Entscheidungsstichwort (Thema)
Bürgschaftsaufwendungen des Ehegatten eines Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung i.S. von § 17 EStG
Leitsatz (amtlich)
1. Hat sich der Ehegatte des Alleingesellschafters einer GmbH gegenüber einer Bank für einen Kredit verbürgt, den diese der GmbH in einer wirtschaftlichen Krise gewährt hat, und wird der Ehegatte aus der Bürgschaft in Anspruch genommen, sind die Bürgschaftsaufwendungen bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts der GmbH als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung des Gesellschafters zu berücksichtigen, soweit dieser verpflichtet ist, seinem Ehegatten die Aufwendungen zu ersetzen.
2. Ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Gesellschafter kann sich insbesondere aus § 426 BGB ergeben, wenn beide Ehegatten sich gesamtschuldnerisch für die Darlehensverbindlichkeiten der GmbH verbürgt haben, beide aus der Bürgschaft in Anspruch genommen wurden und der bürgende Nichtgesellschafter einen höheren Beitrag geleistet hat, als seinem Anteil nach § 426 BGB entspricht.
Normenkette
BGB §§ 421, 426, 769, 774 Abs. 2; EStG § 4 Abs. 1 S. 5, §§ 10d, 17 Abs. 1-2, 4; GmbHG § 32a a.F.
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (EFG 1992, 331; LEXinform-Nr. 0101756) |
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1987 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden.
Der Kläger betrieb zunächst in der Rechtsform eines Einzelunternehmens eine …-Fabrik. Mit Wirkung vom 1. Januar 1977 verpachtete er das Anlagevermögen des Einzelunternehmens an eine von ihm neu gegründete GmbH (GmbH I). Zum gleichen Zeitpunkt übertrug er das Umlaufvermögen des Einzelunternehmens auf die GmbH I.
Die GmbH I meldete im Januar 1981 Konkurs an. Das Konkursverfahren wurde Anfang 1986 abgeschlossen.
Die Klägerin gründete am 1. Mai 1981 die …-Fabrik GmbH (GmbH II), die mit Wirkung vom 1. Mai 1981 das Anlagevermögen des Einzelunternehmens pachtete und den Kläger als Mitarbeiter beschäftigte. Einzige Gesellschafterin der GmbH II war die Klägerin. Die GmbH II meldete im Dezember 1984 ebenfalls Konkurs an. Die Eröffnung des Konkursverfahrens wurde mangels einer die Verfahrenskosten deckenden Masse am 14. Dezember 1984 abgelehnt. Beide Kläger hatten sich durch Erklärungen vom 19. Mai 1981 gegenüber der X-Bank für alle bestehenden und künftigen Forderungen der X-Bank gegenüber der GmbH II verbürgt.
Das Vermögen der GmbH II wurde in den Jahren 1984 und 1985 zugunsten der Gläubiger verwertet. Zusätzlich wurden die Kläger im März 1985 aus ihrer Bürgschaft zugunsten der GmbH II von der X-Bank in Anspruch genommen. Die Klägerin hat aufgrund ihrer Bürgschaftsverpflichtung ihre Ansprüche aus Lebensversicherungen im Wert von 109 994,89 DM an die X-Bank abgetreten. Die Bürgschaftsverpflichtung des Klägers wurde durch Verwertung seines Guthabens bei der X-Bank und durch Verwertung von Maschinen seines Einzelunternehmens erfüllt.
Die Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 1982 bis 1986 führten nicht zur Festsetzung einer Einkommensteuer.
In der (berichtigten) Anlage zur Einkommensteuererklärung 1985 ermittelten die Kläger den Verlust im Zusammenhang mit der Auflösung der GmbH II wie folgt:
1. Verwertung der Maschinen des Einzelunter- nehmens des Klägers lt. Rechnung der X-Bank … vom 20. März 1985 zuzüglich Mehrwertsteuer 2. Verwertung von Gewerbesteuerforderungen des Einzelunternehmens … für Forderungen der Anwaltskanzlei Dr. K betr. Beratungs- leistungen für GmbH II lt. Abtretungser- klärungen vom 14. Dezember 1984 3. Verwertung des Bankguthabens Kto.Nr. 20065 (Inhaber: der Kläger) 4. Verlust des Stammkapitals 5. Verwertung der Lebensversicherung der Klägerin |
86 000,― DM 12 040,― DM 16 203,― DM 80 925,06 DM 50 000,― DM 109 994,89 DM 355 162,95 DM |
In der Anlage zum berichtigten Einkommensteuerbescheid 1985 vom 11. August 1987 vermerkte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―), die vortragsfähigen Verluste aus dem Jahr 1983 beliefen sich auf 242 267 DM und aus dem Jahr 1984 auf 188 260 DM. Der in 1984 entstandene Verlust aus der Auflösung der GmbH II gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sei dabei mit 159 994,89 DM zu berücksichtigen. Der Auflösungsverlust setze sich zusammen aus dem verlorenen Stammkapital der Klägerin (50 000 DM) und nachträglichen Anschaffungskosten aufgrund ihrer Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft zugunsten der GmbH II (109 994,89 DM). Die Verwertung von Vermögenswerten des Klägers führe dagegen nicht zu einer Erhöhung des Verlusts nach § 17 Abs. 4 EStG, da der Kläger an der GmbH II nicht beteiligt gewesen sei. Die Klägerin könne die Aufwendungen ihres Ehemannes auch nicht als sog. Drittaufwand geltend machen (Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 20. September 1990 IV R 300/84, BFHE 162, 86, BStBl II 1991, 82).
Nach Berücksichtigung der vortragsfähigen Verluste aus 1980 bis 1984 im Wege des Verlustabzugs ergab sich nach den Ermittlungen des FA am 31. Dezember 1985 noch ein nicht aufgebrauchter Verlustabzug aus 1984 in Höhe von 31 063 DM. Dieser wurde bei der Einkommensteuerveranlagung 1986 verbraucht.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1987 machten die Kläger einen weiteren Verlustabzug nach § 10d EStG in Höhe von 198 188 DM geltend. Dabei handelte es sich nach ihrem Vorbringen um die bei den vorangegangenen Veranlagungen nicht berücksichtigten Aufwendungen des Klägers im Zusammenhang mit der Auflösung der GmbH II.
Bei der Veranlagung der Kläger zur Einkommensteuer 1987 durch Bescheid vom 7. März 1989, geändert durch Bescheid vom 10. Mai 1989, berücksichtigte das FA zunächst einen vortragsfähigen Verlust aus den Jahren 1982 bis 1986 in Höhe von 3 020 DM.
Der Einspruch, mit dem die Kläger einen weiteren vortragsfähigen Verlust in Höhe von 195 168 DM geltend machten, hatte keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1992, 331 veröffentlicht.
Während des finanzgerichtlichen Verfahrens hat das FA den Einkommensteuerbescheid 1987 geändert und den zunächst berücksichtigten Verlustabzug in Höhe von 3 020 DM rückgängig gemacht, da der Verlust aus dem Jahr 1984 bei den Veranlagungen 1985 und 1986 vollständig aufgebraucht worden sei. Das zu versteuernde Einkommen für 1987 wurde im geänderten Einkommensteuerbescheid auf 201 134 DM festgesetzt. Die Kläger haben den geänderten Bescheid vom 26. Oktober 1990 und den erneut geänderten Bescheid vom 12./25. November 1991 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens erklärt.
Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 17 EStG). Das FG habe es zu Unrecht abgelehnt, die streitigen Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Klägerin auf ihre Beteiligung an der GmbH II im Wege des Verlustvortrags zu berücksichtigen. Das FG habe nicht beachtet, dass der BFH in ständiger Rechtsprechung den Abzug sog. Drittaufwandes zulasse, wenn es sich dabei um eine sog. Abkürzung des Zahlungsweges handele. Die streitigen Aufwendungen hätten zweifelsfrei berücksichtigt werden müssen, wenn der Kläger nicht selbst den Gläubigern Sicherheiten für die Verbindlichkeiten der GmbH II gestellt hätte, sondern der Klägerin die als Grundlage für die Einräumung der Sicherheiten benötigten Wirtschaftsgüterzu Eigentum übertragen hätte. Der Grund für die Leistungen des Klägers sei in beiden Fällen die eheliche Lebensgemeinschaft; diese habe den Kläger bewogen, im gemeinsamen Interesse der Eheleute sein Vermögen für die Erhaltung der wesentlichen Beteiligung der Klägerin an der GmbH II einzusetzen.
Die Kläger beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid 1987 vom 26. Oktober 1990 i.d.F. der Vorläufigkeitserklärung vom 12. November 1991 dahin gehend zu ändern, dass ein Verlustabzug gemäß § 10d EStG in Höhe von 195 168 DM berücksichtigt wird.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Die streitigen Aufwendungen könnten nicht als sog. Drittaufwand abgezogen werden, insbesondere liege nicht der Fall des sog. abgekürzten Zahlungsweges vor. Der Kläger habe mit der Tilgung der Darlehensverbindlichkeiten der GmbH II eine eigene Verpflichtung aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft erfüllt, nicht eine solche der Klägerin. Die Klägerin hafte als Gesellschafterin der GmbH II grundsätzlich nicht für deren Verbindlichkeiten. Der Kläger könne deshalb nicht aus familienrechtlichen Gründen zur Sicherheitsleistung für die GmbH II veranlasst worden sein. Dies spreche dafür, dass der Kläger in erster Linie im eigenen wirtschaftlichen Interesse die streitigen Aufwendungen getätigt habe.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Entscheidung des Senats in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).
I. Verluste, die im Entstehungsjahr bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden können, sind bis zu einem Betrag von insgesamt 10 Mio. DM in den folgenden Veranlagungszeiträumen wie Sonderausgaben vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, soweit sie nicht in den zwei dem Verlustentstehungsjahr vorangegangenen Veranlagungszeiträumen abgezogen werden konnten (§ 10d Sätze 1 und 2 EStG in der für das Streitjahr 1987 geltenden Fassung). Zu den rücktrags- und vortragsfähigen Verlusten zählt auch ein Verlust, den ein wesentlich beteiligter Gesellschafter anlässlich der Auflösung der Kapitalgesellschaft erleidet (BFH-Urteil vom 26. Januar 1999 VIII R 32/96, BFH/NV 1999, 922, m.w.N.).
II. Nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Auflösung von Kapitalgesellschaften, wenn der Gesellschafter innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und er die Beteiligung in seinem Privatvermögen hielt. Entsprechendes gilt für die aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft entstehenden Verluste (BFH-Urteile vom 4. November 1997 VIII R 18/94, BFHE 184, 374, BStBl II 1999, 344, m.w.N.; vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162).
1. Im Streitfall ist die GmbH II durch die Ablehnung der Eröffnung des Konkursverfahrens mangels Masse im Dezember 1984 aufgelöst worden (§ 107 Abs. 1 der Konkursordnung ―KO―; § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften vom 9. Oktober 1934 ―LöschG―, RGBl I 1934, 914). Auch die weiteren Voraussetzungen für die Entstehung eines Auflösungsgewinns oder -verlusts i.S. des § 17 EStG lagen am Ende des Jahres 1984 vor. Erforderlich ist hierfür, dass der wesentlich beteiligte Gesellschafter nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen aus dem Gesellschaftsvermögen rechnen kann und dass feststeht, ob und in welcher Höhe noch nachträgliche Anschaffungskosten oder sonstige im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Veräußerungs- oder Aufgabekosten anfallen werden (vgl. dazu u.a. BFH-Urteile in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340; vom 24. April 1997 VIII R 16/94, BFHE 183, 402, BStBl II 1999, 339, unter II. 2. der Gründe, m.w.N.; vom 10. November 1998 VIII R 6/96, BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348). Diese Voraussetzungen sind, wie der Senat in seinem Urteil in BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162 ausgeführt hat, im Fall der Auflösung mit anschließender Liquidation regelmäßig erst im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation erfüllt; findet diese jedoch mangels Masse nicht statt, ist der auf einen Zeitpunkt zu ermittelnde Auflösungsverlust bereits bei Ablehnung des Antrags auf Konkurseröffnung entstanden (BFH-Urteile vom 3. Juni 1993 VIII R 23/92, BFH/NV 1994, 459, m.w.N.; vom 12. Oktober 1999 VIII R 46/98, BFH/NV 2000, 561).
2. Auflösungsverlust i.S. des § 17 Abs. 1, 2 und 4 EStG ist der Betrag, um den die im Zusammenhang mit der Auflösung der Gesellschaft vom Steuerpflichtigen persönlich getragenen Kosten (entsprechend den Veräußerungskosten nach § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG) sowie seine Anschaffungskosten den gemeinen Wert des dem Steuerpflichtigen zugeteilten oder zurückgezahlten Vermögens der Kapitalgesellschaft übersteigen. Wie der erkennende Senat wiederholt dargelegt hat, ist der Begriff der Anschaffungskosten in § 17 Abs. 2 EStG mit Rücksicht auf das die Einkommensbesteuerung bestimmende Nettoprinzip weit auszulegen (vgl. z.B. Urteile in BFHE 187, 480, BStBl II 1999, 348; in BFH/NV 2000, 561). Er umfasst nicht nur die zum Erwerb der Beteiligung aufgewendeten Kosten, sondern auch nachträgliche Aufwendungen des Anteilseigners, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und weder Werbungskosten i.S. der §§ 9, 20 EStG noch Veräußerungskosten sind. Unter diesen Voraussetzungen können auch Aufwendungen des Gesellschafters berücksichtigt werden, die erst nach Abschluss der Liquidation angefallen sind (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 922, m.w.N.).
3. Als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG kommen nicht nur Aufwendungen in Betracht, die auf der Ebene der Kapitalgesellschaft als Nachschüsse (§§ 26 ff. des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ―GmbHG―) oder verdeckte Einlagen zu werten sind (vgl. dazu Schmidt/Weber-Grellet, Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 17 Rz. 164), sondern auch Verluste aus Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters, insbesondere Leistungen aus einer für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft eingegangenen Bürgschaft, wenn die Übernahme der Bürgschaft durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und die Rückgriffsforderung gegen die Gesellschaft wertlos ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320; in BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340, m.w.N.; vom 6. Juli 1999 VIII R 9/98, BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817).
4. Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters sind nur dann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, wenn und insoweit sie eigenkapitalersetzenden Charakter haben (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 24. April 1997 VIII R 23/93, BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342, m.w.N.; vgl. dazu auch Gschwendtner in Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1999, Beihefter zu Heft 32 Tz. 3.2.3.3). Das damit verbundene Haftungsrisiko rechtfertigt es, derartige Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters in der Frage der Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG den gesellschaftsrechtlichen Einlagen gleichzustellen (Urteile in BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, und in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817) .
5. Eine Bürgschaftsverpflichtung ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) eigenkapitalersetzend, wenn die Bürgschaft zu einem Zeitpunkt übernommen wird, in dem sich die Gesellschaft bereits in der sog. Krise befindet oder wenn die Bürgschaft (auch) für den Fall der Krise bestimmt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 922, unter 2. d der Gründe, m.w.N.; vgl. ―zur krisenbestimmten Finanzierungshilfe― BGH-Urteil vom 9. März 1992 II ZR 168/91, Der Betrieb ―DB― 1992, 981). Weiterhin kann eine Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter erlangen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft noch nicht in der Krise befand, sie aber bei Eintritt der Krise stehen gelassen wird (vgl. BFH-Urteil in BFHE 183, 397, BStBl II 1999, 342, unter 2. b der Gründe).
Die Krise wird in § 32a GmbHG i.d.F. des Gesetzes zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. April 1998 (BGBl I 1998, 786) als der Zeitpunkt definiert, in dem die Gesellschafter der Gesellschaft "als ordentliche Kaufleute Eigenkapital zugeführt hätten". Ob die Gesellschaft in eine Krise geraten ist, insbesondere ob sie noch als kreditwürdig anzusehen ist, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. Urteil in BFHE 189, 383, BStBl II 1999, 817, unter II. 2. b der Gründe, m.w.N.).
Im Streitfall sind die Beteiligten im Besteuerungsverfahren und im nachfolgenden Einspruchs- und Klageverfahren übereinstimmend davon ausgegangen, dass die GmbH II im Zeitpunkt der Eingehung der Bürgschaftsverbindlichkeit im Mai 1981 ―also schon bei Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit― nicht kreditwürdig war. Dementsprechend hat das FA die Bürgschaftsaufwendungen der Klägerin in voller Höhe als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung berücksichtigt.
III. Im vorliegenden Fall ist nur noch streitig, ob auch die Aufwendungen des Klägers, der an der GmbH II nicht beteiligt war, den Verlust der Klägerin aus der Auflösung der GmbH II erhöhen. FA und FG haben es abgelehnt, diese Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten der Klägerin zu berücksichtigen, weil es sich insoweit um einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Drittaufwand handele. Diese Auffassung stimmt mit der neueren Rechtsprechung des BFH zur Abziehbarkeit des sog. Drittaufwands nicht überein (vgl. BFH-Beschluss vom 23. August 1999 GrS 2/97, BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782). Die Vorentscheidung kann deshalb keinen Bestand haben.
1. Für die Einkommensteuer gilt der Grundsatz der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit. Aus diesem Grundsatz folgt u.a., dass ein Steuerpflichtiger nur solche Aufwendungen bei der Einkünfteermittlung abziehen kann, die er persönlich getragen hat (BFH-Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782; BFH-Urteile vom 24. Februar 2000 IV R 75/98, BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314; vom 2. Dezember 1999 IX R 45/95, BFHE 191, 24, BStBl II 2000, 310; vom 2. Dezember 1999 IX R 21/96, BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312). Dieser Grundsatz gilt ebenso für den Bereich der Überschusseinkünfte wie für den der Gewinneinkünfte (BFH-Urteil in BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314). Auch in den Fällen der Zusammenveranlagung (§ 26b EStG) sind die Einkünfte ―wie auch ihre Komponenten― für jeden der Ehegatten gesondert, "subjektbezogen", zu ermitteln. Aufwendungen eines Dritten, die durch die Einkünfteerzielung des Steuerpflichtigen veranlasst sind (sog. Drittaufwand, vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. Januar 1995 GrS 4/92, BFHE 176, 267, BStBl II 1995, 281; in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782), kann ein Steuerpflichtiger nur dann einkünftemindernd geltend machen, wenn sie ihm als eigene zugerechnet werden können.
a) Aufwendungen eines Dritten kann der Steuerpflichtige im Fall einer Abkürzung des Zahlungswegs als eigene abziehen. Unter Abkürzung des Zahlungsweges versteht die Rechtsprechung die Zuwendung eines Geldbetrages an den Steuerpflichtigen in der Weise, dass ein Dritter im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen dessen Schuld tilgt (§ 267 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ―BGB―), anstatt ihm den entsprechenden Geldbetrag unmittelbar zuzuwenden (BFH-Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782; BFH-Urteile in BFHE 191, 24, BStBl II 2000, 310, und in BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312). Leistet der Dritte jedoch auf eine eigene Verbindlichkeit (z.B. auf eine im wirtschaftlichen Interesse des Steuerpflichtigen eingegangene Bürgschaft oder Darlehensverbindlichkeit), kommt ein Abzug dieser Aufwendungen beim Steuerpflichtigen unter dem Gesichtspunkt einer Abkürzung des Zahlungsweges nicht in Betracht (BFH-Urteile in BFHE 191, 301, BStBl II 2000, 314; in BFHE 191, 24, BStBl II 2000, 310; vom 4. September 2000 IX R 22/97, BFH/NV 2001, 107; ebenso Stephan, DB 1988, 2477, 2481).
b) Aufwendungen eines Dritten auf eine von ihm im eigenen Namen, aber im wirtschaftlichen Interesse des Steuerpflichtigen eingegangene Verbindlichkeit sind auch dann bei der Einkünfteermittlung des Steuerpflichtigen abziehbar, wenn der Dritte die Verbindlichkeit im Innenverhältnis für Rechnung des Steuerpflichtigen eingegangen ist, d.h. wenn diesen die wirtschaftlichen Folgen des Rechtsgeschäfts treffen sollen (Wolff-Diepenbrock, Handeln für fremde Rechnung im Einkommensteuerrecht, Festschrift für Döllerer, 1988, 757). Dies ist bei der Inanspruchnahme eines Dritten aus einer im wirtschaftlichen Interesse des Steuerpflichtigen eingegangenen Bürgschaft der Fall, wenn der Dritte gegen den Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen hat. Denn die Verpflichtung zum Aufwendungsersatz mindert die Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen.
c) Nach der Rechtsprechung des BFH (Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782) kommt darüber hinaus ein voller Abzug der Finanzierungsaufwendungen in Betracht, wenn Ehegatten gemeinsam, d.h. als Gesamtschuldner nach § 421 BGB, ein Darlehen aufgenommen haben und dieses nur von einem von ihnen zur Erzielung von Einkünften genutzt wird. Der BFH rechnet in diesem Fall die Finanzierungsaufwendungen dem Ehegatten zu, der das Darlehen für seine Einkünfteerzielung nutzt, unabhängig davon, ob die Leistungen auf das Darlehen mit Mitteln des einkünfteerzielenden Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten geleistet wurden (BFH-Beschluss in BFHE 189, 160, BStBl II 1999, 782, unter C. V. 1.; ebenso: BFH-Urteile in BFH 191, 24, BStBl II 2000, 310, und in BFHE 191, 28, BStBl II 2000, 312). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise, wenn sich Ehegatten gesamtschuldnerisch für die Rückzahlung eines Darlehens verbürgen, das nur der Einkünfteerzielung eines der Ehegatten dient.
d) Da die Kläger sich gemeinsam für die Darlehensverbindlichkeiten der GmbH II gegenüber der X-Bank verbürgt hatten, steht der Grundsatz der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit dem vollen Abzug der Bürgschaftsaufwendungen des Klägers als nachträgliche Anschaffungskosten der Klägerin auf ihre Beteiligung nicht entgegen.
2. Einschränkungen ergeben sich jedoch hinsichtlich der Abziehbarkeit dieser Aufwendungen aus dem Eigenkapitalersatzrecht. Denn wie oben unter II. 3. und 4. ausgeführt wurde, sind Finanzierungsmaßnahmen des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft nur dann und insoweit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, als sie den Bindungen des Eigenkapitalersatzrechts unterliegen.
a) Normadressaten des Eigenkapitalersatzrechts sind grundsätzlich nur die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft. Die Umqualifizierung eines Gesellschafterdarlehens oder einer gleichgestellten Finanzierungsmaßnahme in funktionelles Eigenkapital beruht auf der sog. Finanzierungsverantwortung der Gesellschafter. Die Gesellschafter sollen veranlasst werden, in einer wirtschaftlichen Krise der GmbH weiteres Eigenkapital einzusetzen und nicht durch Kapitalhilfen anderer Art (Darlehen, Bürgschaften etc.) Dritte über die Kapitalausstattung der GmbH zu täuschen (BGH-Urteil vom 16. Oktober 1989 II ZR 307/88, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ―ZIP― 1989, 1542). Entscheiden sich die Gesellschafter in der Krise der Kapitalgesellschaft, diese nicht zu liquidieren, sondern ihr über die vereinbarte Stammeinlage hinaus weitere Finanzmittel zur Verfügung zu stellen, können sie sich ihrer daraus folgenden Verantwortung gegenüber den außenstehenden Gläubigern nicht entziehen, indem sie anstelle der objektiv gebotenen Zuführung weiteren Eigenkapitals der Gesellschaft lediglich Darlehen oder eine gleichgestellte Kredithilfe gewähren (ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. z.B. Urteile vom 11. September 1981 II ZR 104/80, BGHZ 81, 311, 317; vom 26. März 1984 II ZR 171/83, BGHZ 90, 381; Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., § 32a Rz. 3, m.w.N.; v.Gerkan/Hommelhoff, Hrsg., Handbuch des Kapitalersatzrechts, 2000, Rz. 2.20 f.).
b) Dritte, zu denen auch nahe Angehörige des Gesellschafters gehören, tragen grundsätzlich keine Verantwortung für die Finanzierung der Kapitalgesellschaft (BGH-Urteile vom 18. Februar 1991 II ZR 259/89, Betriebs-Berater ―BB― 1991, 641, ZIP 1991, 366; vom 6. Juni 1994 II ZR 292/91, BGHZ 126, 181, BB 1994, 1657; vom 8. Februar 1999 II ZR 261/97, DStR 1999, 810 a.E., mit Anm. Goette; Oberlandesgericht ―OLG― München, Urteil vom 20. Januar 1992 17 U 4066/91, DStR 1993, 614, mit Anm. Goette; OLG Stuttgart, Urteil vom 14. August 1998 19 U 268/96, Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht ―NZG― 1998, 997; Scholz/K. Schmidt, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 9. Aufl., §§ 32a, 32b Rz. 134). Sie können die Rückzahlung eines der Kapitalgesellschaft gewährten Darlehens auch im Insolvenzfall fordern. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht ausnahmslos.
c) Kreditgeber, die nicht Gesellschafter sind, unterliegen den Normen des Eigenkapitalersatzrechts dann, wenn ihre Finanzierungshilfe an die Gesellschaft wirtschaftlich derjenigen durch den Gesellschafter selbst entspricht (§ 32a Abs. 3 GmbHG). Die Gleichstellung kann auf Beziehungen zu einem der Gesellschafter oder auf dem Verhältnis zur Gesellschaft als solcher beruhen (Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz. 20). Von diesem Ausnahmetatbestand werden zum einen Finanzierungshilfen von Personen erfasst, die zwar nicht zivilrechtlich, aber wirtschaftlich einem Gesellschafter gleichstehen; hierzu gehören insbesondere Darlehen und gleichgestellte Finanzierungshilfen eines mit der GmbH verbundenen Unternehmens i.S. der §§ 15 bis 19, 291, 292 des Aktiengesetzes ―AktG― (vgl. dazu im Einzelnen v.Gerkan/ Hommelhoff, a.a.O., Rz. 5.38 und 12.1 ff.). Darüber hinaus gelten die Regeln des Eigenkapitalersatzrechts für solche Finanzierungshilfen Dritter, die zwar nicht rechtlich, aber im wirtschaftlichen Ergebnis aus dem Vermögen eines Gesellschafters aufgebracht werden sollen (BGH-Urteile in BB 1991, 641, ZIP 1991, 366; vom 14. Juni 1993 II ZR 252/92, ZIP 1993, 1072; vom 7. November 1994 II ZR 8/93, ZIP 1995, 125; II ZR 270/93, BGHZ 127, 336, BB 1995, 58, ZIP 1994, 1934, mit zustimmender Anm. von Altmeppen; vom 18. November 1996 II ZR 207/95, BB 1997, 220, DStR 1997, 172; vom 26. Juni 2000 II ZR 21/99, BB 2000, 1750; OLG München in DStR 1993, 614, mit Anm. Goette; OLG Stuttgart in NZG 1998, 997; Baumbach/Hueck, a.a.O., § 32a Rz. 25; v.Gerkan/Hommelhoff, Kapitalersatz im Gesellschafts- und Insolvenzrecht, 5. Aufl., Rz. 4.12; Kamprad, GmbH-Rundschau ―GmbHR― 1984, 339; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, Kommentar, 15. Aufl., 2000, §§ 32a, b Rz. 61; Noack, GmbHR 1996, 153; Scholz/K. Schmidt, a.a.O., §§ 32a, 32b Rz. 134; K. Weber, GmbHR 1992, 354, 356). Diese Voraussetzung ist nicht nur in Umgehungsfällen, sondern immer dann erfüllt, wenn die Finanzierungshilfe des Dritten wirtschaftlich für Rechnung des Gesellschafters gewährt wird, z.B. weil dieser dem Dritten im Innenverhältnis zum Ausgleich verpflichtet ist (BGH-Urteile in BB 1997, 220, DStR 1997, 172, mit Anm. Goette; in BGHZ 127, 336, ZIP 1994, 1934, BB 1995, 58; in BB 2000, 1750).
d) Eine Verpflichtung zum Aufwendungsersatz kommt u.a. dann in Betracht, wenn sich ―wie im Streitfall― nicht nur ein Dritter, sondern auch der Gesellschafter selbst für die Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft verbürgt hat (vgl. §§ 769, 774 Abs. 2 BGB i.V.m. § 426 Abs. 1 BGB). Nach § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB sind mehrere Gesamtschuldner im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen verpflichtet, sofern sie nicht etwas anderes vereinbart haben. Die Ausgleichspflicht des § 426 BGB gilt auch für Ehegatten, die sich gemeinsam (als Gesamtschuldner) gegenüber einem Dritten verpflichtet haben. Die Vorschrift wird weder durch die Vorschriften des ehelichen Güterrechts noch durch die von der Rechtsprechung des BGH entwickelten Grundsätze zur sog. "unbenannten Zuwendung" verdrängt (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH-Urteile vom 30. September 1987 IVb ZR 94/86, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 1988, 133; vom 27. April 1988 IVb ZR 55/87, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht ―FamRZ― 1988, 920; vom 5. Oktober 1988 IVb ZR 52/87, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht ―NJW-RR― 1989, 66; vom 5. April 1989 IVb ZR 35/88, NJW 1989, 1920; vom 14. Januar 1998 XII ZR 103/96, Wertpapier-Mitteilungen ―WM― 1998, 443). Eine von der hälftigen Ausgleichspflicht des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Bestimmung der Gesamtschuldner kann sich aus einer ausdrücklich oder stillschweigend geschlossenen Vereinbarung, aber auch aus dem Inhalt oder Zweck der zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Rechtsbeziehungen oder aus der Natur der Sache ergeben (BGH-Urteile vom 4. Juni 1986 IVb ZR 50/85, FamRZ 1986, 881; in NJW-RR 1989, 66). Kommt das durch die gesamtschuldnerische Bürgschaft gesicherte Darlehen bei wirtschaftlicher Betrachtung beiden Gesamtschuldnern zugute, z.B. weil die Erträge aus dem (mit Hilfe eines gesamtschuldnerisch aufgenommenen Kredits finanzierten) gewerblichen Unternehmen beiden Ehegatten zufließen, spricht das gegen eine stillschweigend getroffene, von der gesetzlichen Ausgleichspflicht des § 426 Abs. 1 BGB abweichende Vereinbarung der Gesamtschuldner (BGH-Urteile in NJW 1988, 133; in FamRZ 1986, 881).
e) Handelt der Dritte bei der Kreditgewährung oder Bürgschaftsübernahme auf eigene Rechnung, d.h. bringt er die Finanzierungshilfe auch wirtschaftlich gesehen aus seinem eigenen Vermögen auf, unterliegt seine Finanzierung nicht den Bindungen des Eigenkapitalersatzrechts (vgl. BGH-Urteile in BB 1991, 641, ZIP 1991, 366, betreffend Bürgschaft der Eltern eines der GmbH-Gesellschafters für Bankschulden der GmbH; in DStR 1999, 810, betreffend Verpachtung des Anlagevermögens eines Einzelunternehmens an eine GmbH, deren Alleingesellschafterin die Ehefrau des Verpächters ist; OLG München in DStR 1993, 614, betreffend Grundschuldbestellung am Grundstück der Ehefrau des GmbH-Gesellschafters zur Sicherung eines Bankdarlehens an die GmbH, bestätigt durch BGH-Beschluss vom 1. März 1993 II ZR 197/92; OLG Stuttgart, Urteil in NZG 1998, 997, betreffend Darlehensgewährung durch die Ehefrau des Gesellschafters).
f) Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall eine eigenkapitalersetzende Bürgschaft des Klägers insoweit zu bejahen, als ihm ein Ausgleichsanspruch gegen die Klägerin zusteht. In diesem Umfang hat er für Rechnung der Klägerin geleistet.
Die X-Bank hat zur Befriedigung ihrer Ansprüche aus der Bürgschaft das Bankguthaben des Klägers (80 925,06 DM) verwertet und weitere Vermögensgegenstände, die ihr der Kläger zur Sicherheit übereignet hatte, für 98 040 DM verkauft und daraus insgesamt 178 965 DM erlöst. Die Klägerin hat aufgrund der Bürgschaft 109 994,89 DM an die X-Bank geleistet. Die Leistungen des Klägers aus der Bürgschaft überstiegen somit die der Klägerin um 68 970 DM. Nach §§ 774 Abs. 2, 426 Abs. 1 BGB waren beide Kläger in Innenverhältnis zu gleichen Anteilen aus der gemeinschaftlich übernommenen Bürgschaft verpflichtet. Dem Kläger steht deshalb, soweit seine Leistungen aus der Bürgschaft die der Klägerin überstiegen, ein hälftiger Ausgleichsanspruch gegen die Klägerin nach § 426 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BGB zu. Er hat in diesem Umfang (34 485 DM) für Rechnung der Klägerin geleistet (BGH-Urteil in BB 2000, 1750; vgl. auch oben unter III. 2. c).
Im Streitfall ergeben sich aus den Feststellungen des FG und dem Vorbringen der Beteiligten keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger ausdrücklich oder stillschweigend eine von der Regel des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB abweichende Vereinbarung getroffen haben (vgl. dazu z.B. BGH-Urteile in NJW-RR 1989, 66, und in NJW 1988, 133). Vielmehr haben die Kläger in der Revisionsbegründung vorgetragen, der Kläger sei durch die eheliche Lebensgemeinschaft dazu bewogen worden, sein Vermögen für die Zwecke der Klägerin einzusetzen. Die Erhaltung der GmbH II habe im gemeinsamen Interesse der Eheleute gelegen. Für die Richtigkeit dieses Sachvortrags spricht der Umstand, dass bei Übernahme der Bürgschaft das Einzelunternehmen des Klägers noch bestand. Da die GmbH II ihr Anlagevermögen vom Einzelunternehmen des Klägers gepachtet hatte, konnte der Kläger nur bei einem Fortbestand der GmbH II damit rechnen, weiterhin Einnahmen aus der Verpachtung seines Betriebsvermögens zu erzielen. Die Bürgschaftsverpflichtung des Klägers war deshalb nicht ausschließlich durch die wirtschaftlichen Interessen der Klägerin veranlasst.
3. Der Senat kann offen lassen, ob der Kläger in der Bilanz seines Einzelunternehmens auf den 31. Dezember 1984 eine Rückstellung wegen der drohenden Inanspruchnahme aus der Bürgschaft hätte bilden müssen, soweit er die Verpflichtung für eigene Rechnung eingegangen ist. Im vorliegenden Verfahren, das die Einkommensteuer 1987 betrifft, ist über diese Frage nicht zu entscheiden.
4. Soweit der Kläger ohne eine vorhergehende Verpflichtung als Bürge oder aus einem anderen Rechtsgrund Verbindlichkeiten der GmbH II getilgt hat (§ 267 BGB), d.h. in Höhe von 16 203 DM, ist eine mittelbare verdeckte Einlage der Klägerin in das Vermögen der GmbH II gegeben, die bei der Ermittlung des Auflösungsverlusts als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung anzusetzen ist.
Einlagen sind alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb im Lauf des Wirtschaftsjahrs zugeführt hat (§ 4 Abs. 1 Satz 5 EStG). Für die Gewinnermittlung von Kapitalgesellschaften gilt dies mit der Maßgabe, dass es sich um eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuwendung eines bilanzierungsfähigen Vermögensvorteils durch den Gesellschafter handeln muss (BFH-Entscheidung vom 15. Oktober 1997 I R 80/96, BFH/NV 1998, 624). Der Gesellschafter muss die als verdeckte Einlage zu beurteilende Leistung an die Gesellschaft nicht selbst erbringen. Es genügt, wenn diese durch eine ihm nahestehende Person erbracht wird und in der Zuwendung eines Vermögensvorteils an die Gesellschaft zugleich eine ―entgeltliche oder unentgeltliche― Zuwendung an den Gesellschafter zu sehen ist (BFH-Beschluss vom 9. Juni 1997 GrS 1/94, BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307, unter C. III. der Gründe). Gegenstand einer Einlage kann auch die Tilgung einer Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft durch den Gesellschafter oder eine ihm nahe stehende Person sein (Urteil des Reichsfinanzhofs ―RFH― vom 8. Juni 1937 I A 378/36, RFHE 41, 274; BFH-Urteil in BFH/NV 2000, 561, m.w.N.). Erfüllt ein dem Gesellschafter nahe stehender Dritter eine Verbindlichkeit der GmbH, kommt es für die einkommensteuerrechtliche Beurteilung dieser Leistung darauf an, ob der Dritte damit eigenwirtschaftliche Interessen verfolgt, oder ob er eine Zuwendung gegenüber dem Gesellschafter machen will, der dadurch seinerseits eine verdeckte Einlage in die Gesellschaft erbringt (BFHE 183, 187, BStBl II 1998, 307).
Im Streitfall hat der Kläger die Verbindlichkeiten der GmbH II gegenüber ihren Rechtsanwälten durch Abtretung seiner Gewerbesteuerforderungen erst zu einem Zeitpunkt erfüllt, als bereits feststand, dass ein etwaiger Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen die GmbH II nach § 670 BGB oder § 683 BGB wertlos war. Unter diesen Umständen ist in der Erfüllung der Verbindlichkeit eine unentgeltliche Zuwendung an die Klägerin zu sehen, sofern der Kläger nicht im eigenwirtschaftlichen Interesse gehandelt hat. Im Streitfall kann nach den Feststellungen des FG und dem tatsächlichen Vorbringen der Kläger, dem das FA nicht widersprochen hat, davon ausgegangen werden, dass eigenwirtschaftliche Interessen des Klägers für die Tilgung der Verbindlichkeiten der GmbH II gegenüber deren Rechtsberatern nicht maßgeblich waren. Die Kläger haben im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragen, die Rechtsanwälte hätten ihre weitere Beratungstätigkeit für die GmbH II von der Begleichung ihrer offenen Honorarforderungen durch Abtretung der Gewerbesteuererstattungsansprüche des Klägers abhängig gemacht. Die Erfüllung dieser Honorarforderung lag deshalb ausschließlich im Interesse der Klägerin als der alleinigen Gesellschafterin und Geschäftsführerin der GmbH II.
IV. Die Sache ist entscheidungsreif. Die Klage hat teilweise Erfolg. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1987 ist dahin gehend zu ändern, dass ein Verlustabzug gemäß § 10d EStG in Höhe von 50 688 DM und erhöhte Kinderfreibeträge für zwei Kinder nach § 53 EStG i.d.F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2552) zu berücksichtigen sind. Der weitergehende Antrag der Kläger wird abgewiesen. Die Berechnung der Einkommensteuer wird gemäß § 121 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 545973 |
BFH/NV 2001, 691 |
BStBl II 2001, 385 |
BFHE 194, 108 |
BFHE 2002, 108 |
BB 2001, 760 |
DB 2001, 680 |
DStR 2001, 525 |
DStRE 2001, 397 |
HFR 2001, 855 |
StE 2001, 173 |
FR 2001, 690 |
LEXinform-Nr. 0571700 |
Inf 2001, 285 |
SteuerBriefe 01, 10 |
SteuerBriefe 2001, 588 |
NWB 2001, 1026 |
NWB 2002, 882 |
GmbH-StB 2001, 101 |
NJW-RR 2001, 1398 |
PLS Gruppe 2, 467 |
StWKHeft 01, 10 |
StWK Gruppe 1, 484 |
ZIP 2001, 922 |
NZI 2001, 445 |
NZI 2001, 57 |
GmbHR 2001, 348 |
stak 2001 |