Leitsatz (amtlich)
1. Ob neben einer Spüle (BFH-Urteil vom 11. Dezember 1973 VIII R 171/71, BFHE 112, 241) auch ein Kochherd zu den nach § 7b EStG abschreibungsbegünstigten Ausstattungen eines Einfamilienhauses gehört, richtet sich nach der regional unterschiedlichen Verkehrsauffassung.
2. Die Kosten für andere, wenn auch eingebaute Teile einer Kücheneinrichtung können nicht zu den nach § 7b EStG abschreibungsfähigen (Anschaffungs- oder) Herstellungskosten gerechnet werden.
Normenkette
EStG 1967 § 7b
Tatbestand
Streitig ist, ob die Kosten einer Einbauküche zu den nach § 7b EStG 1967 abschreibungsfähigen Aufwendungen gehören.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) errichtete ein Einfamilienhaus. Dabei ließ sie für einen Betrag von 3 849,48 DM eine Kücheneinrichtung einbauen.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) klammerte diesen Betrag aus der Abschreibungsbemessungsgrundlage nach § 7b EStG aus und rechnete ihn zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen für Einrichtungsgegenstände. Der Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1968 blieb erfolglos.
Das FG ließ in seiner Entscheidung über die Klage unter eingehender kritischer Würdigung der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansichten die Kosten der Einbauküche zur erhöhten Abschreibung nach § 7b EStG zu. Es führte dazu im wesentlichen aus, im Rahmen des § 7b EStG könne die Frage, welche Bestandteile dem Gebäude zuzurechnen seien, nicht nach bürgerlich-rechtlichen, sondern nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten entschieden werden. Nur so könnten die Entwicklung der Verhältnisse und die jeweilige Verkehrsauffassung berücksichtigt werden. Bei dieser Betrachtungsweise entspreche es dem Zweck der Begünstigungsvorschrift, den Wohnungsbau wirksam zu fördern, sie auf übliches und normalen, zeitentsprechenden Wohnbedürfnissen dienendes Wohnungszubehör auszudehnen, das mit dem Gebäude eine wirtschaftliche Einheit bilde und nach der Verkehrsauffassung nicht mehr zum beweglichen Hausrat gehöre. Eine solche wirtschaftliche Einheit zwischen Gebäude und Wohnungszubehör sei auch bei einer Maßküche wie im Streitfall gegeben.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es trägt dazu vor, das FG habe selbst festgestellt, daß es sich bei den von der Klägerin erworbenen Küchenmöbeln um eine serienmäßig hergestellte Anbauküche handle. Diese Küchenmöbel seien zwar in die für sie bestimmte Stelle des Gebäudes eingepaßt, jedoch nicht mit den sie umschließenden Gebäudeteilen vereinigt worden. Sie seien deshalb nicht zu wesentlichen Bestandteilen des Gebäudes geworden. Darauf komme es aber entscheidend an (Hinweis auf Urteile des BFH vom 27. November 1962 VI 240/61 S, BFHE 76, 313, BStBl III 1963, 115, und vom 1. Dezember 1970 VI R 358/69, BFHE 101, 1, BStBl II 1971, 162). Auch widerspreche es Sinn und Zweck der Steuervergünstigung des § 7b EStG, die Kosten für selbständige Möbelstücke und Hausratsgegenstände zu den Herstellungskosten im Sinne des § 7b EStG zu rechnen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung.
Der Senat vermag der Rechtsansicht des FG nicht zu folgen, daß die Aufwendungen für die in der Küche der Klägerin eingebauten Möbel in vollem Umfang zu den nach § 7b EStG 1967 abschreibungsfähigen Herstellungskosten gehören.
...
Welche Aufwendungen im einzelnen zu den nach § 7b EStG abschreibungsbegünstigten Herstellungskosten gehören, richtet sich nach der allgemeinen Verkehrsanschauung.
Nach den heutigen Vorstellungen, die insoweit auch denen des Jahres 1968 entsprechen, gehört in die Küche eines Einfamilienhauses ebenso wie in die einer jeden Wohnung ein Wasserabfluß in Form einer Spüle als unverzichtbare Einrichtung eines zeitgemäßen Wohnansprüchen genügenden Bauwerks. Ob dies auch für einen Kochherd zutrifft, richtet sich nach der in der dortigen Region geltenden Verkehrsanschauung (vgl. insoweit Urteil des BGH vom 31. Oktober 1963 VII ZR 285/61, BGHZ 40, 272). Die Kosten der Spüle und, wenn dort eine Wohnung ohne Kochstelle als unfertig erscheint, auch die für den Kochherd erbrachten Aufwendungen können daher ebenso wie Aufwendungen etwa für Türen und Fenster, für im Badezimmer oder in der Toilette installierte sanitäre Einrichtungen, für die Heizungsanlage oder die Fußböden als Herstellungskosten des Gebäudes angesehen werden. Die übrigen Elemente der Kücheneinrichtung können dagegen selbst bei Berücksichtigung der mit dem allgemeinen Ansteigen des Lebensstandards verbundenen höheren Anforderungen an Komfort und Ausstattung nicht den abschreibungsbegünstigten Einbauten zugerechnet werden. Zwar werden Küchenmöbel in zunehmendem Maße in Einfamilienhäuser eingebaut. Sie gehören deshalb aber noch nicht zu den unverzichtbaren Einrichtungen dieser Objekte.
Dieses Ergebnis steht nicht in Widerspruch zu den Grundsätzen des Großen Senats des BFH im Beschluß vom 11. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132). Das Fehlen einer Spüle und - bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen - auch eines Herdes in der Küche gibt dem Einfamilienhaus ein negatives Gepräge. Diese Einrichtungen gehören deshalb zu den unselbständigen Bestandteilen des Gebäudes. Demgegenüber rechnen, wie der Große Senat zur Abgrenzung des Gebäudes gegenüber Betriebsvorrichtungen ausgeführt hat, solche Bestandteile nicht zum Gebäude, die nicht der Nutzung des Gebäudes selbst, sondern einem davon verschiedenen Zweck, nämlich einem im Gebäude ausgeübten Betrieb, dienen. Legt man diese Rechtsgedanken den hier zu beurteilenden sonstigen Einbauten zugrunde, so stehen diese wie Betriebsvorrichtungen nicht in einem so engen Nutzungs- oder Funktionszusammenhang mit dem Gebäude, daß sie als dessen Teile angesehen werden können. Sie dienen vielmehr der von der reinen Gebäudenutzung zu unterscheidenden privaten Wohnnutzung.
(Die hier nicht wiedergegebenen Gründe der Entscheidung entsprechen der Begründung des auch insoweit veröffentlichten Urteils vom 11. Dezember 1973 VIII R 171/71, BFHE 112, 241, BStBl II 1974, 474).
Fundstellen
Haufe-Index 70990 |
BStBl II 1974, 631 |
BFHE 1975, 10 |