Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Angehörige der Vereinten Nationen sind als solche von der Hypothekengewinnabgabe nicht allgemein befreit.
Normenkette
LAG § 91
Tatbestand
Die Bfin. besitzt die amerikanische Staatsangehörigkeit.
Zur Zeit der deutschen Währungsumstellung war sie Eigentümerin des von erheblichen Kriegseinwirkungen betroffenen Grundstücks X.-Straße 14 in Y. Sie verkaufte es durch notariellen Vertrag im Jahre 1953 einer Versicherungs-AG.
In Anbetracht der auf dem Grundstück zur Zeit der Währungsreform ruhenden Grundpfandrechte und unter Berücksichtigung des Kriegsschadens hat das Finanzamt die Bfin. zur Hypothekengewinnabgabe herangezogen.
Mit dem Einspruch begehrte die Bfin. im Hinblick auf ihre Zugehörigkeit zu einer der Vereinten Nationen Befreiung von der Hypothekengewinnabgabe, das Rechtsmittel blieb indessen ohne Erfolg; das gleiche Schicksal hatte die Berufung.
In der Rb. hat die Bfin. in Wiederholung ihres früheren Vorbringens unter Bezugnahme auf die Verlautbarung einer amerikanischen Stelle auf Teil X Art. 6 des sogenannten überleitungsvertrages der Bundesrepublik zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen mit den Vereinigten Staaten von Amerika, dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland und der Französischen Republik (RGBl 1955 II S. 405 ff., insbesondere S. 447) darauf hingewiesen, daß mit einer Befreiung der amerikanischen Staatsangehörigen von der Hypothekengewinnabgabe zu rechnen sei. Sie hat deshalb um Aufhebung des angefochtenen Urteils, eventuell um Aussetzung der Entscheidung bis zum Erlaß des zu erwartenden Gesetzes gebeten.
Entscheidungsgründe
Die Bfin. ist amerikanische Staatsangehörige. Nach dem im Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission für Deutschland S. 915 veröffentlichten Gesetz Nr. 54 des Rates der Alliierten Hohen Kommission gehören zu den Vereinten Nationen auch die Vereinigten Staaten von Amerika. Indessen sieht das LAG an keiner Stelle eine Befreiung von der Hypothekengewinnabgabe für amerikanische Staatsangehörige oder überhaupt für Angehörige einer der Vereinten Nationen vor. Vielmehr bestimmt der maßgebende § 91 LAG schlechthin, daß die Hypothekengewinnabgabe auf Schuldnergewinne aus der Umstellung von RM-Verbindlichkeiten erhoben wird, die am 20. Juni 1948 durch Grundpfandrechte an einem im Geltungsbereiche des Grundgesetzes belegenen Grundstück des Schuldners gesichert waren. Außerdem sieht § 124 Abs. 1 Ziff. 3 LAG ausdrücklich die Erklärungspflicht zur Hypothekengewinnabgabe in denjenigen Fällen vor, in denen das für die Verbindlichkeit haftende Grundstück am 21. Juni 1948 einem Angehörigen der Vereinten Nationen gehört hat. Dieser gesetzlichen Vorschrift liegt die Erwägung zugrunde, daß die Angehörigen der Vereinten Nationen von den Umstellungsgrundschuldleistungen auf Grund des Hypothekensicherungsgesetzes (HypSichG) ausgenommen waren und daß für sie daher Leistungen auf die Hypothekengewinnabgabeschuld erst von dem ersten Fälligkeitszeitpunkte der RM-Verbindlichkeit nach dem 30. Juni 1952 ab zu erbringen gewesen sind (vgl. § 106 Abs. 2 Satz 2 LAG). In diesen Fällen fehlte es an aktenmäßigen Vorgängen über die Umstellungsgrundschuldverpflichtungen; deshalb mußten diese Vorgänge für die Hypothekengewinnabgabe neu geschaffen werden, und zwar auf der Grundlage einer Hypothekengewinnabgabeerklärung der betroffenen Abgabepflichtigen, die den Vereinten Nationen angehörten.
Es kann also nach dem geltenden Recht kein Zweifel darüber bestehen, daß auch die Angehörigen der Vereinten Nationen unter den Voraussetzungen des § 91 LAG der Hypothekengewinnabgabe unterlegen haben und unterliegen. Diese Rechtslage wird weiterhin durch § 118 LAG bestätigt. Dieser spricht gerade von dem Fall, daß ein Grundstück am 21. Juni 1948 einem Angehörigen der Vereinten Nationen gehört hat und er Abgabeschuldner im Sinne des § 91 LAG geworden ist. Diese Vorschrift nimmt ausnahmsweise die in ihr geregelten Fälle bei Veräußerung des Grundstücks vor dem Inkrafttreten des LAG von der Entstehung einer öffentlichen Last auf dem Grundstück aus. Dies hatte darin seinen gesetzgeberischen Grund, daß diese Abgabepflichtigen, weil sie von den Hypothekensicherungsleistungen ausgenommen waren, mit einer Belastung für die Zeit der Geltungsdauer des HypSichG nicht haben rechnen können.
Gegenüber dieser Rechtslage hat sich die Bfin. zu Unrecht auf Art. 6 des X. Teiles des sogenannten überleitungsvertrages der Bundesrepublik zur Regelung aus Krieg und Besatzung entstandener Fragen berufen. Dieser Vertrag enthält eine bindende, die Anwendung allgemeiner Grundsätze ausschließende völkerrechtliche Spezialregelung. Nach dieser Abmachung sind bis zur endgültigen Regelung der sich aus dem Krieg ergebenden Ansprüche gegen Deutschland die Staatsangehörigen einer der Vereinten Nationen von allen Sondersteuern und Abgaben frei, die sich tatsächlich auf das Vermögen auswirken und zu dem besonderen Zweck auferlegt werden, Lasten zu decken, die sich aus dem Kriege oder Reparationen oder Restitutionen an eine der Vereinten Nationen ergeben. Abs. 2 des genannten Art. 6 enthält eine nähere Begriffsbestimmung der vorerwähnten Vorschrift hinsichtlich der Soforthilfeabgabe und der Vermögensabgabe im Rahmen des Lastenausgleichs. Hier ist ausdrücklich festgelegt, daß sich die Befreiung darauf erstreckt, daß die Angehörigen der Vereinten Nationen von der Soforthilfeabgabe und im Rahmen des Lastenausgleichs von der Vermögensabgabe für die Zeit vom 1. April 1949 bis 31. März 1955 befreit sind. Hierbei ist berücksichtigt, daß die Angehörigen der Vereinten Nationen nach § 6 des Soforthilfegesetzes von der Soforthilfeabgabe befreit waren und deshalb zunächst mit derartigen Abgaben nicht gerechnet haben. Der sogenannte überleitungsvertrag enthält jedoch keine Befreiungsvorschrift der Angehörigen der Vereinten Nationen hinsichtlich der Hypothekengewinnabgabe. Hierzu lag auch sachlich keine Veranlassung vor, weil es sich hier um den Ausgleich von Gewinnen aus der Währungsumstellung handelte, die die Schuldner von Grundpfandrechten im Bereich der Bundesrepublik Deutschland schlechthin betroffen haben, mochten sie nun die deutsche oder eine andere Staatsangehörigkeit besitzen.
Nach dem geltenden Recht ist die Bfin. daher von der Hypothekengewinnabgabe nicht befreit gewesen. Der erkennende Senat kann bei der Entscheidung über die Rb. nur das geltende Recht, ungeachtet etwaiger künftiger Gesetzesänderungen, anwenden; denn nach § 288 Ziff. 1 AO kann eine Rb. nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf Nichtanwendung oder unrichtiger Anwendung des bestehenden Rechts beruhe.
Es liegt auch kein Anlaß dafür vor, das Rechtsmittelverfahren auszusetzen. In anderem Zusammenhange hat der erkennende Senat bereits in seinem Urteil III 19/53 U vom 13. Februar 1953 (BStBl 1953 III S. 83, Slg. Bd. 57 S. 212) ausgesprochen, daß eine Veranlagung nicht schon deshalb auszusetzen sei, weil es möglich sei, daß die geltenden gesetzlichen Bestimmungen rückwirkend geändert würden. Es ist dort zwar nur von dem Fall einer änderung der geltenden Bestimmungen zuungunsten des Abgabepflichtigen die Rede; der Rechtsgedanke der Entscheidung gilt aber allgemein für die Berücksichtigung kommender gesetzlicher Vorschriften.
Die Rb. ist nach alledem als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 409574 |
BStBl III 1960, 107 |
BFHE 1960, 287 |
BFHE 70, 287 |
StRK, LAG:91 R 6 |
NJW 1960, 792 |