Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Der nach § 33 a Abs. 3 BewDV festzustellende Einheitswert (Vermögensteuerwert) ist ein besonderer Wert, der neben dem Einheitswert für den Grund und Boden besteht und für dessen Feststellung ein überschreiten der Fortschreibungsgrenzen nicht erforderlich ist. An der insoweit abweichenden Auffassung des Urteils des Bundesfinanzhofs III 64/56 U vom 19. Juli 1957 (BStBl 1957 III S. 314, Slg. Bd. 65 S. 204) wird nicht mehr festgehalten.
Bei der Ermittlung dieses Wertes können gemäß § 3 a BewDV die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 zugrunde gelegt werden.
Für Wertfeststellungen auf Stichtage nach dem 21. Juni 1948 ist es nicht zulässig, den Vermögensteuerwert mit dem Bruchteile an dem endgültigen Einheitswerte festzustellen, der dem Grade der Fertigstellung an dem vollendeten Gebäude entspricht.
Normenkette
BewDV § 33a; BewG § 91; BewDV § 3a
Tatbestand
Das Grundstück der Steuerpflichtigen (Stpfl.) wurde in den Jahren 1951 bis 1954 neu bebaut. Da es sich am 1. Januar 1952 und 1. Januar 1953 im Zustande der Bebauung befand, stellte das Finanzamt gemäß § 33 a der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) auf diese Stichtage für Zwecke der Vermögensteuer besondere Einheitswerte fest; dabei rechnete es die bis zum Stichtage entstandenen Baukosten nach den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1935 um und setzte sie dem Werte des Grund und Bodens zu. Letzterer betrug rd. 500.000 DM; an Baukosten waren bis zum 1. Januar 1952 rd. 1.400.000 DM aufgewendet, die nach dem Index 310 : 130 umgerechnet wurden, so daß ein abgerundeter Einheitswert von 1.100.000 DM festgestellt wurde. Die Baukosten am 1. Januar 1953 beliefen sich auf (umgerechnet nach dem Index 320 : 130) 1.600.000 DM; dadurch ergab sich ein Einheitswert von rund 2.000.000 DM, der auf den Wert des fertiggestellten Gebäudes von 1.300.400 DM zurückgeführt wurde.
Im Rechtsmittelverfahren beantragte die Bfin., die bis zu den Stichtagen entstandenen Baukosten nur in dem Verhältnis anzusetzen, in dem die Gesamtbaukosten zu dem für das fertige Grundstück festgestellten Einheitswert ständen. Zwischen den für das unbebaute Grundstück, für das Grundstück im Zustande der Bebauung und für das fertiggestellte Grundstück festzustellenden Einheitswerten müsse ein adäquater Wertzusammenhang bestehen. Der Reichsfinanzhof habe bereits im Urteil III 113/40 vom 11. Juni 1941 (RStBl 1941 S. 733) ausgesprochen, daß Grundbesitz im Zustande der Bebauung nicht höher zu bewerten sei, als er nach Bezugsfertigkeit der Gebäude bewertet werde. In diesem Urteil sei angeführt, die Vorschrift des § 33 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen zum Reichsbewertungsgesetz (jetzt: § 33 a Abs. 3 BewDV) wolle nur den gemeinen Wert des Grundstückes einschließlich der Gebäude erfassen, nicht aber einen höheren als den gemeinen Wert; es solle verhindert werden, daß die noch nicht durch eine Fortschreibung des Einheitswertes erfaßten, in Form der Baukosten aus dem Betriebsvermögen ausgeschiedenen Vermögensteile der Vermögensbesteuerung entgingen. Nach diesem Zwecke der Vorschrift könne das auf zwei Wegen geschehen:
Die als Baukosten ausgeschiedenen Vermögensteile würden tageswertig in das Betriebsvermögen zurückbezogen; dann bedürfe es an sich keiner gesonderten Feststellung des Einheitswertes.
Die Vermögensteile würden aus dem sonstigen Betriebsvermögen ausgeschieden und mit einem den Bewertungsgrundsätzen für Betriebsgrundstücke unterliegenden Werte der Vermögensteuer unterworfen.
Bejahe man die erste Alternative, so wäre
die Indexrechnung überflüssig und unzulässig, und
die Begrenzung auf den Einheitswert nach der Fertigstellung nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 11. Juni 1941 systemwidrig.
Sie halte die zweite Alternative für zutreffend. Die Vorinstanzen haben die Rechtsmittel als unbegründet zurückgewiesen. Sie sind der Ansicht, nach dem Wortlaute dieser Vorschrift wären die Baukosten in ihrer vollen Höhe anzusetzen, wenn auf die Einheitswertfeststellungen des § 33 a BewDV nicht die Vorschrift des § 3 a BewDV anzuwenden wäre. Das sei aber zu bejahen, weil in § 3 a BewDV ein allgemein gültiger Bewertungsmaßstab aufgestellt werden solle. § 33 a BewDV sei aber nicht zu entnehmen, daß die bis zu den Stichtagen entstandenen Baukosten dem Verhältnis der gesamten Baukosten des fertigen Gebäudes zu dem für dieses festgestellten Einheitswerte entsprechen müßten. Wenn man § 3 a BewDV anwende, so müsse beachtet werden, daß dann nur der sich danach ergebende Wert den Grundsätzen der Grundstücksbewertung entspreche.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß nach § 33 a Abs. 3 BewDV dem Werte des Grund und Bodens die bis zum Feststellungszeitpunkte entstandenen Kosten für die im Bau befindlichen Gebäude hinzuzurechnen sind. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanzen entsprechend dem Wortlaute der BewDV als Wert des Grund und Bodens den Grundsteuerwert nach Abs. 1 oder 2 des § 33 a BewDV angesetzt haben.
Für die Frage, wie die am Stichtage im Bau befindlichen Gebäude zu bewerten sind, haben die Vorinstanzen richtig erkannt, daß der Verordnungsgeber mit dieser Vorschrift sicherstellen wollte, daß die während der Bauzeit aufgewendeten Vermögensteile der Vermögensbesteuerung nicht verlorengehen. Die durch die Bautätigkeit eingetretene Verminderung des Vermögens soll nur als eine Umschichtung behandelt werden, zum Beispiel vom Kassenbestand auf das Baukonto. Erst mit der Feststellung des endgültigen Einheitswertes tritt dieser an die Stelle des Vermögensteuerwertes. Bei diesem Vermögensteuerwerte handelt es sich um einen besonderen Wert, der neben dem nach § 33 a Abs. 1 und 2 BewDV ermittelten Einheitswerte für den Grund und Boden (Grundsteuerwert) besteht. Der Auffassung des Urteils des Bundesfinanzhofs III 64/56 U vom 19. Juli 1957 (BStBl 1957 III S. 314, Slg. Bd. 65 S. 204), die Feststellung des Vermögensteuerwertes könne nur im Wege der Fortschreibung erfolgen, vermag der erkennende Senat nicht mehr zu folgen, weil hierbei Einheitswert und Vermögensteuerwert identifiziert werden und der selbständige Charakter des Vermögensteuerwertes verkannt wird.
Um zu verhindern, daß sich nach § 33 a Abs. 3 BewDV für das unfertige Gebäude ein höherer Wert (Vermögensteuerwert) als für das völlig fertiggestellte ergibt, hat der Reichsfinanzhof im Urteil III 113/40 a. a. O. den Grundsatz aufgestellt, daß der Grundbesitz im Zustande der Bebauung nicht höher zu bewerten sei, als er nach der Bezugsfertigkeit der Gebäude bewertet werde, daß also der Vermögensteuerwert seine obere Grenze in dem Einheitswerte des fertigen Gebäudes habe. Dieser Ansicht hat sich der Bundesfinanzhof in dem bereits erwähnten Urteil III 64/56 U vom 19. Juli 1957 a. a. O. angeschlossen. Es kann nicht übersehen werden, daß dieses Urteil den Gedanken der Vermögensumschichtung durchbricht. Der Senat will jedoch diese Begrenzung im Interesse der Rechtssicherheit anerkennen. Die Vorinstanzen sind auch entsprechend verfahren.
Im Urteil III 224/54 U vom 8. Juli 1955 (BStBl 1955 III S. 242, Slg. Bd. 61 S. 111) hat der erkennende Senat für ein Gebäude, das zum Teil in der RM-Zeit errichtet worden war, die Ansicht vertreten, daß sich die richtigen Baukosten in der RM-Zeit schwer oder gar nicht ermitteln lassen und daher für die Feststellung des Vermögensteuerwertes von dem Einheitswerte des fertiggestellten Gebäudes ausgegangen werden dürfe. Auch in diesem Falle hat der Bundesfinanzhof ebenso wie zuvor der Reichsfinanzhof in dem Urteil III 113/40 a. a. O. dem Gedanken des Verordnungsgebers, die aufgewendeten Kosten zum Maßstabe des Vermögensteuerwertes zu machen, nicht Rechnung getragen. Anlaß zu diesem Rechtsspruche gaben die besonderen Verhältnisse der RM-Zeit; die RM stellte in der letzten Zeit vor der Währungsreform keinen allgemein anerkannten Wertmaßstab für Leistungen mehr dar. Der Senat hat deshalb keine Bedenken, auch dieses Urteil wegen der gegebenen besonderen Sachlage zu übernehmen, wenngleich es mit dem Wortlaute und dem Zwecke des § 33 a Abs. 3 BewDV nicht übereinstimmt. Es ist aber nicht angängig, über diese die Verordnung einschränkenden Urteile hinaus anzuerkennen, daß der Vermögensteuerwert allgemein ein Bruchteil des späteren Einheitswertes entsprechend dem Fertigstellungsgrade nicht übersteigen dürfe. Eine solche Begrenzung findet weder in dem Wortlaute der Verordnung noch in deren Sinn und Zweck eine Stütze. Hätte der Verordnungsgeber einer solchen Begrenzung zustimmen wollen - wozu gegebenenfalls die Entwicklung der Verhältnisse oder die Belange der praktischen Handhabung einen Anlaß hätten geben können -, so hätte er dies durch eine entsprechende änderung der Vorschrift in der vergangenen Zeit zum Ausdruck bringen müssen. Der Senat vermag auch nicht der Ansicht zuzustimmen, daß das sich auf § 33 a BewDV stützende Ergebnis der Vorinstanzen sinnwidrig wäre und daher ein Zwang zu einer Auslegung gegen den Wortlaut vorläge.
Daß das Urteil des Reichsfinanzhofs III 113/40 a. a. O. nicht zu der von der Bfin. gezogenen Folgerung zwingt, hat das Finanzamt überzeugend dargetan. Würde man den Vermögensteuerwert stets auf den Bruchteil am Einheitswerte begrenzen, so würde jener niemals die obere Grenze - nämlich den späteren Einheitswert - erreichen, und das Urteil hätte - um das Klagebegehren der Bfin. zu stützen - anders lauten müssen. Es kann auch nicht anerkannt werden, daß der vom Finanzamt gefundene Wert höher ist als der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (ß 10 des Bewertungsgesetzes) bei einer Veräußerung zu erzielende Preis. Das Finanzamt hat die entstandenen Baukosten nach einem Wertindex von 310 bzw. 320 : 130 umgerechnet. Zutreffend hat das Finanzgericht ausgeführt, daß § 3 a BewDV seinem Wortlaute nach hier nicht anwendbar ist, weil es sich nach den vorstehenden Ausführungen nicht um eine Fortschreibung oder Nachfeststellung des Einheitswertes handelt. Gleichwohl sollen keine Bedenken dagegen erhoben werden, wenn zur Berücksichtigung der Entwicklung der Verhältnisse und zur Erzielung einer gleichmäßigen Bewertung § 3 a BewDV beachtet wird. Dadurch ergibt sich ein Vermögensteuerwert, der von jedem Kaufinteressenten bei einer etwaigen übernahme des im Bau befindlichen Gebäudes in mindestens gleicher Höhe angelegt, in der Regel sogar überschritten werden würde; denn jeder Käufer muß sich der überlegung beugen, daß im Jahre 1951 und in den folgenden Jahren niemand mehr zu den Kosten des Jahres 1935 bauen konnte.
Fundstellen
Haufe-Index 409935 |
BStBl III 1961, 120 |
BFHE 1961, 319 |
BFHE 72, 319 |
StRK, BewGDV:33a R 5 |