Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Treffen auf einem in Berlin (West) belegenen bebauten Grundstück ertragbringende und nicht ertragbringende Grundstücksteile zusammen, so kommen auf Grund des § 156 Abs. 4 LAG die Beschränkungen des § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG in keinem Fall bis auf weiteres zur Anwendung, da die Entscheidung über die Ertragsfähigkeit des Grundstücks für die Zwecke des § 129 LAG grundsätzlich nur einheitlich für das ganze Grundstück getroffen werden kann.
Treffen auf einem in Berlin (West) belegenen bebauten Grundstück ertragbringende und nicht ertragbringende Grundstücksteile zusammen, so ist in der Ertragsberechnung für den Grundstücksteil, der sich nicht nach einem Ertrag im Sinne des § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG richtet, kein fiktiver Ertrag nach § 5 Abs. 2 der 17. AbgabenDV-LA anzusetzen ohne Rücksicht darauf, ob das Grundstück als Ganzes einheitlich als ertragbringend oder als nicht ertragbringend im Sinne des § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG behandelt wird.
Normenkette
LAG § 129 Abs. 5 Nrn. 2-3, § 156 Abs. 4; 17-AbgabenDV-LA 5/2
Tatbestand
Die Bfin. ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie ist Eigentümerin eines bei der Einheitsbewertung 1935 als Mietwohngrundstück nach der Jahresrohmiete bewerteten Grundstücks. Die mittlere Fläche des Grundstücks nimmt eine Kirche ein. An die beiden Längsseiten der Kirche ist je ein Wohnhaus angebaut. Die Nutzfläche beider Wohnhäuser beträgt 3.817,20 qm und diejenige der Kirche 1.124,35 qm. Danach ergibt sich ein Verhältnis der Nutzfläche der Wohnhäuser zu derjenigen der Kirche von 77,25 % zu 22,75 %. Der umbaute Raum der Wohnhäuser beträgt 17.726,56 cbm und derjenige der Kirche 8.427,83 cbm. Danach stehen die Wohnhäuser zu der Kirche im Verhältnis von 67,78 % zu 32,22 %. Das Kirchengebäude enthält außer dem eigentlichen Kirchenraum mit Vorhalle, Emporen, Chor und Sakristei noch einen unter einem Teil des Kirchenschiffes befindlichen Gemeindesaal und ein kleines Konferenzzimmer.
Das Grundstück ist auf den 1. April 1952 mit unanfechtbar festgesetzten Abgabeschulden belastet.
Am 11. Juni 1957 hat die Bfin. den Antrag auf Erlaß der Zins- und Tilgungsleistungen für den Erlaßzeitraum 1955 wegen ungünstiger Ertragslage nach § 129 LAG gestellt. Die beigefügte Ertragsberechnung weist einen Grundstücksverlust von 3.000 DM aus. Als Erträge wurden in die Ertragsberechnung die Mieteinnahmen von 40 Wohnungen und der Mietwert eigengenutzter Wohnräume eingesetzt. Für die Kirche weist die Ertragsberechnung keinen Ertrag aus. Die dem Antrag beigefügte Ertragsberechnung ist am 10. August 1959 durch eine berichtigte Ertragsberechnung ersetzt worden, die mit einem Grundstücksüberschuß von 2.500 DM abschließt. In diese wurde als Ertrag für den Kirchenraum ein Betrag von 7.400 DM eingesetzt. Dieser Betrag wurde in der Weise ermittelt, daß in Anlehnung an ein Schreiben des zuständigen Bezirksamts, Preisstelle für Mieten, vom 27. Juni 1959 als Mietwert für den Gemeindesaal 2.184 DM, für das Konferenzzimmer 420 DM und für den eigentlichen Kirchenraum 4.800 DM angenommen wurden.
Das Finanzamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 14. März 1959 mit der Begründung ab, daß sich die Erträge des Grundstücks infolge der Art seiner Benutzung nicht hinreichend bestimmt von sonstigen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen abgrenzen ließen (ß 129 Abs. 5 Nr. 3 LAG), da das Grundstück nach den eigenen Angaben der Antragstellerin zum wesentlichen Teil zu kirchlichen Zwecken genutzt würde. Im Einspruchsverfahren wurde die geänderte Ertragsberechnung vom 10. August 1959 vom Finanzamt in der Weise berichtigt, daß an Stelle des von der Bfin. ermittelten Mietwerts für die Kirche von 7.400 DM ein Betrag von 17.000 DM in die Ertragsberechnung eingesetzt wurde. Dieser Betrag wurde unter Zugrundelegung der Mieteinnahmen für die Wohnräume bei einem Verhältnis des umbauten Raums von 67,78 % zu 32,22 % als Mietpreis für die Eigennutzung errechnet. Von den Betriebskosten wurde ein unter "Sonstiges" angesetzter Betrag gestrichen. Außerdem wurden die eingesetzten Zinsen für ein Darlehen, das für Instandhaltungskosten verwendet wurde, nicht anerkannt, da sich die Bfin. dahingehend entschieden hatte, die für Instandhaltungsarbeiten aufgewendeten Kosten im Jahre der Verausgabung geltend zu machen. Die vom Finanzamt berichtigte Ertragsberechnung schließt mit einem Grundstücksüberschuß von 13.000 DM ab, der sich nach Berücksichtigung der Verzinsung des Eigenkapitals auf 12.000 DM ermäßigte. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Das Berufungsschreiben ist am 8. März 1961 beim Finanzamt eingegangen und wurde von diesem der Vorinstanz mit Schreiben vom 18. März 1961 vorgelegt. Die dem Finanzamt eingereichte Berufungsbegründung vom 22. März 1961 ist bei diesem am 24. März 1961 eingegangen. Sie lag der Vorinstanz nach ihrer Mitteilung an die Bfin. vom 27. März 1961 an diesem Tage noch nicht vor. Die dem Senat vorgelegte Akte der Vorinstanz enthält die Berufungsbegründung nicht.
Auch die Berufung blieb ohne Erfolg. Die Vorinstanz führte aus: Nach den eigenen Angaben der Bfin. diene das Grundstück zum wesentlichen Teil unmittelbar kirchlichen Zwecken (Kirche, Pfarrei und Küsterwohnung). Die Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Erlaßverbot nach § 129 Abs. 5 Nr. 3 LAG seien nicht gegeben, "weil es sich bei den Wohnzwecken dienenden Räumen nicht um für handwerkliche oder kleingewerbliche Zwecke - bzw. dementsprechend kirchliche Zwecke - hergerichtete Räume" handele. Hierauf komme es allein entscheidend an. Der Darstellung der Bfin., daß es sich bei dem von den Wohnungsbauten umschlossenen Kirchengebäude nicht um ein "großes" atypisches Gebäude handle, könne nicht beigetreten werden. Es erübrige sich deswegen ein Eingehen auf die Frage der Errechnung eines Mietwerts.
Die Rb. wird damit begründet, daß das Urteil der Vorinstanz auf einem Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten und auf unrichtiger Anwendung des bestehenden Rechts beruhe. Die maßgebenden Ausführungen der Begründung, auf die es, wie die Vorinstanz selbst betone, allein entscheidend ankomme, seien völlig unverständlich. Außerdem bemängelte die Bfin., daß die Vorinstanz nicht auf die ausführliche Berufungsbegründung vom 22. März 1961 eingegangen sei. Dies habe sie deshalb befremdet, weil die Kammer in der mündlichen Verhandlung selbst zum Ausdruck gebracht habe, daß die Rechtslage durchaus zweifelhaft sei.
Die Vorschrift des § 129 Abs. 5 Nr. 3 LAG könne nicht zur Anwendung kommen, da es bei der Kirche an sonstigen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen fehle. Die Wohnhäuser seien zu dem Zwecke gebaut worden, den Kirchenbau und seine Erhaltung wirtschaftlich zu sichern, weil die Kirche selbst keinen Ertrag abwerfe. Bei einer kirchlichen Körperschaft könne von "sonstigen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen" nur gesprochen werden, wenn es sich um Erträge kirchlicher Unternehmungen oder Einrichtungen, z. B. um Erträge aus einem kirchlich geleiteten Kindergarten oder Altersheim, handle. Die Erhebung von Kirchenbeiträgen und die Durchführung einer Geldsammlung für Zwecke, die von vornherein genau bestimmt würden, seien aber weder eine kirchliche Unternehmung noch eine kirchliche Einrichtung. Die Kirchenbeiträge und die Gelder aus Kollekten seien deshalb keine sonstigen Erträge oder Wirtschaftsergebnisse im Sinne des § 129 Abs. 5 Nr. 3 LAG. Sollte es aber trotzdem auf eine Abgrenzbarkeit der Grundstückserträge von sonstigen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen ankommen, so müsse bei einem Grundstück, auf dem sich ertragbringende und nichtertragbringende Gebäude befänden, darauf abgestellt werden, welche Gebäudeteile überwiegen würden. Für die Wohnzwecken dienenden Gebäude stehe ein Ertrag in Form der tatsächlich gezahlten Mieten fest. Beim Kirchengebäude seien für den Gemeindesaal und das Konferenzzimmer die üblichen Mieten ermittelt worden. An einer üblichen Miete fehle es für den eigentlichen Kirchenraum, da es dafür eine solche naturgemäß nicht gebe. Es könne deshalb nur auf den Nutzungswert der Kirche abgestellt werden. Dabei könne entweder von dem umbauten Raum oder von der Nutzfläche ausgegangen werden. Die Zugrundelegung eines Nutzungswerts nach dem umbauten Raum entspreche aber bei einer Kirche nicht dem Sinn der gesetzlichen Regelung. Die Gleichsetzung mit einer Fabrikhalle sei nicht gerechtfertigt. Wenn bei einer Fabrikhalle von dem umbauten Raum ausgegangen werde, so könne dies deswegen gerechtfertigt sein, weil bei ihr nicht nur die Grundfläche, sondern auch der überbaute Luftraum für die Anbringung von Kränen, Transportbändern, großen Maschinen und dergleichen gewerblich genutzt würden. Bei einer Kirche seien mit dem hohen Raum ausschließlich ideelle Vorstellungen verbunden, keinesfalls aber eine Ausnutzung zu irgendwelchen ertragbringenden Vorrichtungen. Bei der Berechnung des Nutzungswerts sei daher von der Nutzfläche des eigentlichen Kirchenraums nebst Sakristei, Empore, Orgelraum, Vorraum und Toiletten auszugehen.
Der Streitwert betrage nur 1.497,72 DM. Die in der Einspruchsentscheidung vom Finanzamt vorgenommenen änderungen seien von ihr nicht angegriffen worden. Streitig sei nur noch, ob als Nutzungswert für den kirchlich genutzten Raum 10.000 DM, was sie beantrage, oder 17.000 DM, was das Finanzamt verlange, anzusetzen seien. Würde man der Erlaßberechnung den Betrag von 17.000 DM zugrunde legen, so ergäbe sich kein zu erlassender Betrag, während sich bei Ansatz von 10.000 DM für den Erlaßzeitraum 1955 von den Zins- und Tilgungsleistungen noch ein zu erlassender Betrag von 1.497,72 DM ergeben würde. Nur um diesen Betrag sei noch gestritten worden.
Das Finanzamt als Bg. ist unter Berufung auf den Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 16. März 1957 - IV C/5 - LA 2614 - 5/57 - (BStBl 1957 I S. 189) der Auffassung, daß ein kirchliches Gebäude einem großen gewerblichen, für Spezialzwecke hergerichteten Gebäude gleichzuachten sei. In einem solchen Fall sei ein Ertragslageerlaß immer unzulässig, ohne daß es auf das Verhältnis zwischen dem Nutzungswert der Wohngebäude zum Nutzungswert der für Spezialzwecke hergerichteten Gebäude bzw. Gebäudeteile ankomme. Auch dann, wenn man die Kirche einem kleinen gewerblichen, für Spezialzwecke hergerichteten Gebäude gleichstelle, sei bei der Ermittlung des Nutzungswerts von dem umbauten Raum des für Spezialzwecke hergerichteten Gebäudes oder Gebäudeteils auszugehen. Auch in diesem Fall sei der Ertragslageerlaß unzulässig, wenn die Spezialbauten überwiegen würden. Das treffe im Streitfall zu. Selbst wenn man dem Standpunkt der Bfin. folgen würde, daß es sich bei dem Teil des Grundstücks, der mit der Kirche bebaut sei, um ein Gebäude handle, dessen wirtschaftliche Bedeutung sich nicht nach einem Gebäudeertrag richte (ß 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG), so würde dennoch die sinngemäße Anwendung der in dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 16. März 1957 (a. a. O.) entwickelten Grundsätze geboten sein. Was die Ermittlung des Streitwerts anlange, so übersehe die Bfin. einmal, daß sie mit der Berufung den Einspruchsbescheid ohne Einschränkung angefochten habe, und zwar mit dem ausdrücklichen Antrag, die gesamten HGA-Leistungen für den Erlaßzeitraum 1955 zu erlassen. Zum anderen wäre bei der Berechnung des Nutzungswerts von dem umbauten Raum auszugehen mit der Folge, daß aus dem überschuß die HGA-Leistungen in voller Höhe entrichtet werden könnten. Streitig sei somit der ganze Betrag der im Erlaßzeitraum 1955 fällig gewordenen HGA-Leistungen, so daß die Streitwertfeststellung der Vorinstanz zutreffend sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
I. - Bei der Rüge der Bfin., die maßgebenden Ausführungen in der Begründung der Vorentscheidung, auf die es, wie die Vorinstanz betone, allein entscheidend ankomme, seien völlig unverständlich, zielen auf folgenden Satz ab:
"Nach Ansicht der Kammer sind im Streitfall die Voraussetzungen für eine Ausnahme von Erlaßverbot nicht gegeben, weil es sich bei den Wohnzwecken dienenden Räumen nicht um für handwerkliche oder kleingewerbliche Zwecke - bzw. dementsprechend kirchliche Zwecke - hergerichtete Räume handelt."
Offensichtlich handelt es sich hier um einen im Original der Urteilsbegründung falsch berichtigten Schreibmaschinenfehler. Wird das Wort "nicht" auch zwischen die Worte des Nachsatzes "den" und "Wohnzwecken" gesetzt, wie es im Original allem Anschein nach beabsichtigt war, dann dürfte kein Zweifel bestehen, daß diese berichtigte Fassung den von der Vorinstanz gewollten Sinn des beanstandeten Nachsatzes ergibt.
II. -
Ein Ertragslageerlaß ist unzulässig, wenn sich die Erträge des Grundstücks infolge der Art seiner Benutzung nicht hinreichend bestimmt von sonstigen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen abgrenzen lassen (ß 129 Abs. 5 Nr. 3 LAG). Der Gesetzgeber unterscheidet danach zwischen den Erträgen eines Grundstücks und sonstigen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen und stellt die Grundstückserträge den sonstigen Erträgen oder Wirtschaftsergebnissen gegenüber. Als "sonstige Erträge" kommen Erträge eines gewerblichen Unternehmens, land- und forstwirtschaftliche Erträge, Erträge öffentlicher oder privater gemeinnütziger, mildtätiger, kirchlicher Unternehmen und Einrichtungen in Betracht (vgl. auch Harmening, Kommentar zum Lastenausgleich, zu § 104 Anm. 15). Unter Wirtschaftsergebnissen werden solche Einnahmen zu verstehen sein, die das Ergebnis irgendeiner sonstigen wirtschaftlichen Betätigung darstellen. Die Vorschrift hat in erster Linie solche Fälle im Auge, in denen das Grundstück gewerblichen, land- und forstwirtschaftlichen oder gemeinnützigen, mildtätigen, kirchlichen Zwecken dient und die Erträge aus dem Grundstück und aus dem Betrieb oder den sonstigen Unternehmen einheitlich anfallen. In der Regel sind deshalb in solchen Fällen die Grundstückserträge in dem Gewinn eines gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betriebes oder in dem Gewinn oder den Wirtschaftsergebnissen einer gemeinnützigen, mildtätigen, kirchlichen Unternehmung oder Einrichtung enthalten. Davon geht auch der Erlaß des Bundesministers der Finanzen vom 16. März 1957 (a. a. O.) aus, wenn er ausführt, daß die Vorschrift bei einem Grundstück Bedeutung habe, das vom Grundstückseigentümer im Rahmen eines eigenen Betriebs genutzt werde (vgl. Abschn. 1 Abs. 1 des Erlasses des Bundesministers der Finanzen vom 16. März 1957, a. a. O.). Wie die Bfin. mit Recht ausführt, kann dies auch bei einer religiösen Körperschaft in den von ihr angeführten Beispielen eines Kindergartens oder Altersheims vorkommen, wenn die Unternehmungen auf einem der Körperschaft gehörigen Grundstück von ihr betrieben werden.
Solche Fälle liegen hier nicht vor. Die bauliche Gestaltung auf dem Streitgrundstück ist so vorgenommen worden, daß das Kirchengebäude auf einer Teilfläche und die Wohnhäuser zu beiden Seiten der Kirche ebenfalls auf besonderen Teilflächen des Grundstücks errichtet wurden. Trotz des Anbaues der Wohnhäuser an die Seitenflächen der Kirche ist das Kirchengebäude baulich ein selbständiges Gebäude und hat mit den beiden Wohnhäusern sonst keine Gemeinsamkeiten von irgendwelcher entscheidenden Bedeutung. Die Mieteinnahmen aus den beiden Wohnhäusern haben schon mit Rücksicht auf die bauliche Gestaltung mit dem Kirchengebäude nichts zu tun. Die Erträge der Mietwohnhäuser fließen der Bfin. ohne jede Vermischung mit anderen Erträgen zu, können also immer eindeutig von allen anderen Einnahmen der Bfin. abgegrenzt werden. Der Tatbestand des § 129 Abs. 5 Nr. 3 LAG ist deshalb bei der Bfin. nicht erfüllt.
III. -
Ein Erlaß ist außerdem nach § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG unzulässig, wenn es sich um ein unbebautes Grundstück oder um ein sonstiges Grundstück handelt, dessen wirtschaftliche Bedeutung sich nicht nach einem Gebäudeertrag richtet. Für Grundstücke, die im Land Berlin belegen sind, gelten nach § 156 Abs. 4 LAG die Beschränkungen des § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG, soweit es sich um bebaute Grundstücke handelt, bis auf weiteres nicht. Der Ertragslageerlaß ist demnach im Land Berlin bei einem bebauten Grundstück, dessen wirtschaftliche Bedeutung sich nicht nach einem Gebäudeertrag richtet, was bei einer Kirche keiner Erörterung bedarf, schlechthin zulässig. Dies ergibt sich jedoch nur dann unmittelbar aus § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG in Verbindung mit § 156 Abs. 4 LAG, wenn das Grundstück als Ganzes sich nicht nach einem Gebäudeertrag richtet. Im Streitfall kann aber nur das Kirchengebäude nicht ertragbringend genutzt werden, während die beiden Wohnhäuser uneingeschränkt ertragbringend sind. Für Fälle dieser Art fehlt es an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung. Die Frage, nach welchen Gesichtspunkten zu entscheiden ist, ob das Grundstück seiner wirtschaftlichen Bedeutung nach sich nach einem Gebäudeertrag richtet oder nicht, kann grundsätzlich für das Grundstück nur einheitlich entschieden werden. Sie kann aber im vorliegenden Fall auf sich beruhen bleiben. Werden die Wohnhäuser als ausschlaggebend angesehen, richtet sich also das Grundstück seiner wirtschaftlichen Bedeutung nach nach einem Ertrag, so kommt § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG nicht zur Anwendung. Wird der Charakter des Grundstücks durch die Kirche ausschlaggebend bestimmt, so muß die Anwendung des § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG mit Rücksicht auf § 156 Abs. 4 LAG unterbleiben. Treffen demnach auf einem in Berlin (West) belegenen bebauten Grundstück ertragbringende und nach § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG nicht ertragbringende Grundstücksteile zusammen, so kommen in einem solchen Fall die Beschränkungen des § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG in keinem Fall bis auf weiteres zur Anwendung.
Ein Ertragslageerlaß ist deshalb bei der Bfin. zulässig. Die Vorinstanz hat die Frage, ob für die Kirche in der Ertragsberechnung ein Ertrag anzusetzen ist, nicht geprüft, da sie von der Unzulässigkeit eines Erlasses ausgegangen ist. Das Finanzamt ist der Auffassung, daß die Bfin. in der Ertragsberechnung einen Ertrag für die Kirche einsetzen muß. Dieses Verlangen würde sich zu dem dem § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG zugrunde liegenden Rechtsgedanken in Widerspruch setzen. Der Gesetzgeber geht bei einem Grundstück, dessen wirtschaftliche Bedeutung sich nicht nach einem Gebäudeertrag richtet, von dem Fehlen eines Ertrags, jedenfalls von dessen Unmaßgeblichkeit, falls ein solcher ausnahmsweise vorhanden sein sollte, aus und knüpft daran in § 129 Abs. 5 Nr. 2 LAG die Rechtsfolge, daß ein Ertragslageerlaß unzulässig ist. Ist der Ertragslageerlaß auf Grund der Vorschrift des § 156 Abs. 4 LAG ausnahmsweise trotzdem zulässig, so wäre es nicht folgerichtig, nunmehr einen fiktiven Ertrag als vorhanden anzunehmen. Es wäre deshalb auch nicht sachgerecht, nach § 5 Abs. 2 der Siebzehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (17. AbgabenDV-LA) eine fiktive übliche Miete als Ertrag anzusehen. Der Versuch, statt von dieser von einem Nutzungswert auszugehen, wie es das Finanzamt getan hat, hat keine rechtliche Grundlage. Im Gegensatz zu § 5 Abs. 2 der 18. AbgabenDV-LA beschränkt sich die Regelung in § 5 Abs. 2 der 17. AbgabenDV-LA nur auf den Ansatz einer üblichen Miete. Was für eine Kirche zu gelten hat, die sich auf einem im Land Berlin belegenen Grundstück befindet und sich auf dieses in vollem Umfang erstreckt, muß aber auch für eine Kirche gelten, die nur auf einer Teilfläche eines in Berlin (West) belegenen Grundstücks errichtet wurde, während auf den anderen Grundstücksteilflächen Wohnhäuser erbaut wurden. Auch in einem solchen Fall handelt es sich bei der Kirche um ein Gebäude, dessen wirtschaftliche Bedeutung sich nicht nach einem Gebäudeertrag richtet. Der Charakter eines Kirchengebäudes kann sich nicht dadurch ändern, daß es mit anderen ertragbringenden Gebäuden auf dem gleichen Grundstück errichtet wurde. Es kann daher auch im Streitfall kein fiktiver Ertrag für das Kirchengebäude angesetzt werden. Dies gilt nicht nur für den eigentlichen Kirchenraum, sondern auch für die in dem Kirchengebäude befindlichen Nebenräume (Gemeindesaal, Konferenzzimmer und Sakristei), da auch diese unmittelbar kirchlichen Zwecken dienen. Hinsichtlich der Sakristei bedarf es keiner Erläuterung. Der Gemeindesaal dient Zusammenkünften der Kirchengemeinde bzw. eines Teils der Kirchengemeinde, z. B. dem Kirchenchor, Posaunenchor, und das Konferenzzimmer kleineren Zusammenkünften (Männer- oder Frauenkreis, Konfirmandenunterricht). Es bestehen daher keine Bedenken, auch im Hinblick auf diese in dem Kirchengebäude befindlichen Nebenräume anzunehmen, daß sie sich ihrer wirtschaftlichen Bedeutung nach nicht nach einem Ertrag richten. In der Ertragsberechnung der Bfin. ist demnach als Ertrag für das Kirchengebäude ein Betrag von 0 DM anzusetzen.
IV. - Die Sache ist spruchreif. Den übrigen vom Finanzamt anerkannten Grundstückserträgen stehen die vom Finanzamt geringfügig berichtigten und von der Bfin. anerkannten Bewirtschaftungskosten mit einem Mehrbetrag von 4.000 DM gegenüber. Der sich daraus ergebende Verlust erhöht sich noch um die Verzinsung des Eigenkapitals. Die HGA-Leistungen für den Erlaßzeitraum 1955 sind demnach in voller Höhe zu erlassen und die Vorentscheidungen und der ablehnende Bescheid des Finanzamts vom 14. März 1959 ersatzlos aufzuheben. Die Frage, ob die Berufungsbegründung der Bfin. der Vorinstanz vorgelegen hat, braucht unter diesen Umständen nicht mehr geprüft zu werden. Die Rüge hinsichtlich der Höhe des von der Vorinstanz festgesetzten Streitwerts ist nicht berechtigt, da mit Recht davon auszugehen war, daß es der Bfin. auf vollen Erlaß der HGA-Leistungen ankam.
Fundstellen
Haufe-Index 411895 |
BStBl III 1966, 200 |
BFHE 1966, 549 |
BFHE 84, 549 |