Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerberatungsrecht der DDR
Leitsatz (NV)
1. Zur Anwendung von Steuerberatungsrecht der ehemaligen DDR.
2. Der in der Steuerberatungsordnung (DDR) verwendete Rechtsbegriff Bürger der DDR ist so zu verstehen, daß die begünstigenden Regelungen - Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigter -, zu deren tatbestandlichen Voraussetzungen er gehört, nur solchen Bewerbern zugute kommen sollen, die in der ehemaligen DDR die dort bestehenden Bürgerrechte besaßen.
Normenkette
StBerO (DDR) § 14 Abs. 1, § 19 Abs. 2-3, § 70 Abs. 1; AO DDR 1970 § 107a
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Dipl.-Volkswirt, war seit 1978 ausschließlich auf dem Gebiet der alten Bundesländer in einer Steuerberatungskanzlei tätig. Im Juli 1990 beantragte er von seinem damaligen Wohnsitz im alten Bundesgebiet aus beim Rat des Bezirks ... die Zulassung zur Aufnahme einer Tätigkeit als Helfer in Steuersachen. Die Bezirksverwaltungsbehörde ..., Ressort Finanzen, lehnte den Antrag durch Bescheid vom August 1990 mit der Begründung ab, die für die begehrte Berufszulassung einschlägigen gesetzlichen Vorschriften fänden lediglich auf DDR-Bürger Anwendung. Diese Entscheidung wurde auf die Beschwerde des Klägers von der Beklagten und Revisionsbeklagten (Oberfinanzdirektion - OFD -) gebilligt.
Die im Dezember 1990 erhobene Klage des Klägers, mit der dieser beantragte, ihn unter Aufhebung der Verwaltungsentscheidung als Helfer in Steuersachen bzw. als Steuerbevollmächtigter zu bestellen, blieb ohne Erfolg. Das Bezirksgericht - Senat für Finanzrecht - (BG) führte im wesentlichen aus, auch wenn das inzwischen außer Kraft getretene Steuerberatungsrecht der ehemaligen DDR nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auf das Begehren des Klägers weiterhin anwendbar sein sollte, bestehe kein Anspruch auf die beantragte Berufszulassung. Der Zugang zu dem Beruf des Helfers in Steuersachen sei seit dem 1. Juli 1990 auch in der DDR endgültig geschlossen. Eine Bestellung des Klägers zum Steuerbevollmächtigten nach der Verordnung über die Hilfeleistung in Steuersachen (StBerO - DDR -) vom 27. Juni 1990 (Gesetzblatt der DDR vom 27. Juli 1990, Sonderdruck Nr. 1455) komme nicht in Betracht, weil er die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Im übrigen sei der Kläger nicht Bürger der DDR gewesen, wovon die Bestellung nach dem Recht der DDR ferner abhängig gewesen sei. Wegen der Begründung des BG im einzelnen wird auf das in den Entscheidungen der Finanzgerichte 1992, 630 veröffentlichte Urteil Bezug genommen.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung des für eine Übergangsfrist fortgeltenden Steuerberatungsrechts der DDR und von Verfassungsrecht. Er macht geltend, nach den Grundsätzen von Treu und Glauben sei zu seinen Gunsten das inzwischen außer Kraft getretene Steuerberatungsrecht der DDR anzuwenden, da dieses bei rechtzeitiger Bearbeitung der Entscheidung über seinen Antrag zugrunde gelegt worden wäre. Zwar sei die Regelung über die Zulassung von Helfern in Steuersachen (§ 107a der Abgabenordnung 1970 der DDR) zum 1. Juli 1990 außer Kraft getreten. Gemäß § 70 Abs. 1 StBerO (DDR) sei aber die hierzu erlassene Anordnung über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen und die Registrierung von Stundenbuchhaltern vom 7. Februar 1990 (Gesetzblatt der DDR I Nr. 12 S. 92) - Anordnung vom 7. Februar 1990 - noch bis zum 31. Dezember 1990 mit der Maßgabe weiterhin anzuwenden gewesen, daß sie sich nunmehr - unter denselben Voraussetzungen wie bisher - auf die prüfungsfreie Bestellung von Steuerbevollmächtigten bezogen habe. Er hätte danach zum Zeitpunkt seiner Antragstellung als Steuerbevollmächtigter zugelassen werden müssen.
Wenn die Vorentscheidung darauf gestützt werde, daß er (der Kläger) nicht Bürger der DDR gewesen sei, so verkenne das BG damit, daß es nach der herrschenden Staatsrechtslehre nur eine einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit gebe, die alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) sowie alle Bürger der ehemaligen DDR umfasse. Da während des Bestehens der DDR eine eigene DDR-Staatsbürgerschaft nicht anerkannt worden sei, könne jetzt nicht bei der Auslegung der StBerO (DDR) von einer solchen DDR-Staatsbürgerschaft ausgegangen werden; insbesondere sei dies nicht nachvollziehbar für die Zeit nach dem Beitrittsstichtag (3. Oktober 1990). Wegen der danach bestehenden einheitlichen Staatsbürgerschaft und seiner Wohnsitzbegründung (polizeiliche Anmeldung) in der DDR am ...September 1990 erfülle er die erforderlichen Voraussetzungen für die Zulassung als Helfer in Steuersachen bzw. als Steuerbevollmächtigter.
Mit der Regelung der StBerO (DDR) und deren Fortgeltung laut Einigungsvertrag bis zum 31. Dezember 1990 habe der Gesetzgeber nicht eine Privilegierung bestimmter DDR-Bürger beabsichtigt, sondern den im Beitrittsgebiet bestehenden Bedarf an steuerrechtlicher Beratung möglichst kurzfristig und unbürokratisch decken wollen. Auch unter Berücksichtigung dieser gesetzgeberischen Zielsetzung sei die Auslegung des BG, wonach nur die leitenden Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsverwaltung sowie der Finanzorgane - also gerade ein Personenkreis, der sich in hohem Maße den politischen Zielen der DDR verschrieben hätte - prüfungsfrei zu Steuerbevollmächtigten oder Steuerberatern bestellt werden könnten, nicht sachgerecht. Die vom BG und der OFD vorgenommene Gesetzesauslegung verstoße gegen die Grundrechte des Klägers aus Art. 3 und Art. 12 des Grundgesetzes (GG).
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Wie das BG zutreffend ausgeführt hat und von dem Kläger nicht in Zweifel gezogen wird, läßt das am 1. Januar 1991 auch in den neuen Bundesländern in Kraft getretene Steuerberatungsgesetz (StBerG) - vgl. Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 9 des Einigungsvertrages, BGBl II 1990, 885ff. - eine Neuzulassung von Steuerbevollmächtigten oder Helfern in Steuersachen nicht zu. Da bei der Verpflichtungsklage auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Finanzgerichts (FG) abzustellen ist (Urteil des Senats vom 17. Mai 1977 VII R 101/76, BFHE 122, 376, BStBl II 1977, 706), konnte demnach die Vorinstanz dem Begehren des Klägers auf Bestellung als Steuerbevollmächtigter oder Helfer in Steuersachen nicht entsprechen. Das Klagebegehren hätte allenfalls dann Erfolg haben können, wenn nach den Grundsätzen von Treu und Glauben das im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1990 fortgeltende Steuerberatungsrecht der DDR, auf das sich der Kläger beruft, als das für den Bewerber günstigere alte Recht ausnahmsweise deshalb der gerichtlichen Entscheidung zugrunde zu legen wäre, weil der Antrag des Klägers bei der gebotenen rechtzeitigen und materiell richtigen Bearbeitung durch die Behörde noch vor Inkrafttreten des neuen Rechts in seinem Sinne hätte beschieden werden müssen (vgl. Urteil des Senats vom 22. März 1966 VII 265/63, BFHE 85, 239, BStBl III 1966, 296).
Es kann dahinstehen, ob im Streitfall aus rechtsstaatlichen Gründen im Hinblick auf den Vertrauensschutz des Klägers über dessen Verpflichtungsbegehren nach der Rechtslage zu entscheiden wäre, die im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1990 in Kraft war. Die Klage ist jedenfalls deshalb zu Recht abgewiesen worden, weil auch die bis zu diesem Zeitpunkt fortgeltende StBerO (DDR) - Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 8 des Einigungsvertrages - eine Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter oder Helfer in Steuersachen nicht zuließ.
2. a) Als Rechtsgrundlage für die Zulassung zum Beruf des Helfers in Steuersachen kam allein § 107a der Abgabenordnung der DDR vom 18. September 1970 (Gesetzblatt der DDR, Sonderdruck Nr. 681) in Betracht. Wie das BG festgestellt hat und zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, ist diese Regelung mit dem Außerkrafttreten des Gesetzes am 1. Juli 1990 entfallen (§ 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung der DDR - AO DDR 1990 - vom 22. Juni 1990, Gesetzblatt der DDR, Sonderdruck Nr. 1428). Damit ist auch der vom Minister der Finanzen erlassenen Anordnung vom 7. Februar 1990, die u.a. die Voraussetzungen der Zulassung als Helfer in Steuersachen bestimmte, insoweit die Grundlage entzogen worden. Es bedarf somit im Streitfall keiner Entscheidung über die Revisibilität einer außer Kraft getretenen Rechtsvorschrift der ehemaligen DDR nach deren Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland (vgl. hierzu Bundesgerichtshof, Urteil vom 14. Oktober 1992 VIII ZR 153/91, Monatsschrift für Deutsches Recht 1993, 93, 94).
Nach der Neuregelung des Steuerberatungsrechts durch die StBerO (DDR) vom 27. Juni 1990 - in Kraft seit ihrer Veröffentlichung am 27. Juli 1990, § 69 - kam eine Zulassung (Bestellung) von Helfern in Steuersachen nicht mehr in Betracht. Die nach Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 8 des Einigungsvertrages im Beitrittsgebeit bis zum 31. Dezember 1990 weiter anzuwendende StBerO (DDR) unterliegt insoweit als - partielles - Bundesrecht der Überprüfung durch das Revisionsgericht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Dem Zulassungsbegehren des Klägers zum Helfer in Steuersachen konnte damit bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung (14. Juli 1990) nicht mehr entsprochen werden.
b) Steuerbevollmächtigte waren kraft Gesetzes bzw. konnten nach § 19 StBerO (DDR) unter bestimmten Voraussetzungen als solche bestellt werden: Helfer in Steuersachen, die über eine Zulassung gemäß § 107a der Abgabenordnung 1970 der DDR verfügten (Abs. 2), und ehemalige verantwortliche Leiter und leitende Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung sowie der Finanzorgane (Abs. 3). Der Kläger, der nicht in der DDR als Helfer in Steuersachen zugelassen war und der seine berufliche Tätigkeit vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland in dem Gebiet der alten Bundesländer ausgeübt hat, fällt nicht unter den vorgenannten Personenkreis. Eine Zulassung zum Steuerbevollmächtigten nach § 19 StBerO (DDR) kam somit für ihn nicht in Betracht.
Die verfassungsrechtlichen Einwendungen des Klägers, die sich gegen eine Privilegierung der Leiter und Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung sowie der Finanzorgane der DDR durch eine prüfungsfreie Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte (§§ 13 Abs. 1, 15, 19 Abs. 3 StBerO - DDR -) wenden, greifen nicht durch.
Der erkennende Senat hat in seinem Beschluß vom 20. Dezember 1990 VII B 255/90 (BFHE 163, 397, BStBl II 1991, 267) die Beschränkung der prüfungsfreien Bestellung zum Steuerberater im Beitrittsgebiet auf Personen, die in der ehemaligen DDR bereits steuerberatend oder auf ähnlichem Gebiet beruflich tätig waren (§ 15 Abs. 2 StBerO - DDR -), für sachlich gerechtfertigt und verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen. Dasselbe muß auch für die prüfungsfreie Bestellung zum Steuerbevollmächtigten nach § 19 Abs. 3 StBerO (DDR) gelten. Die Beschränkung auf einen eng umschriebenen, auf die beruflichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der ehemaligen DDR bezogenen Personenkreis ist hier um so mehr gerechtfertigt, als in den alten Bundesländern nach dem StBerG der Zugang zum Beruf des Steuerbevollmächtigten bereits seit Jahren geschlossen war. Wie die OFD zu Recht ausgeführt hat, kann der Gesetzgeber mit der im Einigungsvertrag bestimmten Fortgeltung der StBerO (DDR) im Beitrittsgebiet für eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 1990 nicht den Zweck verfolgt haben, auch Bewerbern aus den alten Bundesländern den Zugang zum Beruf des Steuerbevollmächtigten vorübergehend wieder zu eröffnen.
Das gilt - wie schon die Kurzfristigkeit der Übergangsregelung (3. Oktober bis 31. Dezember 1990) zeigt - selbst unter Berücksichtigung des erhöhten steuerrechtlichen Beratungsbedarf, der sich im Beitrittsgebiet wegen des Aussterbens des steuerberatenden Berufs in der DDR ergibt (vgl. Mittelsteiner, Steuerberatungsrecht in den neuen Bundesländern, Deutsches Steuerrecht 1991, 485, 486). Selbst wenn die prüfungsfreie Bestellung von ehemaligen verantwortlichen und leitenden Mitarbeitern der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung sowie der Finanzorgane zu Steuerberatern bzw. Steuerbevollmächtigten im Hinblick auf deren berufliche Qualifikation und politische Vergangenheit - wie der Kläger vorträgt - sachwidrig und verfassungsrechtlich bedenklich sein sollte, könnte der Kläger daraus - wie der Senat in BFHE 163, 397, 400, BStBl II 1991, 267 zu § 15 Abs. 2 StBerO (DDR) entschieden hat - nicht seinerseits einen Anspruch auf prüfungsfreie Bestellung als Steuerbevollmächtigter herleiten.
Die Bestellung als Steuerbevollmächtiger nach § 19 Abs. 3 StBerO (DDR) setzt ferner voraus, daß die dort genannten Personen die Voraussetzungen gemäß § 14 Abs. 1 StBerO (DDR) erfüllen. Danach muß der Bewerber u.a. Bürger der DDR sein bzw. - aus der Sicht nach dem Beitrittsstichtag - gewesen sein. Auch diese Voraussetzung - wegen deren Bedeutung auf die Ausführungen unter 3. verwiesen wird - wird vom Kläger nicht erfüllt.
c) Nach § 70 Abs. 1 StBerO (DDR) findet die Anordnung des Ministers der Finanzen vom 7. Februar 1990 über die Zulassung zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit als Helfer in Steuersachen bis zum 31. Dezember 1990 für die Prüfung und Bestellung von Steuerbevollmächtigten gemäß § 19 dieser Verordnung weiterhin Anwendung. Die in der Anordnung getroffenen Regelungen sind nur für Bürger der DDR anzuwenden (Satz 2, eingefügt durch die Berichtigung vom 27. August 1990, Gesetzblatt der DDR I 1990, 1257). Mit dieser Übergangsregelung sollte dem Personenkreis, der die Voraussetzungen für den Zugang zum Beruf des Helfers in Steuersachen nach der Anordnung vom 7. Februar 1990 erfüllte, bis zum 31. Dezember 1990 die Möglichkeit eröffnet werden, noch zu den Bedingungen, die für die Zulassung als Helfer in Steuersachen nach § 2 Abs. 2 der Anordnung galten -, ggf. nach Abnahme einer Eignungsprüfung - als Steuerbevollmächtigte bestellt zu werden (vgl. Dürr, Die Bestellung als Steuerbevollmächtigter nach früherem DDR-Steuerberatungsrecht, Die Information über Steuer und Wirtschaft - Inf - 1992, 121, 122). Sollte der in § 70 Abs. 1 StBerO (DDR) enthaltene Hinweis auf § 19 dieser Verordnung auch eine Beschränkung auf den in dieser Vorschrift genannten Personenkreis beinhalten (so Dürr, Inf 1992, 122, 123), so wäre eine Bestellung des Klägers als Steuerbevollmächtigter auch nach dieser Übergangsvorschrift schon deshalb nicht möglich gewesen, weil er - wie oben ausgeführt - nicht Mitarbeiter der VEB Rechnungsführung und Wirtschaftsberatung oder der Finanzorgane der DDR gewesen ist. Diese Frage kann aber - wie es auch das BG getan hat - unentschieden gelassen werden. Für die Erteilung der Zulassung nach § 70 Abs. 1 StBerO (DDR) i.V.m. § 2 Abs. 2 der zitierten Anordnung fehlt es jedenfalls an der Eignungsprüfung, von der nur die Prüfungskommission den Bewerber bei nachgewiesener fachlicher Eignung befreien konnte (§ 2 Abs. 2 Buchst. b der Anordnung). Im übrigen war der Kläger nicht Bürger der DDR, wovon sowohl die Bestellung nach § 19 Abs. 3 StBerO (DDR) - § 14 Abs. 1 StBerO (DDR) - als auch die Prüfung und Bestellung nach Maßgabe dieser Anordnung (§ 70 Abs. 1 Satz 2 StBerO - DDR -) abhängig waren.
3. Der in § 14 Abs. 1 und § 70 Abs. 1 Satz 2 StBerO (DDR) verwendete Begriff des Bürgers der DDR kann, soweit es um die Auslegung dieses Gesetzes als nach dem Beitritt der DDR in der Bundesrepublik Deutschland für eine Übergangszeit fortgeltendes Recht geht, nicht in dem staatsrechtlichen Sinne einer Bestimmung der Staatsangehörigkeit verstanden werden. Das folgt daraus, daß es nach der in der Bundesrepublik herrschenden Staatsrechtslehre nur eine einheitliche deutsche Staatsangehörigkeit gibt, die - auch schon vor dem Beitritt der DDR - die Bewohner der (bisherigen) Bundesrepublik und der ehemaligen DDR gleichermaßen umfaßt (vgl. Art. 116 GG; Hecker in von Münch, Grundgesetzkommentar, 2. Aufl., Art. 116 Rdnr. 8). Eine eigenständige Staatsbürgerschaft der DDR ist folglich von der hier geltenden Rechtsordnung nicht anerkannt worden.
Daraus kann aber nicht gefolgert werden, daß das in der fortgeltenden StBerO (DDR) enthaltene Tatbestandsmerkmal Bürger der DDR ohne jede Bedeutung wäre oder - wie der Kläger anzunehmen scheint - die Bürger der alten Bundesländer wegen der einheitlichen Staatsangehörigkeit zugleich auch als Bürger der DDR anzusehen seien. Auch ohne Anerkennung einer DDR-Staatsbürgerschaft ist der in der StBerO (DDR) verwendete Rechtsbegriff jedenfalls so zu verstehen, daß die begünstigenden Regelungen - Bestellung als Steuerberater oder Steuerbevollächtigter -, zu deren tatbestandlichen Voraussetzungen er gehört, nur solchen Bewerbern zugute kommen sollen, die in der ehemaligen DDR die dort bestehenden Bürgerrechte besaßen. Dieser auf die Angehörigen - bzw. Bewohner des Gebiets - der ehemaligen DDR beschränkte Regelungsbereich ist - wie oben (2. b) ausgeführt - sachgerecht und führt nicht zu einer Verletzung der Grundrechte der Klägerin aus Art. 3 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 1 GG. Denn er trägt den besonderen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen in der DDR und der im Hinblick auf den Zugang zu den steuerberatenden Berufen bisher bestehenden Chancenungleichheit ihrer Bewohner gegenüber den Berufsbewerbern aus den alten Bundesländern Rechnung.
Das BG hat somit die auf die Bestellung zum Steuerbevollmächtigten im Beitrittsgebiet gerichtete Verpflichtungsklage des Klägers zu Recht abgewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 419208 |
BFH/NV 1994, 194 |