Entscheidungsstichwort (Thema)
Ortsstellenleiter eines Lohnsteuer-Hilfevereins kein freier Beruf, sondern gewerbliche Tätigkeit
Leitsatz (NV)
Ein im freien Mitarbeiterverhältnis tätiger Ortsstellenleiter eines Lohnsteuerhilfevereins bezieht keine Einkünfte aus einem freien Beruf, sondern gewerbesteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Anschluß an das BFH-Urteil vom 10. Dezember 1987 IV R 176/85, BFHE 152, 120, BStBl II 1988, 273).
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1; GewStDV § 1 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr 1981 hauptberuflich kaufmännischer Sachbearbeiter bei der V AG in der Abteilung Interne Rechnungslegung und Betriebsabrechnung. Daneben war er als freier Mitarbeiter für den Lohnsteuerberatungsverein e. V., Lohnsteuerhilfeverein, Bundesgeschäftsstelle H (LBV) tätig.
Der Kläger ist ausgebildeter Einzelhandelskaufmann. Er war von 1945 bis 1948 im Betrieb der Eltern angestellt und überwiegend in der Buchhaltung beschäftigt. Anschließend übernahm er einen Filialbetrieb der Eltern mit vier Angestellten, dessen Finanz- und Lohnbuchhaltung er persönlich führte. Seit 1955 war er bei der V AG angestellt. Sein Haupttätigkeitsbereich war Betriebsabrechnung mit Schwerpunkt Lohnabrechnung. Er betreute rd. 500 Lohnempfänger.
Nach seinem Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren begann der Kläger 1964 mit einem Fernlehrgang des Hamburger Fernlehrinstituts zur Vorbereitung auf die Prüfung zum Steuerbevollmächtigten. Die Prüfung habe er aber nicht abgelegt, weil sich seine Position bei der V AG inzwischen so verbessert gehabt habe, daß ein Ausscheiden aus dem Betrieb für ihn nicht mehr in Frage gekommen sei. Die Teilnahme an dem Lehrgang könne er nicht nachweisen, weil sämtliche Unterlagen vernichtet seien und das Institut nicht mehr bestehe.
Ende 1974 schloß der Kläger mit dem LBV einen sog. Ortsstellenvertrag. Danach hatte der Kläger als freier Mitarbeiter und Ortsstellenleiter in W, G und H Sprechstunden abzuhalten und den Mitgliedern des LBV Lohnsteuerhilfe zu gewähren. Seine Tätigkeit beschränkte sich auf die Ausfertigung von Anträgen auf Lohnsteuer-Jahresausgleich, von Einkommensteuererklärungen für Arbeitnehmer nach § 46 Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 2 bis 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG), von Einkommensteuererklärungen in Fällen des § 7 b EStG und auf die damit verbundenen Aufgaben wie Beratung in Einzelfragen, Prüfung der Bescheide, Rechtsbehelfe und ähnliches. Steuerhilfe für Selbständige und Gewerbetreibende war ihm nicht erlaubt.
Der Kläger hatte die Mitgliedsbeiträge einzuziehen und an den LBV abzuführen. Auf die Sprechstunden konnte der Kläger nur in der ihm von der Geschäftsstelle zugewiesenen Form aufmerksam machen. Nur mit schriftlicher Zustimmung des LBV durfte er selbständig Zeitungsannoncen aufgeben oder Kommunikationsmittel verteilen. Die Kosten der Ortsstelle hatte der Kläger zu tragen. Als Vergütung erhielt er einen Anteil der Mitgliedsbeiträge sowie bestimmte Beträge für die Ausfertigung von Anträgen und Erklärungen.
In der Einkommensteuererklärung 1981 behandelte der Kläger seine Bezüge aus der Tätigkeit für den LBV als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) nahm gewerbliche Einkünfte an und erließ dementsprechend gegen den Kläger einen Gewerbesteuermeßbescheid, in dem er den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für 1981 auf 35 DM festsetzte. Der Einspruch des Klägers war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es war der Auffassung, der Kläger habe keine Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit im Sinne von § 18 EStG bezogen, da er keinen dem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten ähnlichen Beruf ausgeübt habe.
Mit der Revision trägt der Kläger vor, er habe als Mitarbeiter des LBV ausschließlich eine steuerberatende Tätigkeit ausgeübt, die sich allerdings nur auf einen Teilbereich der Steuerberatung, nämlich die Hilfeleistung in Lohnsteuersachen (§ 13 des Steuerberatungsgesetzes - StBerG -) erstreckt habe. Es könne daher nicht darauf ankommen, daß er keine dem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten vergleichbare Ausbildung habe. Entscheidend sei allein, welcher ,,Art" diese Tätigkeit entspreche. Da er - wenn auch nur auf einem Teilgebiet des Steuerrechts - nicht nur eine ähnliche, sondern die gleiche Tätigkeit wie ein Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter ausgeübt habe, seien die von ihm bezogenen Einkünfte als Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu beurteilen. Entgegen der Auffassung des FG stelle sich seine Tätigkeit auch nicht als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr dar. Seine Dienstleistungen würden zwar gegen Entgelt durchgeführt. Die Leistungen würden jedoch nicht einer unbestimmten Anzahl von Personen angeboten. Lohnsteuerhilfevereine und ihre Ortsstellen dürften nur für ihre Mitglieder steuerberatend tätig werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG sowie den Gewerbesteuermeßbescheid 1981 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Zu Recht hat das FG die Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit als freier Mitarbeiter des LBV als gewerbesteuerpflichtige Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt.
Unter einem der Gewerbesteuer unterliegenden Gewerbebetrieb (§ 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG -) ist jede selbständige, nachhaltige Betätigung zu verstehen, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit im Sinne des Einkommensteuerrechts anzusehen ist (§ 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV -).
Nach zutreffender, übereinstimmender Auffassung der Beteiligten ist der Kläger als freier Mitarbeiter des LBV selbständig tätig (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Dezember 1987 IV R 176/85, BFHE 152, 120, BStBl II 1988, 273).
Als Ortsstellenleiter nimmt er auch am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil, weil er als Vertreter des Lohnsteuerhilfevereins seine Leistungen gegen Entgelt der Allgemeinheit anbietet. Zwar darf der Lohnsteuerhilfeverein Hilfe in Lohnsteuersachen ausschließlich für seine Mitglieder leisten. Jedoch kann jeder Arbeitnehmer, für den der Verein nach dem Gesetz tätig werden darf, in den Verein eintreten. Dieser mögliche Kunden- oder Mitgliederkreis ist eine unbestimmte Anzahl von Personen im Sinne des Abschn. 12 b der Gewerbesteuer-Richtlinien (GewStR).
Der Kläger übt keine der in § 1 Abs. 1 GewStDV aufgeführten, gewerbesteuerpflichtige Einkünfte ausschließenden Tätigkeiten aus. Als freier Beruf (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) käme im Streitfall allenfalls eine dem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten ähnliche Tätigkeit in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH müssen Katalogberuf des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG und Vergleichsberuf in den für das Gesamtbild beider Berufe typischen Merkmalen übereinstimmen. Bei Katalogberufen, wie denen des Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten, die nur mit behördlicher Erlaubnis ausgeübt werden dürfen, ist diese Erlaubnis ein den Katalogberuf derart prägendes Merkmal, daß ein zulassungsfreier Vergleichsberuf dem Katalogberuf nicht ähnlich ist (BFHE 152, 120, BStBl II 1988, 273, m. w. N.). Der IV. Senat des BFH hat daher in dem zitierten Urteil entschieden, daß ein für einen Lohnsteuerhilfeverein im freien Mitarbeiterverhältnis tätiger Beratungsstellenleiter keine Einkünfte aus einem freien Beruf im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erzielt. Er hat ferner dargelegt, aus den angeführten Gründen werde auch keine sonstige selbständige Arbeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG geleistet. Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe Bezug.
Fundstellen
Haufe-Index 416110 |
BFH/NV 1989, 498 |