Leitsatz (amtlich)
Eine Zubereitung zur Herstellung von Suppen oder Brühen im Sinne der Tarifnr. 21.05 GZT liegt nur vor, wenn die Zubereitung die unmittelbare Eignung zur angegebenen Zweckbestimmung besitzt. Die Zubereitung muß also selbst die wesentlichen Merkmale von Suppen oder Brühen aufweisen und geeignet sein, nach einem einfachen Arbeitsgang (Erwärmen und/oder Hinzufügen von Flüssigkeit) eine Suppe oder Brühe abzugeben.
Normenkette
GZT Tarifnr. 21.05; GZT Tarifnr.21.07
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) beantragte mit vier Zollanmeldungen vom 3., 13. und 20. Dezember 1968 und vom 4. Februar 1969 die Abfertigung von insgesamt 43 308 kg einer als „Zubereitung zur Herstellung von Kartoffelsuppen ohne Fleischzusatz, Suppenkonzentrat im Auflösungsverhältnis von 1:10” angemeldeten Ware zum freien Verkehr. Das Zollamt (ZA), eine Dienststelle des Beklagten und Revisionsbeklagten (Hauptzollamt – HZA –), wies die Ware der Zolltarifnr. 21.05 des Gemeinsamen Zolltarifs (GZT) zu und erhob die entsprechenden Eingangsabgaben. Die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt (ZPLA) untersuchte eine der Einfuhrpartie vom 4. Februar 1969 entnommene Probe. Sie kam zum Ergebnis, daß die Ware einen Gehalt an Milchfett von 67,6 % und an Stärke von 19,8 % habe und zur Tarifst. 21 07-F-VIII-a gehöre. Mit Steueränderungsbescheid vom 1. Dezember 1969 forderte daraufhin das ZA Zoll und Einfuhrumsatzsteuer nach.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage. Im Termin vom 28. Mai 1973 vernahm das Finanzgericht (FG) den Oberregierungsrat A von der ZPLA als sachverständigen Zeugen und Dr. B von der Chemischen und Lebensmittel-Untersuchungsanstalt Y sowie den vereidigten Handelschemiker der Handelskammer X Dr. C als Sachverständige. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Das FG Hamburg führte in seiner Entscheidung vom 28. Mai 1973 IV 5/72 H (Entscheidungen der Finanzgerichte 1973 S. 546 – EFG 1973, 546 –) aus: Das HZA habe die Ware zu Recht der Tarifst. 21.07-F-VIII-a zugewiesen. Bei der Ware handle es sich nicht um Zubereitungen zur Herstellung von Suppen oder Brühen der Tarifnr. 21.05. Da es für diese Tarifnummern bisher keine von der Gemeinschaft erlassenen Erläuterungen gehe, könnten für ihre Auslegung die Erläuterungen zum Brüsseler Zolltarifschema (Brüsseler Erl.) als maßgebliche Erkenntnismittel herangezogen werden. Aus dem Zusammenhang der Nr. 1 und 2 der Brüsseler Erl. ergebe sich, daß es sich bei den unter die Tarifnr. 21.05 fallenden Waren um solche handeln müsse, die entweder durch kurzes Aufwärmen oder nach dem Zusatz von Wasser genußfertig seien.
Es komme auf Grund der Beweisaufnahme zum Ergebnis, daß es sich bei der eingeführten Ware nicht um Zubereitungen zur Herstellung von Suppen handle. Da das Erzeugnis außer Fett, Kartoffelstärke und Salz keine anderen Bestandteile enthalte, könne aus ihm nur eine Kartoffelsuppe hergestellt werden. Es schließe sich der vom sachverständigen Zeugen A und vom Sachverständigen Dr. B geäußerten Auffassung an, daß das eingeführte Erzeugnis nach Zusatz von Wasser keine Kartoffelsuppe ergebe, und zwar in jedem denkbaren Auflösungsverhältnis. Der von der Klägerin zum Termin mitgebrachte Sachverständige Dr. C. habe den Ausführungen des sachverständigen Zeugen A und des Sachverständigen Dr. B nicht widersprochen, soweit das streitige Erzeugnis im angemeldeten und auf einem beigelegten Rezept angegebenen Lösungsverhältnis von 1:10 verdünnt worden sei. Der im übrigen geäußerten Auffassung des Sachverständigen, daß eine Kartoffelsuppe keine besondere Würzung zu enthalten brauche, da die Kartoffeln einen ausreichenden Eigengeschmack hätten, und daß ein aus 65–70 % Milchfett, 29 % Kartoffelquellmehl und 5 % Kochsalz zusammengesetztes Erzeugnis bei einer Verdünnung mit Wasser im Verhältnis 1 : 5 eine genußfertige Kartoffelsuppe ergebe, könne sich das FG nicht anschließen.
Die Mitglieder des FG hätten in der mündlichen Verhandlung ein Erzeugnis gekostet, das dieser Sachverständige aus einer im Verhältnis 1 : 5 verdünnten Zubereitung hergestellt habe, deren Zusammensetzung nach der Versicherung der Klägerin der der eingeführten Ware entsprochen habe. Sie hätten dabei festgestellt, daß in dem solchermaßen verdünnten Erzeugnis ein äußerst starker Butterschmalzgeschmack vorherrsche und der Geschmack nach Kartoffeln fast vollständig zurücktrete. Daneben stelle das auf diese Weise gewonnene Erzeugnis mehr einen Brei als eine Suppe dar. Selbst wenn man davon ausginge, daß Kartoffelsuppen nur aus Kartoffelmehl, Butterfett, Salz und Wasser bestehen könnten, müßte als Mindestvoraussetzung gefordert werden, daß diese Bestandteile in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stünden und eine flüssige Speise ergäben, bei der der aufdringliche Butterschmalzgeschmack zurücktrete und der Kartoffelgeschmack stärker hervortrete. Eine Ware dieser Art habe die Klägerin aber nicht eingeführt.
Dagegen richtet sich die Revision.
Die Klägerin führt zur Begründung u. a. folgendes aus:
Das FG habe zu Unrecht angenommen, daß eine Zubereitung zur Herstellung von Suppen im Sinne der Tarifnr. 21.05 nur dann vorliege, wenn außer Wasser keine anderen Zusätze für die Herstellung der Suppen erforderlich seien. Eine solche Auslegung ergebe sich nicht aus dem Sinn und Zweck der Tarifnr. 21.05. Aus den Brüsseler Erl. ergebe sich das Gegenteil. Die frühere nationale Erläuterung habe gelautet: „Kochfertige Suppen, d. h. Erzeugnisse, die für den Genuß durch Kochen mit Flüssigkeit zubereitet werden müssen, z. B. Erbsensuppen, Tomantesuppen, Gemüsesuppen und Fleischsuppen.” Die erste Brüsseler Erl. besage dagegen folgendes: „Zubereitungen, zum schnellen Herstellen von Suppen oder Brühen, denen Wasser zugesetzt werden muß.” Es werde also in den Brüsseler Erl. das Wort „kochfertige” nicht mehr gebraucht, sondern nur noch von Zubereitungen gesprochen. Das sei zweifellos eine Erweiterung. Anstelle des Wortes „kochfertig” träten die Worte „schnelles Herstellen” von Suppen, d. h. die Zubereitung müsse nur geeignet sein, eine Suppe schnell herzustellen. Wasser müsse zugesetzt werden. Es ergebe sich aber aus keiner Silbe, daß andere Zutaten nicht mehr hinzugesetzt werden dürften.
Die weiteren Folgerungen des FG, daß die eingeführte Ware in der praktischen Anwendung der Tarifnr. 21.05 dieser Nummer nicht zugeordnet werden könne, seien nicht rechtsfehlerfrei getroffen worden. Auch bei der Prüfung dieser Frage gehe das FG rechtsirrtümlich davon aus, daß die eingeführte Ware „unmittelbar” die Eignung haben müsse, daß aus ihr ohne weitere Zutaten außer Wasser eine Suppe hergestellt werden könne oder müsse. Die Tarifnr. 21.05 spreche nur von einer „Zubereitung” zur Herstellung von Suppen und Brühen, nicht aber von einer fertigen Suppe. Es sei selbstverständlich, daß eine fertige Suppe alle Zutaten, Würzungen und dergleichen enthalten müsse. Das sei aber nicht erforderlich, wenn es sich um eine Zubereitung zur Herstellung von Suppen handle, nämlich um eine Vorstute des Endproduktes. Das FG habe aber in der Beweisaufnahme und auch bei seiner eigenen organoleptischen Prüfung nur den Endzustand der Suppe geprüft. Darauf habe es aber rechtlich nicht abstellen können, sondern nur darauf, ob die Vorstufe, nämlich die Zubereitung zur Herstellung einer Suppe, gegeben sei. Die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Sachverständigen Dr. C habe eindeutig bewiesen, daß sich aus der eingeführten Ware schnell eine Suppe herstellen lassen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Tarifierung der eingeführten Ware richtet, sich im vorliegenden Fall nach dem Gemeinsamen Zolltarif, der seine Grundlage in der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 – VO (EWG) 950/68 – vom 28. Juni 1968 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften – ABlEG – Nr. L 172 vom 22. Juli 1968 S. 1) hat. Das HZA hat die Ware, wie das FG zu Recht entschieden hat, ohne Rechtsirrtum der Tarifst. 21.07-F-VIII-a zugewiesen. Die Ware ist keine „Zubereitung zur Herstellung von Suppen oder Brühen” im Sinne der Tarifnr. 21.05 GZT.
Maßgeblich für die Tarifierung ist der Wortlaut der Tarifnummern (Allgemeine Tarifierungs-Vorschriften – ATV – 1). Der Wortlaut der Tarifnr. 21.05 ist allerdings sehr allgemeingehalten. Zunächst ist aus ihm zu entnehmen, daß es sich um „Zubereitungen” handeln muß, was bei der streitbefangenen Ware nicht zweifelhaft ist. Es muß ferner eine Zubereitung „zur” Herstellung von Suppen oder Brühen sein. Daraus ergibt sich, daß es sich um eine Zubereitung handeln muß, die die unmittelbare Eignung zu der angegebenen Zweckbestimmung (Verwendung als Suppe oder Brühe) besitzt (vgl. auch für den vergleichbaren Fall der Tarifnr. 21.04 das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften – EGH – vom 24 November 1971 Rs. 30/71, EGHE 1971, 919, 928).
Diese Auslegung wird bestätigt durch die ursprüngliche englische Fassung des Brüsseler Zolltarifschemas, auf dem der Gemeinsame Zolltarif beruht (vgl. BGBl II 1952, 52, 146, 240). Danach umfaßt die Tarifnr. 21.05 „prepared (nicht: preparations of) vegetable soups and broths …”, was deutlicher als die französische Fassung („préparations pour potages et pour bouillons …”) und die dementsprechende deutsche Fassung zeigt, daß diese Tarifposition nur solche „Zubereitungen” erfassen soll, die selbst schon die wesentlichen Merkmale von Suppen oder Brühen aufweisen und geeignet sind, nach einem einfachen Arbeitsgang (Erwärmen und/oder Hinzufügen von Flüssigkeit) unmittelbar eine Suppe oder Brühe abzugeben. Im übrigen wäre auch die Schaffung der besonderen Tarifposition der Tarifnr. 21.05 wenig sinnvoll, würde man als eine Zubereitung zur Herstellung von Suppen oder Brühen im Sinne der Tarifnr. 21.05 auch eine solche Zubereitung ansehen, die erst nach weiteren wesentlichen Arbeitsgängen und erst nach Hinzufügung von weiteren wesentlichen Zutaten letztlich eine Suppe oder Brühe abzugeben geeignet ist; denn diese Tarifstelle unterschiede sich dann kaum mehr von der Auffangposition der Tarifnr. 21.07, da es nur wenige Lebensmittelzubereitungen geben dürfte, die nicht geeignet sind, letztlich bei der Herstellung einer Suppe Verwendung zu finden.
Diese Auslegung der Tarifnr. 21.05 wird durch die Brüsseler Erl. bestätigt, die nach ständiger Rechtsprechung des EGH maßgebliche Erkenntnismittel bei der Auslegung des Gemeinsamen Zolltarifs darstellen. Diese Erläuterungen lassen deutlich erkennen, daß es sich um solche Zubereitungen handeln muß, die, um Suppe oder Brühe zu werden, entweder überhaupt nur erwärmt werden müssen oder jedenfalls nur noch des Zusatzes von Flüssigkeiten bedürfen.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß eine Zubereitung schon dann nicht in Tarifnr. 21.05 eingeordnet weiden kann, wenn sich nach den genannten einfachen Arbeitsgängen keine genußfähige Suppe oder Brühe ergibt; denn dann besitzt die Zubereitung nicht die unmittelbare Eignung zu ihrer Zweckbestimmung, eine Suppe oder Brühe abzugeben. Das FG hat festgestellt, daß das eingeführte Erzeugnis nach Verdünnung keine genußfertige Suppe ist. Es hat sich dabei auf die Ausführungen der Sachverständigen gestützt: Der Sachverständige Dr. B habe eindeutig erklärt, daß das Erzeugnis in der festgestellten Zusammensetzung nach der Verdünnung mit Wasser weder eine Kartoffelsuppe noch irgendeine andere Suppe ergebe, und zwar auch dann nicht, wenn das Auflösungsverhältnis anders als 1:10 sei. Der sachverständige Zeuge A habe dargetan, daß das eingeführte Erzeugnis auf Grund seiner Zusammensetzung keine genußfertige Suppe ergebe; er habe bei der organoleptischen Prüfung der im Verhältnis 1 : 10 verdünnten Ware festgestellt, daß der Geschmack nach Butterschmalz vorherrschend und der Kartoffelgeschmack so sehr zurücktretend gewesen sei, daß er bezweifle, ob eine unbefangene Person überhaupt einen Kartoffelgeschmack festgestellt hätte. Schließlich hätten die Richter des FG selbst ein Erzeugnis gekostet, das aus einer im Verhältnis 1 : 5 verdünnten Zubereitung hergestellt worden sei, deren Zusammensetzung der eingeführten Ware entsprochen habe. Sie hätten dabei festgestellt, daß in dem Erzeugnis ein äußerst starker Butterschmalzgeschmack vorgeherrscht habe und der Geschmack nach Kartoffeln fast vollständig zurückgetreten sei. Daneben habe das auf diese Weise gewonnene Erzeugnis mehr einen Brei als eine Suppe dargestellt. Diese Feststellungen sind in nicht zu beanstandender Weise zustande gekommen. Sie sind mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffen worden. Sie sind daher für den erkennenden Senat bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Danach kann die eingeführte Ware nicht als eine Zubereitung im Sinne der Tarifnr. 21.05 angesehen werden, so daß nur übrig bleibt, sie in die Tarifnr. 21.07-F-VIII-a GZT einzuordnen, wie das die Verwaltung im angefochtenen Steuerbescheid getan hat.
Fundstellen