Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksame Rechnungsberichtigung ohne Rückgabe der Erstrechnung
Leitsatz (NV)
Für die Wirksamkeit einer Rechtnungsberichtigung i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 reicht der Zugang einer berichtigten Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis beim Leistungsempfänger jedenfalls dann aus, wenn der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug bis dahin nicht in Anspruch genommen hat und künftig nicht (mehr) erhalten kann.
Normenkette
UStG 1980 § 14 Abs. 2-3, §§ 15, 17 Abs. 1; UStDV 1980 § 59
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, verkaufte im Streitjahr (1985) PKW an 13 nicht im Erhebungsgebiet lebende Privatpersonen zu einem Kaufpreis von insgesamt ... DM zuzüglich offen ausgewiesener Umsatzsteuer von ... DM. Nach Eingang der erforderlichen Ausfuhrnachweise erstattete die Klägerin den Käufern die bezahlte Umsatzsteuer und händigte diesen dabei berichtigte Rechnungen ohne Umsatzsteuerausweis aus. Die ursprünglichen Rechnungen bekam die Klägerin nicht zurück. Die Käufer erhielten weder vom Bundesamt für Finanzen noch von einem Finanzamt (FA) im Erhebungsgebiet die Vorsteuerbeträge aus den Rechnungen vergütet.
Der Beklagte und Revisionskläger (das FA) setzte im Umsatzsteuerbescheid für 1985 die in den Erstrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer mit der Begründung fest, Rechnungsberichtigungen i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 seien nur bei Rückgabe der ursprünglichen Rechnungen wirksam.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruch dagegen erhobenen Klage statt. Nach seiner Auffassung setzt die Wirksamkeit einer Rechnungsberichtigung i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 die Rückgabe der Originalrechnung nicht voraus, wenn feststeht, daß der Leistungsempfänger einen Vorsteuerabzug aus der Rechnung weder in Anspruch genommen hat noch künftig erhalten wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG hat zu Recht entschieden, daß die Klägerin die Berichtigung des streitigen Steuerbetrags gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 1 UStG 1980 geltend machen konnte.
a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 UStG 1980 schuldet der Unternehmer, der in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag gesondert ausgewiesen hat, als er nach dem UStG 1980 für den Umsatz schuldet, auch den Mehrbetrag. Berichtigt er den Steuerbetrag gegenüber dem Leistungsempfänger, so ist § 17 Abs. 1 UStG 1980 gemäß § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 entsprechend anzuwenden.
§ 14 Abs. 2 (und nicht Abs. 3) UStG 1980 erfaßt auch die Fälle, in denen ein Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer für steuerfreie Umsätze gesondert ausgewiesen hat (vgl. Senatsurteile vom 7. Mai 1981 V R 126/75, BFHE 133, 127, BStBl II 1981, 547, und vom 14. Dezember 1989 V R 125/84, BFHE 159, 277, BStBl II 1990, 401).
b) Der Senat teilt nicht die Auffassung der Verwaltung (vgl. Abschn. 189 Abs. 6 der Umsatzsteuer-Richtlinien 1985), die Berichtigung des Steuerbetrags sei nur unter der Voraussetzung möglich, daß der leistende Unternehmer die sog. Erstrechnung zurückerhält.
Wie der Senat in seinem Urteil vom 29. Oktober 1992 V R 48/90, BFHE 169, 559, BStBl II 1993, 251 ausgeführt hat, reicht für die Wirksamkeit einer Rechnungsberichtigung i.S. des § 14 Abs. 2 Satz 2 UStG 1980 der Zugang einer berichtigten Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis beim Leistungsempfänger jedenfalls dann aus, wenn der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug bis dahin nicht in Anspruch genommen hat und künftig nicht (mehr) erhalten kann.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nach den Feststellungen des FG erfüllt. Die Kunden der Klägerin in den streitigen Fällen sind nicht im Erhebungsgebiet wohnende Privatpersonen, die den Vorsteuerabzug bis zur Aushändigung der berichtigten Rechnungen nicht geltend gemacht hatten und auch künftig nicht erhalten können, weil sie keine Unternehmer sind (§ 15 UStG 1980, § 59 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1980).
Fundstellen