltungen kann hier aber offenbleiben (vgl. zur Abgrenzung von Leistungsaustausch und nichtsteuerbarer Erfüllung von Gesellschaftszwecken gegenüber Gesellschaftern einer Personengesellschaft z. B. BFHE 145, 244, BStBl II 1986, 153). Eine derartige - gesellschaftsrechtlich wirkende - Sonderregelung von Gesellschafterleistungen hätte nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden müssen. Schon daran fehlt es nach den Feststellungen des FG. Die hier zu beurteilende Abwicklung der Grundstücksgeschäfte ist nicht im Gesellschaftsvertrag, auch nicht als sog. fakultativer Inhalt gemäß § 3 Abs. 2 GmbHG geregelt, sondern schuldrechtlich außerhalb des Gesellschaftsvertrages.
c) Die Würdigung des FG, die Klägerin habe mit dem nur schuldrechtlich neben dem Gesellschaftsvertrag geregelten Vorratserwerb von Grundstücken im Interesse bestimmter Gemeinden bei Übernahme der Kreditzinsenerstattung durch die jeweilige Gemeinde (zu 75 v. H.) entgeltliche Leistungen an die Mitglieds-Gemeinden ausgeführt, ist nach den tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des Falles nicht in sich widersprüchlich und auch nicht als verfahrensrechtlich fehlerhaft zustande gekommen gerügt. Bei der festgestellten vertraglichen Verknüpfung der beiderseitigen Leistungen hat die Klägerin ihre übernommenen Aufgaben im Hinblick auf die gewollte, weil schuldrechtlich vereinbarte Gegenleistung der einzelnen betroffenen Gemeinde, erfüllt (vgl. BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495). Außerhalb des Gesellschaftsvertrags können nicht nur die Gesellschafter untereinander schuldrechtlich beliebige zusätzliche Verpflichtungen hinsichtlich des Gesellschaftsverhältnisses begründen (vgl. Baumbach / Hueck, a.a.O., § 3 Rdnr. 57); sie können insbesondere auch bestimmte Leistungsverhältnisse ohne gesellschaftsrechtliche Wirkung - wie zwischen Dritten - mit der Gesellschaft eingehen. Letzteres hat das FG ohne Rechtsverstoß hier bejaht. Auf die von der Klägerin vorgetragenen gegenteiligen Schlußfolgerungen aus der ,,schuldrechtlichen Regelung neben der Satzung" braucht der Senat nicht weiter einzugehen. Die Würdigung des FG braucht nicht zwingend zu sein, um revisionsrechtlich zu bestehen.
2. Als Entgelt für diese sonstigen Leistungen der Grundstücksbevorratung im Interesse der einzelnen Mitglieder der Klägerin konnte das FG nicht nur die Zinserstattung von 75 v. H. durch die jeweilige Gemeinde, sondern auch die Erstattung der übrigen 25 v. H. der Zinsaufwendungen durch den Landkreis behandeln. Auch wenn der Landkreis stets bei Grundstückserwerben im Gebiet jeder Mitglieds-Gemeinde mit diesem ,,Zuschuß" eintrat, handelt es sich jeweils um Zahlungen für diese (entgeltlichen) Einzelleistungen der Klägerin an die Gemeinden, so daß der Landkreis keine (gesellschaftsvertraglich bestimmte) Gesellschaftsfinanzierung leistete, sondern zumindest sich als ,,anderer als der Leistungsempfänger" i. S. des § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG 1973 einschaltete und ,,für die Leistung" zahlte (sofern er nicht ebenfalls als begünstigter Leistungsempfänger anzusehen ist, weil die Klägerin auch ihm gegenüber nur im Hinblick auf diesen ,,Zuschuß" die übernommene Aufgabe ausführte).
Fundstellen