Leitsatz (amtlich)
Wird ein Mitunternehmeranteil entgeltlich veräußert (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG), gehört zum Veräußerungspreis im Sinne von § 16 Abs. 2 EStG des Veräußerers (und zu den Anschaffungskosten des Erwerbers) auch eine Verpflichtung des Erwerbers, den Veräußerer von einer privaten Schuld gegenüber einem Dritten, die auf Zahlung wiederkehrender Bezüge gerichtet ist, freizustellen. Gleiches gilt für die Verpflichtung zur Freistellung von einer dinglichen Last, die ihrem Rechtsinhalt nach einer rein schuldrechtlichen Verpflichtung gleichwertig ist.
Normenkette
EStG 1975 § 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Gesellschafter der M OHG (im folgenden OHG) waren seit Gründung der Gesellschaft im Jahre 1948 M und seine beiden Kinder B, die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), und G, der Beigeladene.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 8. Mai 1970 übertrug M mit Wirkung vom 1. Januar 1970 schenkweise seinen Gesellschaftsanteil und seinen Miteigentumsanteil an dem Betriebsgrundstück je zur Hälfte auf die Klägerin und den Beigeladenen. Nach § 5 des Vertrags erfolgte die Schenkung "unter dem Vorbehalt des lebenslänglichen Nießbrauchs" zugunsten des M und nach dessen Ableben seiner Ehefrau "in Höhe von 30% des Gewinns der Gesellschaft". Der "Zahlungsanspruch des Nießbrauchsberechtigten" auf den Gewinnanteil sollte in Höhe von 2/3 aus dem Gewinnanteil des Beigeladenen und in Höhe von 1/3 aus dem Gewinnanteil der Klägerin zu erfüllen sein. Der Nießbrauchsberechtigte war berechtigt, "von den Gesellschaftern" angemessene Vorauszahlungen zu verlangen. Zur "Sicherung des Anspruchs des Nießbrauchsberechtigten" bestellten die Klägerin und der Beigeladene an dem Betriebsgrundstück eine Sicherungshypothek im Höchstbetrag von 200 000 DM.
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 16. Juni 1973 änderten die Beteiligten die im Vertrag vom 8. Mai 1970 in § 5 getroffene Vereinbarung über den "Nießbrauch an den Gewinnanteilen" dahin, daß M ein Nießbrauch von je 10 v. H. des dem Beigeladenen und der Klägerin zustehenden "Anspruchs auf Gewinnanteil" an der OHG zusteht, und daß der Beigeladene und die Klägerin verpflichtet sind, an M "unabhängig von dem Nießbrauch" jährlich je 5 000 DM zu zahlen, ohne Rücksicht darauf, ob die OHG Gewinn abwirft. Des weiteren wurde für den Fall, daß der Beigeladene oder die Klägerin den Gesellschaftsanteil des jeweils anderen Gesellschafters übernehmen sollte, bestimmt, daß M dann der Nießbrauch zu 1/5 "des nunmehr in der Hand des Übernehmers vereinigten Gesamtgewinns" zusteht und der Übernehmer demgemäß verpflichtet ist, 1/5 seines Gewinns an M zu zahlen sowie die Verpflichtung auf Zahlung fester Beträge in Höhe von insgesamt 10 000 DM jährlich allein zu erfüllen. Bei der Veräußerung der Gesellschaftsanteile an Dritte sollte sich der an den Gewinnanteilen bestehende Nieß brauch an dem Gewinnanteil des Erwerbers fortsetzen; außerdem waren die Klägerin und der Beigeladene verpflichtet, dem Erwerber die Pflicht zur Zahlung der jährlich 5 000 DM aufzuerlegen.
In der Bilanz der OHG zum 31. Dezember 1970 sind für die Klägerin und den Beigeladenen die Buchwerte des Kapitalkontos des M je zur Hälfte fortgeführt; die "Nießbrauchslasten" sind nicht passiviert.
Die Bezüge des M stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) im Rahmen der Gewinnfeststellungen 1970 bis 1974 für die OHG erklärungsgemäß als Gewinnanteil des M (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) fest.
Aufgrund privatschriftlichen Vertrags vom 24. Oktober 1975 schied die Klägerin mit Wirkung vom 31. Dezember 1975 gegen eine Abfindung in Höhe von 750 000 DM in der Weise aus der OHG aus, daß der Beigeladene das Unternehmen als Einzelunternehmen fortführte. Durch die Abfindung sollten das Kapitalkonto, das Festgeldkonto, der Anteil am Jahresgewinn 1975 und der Anteil an den stillen Reserven und am Geschäftswert abgegolten werden. In Nr. 5 des Vertrags ist des weiteren unter Bezugnahme auf den "Nießbrauchsänderungsvertrag" vom 16. Juni 1973 vereinbart, daß der Beigeladene als verbleibender Gesellschafter und künftiger Alleininhaber der Firma "die Nießbrauchsverpflichtung gegenüber den Eltern der Parteien" mit Wirkung vom 1. Januar 1976 allein übernimmt und die Klägerin von diesem Zeitpunkt an "von dieser Verpflichtung freigestellt" ist.
In der Gewinnfeststellungserklärung der OHG für 1975 ist ein Veräußerungsgewinn der Klägerin nach § 16 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 111 846 DM ausgewiesen. Dieser ist als Differenz zwischen dem Abfindungsbetrag von 750 000 DM abzüglich Veräußerungskosten und dem Kapitalkonto der Klägerin zum 31. Dezember 1975 errechnet.
Das FA vertrat demgegenüber im Anschluß an eine Betriebsprüfung die Auffassung, daß zum Veräußerungserlös für den Mitunternehmeranteil der Klägerin neben der Barabfindung auch der Wert der vom Beigeladenen übernommenen Nießbrauchsverpflichtung der Klägerin (einschließlich der Verpflichtung zur Zahlung eines jährlichen Festbetrags von 5 000 DM) gehöre; es könne für Nießbrauchslasten insoweit nichts anderes als für übernommene Grundstückshypotheken gelten. Denn ohne die übernommene Verpflichtung wäre die Barabfindung entsprechend höher gewesen. Das FA ermittelte für die übernommene Nießbrauchsverpflichtung, deren Jahreswert es mit 36 371 DM (5 000 DM + 31 371 DM) ansetzte, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen einen Kapitalwert zum 31. Dezember 1975 von 248 744 DM. Demgemäß setzte das FA -- nach weiteren unstreitigen Korrekturen, insbesondere des Buchwerts des Kapitalkontos -- einen Veräußerungsgewinn der Klägerin von 370 063 DM fest (Bescheid vom 27. März 1979). Die Bezüge des M als Nießbraucher behandelte das FA im Rahmen der Gewinnfeststellung wie bisher als Gewinnanteil des M.
Die Sprungklage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) setzte den Veräußerungsgewinn der Klägerin antragsgemäß auf 121 319 DM herab.
Mit der Revision beantragt das FA, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FA rügt Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
1. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört auch der Gewinn aus der entgeltlichen Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Veräußerungsgewinn ist der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den nach 5 EStG zu ermittelnden Buchwert des Mitunternehmeranteils im Zeitpunkt der Veräußerung übersteigt (§ 16 Abs. 2 EStG).
a)Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils muß der Senat mit den Prozeßbeteiligten davon ausgehen, daß Rechtsgrund für das Ausscheiden der Klägerin aus der OHG zum 31. Dezember 1975 ein entgeltliches Veräußerungsgeschäft war, vergleichbar einer entgeltlichen Veräußerung eines Mitunternehmeranteils zwischen Fremden, und daß zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen nur dieses entgeltliche Veräußerungsgeschäft abgeschlossen worden ist. Es sind keine konkreten Anhaltspunkte dafür festgestellt oder auch nur vorgetragen, daß zugleich mit einem entgeltlichen Veräußerungsgeschäft, dessen Gegenstand der Mitunternehmeranteil der Klägerin war, zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen ein von der entgeltlichen Veräußerung des Mitunternehmeranteils sachlich unabhängiger Schenkungsvertrag zustande gekommen ist, demzufolge der Beigeladene seine Schwester, die Klägerin, schenkweise von bestimmten privaten Versorgungslasten freistellt.
b) Zum Veräußerungspreis i. S. von § 16 Abs. 2 i. V. m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG gehört die Gegenleistung, die der Veräußerer vom Erwerber für den Mitunternehmeranteil erlangt, insbesondere also der Anspruch auf den Kaufpreis oder auf ein Tauschobjekt (z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 19. Januar 1978 IV R 61/73, BFHE 124, 327, 329, BStBl II 1978, 295, mit weiteren Nachweisen). In gleicher Höhe hat der Erwerber des Mitunternehmeranteils Anschaffungskosten. Gegenleistung und damit Teil des Veräußerungspreises einerseits und der Anschaffungskosten andererseits ist auch eine Verpflichtung des Erwerbers, den Veräußerer von einer privaten (und demgemäß auch nicht bilanzierten) Schuld gegenüber einem Dritten, z. B. einer privaten Darlehens- oder Leibrentenschuld, oder von einer betrieblichen (zu Recht nicht bilanzierten) Schuld, z. B. einer betrieblichen Versorgungsrentenverpflichtung, durch befreiende Schuldübernahme oder durch Schuldbeitritt mit befreiender Wirkung im Innenverhältnis freizustellen (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 28. September 1967 IV 288/62, BFHE 90, 324, BStBl II 1968, 76, für die Übernahme der Vermögensabgabe nach dem Lastenausgleichsgesetz). Es ist offensichtlich, daß es für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns i. S. von § 16 Abs. 2 EStG keinen relevanten Unterschied bilden kann, ob der Erwerber dem Veräußerer als zusätzliches Entgelt für den Mitunternehmeranteil die Befreiung von bestimmten Schulden gewährt oder ob er ihm ein zusätzliches Barentgelt in Höhe des zur Tilgung der Schulden erforderlichen Betrages zahlt.
Für die Freistellung von dinglichen Lasten muß gleiches wie für die befreiende Übernahme rein schuldrechtlicher Verpflichtungen jedenfalls dann gelten, wenn die als Lasten übergegangenen dinglichen Rechte im Einzelfalle ihrem Leistungsinhalt nach rein schuldrechtlichen Zahlungsansprüchen gleichwertig sind und sich von diesen allenfalls durch die absoluten Rechten allgemein eigene besondere Rechtsbeständigkeit (Fortbestand der einem Zuordnungswechsel in der Rechtsträgerschaft des belasteten Gegenstandes) unterscheiden (vgl. Groh, Betriebs-Berater -- BB -- 1982, 133, 138; ferner nachfolgend zu c).
c)Im Streitfall ist der Beigeladene im Vertrag vom 24. Oktober 1975 die Verpflichtung eingegangen, die Klägerin von einer privaten, nicht bilanzierten Schuld oder einer dieser gleichwertigen dinglichen Last freizustellen; der damit korrespondierende Anspruch der Klägerin ist Teil der Gegenleistung für den veräußerten Mitunternehmeranteil.
Der Senat kann der Vorentscheidung nicht darin folgen, daß die in Nr. 5 des Vertrags vom 24. Oktober 1975 getroffene Vereinbarung, derzufolge der Beigeladene als verbleibender Gesellschafter und künftiger Alleininhaber der Firma "die Nießbrauchsverpflichtung gegenüber den Eltern der Parteien" allein übernimmt und die Klägerin "von dieser Verpflichtung freistellt", nicht Teil der Gegenleistung des Beigeladenen für den Mitunternehmeranteil der Klägerin ist und demgemäß der Kapitalwert der "übernommenen Nießbrauchsverpflichtung" in der zwischen der Klägerin und dem FA unstreitigen Höhe von 248 744 DM bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Klägerin außer Ansatz bleiben müsse.
Dabei kann der Senat offenlassen,
aa) ob ein Gewinnstammrecht eines Gesellschafters einer Personengesellschaft zivilrechtlich überhaupt existiert und demgemäß mit einem Nießbrauch als dinglichem Recht belastet werden kann (vgl. dazu die Nachweise im Senatsurteil vom 13. Mai 1976 IV R 83/75, BFHE 119, 63, 65, BStBl II 1976, 592; ferner z. B. Staudinger/Promberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., Anhang zu §§ 1068, 1069 Rdnr. 70 mit weiteren Nachweisen),
bb) ob im Streitfall zivilrechtlich ein solcher Nießbrauch am Gewinnstammrecht trotz der vereinbarten gewinnunabhängigen jährlichen Mindestleistung von je 5 000 DM bejaht werden könnte,
cc) ob ein Nießbrauch am Gewinnstammrecht eines Personengesellschaftsanteils bei Umwandlung der Personengesellschaft in ein Einzelunternehmen nicht notwendig als dingliches Recht erlischt und rein schuldrechtliche Verpflichtungen des Einzelunternehmers zurückbleiben, weil jedenfalls bei einem Einzelunternehmen ein Gewinnstammrecht zivilrechtlich nicht existiert (vgl. das BFH-Urteil vom 28. November 1974 I R 232/72, BFHE 114, 418, 421, BStBl II 1975, 498), und
dd) ob ein vorbehaltener Nießbrauch am Gewinnstammrecht ebenso wie ein schenkweise zugewendeter Nießbrauch am Gewinnstammrecht einkommensteuerrechtlich generell einer Vorausabtretung künftiger Gewinnansprüche gleichwertig ist (BFHE 119, 63, BStBl II 1976, 592).
Des weiteren braucht der Senat nicht generell zu der Frage Stellung zu nehmen, welchen Einfluß der Übergang dinglicher Lasten der verschiedensten Art (z. B. Grundschuld, Reallast, Grunddienstbarkeit, Nießbrauch oder dingliches Wohnrecht) im Rahmen von entgeltlichen Veräußerungsgeschäften, deren Gegenstand die belastete Sache ist, einkommensteuerrechtlich auf den Ansatz des Veräußerungspreises einerseits und der Anschaffungskosten andererseits hat (vgl. dazu z. B. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 6 EStG, Rdnr. 384 f.; Döllerer, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1976/77, 146). Für die Beurteilung des Streitfalles ist entscheidend, daß ein Nießbrauch am Gewinnstammrecht eines Personengesellschaftsanteils mit gewinnunabhängigen jährlichen Mindestleistungen -- seine zivilrechtliche Existenz als dingliches Recht unterstellt -- seinem Leistungsinhalt nach in gleicher Weise wie eine rein schuldrechtliche Versorgungsverpflichtung auf Zahlung bestimmter Geldbeträge gerichtet ist und vom Rechtsinhaber auch nur durch eine gegen den belasteten Gesellschafter (und eventuell zusätzlich gegen die Gesellschaft) gerichtete Zahlungsklage zu verwirklichen ist. Ein -- unterstellt -- dingliches Recht dieses Inhalts ist -- abgesehen davon, daß es unabhängig von den Vereinbarungen der Beteiligten eine Änderung der Rechtsträgerschaft des Gesellschaftsanteils überdauert -- einer rein schuldrechtlichen Versorgungsverpflichtung wirtschaftlich so weitgehend gleichwertig, daß es einkommensteuerrechtlich ebenso wie diese zu werten ist und demgemäß der bewußte und gewollte Übergang der -- unterstellt -- dinglichen Last auf den Erwerber des Gesellschaftsanteils im Rahmen einer entgeltlichen Veräußerung auch ebenso zu beurteilen ist, wie die befreiende Übernahme einer rein schuldrechtlichen Versorgungsverpflichtung.
Daß auch die Vertragsparteien im Streitfall von einer Gleichwertigkeit der vereinbarten "dinglichen Lasten" mit der rein schuldrechtlichen Zahlungsverpflichtung ausgegangen sind, belegen zahlreiche in den Verträgen enthaltene Formulierungen, wie z. B. "Zahlungsanspruch des Nießbrauchsberechtigten", "Sicherung des Anspruchs des Nießbrauchsberechtigten" durch Eintragung einer Höchstbetrags-Sicherungshypothek auf dem Betriebsgrundstück (Vertrag vom 8. Mai 1970) und "Nießbrauchsverpflichtung gegenüber den Eltern" (Vertrag vom 24. Oktober 1975).
d) Die Erwägung des FG, die alleinige Übernahme der Nießbrauchslasten durch den Beigeladenen gehe letztlich auf den zwischen M, der Klägerin und dem Beigeladenen abgeschlossenen Vertrag vom 16. Juni 1973 zurück und sei deshalb ebenso wie dieser Vertrag privater Natur, kann das Ergebnis der Vorentscheidung nicht tragen. In der Vereinbarung vom 16. Juni 1973 war u. a. vorgesehen, daß sich bei einer Veräußerung der Gesellschaftsanteile der Klägerin und des Beigeladenen an Dritte der an den Gewinnanteilen bestehende Nießbrauch an dem Gewinnanteil des Erwerbers fortsetzen solle und daß die Klägerin und der Beigeladene verpflichtet seien, dem Erwerber die Pflicht zur Zahlung des jährlichen Mindestbetrags von 5 000 DM aufzuerlegen. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß bei einer entgeltlichen Veräußerung der Gesellschaftsanteile der Klägerin oder des Beigeladenen an einen Dritten unter Fortbestand des Nießbrauchs am Gewinnanteil des Erwerbers der dann ebenfalls letztlich auf den Vertrag vom 16. Juni 1973 zurückgehende Übergang der Nießbrauchslast auf den Erwerber nicht als privater, von der entgeltlichen Veräußerung unabhängiger Vorgang beurteilt werden könnte. Dann kann aber für eine entgeltliche Veräußerung des Mitunternehmeranteils der Klägerin an den Beigeladenen, also eine Sachverhaltsgestaltung, die der entgeltlichen Veräußerung an einen Dritten entspricht, nichts anderes gelten.
2. Auch die Grundsätze von Treu und Glauben können es entgegen der Annahme der Vorentscheidung nicht rechtfertigen, die Klägerin bei der Festsetzung des Gewinns aus der Veräußerung ihres Mitunternehmeranteils so zu stellen, als ob sie kein zusätzliches Entgelt in Gestalt einer Freistellung von einer privaten Schuld oder einer dieser gleichwertigen dinglichen Last erlangt, sondern einen geringwertigen Mitunternehmeranteil veräußert hätte.
a) Zwar geht das FG zu Recht -- wenn auch in fehlerhafter Berufung auf das BFH-Urteil vom 9. Dezember 1969 VII R 4/67 (BFHE 98, 6, BStBl II 1970, 354) -- davon aus, daß der BFH gelegentlich die Auffassung vertreten hat, die gleiche rechtliche Bindungswirkung wie einer verbindlichen Zusage des FA, einen Sachverhalt bei der Veranlagung in bestimmter Weise rechtlich zu beurteilen, könne im Einzelfall einem bestimmten Handeln des FA beizumessen sein, weil dieses einer Zusage gleichwertig sei (z. B. BFH-Urteil vom 13. Januar 1970 I R 122/67, BFHE 98, 41, BStBl II 1970, 352). Im Streitfall liegen jedoch weder Verhaltensweisen des FA vor, die einer Verbindlichen Zusage gleichwertig sind, noch die übrigen Voraussetzungen für die rechtliche Bindung des FA an eine Zusage, insbesondere ein Disponieren der Steuerpflichtigen im Vertrauen auf eine bestimmte Zusage.
b) Zwar hat das FA für die Jahre 1970 bis 1975 dem M einen Teil der von der OHG erzielten Gewinne als gewerbliche Einkünfte zugerechnet; das FA hält diese Sachbehandlung sogar noch in der Revisionsbegründung für zutreffend. Diese bisherige Sachbehandlung "Einkünfte des M aus Gewerbebetrieb" kann aber schon deshalb keinen aus Treu und Glauben abgeleiteten Anspruch darauf begründen, daß bei der Ermittlung des Gewinns für die Veräußerung des Mitunternehmeranteils die Freistellung der Klägerin von der privaten "Nießbrauchslast" außer Betracht bleibt, weil nicht nur die "Anerkennung eines von der Quelle der Einkünfte der Gesellschafter abgespalteten Nießbrauchsrechts", sondern in gleicher Weise z. B. die Qualifizierung der von der Klägerin gegenüber ihren Eltern übernommenen Versorgungslasten als"betriebliche Versorgungsrente" zur Sachbehandlung "Einkünfte des M aus Gewerbebetrieb" (gemäß § 24 Nr. 2 oder gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG) führen würde, die schuldbefreiende Übernahme einer betrieblichen Versorgungsrente durch den Erwerber eines Mitunternehmeranteils aber zweifelsfrei Bestandteil des Veräußerungspreises i. S. von § 16 Abs. 2 EStG ist.
c) Auch ist nicht ersichtlich, daß die Klägerin und der Beigeladene im Vertrauen auf die bisherige Sachbehandlung "disponiert" haben und dadurch steuerliche Nachteile erleiden. Das FG meint, wenn die Klägerin, der Beigeladene und M gewußt hätten, daß das FA bei einer entgeltlichen Veräußerung des Mitunternehmeranteils der Klägerin den Übergang der "Nießbrauchslast" auf den Erwerber als Bestandteil des Veräußerungspreises behandeln werde, hätten sie dem "durch eine andere Vertragsgestaltung ohne weiteres begegnen können". Das FG konkretisiert diese Behauptung aber nicht. Auch die Klägerin hat nicht vorgetragen, in welcher Weise sie bei Kenntnis der (zutreffenden) Rechtsansicht des FA zur Beurteilung der entgeltlichen Veräußerung des Mitunternehmeranteils diese Veräußerung anders gestaltet hätte, so daß trotz gleicher Gegenleistung ein entsprechend niedriger Veräußerungsgewinn entstanden wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 74686 |
BStBl II 1983, 595 |
BFHE 1982, 481 |