Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallschaden an PKW auch bei nur kurzer Abweichung von der Strecke Wohnung -- Arbeitsstätte aus privaten Gründen keine Werbungskosten
Leitsatz (NV)
Ereignet sich auf einer Abweichung von der Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ein Unfall, ist der Totalschaden an dem PKW auch dann nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn die Abweichung nur kurz war und dazu diente, Lebensmittel einzukaufen, die am Arbeitsplatz verzehrt werden sollten.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 4, § 12 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr 1992 auf der Rückfahrt von der Arbeitsstätte zur Wohnung in einen Unfall verwickelt, der zu einem Totalschaden des PKW führte. Die Klägerin machte die Unfallkosten als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erkannte die Aufwendungen nicht an, da der Unfall sich auf einer privat veranlaßten Umwegstrecke ereignet habe.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.
Die Kläger rügen mit der Revision eine Verletzung des § 9 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 4 und des § 12 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und dem Klagebegehren stattzugeben, hilfsweise, den beruflich veranlaßten Teil der Unfallkosten als Werbungskosten anzuerkennen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Kläger ist unbegründet. Das FG hat ohne Rechtsverstoß den Abzug der Unfallkosten als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG versagt. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Unfall sind nicht beruflich veranlaßt.
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist ein Unfall, der sich auf einer privat veranlaßten Abweichung von der Strecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ereignet, nicht beruflich oder betrieblich veranlaßt; dementsprechend können die Unfallkosten nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden (vgl. Urteile vom 11. Oktober 1984 VI R 48/81, BFHE 142, 137, BStBl II 1985, 10, m. w. N.; vom 14. November 1986 VI R 79/83, BFHE 148, 310, BStBl II 1987, 275; vom 22. März 1990 IV R 353/84, BFH/NV 1991, 512). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
Von diesem Grundsatz ist auch keine Ausnahme für den Fall zu machen, daß der Umweg oder die Abweichung nur kurz ist. Denn die Kürze des Umwegs oder der Abweichstrecke hat auf die Wertung, ob das Abweichen von der Normalroute durch berufliche oder private Gründe veranlaßt ist, keinen Einfluß. Das den Unfall auslösende Moment ist bei einer Umwegfahrt, die ausschließlich der Verfolgung privater Zwecke dient, nicht gemischt, sondern allein der Privatsphäre i. S. des § 12 Nr. 1 EStG zuzuordnen. Dementsprechend handelt es sich bei den Kosten eines derartigen Unfalls auch nicht um gemischt veranlaßte Aufwendungen. Die Voraussetzungen, unter denen eine Aufteilung der Aufwendungen erwogen werden könnte, liegen deshalb bei dieser Fallgestaltung nicht vor. Soweit die Kläger diese Auffassung als unbefriedigend empfinden, vermag der Senat dem nicht zu folgen.
2. Im Streitfall hat sich der Unfall nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht auf der Normalroute, sondern auf der Gegenfahrbahn ereignet, nachdem die Klägerin den Abbiegevorgang zum Parkplatz des Lebensmittelmarktes, der auf der anderen Straßenseite lag, bereits eingeleitet hatte. Diese tatsächliche Feststellung hat die Revision nicht mit zulässigen und begründeten Rügen angegriffen; sie ist daher für den Senat gemäß (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) bindend. Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß bei diesem Sachverhalt eine berufliche Veranlassung der Rückfahrt der Klägerin von ihrer Arbeitsstätte ab dem Augenblick entfiel, als die Klägerin den Abbiegevorgang einleitete. Daran ändert auch die Behauptung der Klägerin nichts, sie habe Kaffee einkaufen wollen, der zum Verzehr am Arbeitsplatz bestimmt gewesen sei. Denn der Einkauf von Lebens- und Genußmitteln ist bei einem Arbeitnehmer auch dann der Privatsphäre i. S. des § 12 Nr. 1 EStG zuzuordnen, wenn diese zum eigenen Verzehr an der Arbeitsstätte bestimmt sind.
Da sich der Unfall nach Einleitung des Abbiegevorgangs und mithin nach dem Verlassen der Normalroute ereignet hat, ist im Streitfall nicht entscheidungserheblich, wie der in der Literatur angesprochene Fall (vgl. Küttner/Thomas, Personalbuch 1995, Wegeunfall, Tz. 7) zu entscheiden wäre, daß ein Unfall auf der Normalroute zwischen Wohnung und Arbeitsstätte eingetreten ist, nachdem die Fahrt zuvor aus privaten Gründen kurzfristig unterbrochen worden war.
Fundstellen
Haufe-Index 421222 |
BFH/NV 1996, 538 |