Leitsatz (amtlich)
Ein Arbeitsverhältnis zwischen einer KG und dem Ehemann der die Gesellschaft wegen ihrer hohen Beteiligung beherrschenden Komplementärin kann steuerrechtlich ebenso wie ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Einzelunternehmer und seinem Ehegatten nur anerkannt werden, wenn es - wie unter Fremden - eindeutig durchgeführt wird. Dazu gehört eine regelmäßige Gehaltszahlung an den Ehemann des Gesellschafter-Ehegatten in der Weise, daß das Gehalt in den Einkommens- und Vermögensbereich des Ehemannes gelangt, der vom Einkommens- und Vermögensbereich des Gesellschafter-Ehegatten klar getrennt ist. Hieran fehlt es, wenn die vereinbarten Bezüge des Ehemannes auf einem Unterkonto des Kapitalkontos der Ehefrau gutgeschrieben werden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der einheitlichen Gewinnfeststellungen 1964 bis 1966 (Streitjahre), ob die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, das an den Ehemann ihrer Komplementärin gezahlte Geschäftsführergehalt als Betriebsausgaben abziehen konnte.
An der Klägerin war die Ehefrau des Geschäftsführers bereits im Jahre 1951 beteiligt, und zwar als Kommanditistin mit einem Kommanditanteil von 12,5 v. H. des Gesellschaftskapitals. Der Anteil wurde 1952 auf 25 v. H. erhöht. Seit 1962 ist sie als Komplementärin mit 75 v. H. an der Klägerin beteiligt. Ihr Ehemann (im folgenden P) - mit dem sie seit Mai 1951 verheiratet ist - war seit September 1951 bei der Klägerin beschäftigt, ohne daß zunächst ein schriftlicher Arbeitsvertrag bestand. Am 30. August 1962 schlossen die Klägerin - vertreten durch den damaligen Komplementär H - und P eine als Arbeitsvertrag bezeichnete Vereinbarung. Darin hieß es, P sei am 1. September 1951 als Geschäftsführer in die Dienste der Klägerin getreten. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 45 Stunden und 21 Urlaubstagen stehe ihm eine monatliche Vergütung von 1 500 DM netto zu.
In den Streitjahren leistete die Klägerin die Vergütung in der Weise, daß die Gehaltsbeträge auf einem Unterkonto des Kapitalkontos der Komplementärin, das die Bezeichnung "Privatkonto P" trug, gutgeschrieben wurden. Den Gehaltsbetrag erfaßte die Klägerin buchmäßig als Lohnaufwand. Die Gutschrift des Gehaltsbetrages behandelte sie als Einlage ihrer Komplementärin. P war neben der Komplementärin berechtigt, über das Konto zu verfügen. Er hat darüber auch regelmäßig verfügt. Auf dem Konto wurden als Gehalt gutgeschrieben:
1964: 23 150 DM,
1965: 25 862 DM,
1966: 27 062 DM.
Die Entnahmen des P überstiegen in den Streitjahren jeweils das Jahresgehalt. Den Mehrbetrag behandelte die Klägerin, soweit er nicht durch andere Zuflüsse gedeckt war, als Entnahme der Komplementärin.
Nach einer Betriebsprüfung erkannte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und P nicht an und rechnete die Gehaltsaufwendungen der Klägerin dem Gewinn hinzu. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.
Dagegen richtet sich die Revision des FA. Es ist der Auffassung, das FG habe unter Verletzung des § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Anerkennung von Arbeitsverhältnissen unter Ehegatten nicht zutreffend angewendet (Urteil vom 9. April 1968 I 157/65, BFHE 92, 281, BStBl II 1968, 524).
Die Klägerin hält demgegenüber die Vorentscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage.
Die streitigen Beträge können nicht als Betriebsausgaben der Klägerin (§ 4 Abs. 4 EStG) anerkannt werden.
Im Anschluß an die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Januar 1962 1 BvL 32/57 und 1 BvR 232/60 (BVerfGE 13, 290, 318, BStBl I 1962, 492, 506) erkennt die Rechtsprechung des BFH Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten steuerrechtlich grundsätzlich an unter der Voraussetzung, daß sie (nachweisbar) ernstlich vereinbart und der Vereinbarung entsprechend tatsächlich durchgeführt werden. Vertragsgestaltung und -durchführung sind also daraufhin zu überprüfen, ob sie auch zwischen Fremden üblich wären (vgl. insbesondere BFH-Urteile vom 8. März 1962 IV 165/60 U, BFHE 74, 584, BStBl III 1962, 217; vom 22. März 1972 I R 152/70, BFHE 105, 351, BStBl II 1972, 614, mit Nachweisen; vom 16. Januar 1974 I R 176/72, BFHE 111, 319, BStBl II 1974, 294, und vom 23. April 1975 I R 208/72, BFHE 115, 481, BStBl II 1975, 579, mit Nachweisen).
Nach diesen Grundsätzen richtet sich auch die steuerrechtliche Behandlung der Arbeitsverhältnisse von Ehegatten mit einer Personengesellschaft, an der der andere Ehegatte beteiligt ist, wenn der Gesellschafter-Ehegatte - wie hier - die Gesellschaft schon durch seine hohe Beteiligung beherrscht (vgl. Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 26 a EStG Anm. 18 d; BFH-Urteile vom 25. April 1968 VI R 140/66, BFHE 92, 101, BStBl II 1968, 494, und vom 26. September 1968 IV 121/64, BFHE 94, 209, BStBl II 1969, 102). Soweit das Arbeitsverhältnis mit Rücksicht auf die Beteiligung des anderen Ehegatten in unüblicher Weise gestaltet und durchgeführt wurde, kann es steuerrechtlich nicht anerkannt werden. Der Umstand, daß die Gesellschaft Vertragspartner des Arbeitnehmer-Ehegatten ist, tritt dann zurück; denn die Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Arbeitnehmer-Ehegatten sind aufgrund der rechtlichen und tatsächlichen Einflußmöglichkeiten des beherrschenden Gesellschafter-Ehegatten auf die Gesellschaft mit denjenigen zwischen einem Einzelunternehmer und seinem Arbeitnehmer-Ehegatten vergleichbar.
Zur tatsächlichen Durchführung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses gehört nicht nur, daß der Ehegatte im Betrieb des anderen Ehegatten tatsächlich mitarbeitet, sondern auch, daß die vereinbarten Entgelte ersichtlich in den Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangen, der vom Einkommens- und Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten klar und eindeutig getrennt ist (BFH-Urteile vom 5. Dezember 1963 IV 98/63 S, BFHE 78, 335, BStBl III 1964, 131; I R 176/72). Eine derartige Trennung liegt u. a. nicht vor, wenn die Vergütung auf ein eigenes Konto des Arbeitgeber-Ehegatten überwiesen wird, an welchem dem Arbeitnehmer-Ehegatten ein Mitverfügungsrecht eingeräumt ist bzw. wenn die Vergütung auf ein gemeinschaftliches Konto beider Ehegatten fließt, über das jeder der Kontoinhaber ohne Mitwirkung des anderen verfügen kann (sogenanntes Oder-Konto). In keinem dieser Fälle hat die Vergütung den Vermögensbereich des Arbeitgeber-Ehegatten verlassen (vgl. BFH-Urteil I R 176/72).
Diese Trennung fehlt auch im vorliegenden Fall. Durch die Gutschrift der Vergütung des Ehemannes auf einem Unterkonto des Kapitalkontos seiner Ehefrau sind die gutgeschriebenen Beträge nicht in den - klar abgrenzbaren - Einkommens- und Vermögensbereich des Klägers gelangt. Daran ändert das Mitverfügungsrecht des Ehemannes an dem Konto seiner Ehefrau nichts. Entgegen der Auffassung des FG kommt es bei dieser Sachlage nicht darauf an, daß der Ehemann über sein Gehalt tatsächlich verfügt hat.
Der Auffassung des FG, die Handhabung der Gehaltszahlung an den Ehemann sei auch unter Fremden möglich und - gerade bei leitenden Angestellten - nicht unüblich, vermag der Senat nicht zu folgen. Auch wenn einem fremden Arbeitnehmer im Betrieb etwa ein Kontokorrentkonto eingerichtet würde, wäre es nicht üblich, daß der Arbeitnehmer (wie im vorliegenden Fall) einerseits über sein Guthaben hinaus über Mittel des Betriebes verfügen kann und andererseits sein Gehalt zeitweilig ohne Verrechnung angemessener Zinsen der Gesellschaft zur Nutzung überläßt, soweit er über das Gehalt nicht unverzüglich verfügt.
Auch von einer darlehensweisen (Wieder-)Überlassung der Gehaltsbeträge an die Klägerin - wie sie etwa in den BFH-Urteilen VI R 140/66, vom 29. Juli 1971 VIII R 24/66 (BFHE 103, 67, BStBl II 1971, 732), vom 30. Juni 1971 I R 30/69 (BFHE 103, 328, BStBl II 1972, 112) und vom 29. Februar 1972 VIII R 45/66 (BFHE 105, 263, BStBl II 1972, 533) anerkannt worden ist - kann nicht die Rede sein; denn die Beträge sind nicht vor einem Rückfluß als Darlehen in den Vermögensbereich des Arbeitnehmer-Ehegatten gelangt.
Nach diesen Erwägungen war der Gewinn der Klägerin um die streitigen Gehaltszahlungen (Vorabvergütung der Ehefrau) zu erhöhen.
Der Senat braucht nicht darauf einzugehen, ob zwischen der Klägerin und P in den Jahren vor und nach dem Streitzeitraum (z. B. aufgrund anderer Handhabung der Gehaltszahlung) ein steuerrechtlich anzuerkennendes Arbeitsverhältnis bestand. Denn die steuerrechtliche Beurteilung hat auf die einzelnen Besteuerungszeiträume und die darin verwirklichten Sachverhalte abzustellen.
Die Sache ist spruchreif. Die Klage gegen die Bescheide über die einheitlichen Gewinnfeststellungen 1964 bis 1966 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Mai 1972 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 73203 |
BStBl II 1979, 622 |
BFHE 1979, 207 |